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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

DOI issue:
Heft 7
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Wegeli, Rudolf: Inschriften auf mittelalterlichen Schwertklingen, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0199

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7. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

183

gelangte, ist die Einlegearbeit (Tausia). Dieselbe
ist schon im Altertum bekannt gewesen und auch
im Mittelalter nie ganz erloschen. Die gegenteilige
Ansicht von Boeheim35) wird durch die historische
Waffenkunde selbst direkt widerlegt, und gerade
die zahlreichen frühgermanischen Funde zeigen eine
hohe Entwickelungsstufe dieser Technik. Die De-
finition von Boeheim, die Tausia bestehe aus der
Einlage von Gold oder Silber in Eisen oder Stahl
bedarf' ebenfalls einer Erweiterung, indem neben
den Edelmetallen auch Kupfer und Messing ver-
wendet wurden, und die Einlage von Eisen in
Eisen ist eine durch zahlreiche Fundstücke erwiesene
Tatsache. Lorange nimmt die Eisentausia auch
für die Ulfberhtschwerter in Anspruch, und es be-
steht kein Grund, an seinen Angaben zu zweifeln.
Ulfberht ist ohne Zweifel der Waffenschmied,
aus dessen Werkstätte die so markierten Klingen
hervorgingen. Schwertform und Schriftcharakter
sind so übereinstimmend und die Klingen so zahl-
reich, dass an eine Beziehung des Namens zu dem
Besitzer des Schwertes nicht gedacht werden kann.
Zudem besitzen wir, wenn die Stelle bei Einhard
in dem erwähnten Sinne interpretiert wird36), ab-
gesehen von der später zu erwähnenden figürlichen
Darstellung im Grossmünster in Zürich für eine
solche Beziehung nur das vereinzelte, mit dichte-
rischer Freiheit übertriebene Zeugnis im Beowulf37),
welches sich nicht einmal auf die Klinge, sondern auf
den Schwertgriff bezieht. Ausser diesen Gründen
allgemeiner Natur kann als direkter Beweis für die
aufgestellte Behauptung die der folgenden Schwert-
gruppe angehörende Inschrift des 12. Jahrhunderts
,,Ingelred fit“ (fit = fecit), angeführt werden.
Es ist freilich eine etwas aufdringliche Art,
wie diese mittelalterlichen Meister die Produkte
ihrer Kunstfertigkeit zu zeichnen beliebten; denn
der Name bedeckt ungefähr den dritten Teil der
ganzen Klinge. Die Römer brachten ihren „Fabrik-
stempel“ in unauffälliger Weise auf der Angel oder
Klingenwurzel an, und auch die Klingenmarken
von La Tene und Ny dam halten sich in sehr be-
scheidenen Grenzen. Dieser Zug, die Vorbilder
der Antike, wenn wir dies so nennen dürfen, nach
ihrer Art ins Grosse zu übersetzen, ist indessen
den germanischen Stämmen eigen, und Beck38) be-
zeichnet es gerade als charakteristische Erscheinung,
dass die Germanen südländische Formen adoptieren,
sie nur grösser, schwerer, massiger gestalten.
Wo sind diese Schwerter entstanden? Undset39)
33) Boeheim, a. a. O., Seite 598.
36) Vergl. Seite 181.
37) Vergl. Seite 181.
38) Beck, a. a. O., Seite 715.
39) Undset: Das erste Auftreten des Eisens in Nord-Europa.

weist die Vikingerschwerter einer jüngeren skandi-
navischen Eisenzeit zu, während Lorange sie für
importiert erklärt. Der letztere stützt sich auf die
Annahme, dass eine derartige Fabrikation im
grossen Stile für jene Zeit in Skandinavien un-
denkbar sei und bringt die häufigen nordischen
Schwertfunde in Zusammenhang mit den wieder-
holten Waffenausfuhrverboten fränkischer Könige,
die in der Tat speziell gegen die Normannen
gemünzt waren.40) Für uns steht die aus dem
Briefe Theoderichs sich ergebende Tatsache fest,
dass die Fabrikation damaszierter Klingen schon
frühe innerhalb eines germanischen Stammes ge-
pflegt wurde; doch ist zu beachten, dass die
Schwerter von einem Volke angefertigt worden
sind, bei welchem das Christentum bereits Eingang
gefunden hatte. Hierzu dürfen nach der Schilderung
des Edictum Pistense um die Mitte des 9. Jahr-
hunderts die Normannen nicht gerechnet werden.
Schliesslich spricht in dieser Frage die Germanistik
das entscheidende Wort und zwar zu Gunsten
Loranges41), so dass in der Tat wenigstens die-
jenigen in Skandinavien gefundenen Schwerteig
welche den Namen Ulfberht tragen, fremden Ur-
sprungs sein müssen. Man könnte an die Warni
denken; allein den Ort der Herkunft genau be-
stimmen zu können, ist meiner Ansicht nach zur
Stunde unmöglich.
Eine Studie in der vergleichenden vorhistorischenArchäologie.
Deutsche Ausgabe von J. Mestorf. Hamburg 1882, Seite 464.
4ü) So heisst es in dem Edikt von Pistoja vom 25. Juni
864: „Ut quoniam in praefatis capitulis continetur in libro
tertio, capitulo LXXV ,ut nullus sine permissio regio bruniam
vel arma extraneo dare aut vendere praesumaü et in eodem
libro, capitulo VI designata sunt loca regni, usque ad quae
negotiatores brunias et arma ad venundandum portare et vendere
debeant; quodsi inventi fuerint ultra portantes aut venundantes,
ut omnis substantia eorum auferatur ab eis, dimidia quidem
pars partibus palatii, alia vero medietas inter missos regios et
inventorem dividaturi; quia peccatis nostris exigentibus in
nostra vicinia Nortmanni deveniunt et eis a nostris bruniae
et arma atque caballi aut pro redemptione .dantur aut pro
pretii cupiditate venundantur; cum pro redemptione unius
hominis ista dantur vel pro pauco pretio venundantur, per hoc
auxilium illis contra nos praestitum et regni nostri maximum
fit detrimentum et multae Dei ecclesiae destruuntur et quam-
plurimi christiani depraedantur et facultates ecclesiasticae et
regni exhauriuntur: propterea una cum consensu atque consilio
nostrorum fidelium constituimus ut quicumque post proximas
Julii kalendas huius duodecimae indictionis Nortmannis quo-
cumque ingenio vel pro redemptione vel pro aliquo pretio
bruniam vel quaecumque. arma aut caballum donaverit, sicut
proditor patriae et expositor christianitatis ad perditionem
gentilitati sine ulla retractione vel redemptione de vita com-
ponat. Quae omnia omnibus citissime a missis nostris et
comitibus nota fiant, ne de ignorantia se excusare valeant“. Monu-
menta Germaniae historica. Legum sectio II. Capitularia regum
Francorum. Tomus II. Hannoverae MDCCCXCVII., pag. 321.
41) Gefl. Mitteilung von Herrn Privatdozent Dr. E,
Schwyzer in Zürich.
 
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