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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

DOI Heft:
Heft 6
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Thierbach, Moritz: Die Handfeuerwaffen der sächsischen Armee, [3]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0185

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6. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

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handelte sich zunächst um Herstellung eines Probe-
gewehres, dem man das Bevilaquasche zu Grunde
legte. Dieses neue Gewehr vom Jahre 1835
(auch Oberndorfer Gewehr genannt), Fig. 13
(Arsenalsammlung), hatte bei einer Gesammtlänge
von 62,5 Zoll = 147,5 cm, von denen 45 Zoll
= 106,4 cm auf den Lauf kamen, ein Kaliber
von 0,74" — 17,5 cm. Der Zündstollen war
angeschweisst, Visir und Korn sowie die Haken-
schwanzschraube mit halbkugelförmiger Kammer
war gleich dem obengenannten Gewehre, nur
waren die halben Bundringe durch volle ersetzt.
Der Oberbund umschloss den Lauf und Schaft nur
mit einem Ringe vor dem Korne und war daher noch
mit einer Querschraube festgehalten. Die Befesti-
gung des Bajonetts mittels Feder kam ebenfalls in
Wegfall und wurde dafür der Schiebering ange-
nommen. Das vordere spitze Ende des Schloss-
blechs erhielt eine mehr senkrechte Form, wodurch
Beschädigungen des Schaftes beim Abnehmen des
Schlosses vermieden werden sollten.
Es wurden darauf zunächst 100 Gewehre nach
diesem Muster in der Fabrik zu Oberndorf und
ebenso viel bei Sauer in Suhl für den Preis von
10 Thlr. 22 Gr. bestellt und nach Prüfung der ein-
gelieferten Gewehre ein Kontrakt zu weiterer Lie-
ferung von je 1000 dergleichen mit diesen Fabriken
im Jahre 1836 abgeschlossen, dem im folgenden
Jahre noch eine weitere Bestellung von 1000 Ge-
wehren folgte. Die Übernahmebestimmungen wa-
ren angeblich zu streng und lehnte darauf die Fa-
brik in Oberndorf die weitere Bestellung ab, welche
dafür die P'abriken von Spangenberg & Sauer
übernahmen und einen Kontrakt zur Lieferung von
2650 Gewehren nach obigem Muster abschlossen.
Auch diesen waren dieBedingungen zu streng, bis man
diesseits von dem Verlangen des Kolbens und
Schmirgelns der gebohrten Läufe absah: Die Aus-
gabe dieser Gewehre erfolgte darauf an das Leib-
infanterieregiment.
Aber auch anderen Truppenteilen waren neue
Gewehre dringend nötig, und zwar zunächst dem
1. Infanterieregiment und den 3 Schützenbatail-
lonen. Eigentümlicherweise blieb man aber nicht
bei dem letzten Muster vom Jahre 1835, sondern
wollte einige Abänderungen daran vornehmen,
welche sich in der Hauptsache darauf erstreckten,
dass man den Lauf um H/g Zoll verkürzte und
anstatt der Hakenschwanzschraube eine gewöhn-
liche mit Schweifteil, aber auch mit halbkugelför-
miger Kammer, endlich statt des konischen Lade-
stocks einen cylindrischen annahm. Auch das auf
dem Schweifteile der Scheibe angebrachte Visir
des Oberndorfer Gewehres sollte dem Auge des
Schützen zu nahe stehen, weswegen es bei dem
neuen Probegewehre etwas weiter vorwärts auf dem
Laufe angebracht wurde. Bei einer Gesamtlänge
des Gewehres ohne Bajonett von 62 Zoll = 146,6 cm,
von denen 43,4 Zoll = 102,7 cm auf den Lauf

kamen, war das Gewicht ohne Bajonett 10 Pfd. -
4,68 kg. Das Kaliber 17,5 mm, sowie die
Pulverladung von 8,2 g war wie am Muster vom
Jahre 1835. Fig. 14 zeigt dieses neue Gewehr
vom Jahre 1844 (Arsenalsammlung).
Für die leichte Infanterie waren im Jahre 1844
800 Gewehre mit verkürzten Läufen und 1846 noch
400 dergleichen im Hauptzeughause durch cingc-
zogene Büchsenmacher aus neuen Läufen und vor-
handenen guten Teilen zusammengestellt worden,
um diese gegen die am wenigsten tauglichen Ge-
wehre einzutauschen.
Bereits im Jahre 1836 hatte sich der Fabrikant
P. Malherbe in Lüttich zur Lieferung von Ge-
wehren erboten und auch Probegewehre eingesendet.
•Nachdem diese für sehr gut befunden worden, vergab
man die Lieferung dieser neuen Gewehre an diese
Fabrik, sowie an die Firma Sauer in Suhl, und
zwar derart, dass die erstere Fabrik 3944!nfanterie- und
512 Schützengewehre zum Preise von 48 Fr., die
Sauersche Fabrik 2000 Schützengewehre für 11
Thlr. 5 Gr. zu liefern hatte, was auch in den Jah-
ren 1846 — 49 geschah. Ein Kontrakt mit dem
Kaufmann Selber in Leipzig hatte sich nach Lie-
ferung von 500 Schützengewehren zerschlagen. Es
waren diese Gewehre für das 1. Infanterieregiment
und die Halbbrigade leichter Infanterie bestimmt
und unterschieden sich die für die letztere Truppe
vorgesehenen Gewehre nur dadurch, dass der Trag-
art mit langgeschnallten Riemen wegen der untere
Riemenbügel bis an den Kolben zurückgezogen und
der Mittelbund mit doppeltem Ringe sich um Lauf
und Schaft legte, um bei dieser Tragart durch den
daran angebrachten obern Riemenbügel keinen ein-
seitigen Druck auf den Lauf auszuüben. Die Lie-
ferungsverhandlungen mit Klett in Zella hatten sich
zerschlagen.
Da allmählich auch die alten Jägerbüchsen an-
fingen, weniger brauchbar zu werden, was an
dem oft wiederholten Frischen der Läiife lag,
so erging im April 1847 an den Hauptzeughaus-
Büchsenmacher U1 b r i c h der Befehl, nach ge-
gebener Anleitung eine neue Probebüchse
herzustellen und vorzulegen. In der Hauptsache
entsprachen die Maasse der neuen Büchse denen der
früheren, nur erhielt dieselbe eine Patentschwanz-
schraube mit angeschweisstem Zündstollen und an-
statt des zu zerbrechlich gefundenen Bockvisirs ein
solches mit drei Klappen. An Stelle des kleineren,
für Jagdzündhütchen berechneten Zündstif.tes war
ein bei den Reiterwaffen gebräuchlicher, im Kegel
etwas niedriger als bei det Infanterie angenommen.
Es hatte sich herausgestellt, dass auch die mit Chlor-
kalisalz versehenen Armeezündhütchen vollständig
ihrem Zwecke entsprachen. Nach unbedeutender Än-
derung einzelner fehlerhafter Teile, welche durch die
Eile der Herstellung erklärlich waren, erhielt der
BüchsenmacherUlbrich den Auftrag, 15oneueBiichsen
für die Jäger der leichten Infanterie herzustellen.
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