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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 9
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Potier, Othmar: Aus dem Zeughause der Veste Hohenwerfen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0262

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246

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

richstein (geboren 1623, in den Reichsfürstenstand
erhoben 1684, gestorben zu Augsburg am 25. Jän-
ner 1690°) und die Jahreszahl 1644. Ein anderes
mit der Jahreszahl 1688 versehenes Rohr zeichnet
sich durch das Wappen des 1780 erloschenen bay-
rischen Adelsgeschlechtes von Altmannshausen aus,
während die Jahreszahl 1690 und die Initialen auf
einem gusseisernen Schemelmörser auf Kaiser Leo-
pold hinweisen.
Unter den noch vorhandenen Geschützen ver-
dient endlich eine eingehendere Beschreibung ein
318 cm langes schön patiniertes Bronzerohr spa-
nischer Herkunft, welches den Namen EL ASIANO,
der Asiate, führt und in einer der Rheinmündungen
in geladenem Zustande gefunden worden ist. Auf
den das spanische Staatswappen umgebenden
Spruchbändern liesst man: VIOLATI FVLMINA
REGIS und CAROLVS III. D. G. HISPAN. ET.
INDIA . REX. Das von Akanthusblättern bedeckte
Bodenstück verrät uns den Namen des Giessers
- SOLANO . FECIT. HISPALI. ANNO . 1762 —
dieses zwei Geschossaufschläge aufweisenden Roh-
res von 11,5 cm Kaliber. Don Jose Solano wird
am 6. Juni 1744 als Adjunkt der Geschützgiesserei
zu Sevilla genannt.9 10 *) Ausser drei Lafetten, von
welchen die eine mit ,,Lade und Bank“ zu einer
Haufnitze aus der ersten Hälfte des 15. Jahrhun-
dertes gehörte, ist noch die bedeutende Zahl, 62
Bündel, von Luntenstricken bemerkenswert, von
denen ein jeder Bund 20 bis 30 Meter enthält.
Im nächsten Stockwerk lenkt unter den
Schlachtschwertern ein Flamberg unsere Aufmerk-
samkeit auf sich, dessen Klinge das Wappen des
Erzbischofs Marcus Sitticus Grafen von Hohenems
schmückt. Der auf der Parierstange eingeschla-
gene Eigentumsstempel des Münchener Zeughauses
bildet aber zugleich einen Beweis dafür, wie gründ-
lich seinerzeit die Entwaffnung des Landes durch-
geführt worden war. An die nun seit einem Jahr-
hundert verklungene Herrlichkeit der kunstsinnigen
geistlichen Landesherren Salzburgs erinnert die
Reihe der mit prächtiger Ätzmalerei bedeckten
Stangenwaffen, mit welchen einst die Trabanten
der Erzbischöfe bei kirchlichen und höfischen
Feierlichkeiten paradierten. Diese Helmbarten,
Cousen und Partisanen finden in glücklichster
Weise in neun schönen niederländischen Helm-
barten ihr Gegenstück.
Fast genau mit der im zweiten Bande dieser
Zeitschrift abgebildeten (S. 319, Fig. 77) Haken-
büchse stimmt einer der drei in Werfen vorhan-
denen Büchsenläufe aus Bronze überein, während
unter den eisernen Büchsenläufen die auf Seite 269,
Fig.. 70, 2 und 3 dargestellten Formen auftreten.

9) C. v. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaisertums
Österreich.
10) Jose Gestoso y Perez, Ensayo de un Diccionario de
los Artificas que Florecieron en Sevilla, 1899, I.

Von besonderem Interesse jedoch sind drei in
eigentümlich gestaltete Böcke gebettete Büchsen-
läufe, von welchen einer hier kurz gewürdigt wer-
den soll (Fig. 4). Der 14,5 Kilogramm schwere
Lauf aus Schmiedeeisen misst in der Länge 98 cm,
bei einem Kaliber von 28 mm. Ein 11 cm hoher,
6,5 cm an seiner Basis langer Haken befindet sich
31 cm von der ringartig verstärkten Mündung
entfernt. In das senkrecht gebohrte, kreisrunde,
mässig trichterförmige Zündloch wurde ein Piston
zum Aufsetzen von Zündhütchen eingeschraubt,
welche entweder von einer roh geschmiedeten
Schlagfeder oder einem langgestielten Hammer ent-
zündet werden. Hebt man den Lauf aus seinem
derzeitigen Lager heraus, so gewahrt man, dass
eine Hülse das Hineinstecken eines Stangenschaftes
in den Lauf ermöglichte und dieser einst mit roter
und schwarzer Farbe bemalt worden war. Sowie
andere nun in Werfen aufgestellte Büchsenläufe
sich einst die Verwendung als Wasserleitungs-
röhren hatten gefallen lassen müssen, ebenso be-
weist die kunstlose Zündvorrichtung und der ge-
wichtige Bock, dass diese Büchse, gleich ihren
beiden Schwestern, vor gar nicht so langer Zeit
ihre Stimme bei Festen galizischer Bauern erschal-
len liess. Wohl nur den Wert eines Kuriosums be-
sitzen drei aus Engelstein stammende Orgelge-
schütze (Fig. 5). Weil Schüsse aus diesen fächer-
förmig in Winkeln von 56 bis zu 73 Graden ange-
ordneten Läufen, vermöge des bedeutenden Streu-
kegels auch auf kurze Entfernung wenig Schaden
unter dem Gegner anrichten werden; die vier
Schildzapfen des eisernen Rahmens auch nicht den
Läufen die geringste Elevation zu erteilen erlauben,
so dürften diese Schiessvorrichtungen für den prak-
tischen Kriegsgebrauch wenig Wert besessen haben,
und wir werden kaum fehlgehen, wenn wir in
ihnen lediglich Projekte zu Orgelgeschützen er-
blicken.
Die achtundvierzig Musketen mit Luntenschlös-
sern weisen auf den Läufen teils die Beschaustem-
pel von Suhl, teils den gekrönten Namenszug der
Kaiser Ferdinand III. und Leopold I. auf. Dr. Erben
schreibt wohl mit Recht diese Stempel der Wiener-
Neustädter Armatursgewerkschaft zu.u) Zur Be-
lebung der heimischen Industrie liess nämlich
Kaiser Ferdinand im Jahre 1656 aus Holland 17
Meister und 36 Gesellen der ins Gewehrwesen ein-
schlagenden Gewerbe nach Österreich kommen und
siedelte dieselben in Neustadt an.12) An einem
Wallgewehr ist es auffallend, dass der Haken-
büchsenlauf den Stempel Leopolds, das franzö-
sische Flintenschloss dagegen die Bezeichnung
Potzdam Magaz. S. A. D. trägt.

n) W. Erben und W. John, Katalog des k. u. k. Heeres,
museums, Wien 1903.
12) A. Dolleczek, Monographie der k. u. k. öst.-ung-
blanken und Handfeuerwaffen, Wien 1896.
 
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