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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 7
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Thierbach, Moritz: Die Handfeuerwaffen der sächsischen Armee, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0214

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Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

198

aber auch eine solche an der Munition verbunden,
indem man das Langbleigeschoss verkleinerte, so
dass dessen grösster Querdurchmesser nur 12 mm
betrug und dafür den Spiegel so weit verstärkte,
dass die Führung in den Zügen erhalten blieb.
Auch in Sachsen erfolgte diese Umänderung in
den Werkstätten des Hauptzeughauses unter Leitung
des Oberstleutnants Schlick, nachdem derselbe zu
seiner Belehrung in die Gewehrfabrik Danzig be-
fehligt gewesen war.
Das neue Gewehr vom Jahre 1871 unter-
schied sich vor allem durch das kleinere Kaliber
von 11 mm und einer aus Messingblech gezogenen
Metallpatrone. Das Gewehr hatte gleichfalls einen
Cylinderverschluss; der mit Spiralfeder umgebene
Schlagbolzen schlug beim Abdrücken gegen das
im Boden der Patrone eingelassene Zündhütchen.
Eine einfache Sicherung liess sich in eine ent-
sprechende Vertiefung der Kammer einlegen. Am
Verschlusskopfe war ein „Auszieher" angebracht,
der die leere Patronenhülse beim Öffnen des Ver-
schlusses aus dem Patronenlager zurückzog; bei
diesem Öffnen wurde zugleich das Schloss ge-
spannt. Der Lauf von 11 mm Kaliber hatte vier je
4,4 mm breite und 0,3 mm tiefe Züge von einer
Dralllänge von 550 mm. Das Geschoss von 11 mm
Kaliber hatte keinen Spiegel und war zu unmittel-
barer Führung in den Zügen und mit einer ge-
fetteten Papierumwicklung versehen; es wog 25 g,
die Pulverladung 5 g. Länge des Gewehrs ohne auf-
gepflanztes Seitengewehr 133,3 cm> Gewicht 4,5 kg.
Als die Mehrladegewehre immer mehr Anhänger
fanden, wurde im Jahre 1884 ein nach Mausers
Vorschlag hergestelltes neues Gewehr als Modell 71 84
angenommen, bei welchem ein Magazinrohr unter
dem Lauf im Schaft angebracht war. Das Magazin
fasste 8 Patronen, die von einer Spiralfeder inner-
halb des Magazinrohrs nach dem hinteren Aus-
gange desselben gedrängt wurden. Unter dem
Versclilusscylinder, der sogenannten „Kammer", lag
der löffelförmige Zubringer, auf welchen sich schon
die im Magazin hinterste Patrone geschoben hatte.
Beim Zurückziehen der Kammer zum Öffnen stiess
das Ende einer Nut desselben gegen einen Ansatz
am Zubringer und hob denselben, mit ihm aber
auch die darin liegende Patrone, welche beim Vor-
schieben der Kammer in das Patronenlager des
Laufs befördert wurde. Die Maasse des Laufs und
der Patrone waren dieselben wie am Gewehr vom
Jahre 1871.
Durch diese neue Einrichtung war das Gewehr
aber bei gefülltem Magazin zu schwer und beson-
ders zu minderwichtig geworden, wenn man auch
ein leichteres und verkürztes Messerbajonett dazu
angenommen hatte. Auch mit der angewendeten Art
der Mehrladevorrichtung waren manche Nachteile
verbunden. Es wurde daher an der Verbesserung
der Waffe weiter gearbeitet und endlich im Jahre 1888
ein neues Modell — das Gewehr vom Jahre 88 —

mit dem Kastenmagazin des österreichischen Mann-
licher-Gewehrs hergestellt. Bei diesem war unter
der dazu unterhalb aufgeschnittenen Patroneneinlage
der Hülse ein Kasten angebracht, in welchem von
oben ein 5 Patronen fassender Rahmen eingesetzt
wurde; ein federnder Zubringer drängte diese Pa-
tronen nach oben, so dass nach dem Zurückziehen
der Kammer die oberste Patrone in den Bereich
des Verschlusskopfes zu liegen kam und beim
Wiedervorschieben der Kammer in das Patronen-
lager des Laufs eingeführt wurde. Als besondere
Eigentümlichkeit war der Lauf von der Mündung
bis zum Hülsenkopf von einem Mantelrohr um-
geben (auf Vorschlag des Major Mieg), um den
Lauf gegen äussere Beschädigungen und die Ein-
wirkungen des Schaftes zu schützen. Das Kaliber
des Laufs war auf 7,9 mm herabgesetzt, die vier
Züge von 0,1 mm Tiefe und 4,55 mm Breite hatten
eine Dralllänge von nur 24 cm. Das ziemlich 4 Ka-
liber lange Geschoss von Hartblei war mit einem
Überzüge von vernickeltem Stahlblech versehen
(Geschossgewicht 14,7 g), um den Druck der Ladung
von 2,75 g rauchschwachen Pulvers aushalten zu
können.
Endlich wurde im Jahre 1898 ein neues Modell
aufgestellt, das Gewehr vom Jahre 98, welches
sich in der Hauptsache von dem vorigen nur durch
eine Änderung der Schlosseinrichtung, sowie des
Wegfalls des Mantelrohrs über dem Lauf unter-
schied. An Stelle des Rahmens, mittels dessen
die Patronen in den Magazinkasten eingeführt wurden,
trat ein sogenannter Ladestreifen, aus welchem die
Patronen allein in das Magazin herausgeschoben
wurden. Das Kaliber des Laufs, die Maasse der
Züge, sowie die Munition waren dieselben wie am
Gewehr vom Jahre 88,
Endlich ist noch der Revolver zu gedenken,
welche im Jahre 1879 für Reiterei und ein er-
leichterter für Offiziere u. s. w. vom Jahre 1883 ein-
geführt wurden. Beide gründeten sich auf der
zuerst vom amerikanischen Oberst Colt angeblich
erfundenen Waffe, obgleich ganz ähnliche unter
dem Namen „Drehlinge" bereits Ende des 16. und
Anfang des 17. Jahrhunderts in Deutschland wohl-
bekannt waren. Die 5 Patronen fassende Walze
drehte sich beim Spannen des Hahns, der mit
einem an seinem Kopfe befindlichen Zahn gegen
das im Boden der Metallpatrone eingelassene Zünd-
hütchen schlug. Die Waffe war ziemlich schwer,
schon die erleichterte wog 940 g.
Um der Reiterei einen Ersatz für den bisher
geführten Hinterladekarabiner zu geben, ging man
im Jahre 1873 an die Herstellung von dergleichen
aus erbeuteten französischen Chassepot-Gewehren.
Es beschränkte sich diese Änderung auf das Ein-
fräsen des Patronenlagers für die Metallpatrone,
die Änderung des Schlosses zum Selbstspannen
beim Öffnen des Verschlusses, sowie das Anbringen
eines Ausziehers und Auswerfers und einer Gabel-
 
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