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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0188

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172

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

und Spezialisierung der menschlichen Thätigkeiten, der vor-
schreitenden Arbeitsteilung, der schwierigeren Verwaltung
der mehr und mehr sich vergrössernden staatlichen und
kommunalen Gebilde verringerte sich die thatsächliche Durch-
führung der allgemeinen Wehrpflicht mehr und mehr. Hierzu
kamen die wachsenden Kosten der Ausrüstung, deren Be-
streitung stets einer der heikelsten Punkte bei beabsichtigten
militärischen Unternehmungen ist. So war es notig, wie es
denn auch in unseren Aufgebotsordnungen geschieht, nur
einen Teil der wirklich waffenfähigen Männer — den zehnten
in diesem Falle — ausrücken zu lassen und die übrigen
neun, wie auch früher schon geschehen war, zu seiner Aus-
rüstung heranzuziehen.
Der Verfasser weist bei seinem Vergleich der beiden
Aufgebotsordnungen auf den interessanten Umstand hin,
dass man von der Landbevölkerung 1431 viel zu viel be-
treffs der Ausrüstung gefordert hatte, ein Fehler, den man
1432 erkannte und vermied. Auch dies lässt meines Erach-
tens erkennen, dass der Gedanke des allgemeinen Aufge-
bots damals neu sein musste: wäre diese Organisation alt-
hergebracht gewesen, so würde man kaum solche Missgriffe
bei den Bestimmungen über die Ausrüstung und Bewaffnung
gemacht haben.
Dass sich die Stände bei Besetzung der Kommando- und
Verwaltungsstellen das Recht des Dreinredens wahrten, ist
wohl selbstverständlich. Der Verfasser zeigt, in wie hohem
Grade, aber auch mit welcher sachlichen und organisato-
rischen Geschicklichkeit dies geschah.
Die 1432 vom Herzog geforderte Aufstellung der 1000
Söldner mag zweierlei Hauptgründe haben : einen vom Stand-
punkt der Stände aus rein egoistischen: was der Herzog
bezahlte, fiel den Ständen und — was aber für letztere
Nebensache war, sofern ihre eigenen Einkünfte nicht litten
— dem Volke nicht zur Last; und dann einen rein militä-
rischen Grund: für Verwaltung und taktische Verwendung
war der das Soldatenhandwerk als Beruf auffassende und
demgemäss in der Waffenführung gewandte Söldner besser
brauchbar, als der ungeschulte Adelige oder Bauer.
Wir stehen nicht an, diese Arbeit von
Wilhelm Erben als eine besonders wichtige
Etappe auf dem Wege der heeresgeschicht-
lichen Forschungen zu bezeichnen.
Professor Dr. Oswald Redlich giebt weiter-
hin Bericht über „Ein Exerzierreglement aus der
Zeit Prinz Eugen s“. Dieses der Stiftsbibliothek von
Melk gehörige Schriftchen enthält leider nur Figuren und
keinen Text. Als der weiteren Verfolgung wert möchten
wir den Gedanken des Herrn Verfassers bezeichnen, ob
nicht dieses Reglement in Verbindung steht mit den Plänen
des Hofkriegsrates von 1714, wo der Plan eines einheitlichen
Reglements ins Auge gefasst wurde und die Truppen die bei
ihnen gebräuchlichen Exerzitien aufzuzeichnen und einzu-
senden hatten. Eine genauere Nachforschung nach weiteren
derartigen Schriften in österreichischen Bibliotheken bringt
vielleicht noch mehr zu Tage.
Die letzte Arbeit in unserem Hefte ist ,,Z w e i Q u e 11 e n
zur Geschichte der K. u. K. Armee aus dem
Beginn des 19. Jahrhunderts“ von Wilhelm
J o h n. Die eine derselben ist der Entwurf zu einem Be-
richte über die kriegerischen Ereignisse beim 55. (früher
63.) Linieninfanterie-Regirnent vom Oberst und Regiments-
kommandanten Kaspar von Strauch, die andere die Er-
zählung eines Subalternoffiziers, der cjie Schicksale derjenigen
Truppenkörper beschreibt, bei welchen er von 1808 bis 1815
gedient hat.
Weniger des etwaigen allgemeinen Interesses wegen,
welches in weiteren Kreisen für diese beiden Schriften
existieren könnte, werden sie vom Verfasser besprochen,
sondern vielmehr, um die Art und Weise darzulegen, wie
Quellen überhaupt beurteilt werden müssen. Die Berechti-
gung zu einer solchen Darstellung weist der Verfasser im
I. Abschnitt seiner Arbeit selbst nach, indem er zeigt, dass

