Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

DOI Heft:
Heft 8
DOI Artikel:
Weinitz, Franz: Der Hundertpfünder Asia
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0226

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

210

guß, zu welchem 664 zentner metal war geschmolzen
worden, damit ein starker sogenanter verlohrner köpf
mitgegossen, und dadurch das metal an das kanon
recht fest angedrükket werden könte, und keine
gallen erfolgen möchten. Der guß geriet über alle
maßen wohl und so bald als die seele nach ihrem
gehörigen kaliber geboliret, und es ins rauhe aus-


Fig. 1. Fig. 1 a.

gearbeitet war, wurde es auf walzen nach und hinter
das alte lange Zeughaus und alda auf eine maschine
gebracht, welche aus tüchtigen mit starken eisernen
pölzen zusammen gefügten balken war aufgerichtet
worden, um stat eines gestelles oder affut zu dienen.
Es solte nemlich von hier ein bogenschuß aus die-
sem stük zur probe gethan werden. Wie nun dazu
der SJanuar 1707 anberaumet war: so fanden S. Iv. M.

und hohe Generalität nebst anderen vornehmen
Offiziern an diesem ort sich ein; wie dann auch
viel auswärtige sich dabei als einer höchst seltenen
Sache eingefunden.4 5) S. K. M. verlangten an-
fangs, daß die probe, wie sonst gewöhnlich, mit
3 schuß, mit einer halben, mit einer dreiviertel und
ganzen kugel gemachet werden solte; der Ober-
Inspector Jakobi aber versicherte S. K. M. daß das
stük die ganze kugelprobe gewiß aushalten würde,
und versprach dafür zu haften und ein anderes zu
gießen, dafern es mislingen solte. S. K. M. nahmen
dieses nun zwar nicht an, und erwiederten: Ja ja,
das saget ihr wohl, aber- ein so schöner guß, als
dieser ist, ist sehr ungewiß. Nichts desto weniger
weil überdem 3 schuß zuviel zeit würden weg ge-
nommen haben; und es Sr. K. M., denen es doch
hauptsächlich um den lezten schuß zu thun war,
zu langwierig würde gefallen sein; die Witterung
auch ungewiß ist: so ließen dieselbe auf vielfältiges
Zureden der Artillerie Stabsoffizier endlich doch
geschehen, daß der völlige probeschuß gethan
werden möchte. Damit man aber den flug und
niederfallen der kugel desto leichter beobachten
möchte: so wurden außerhalb der Friedrichsstat
nach Tempelhof zu, wo das stük hin gerichtet war0),
alle 4 oder 500 schrit feuerwerker gestehet; auch auf
dem bastion einZwölfpfiindiges sttikscharf geladen, um
durch dessen abfeurung die solchergestalt gestellete
feuerwerker zur aufmerksamkeit auf den rechten
schuß aufzufoclern. Es ging aber hierbei ein kleiner
fehler vor. Das große stük oder kanon muste zu-
vor mit bloßen pulver ausgeflammet werden. Dieses
geschähe mit 10 U pulver, und obwohl kein Vor-
schlag drauf war, dennoch mit einem so harten schlag,
daß die ausgestellete artilleristen meineten, es wäre
das stük von 12 U, das sie zur aufmerksamkeit
aufmuntern solte, und hielten das 12 pftindige ge-
schoß für den großen schuß, in welcher meinung
sie bestärket wurden, weil der rechte schuß wegen
des rechten ladens und einbringung der 100 U
pulvers und aufsetzung eines 16 pftindigen bomben-
zünders etwas lange ausblieb, und es schien als ob
nun alles vorbei wäre. Die 12 pftindige kugel hatten
sie nicht wahrnehmen können, und weil sie solcher-
gestalt von weiterer aufmerksamkeit abgezogen wur-
den: so bemerkten sie die rechte 100 pftindige kugel
auch nicht mit dem gesicht, ob sie selbige in der
luft wohl hatten hören sausen. Man würde die kugel
auch nicht gefunden haben: wann nicht ein schäfer
4) Der Zeitraum zwischen Guss und Probeschiessen er-
scheint recht gross: der Grund für diese Verzögerung ist
unbekannt.
Das alte sog. lange Zeughaus stand in der ersten Bastion
südlich vom Neuen Tore, das die Verbindung zwischen Fried-
richswerder und Dorotheen(Neu-)stadt (zwischen dem Platze am
Zeughause und dem am Opernhause nach jetziger Bezeichnung)
herstellte. Die Bastion befand sich am südlichen Ende des
zum Prinzessinnen-Palais gehörigen Gartens gegenüber der
Hedwigskirche.
5) Das Rohr war also nach SSW gerichtet.
 
Annotationen