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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 6
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Thierbach, Moritz: Die Handfeuerwaffen der sächsischen Armee, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0177

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6. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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Ausfeilung nach dem trichterförmigen Zündloche
zu versehene Schwanzschraube war eine „Haken-
schwanzschraube“, deren am hinteren Ende
befindlicher starker Haken in eine fest im Schafte
liegende und durch die Kreuzschraube festzuhaltende
Scheibe eingehangen war. Man erreichte mit dieser
Einrichtung den Vorteil, beim öfteren Ausheben des
Laufs behufs Reinigung den Schaft am Kreuzteil
nicht zu beschädigen, da eben die Scheibe mit der
Kreuzschraube fest im Schafte verblieb. Dadurch
konnten aber auch keine geschlossenen Bundringe
verwendet werden und nahm man daher für dieses
Gewehr die Befestigung im Schafte mittels Schieber
vor. Der cylindrische Ladestock hatte am oberen
Ende eine geringe Verstärkung zur Aufnahme des
Muttergewindes für Krätzer und Kugelzieher und
war mittels vier messingenen Ladestockröhrchen,
in dessen oberstem sich die Ladestockfeder befand,
in dem Schafte festgehalten. Als Visir diente ein
Ansatz auf der Scheibe, das Korn befand sich aut
dem Laufe.
Diese Gewehre waren für die in demselben Jahre
(1809) aus den Scharfschützen der Regimenter bri-
gadeweise in Bataillone zusammengezogenen zwei
Schützenbataillone bestimmt. Bereits im
Jahre 1793 hatte man versuchsweise aus jeder In-
fanteriekompagnie 1 Unteroffizier und 8, später
10 Mann herausgezogen, welche ihre Aufstellung
hinter dem dritten Gliede hatten und besonders
zum Gefecht in zerstreuter Ordnung bestimmt wa-
ren; das Regiment gab dazu 2 Offiziere und 2
Tamboure ab. Die Bewaffnung war aber dieselbe
wie die der übrigen Mannschaft, glatte Gewehre ) mit
geraden Kolben. Übung im Zielschiessen konnte
nur auf Kosten der Hauptleute stattfinden, wenn sie
auch besonders angeordnet war. Diese beiden Ba-
taillone, welche im Feldzuge 1809 bei Erstürmung
des Pöstlingsberges bei Linz die Feuertaufe er-
hielten, fanden derartige Anerkennung, dass im
Jahre 1810 deren Anzahl verdoppelt und 2 Regi-
menter zu je 2 Bataillonen gebildet wurden. Im
allgemeinen aber war diese Truppe mit den neuen
Gewehren, der immerhin geringen Trefffähigkeit
wegen, nicht zufrieden; man wollte eben ein gezoge-
nes Gewehr haben. Dem wenigstens einigermassen
abzuhelfen, erging im August 1809 ein Befehl an
den Oberhofjägermeister von Preuss zur Errichtung
eines Jägerkorps von 126 Mann, die Büchsen und
Hirschfänger mitzubringen hatten und denen man
--
’) Im Jahre 1803 wurden mehrere Vorschläge zu einem
gezogenen Gewehr als Bewaffnung der Scharfschützen ver-
sucht. Darunter befand sich ein Gewehr, welches man wie
eine Kugelbüchse mit Pflasterkugeln beziigl. für schnelleres I
Laden mit gewöhnlicher Patrone laden konnte, ohne zu viel
an der Richtigkeit des Schusses gegen die Pflasterkugel zu
verlieren. „Die Schwanzschraube war derart eingerichtet, dass
die mit der Patrone eingeladene Kugel sich durch mehr-
maliges Aufsetzen mit den eisernen Ladestock sich etwas breit
und in die Züge dergestalt eingedrückt, dass sie bei dem Ab-
feuern nicht bloss herausrollt, sondern fast einer gepflasterten
Kugel nach Maassgabe der Züge sich heraus winden muss“.

dafür eine Staatsanstellung in Aussicht stellte.
Beim Friedensschlüsse wurde dies'es Korps wieder
aufgelöst.
Um dem öfteren Vorkommen der Versager
beim Schiessen zu begegnen, d. h. dem Abbrennen
des Zündkrauts, ohne den Schuss zu entzünden,
war bereits im Jahre 1808 die Beschaffung von
messingnen Raumnadeln mit Kettchen
angeordnet, um damit das verstopfte Zündloch auf-
zuräumen; das Regiment erhielt 1620 Stück.
Im Jahre 1811 erbot sich der Gewehrfabrikant
Philipp Cal not in Wien zur Lieferung sowohl
gebrauchter, auf den Schlachtfeldern um Wien auf-
gehobener und wiederhergestellter, als auch neuer
Gewehre. Nach einigen Verhandlungen wurde ein
Kontrakt abgeschlossen über Lieferung von 20000
schon gebrauchter, jedoch „durchaus gut conditio-
nirter, fehlerfreier, rostreiner und keiner Reparatur
unterworfener Gewehre östreichischer und franzö-
sischer Fagon“ mit Bajonett, das Stück für 35 Fl.
Banko = 2 Thlr. 22 Gr. sächsisch Geld; 12500
neue Infanteriegewehre, jedes zu 36 Fl. Banko -
3 Thlr. sächsich Geld; 1800 neue Artilleriegewehre,
jedes zu 21 Fl. Banko = 1 Thlr. 18 Gr.; 2000 neue
Karabiner, jeder zu 24 Fl. Banko = 2 Thlr.; 1500
Paar neue Pistolen, das Paar zu 36 Fl. — 3 Thlr.;
ferner 3000 Kavallerieseitengewehre mit Scheiden
von Eisenblech, jedes zu 19 Fl. Bapko = 1 Thlr.
14 Gr. sächsisch.
Es wurde ein Angeld von 29 166 Thlr. 16 Gr.
auf die erste Lieferung der gebrauchten Gewehre
und von 80 333 Thlr. 6 Gr. auf die der neuen
Waffen, sowie als Fracht Vergütung, der Zentner
zu 4 Thlr., gezahlt. Zur Übernahme wurde der
Hauptmann Birnbaum nach Wien entsendet; er
betrieb die Ablieferung, so dass die gebrauchten
Gewehre Ende Mai eintrafen; die der neuen Ge-
wehre begann Mitte Juni und sollte Anfang August
beendet sein. Schliesslich wurde der Preis der ge-
brauchten Gewehre auf 34 Fl. Banko ermässigt,
für die dadurch ersparten 1666 Thlr. 16 Gr. wurden
12co Seitengewehre für Train bestellt zu 12 Fl.
Banko = 1 Thlr., aber ohne Fracht Vergütung. End-
lich bot Calnot noch weitere 60000 Gewehre für
34 Fl. Banko das Stück in monatlichen Lieferungen
von je 6000 Stück an. Nachdem dieses Angebot
angenommen war, erklärte Calnot am 11. Juli 1811,
dass es ihm unmöglich sei, die letztversprochene
Anzahl Gewehre zu liefern, da dergleichen von
zahlreichen Unternehmern anderweit aufgekauft
würden, doch erbot er sich, dafür mindestens 12 000
neue Gewehre zu gleichem Preise zu liefern. Im
November desselben Jahres klagte er, dass die Bank-
noten gestiegen wären und er für den gleichen Preis
nicht mehr liefern könne, und verlangte als Ent-
schädigung für bisherige Verluste 50000 Fl. Banko,
was ihm aber abgeschlagen wurde. Dagegen er-
klärte man sich bereit, für ein gebrauchtes Gewehr
8 Gr., für ein neues 1 Thlr. 2 Gr. mehr zu be-

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