bis in die neueste Zeit hinein die Kriegsgeschichte einseitig
als eine Schule zur Ausbildung in der Praxis stehender oder
künftiger Truppenführer betrachtet wurde, nicht als eine
Wissenschaft, die um der reinen Erkenntnis willen getrieben
wird. Wir stehen nicht an, hier hinzuzufügen, dass ein
solches System das studierende Offizierkorps den sonstigen
studierenden Kreisen der Nation fernhalten muss und dass
es ein Irrtum ist, zu glauben, man könne ein Hauptbildungs-
mittel des Feldherrn in der Kriegsgeschichte finden, auch
wenn diese nicht als reine Wissenschaft, also nur um der
Erkenntnis willen, ohne jede Nebenabsichten,.betrieben wird.
Eine um der reinen Erkenntnis willen betriebene Wissen-
schaft bedarf nun aber der Sammlung und Prüfung von
Quellen als einer besonderen Disziplin. Wie eine
solche Prüfung zu erfolgen hat, zeigt W. John an den
beiden obenerwähnten Schriftstücken in klar gegliederter,
geistvoller Entwickelung und arbeitet dadurch in demselben
Sinne, in welchem W. Erben im I. Bande der „Mitteilungen“
von der Behandlung vorhandener Quellen spricht.1) Da
finden wir Vergleich mit anderen Quellen, Feststellung der
Person, Stellung und näheren Lebensverhältnisse des Ver-
fassers, Bewertung der Schreibweise, Korrekturen, Nachträge,
Feststellung von Fehlern, Beifügung von Erläuterungen u.s.w.
In die Einzelheiten einzugehen, ist nicht der Zweck
dieser Zeilen. Nur eine Frage: Konnte nicht zur Fest-
stellung der Person und sonstigen Verhältnisse des Ober-
leutnants Franz Rzieb auch ein Archiv der Gräflich Clam-
Gallasschen Familie zu Rate gezogen werden, in deren
Diensten Rzieb doch früher stand?
Jedem, der Kriegsgeschichte als Wissenschaft, nur ihr
zu Liebe, ohne Nebenabsichten, studieren will, ist auch die
Johnsche Arbeit ein getreuer, selbstloser Wegweiser.
Meyer,
Hauptm. u. Komp.-Chef im K. S. Inf.-Reg. 139.
Gustav Jacoby: Japanische Schwertzierarten. Be-
schreibung einer kunstgeschichtlich geordneten Sammlung,
mit Charakteristiken der Künstler und Schulen. Leipzig,
Karl W. Hiersemann, 1904. Textband von 139 S. in 4".
Atlas mit 37 Tafeln in Heliogravüre.
Diese erste des Gegenstandes würdige monumentale
Veröffentlichung bietet in vorzüglichen Heliogravüren eine
äusserst sorgfältige Auswahl von Stichblättern und anderen
Schwertzieraten aus der reichen Sammlung des Verfassers
in streng chronologischer Reihenfolge, so dass hier die un-
endliche Mannigfaltigkeit dieser Arbeiten wie ihre stufen-
weise Entwickelung vortrefflich studiert werden kann. Der
Text beschreibt in erschöpfender Weise die einzelnen Stücke
der Sammlung, deren Gesamtzahl sich auf nahezu 700 beläuft,
und fügt jeder Schule eine Charakteristik ihrer Arbeiten
hinzu.
Im»Anschluss an meinen Aufsatz über die Entwickelung
des japanischen Stichblatts (Bd. III S. 61 ff. dieser Zeit-
schrift) will ich hier nur hervorheben, was sich an Er-
gänzungen und Berichtigungen daraus ergiebt.
Die Zeit bis zum Ende des 15. Jahrhunderts ist in der
Sammlung nur durch 6 Stücke vertreten, offenbar weil den
Arbeiten dieser Art ein — nach meinem Dafürhalten —
zu grosses Misstrauen entgegengebracht wird, sei es,, dass
an der Möglichkeit, sie zeitlich näher zu bestimmen, ge-
zweifelt wird, sei es, dass sie für spätere Schöpfungen im
Stil einer längst vergangenen Zeit gehalten werden. Da
der Verfasser auf die Zeiten vor dem 15. Jahrhundert über-
haupt nicht näher eingeht, so halte ich mich bei dieser Frage
auch nicht weiter auf, sondern weise nur darauf hin, dass
er den Stil der Kamakura-Arbeiten (S. 63 dieser Zeitschr.)
wohl mit Recht auf chinesische Einflüsse zurückführt.
Zu den Fuschimi-Arbeiten (S. 64) bemerkt er, dass die
flach erhobenen Einlagen (wie in Abb. 11) erst seit der
1) Vergl. Besprechung in Band III, Heft 2 unserer
Zeitschrift.
 
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