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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 9
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Sixl, P.: Entwickelung und Gebrauch der Handfeuerwaffen, [20]
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0286

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70

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

III. Band.

der ersten Arbeit auch zahlreiche Abbildungen aus
den genannten Handschriften beigefügt.
Zu der oben aufgeworfenen Frage der Weiter-
entwicklung mehrläufiger Feuerwaffen seien hier
zwei Abbildungen angeführt, welche in den Zeugs-
büchern, im Cod. icon. 222 und Cod. 10 816 ent-
halten sind und welche in klarer deutlicher Weise
den Fortschritt der ersten Hauptgruppe veranschau-
lichen.
Die erste Abbildung — Fig. 101 — bringt einen
Streitkarren zur Darstellung, welcher mit sechs
Läufen in zwei Reihen, zu je drei übereinander,
ausgerüstet ist. Die Läufe, von der Grösse einer
mittleren Hakenbüchse, sind mittels breiter Metall-
bänder auf einem hölzernen Untergestell befestigt,
welches, wie eine Richtschraube andeutet, in die
nötige Elevation eingestellt werden konnte. Nach
der Darstellung im Cod. 10 816 sind die oberen
drei Läufe kürzer; nach Cod. icon. 222 hat jeder

nes Drittel, welches andeutet, dass zum Transport
nur ein Pferd und zwar direkt an die Orgel ohne
Protze eingespannt wurde; links unten befindet sich
eine hölzerne Kiste für Munition; vorn ist der
Bindenschild mit dem Erzherzoghute sichtbar. Es
kann der Abbildung nicht entnommen werden, ob,
die Vorderladung vorausgesetzt, eine gemeinschaft-
liche Entzündungsvorrichtung vorhanden war und
in welcher Weise die geladenen Läufe abgeschossen
wurden.
Im Bande II der Zeugsbücher ist auf Blatt 102,
bei der Beschreibung des Zeughauses der Stadt
Wien, dieselbe Abbildung gegeben; die Überschrift
sagt: „Hagelgeschütz“ und der erklärende Schrift-
text lautet:
„Ein „hagelgeschutz“ man uns nennt,
Manchen Haufen han wir zertrennt.
Ob schon ein schuss neben hin gat,
So sein gleich ander an der stat.“



Lauf ein mit einem Deckel verschliessbares Zünd-
loch. Der Streitkarren hatte zwei hohe Räder und
eine Gabeldeichsel für ein Pferd; ein hölzernes Ge-
häuse, welches Läufe und Richtmaschine während
des Marsches oder im Lager bedecken sollte, liegt
abgehoben daneben.
Die zweite Abbildung — Fig. 102 — zeigt
eine sogenannte „Orgel“, bei welcher in fünf gleich-
grossen Reihen 40 eiserne Läufe von der Grösse
einer Handbüchse aufgeschlichtet sind. Man ver-
mag weiter der Zeichnung zu entnehmen, dass die
Läufe durch drei breite Metallbänder zusammen-
gehalten werden und auf der breiten Achse der
zwei hohen Räder aufliegen; ein von rückwärts
durch die drei Metallbänder eingeschobener recht-
eckiger eiserner Bügel hatte augenscheinlich die Be-
stimmung, die Orgel in der gewünschten Elevation
erhalten zu können. Rechts unten liegt ein hölzer-

1m „Inventari des zewghaus zu Insprugg 1515“
von Michl Ott und Plans Kugler sind 6 Orgeln
mit 6—15 Läufen eingetragen.
Es wäre hier der Ausdruck „Hagelgeschütz“
aufzuklären. Nach einer Abbildung im Cod. Nr. 51
der kunsthist. Sammlung des Ah. Kaiserhauses
(Fig. 103) ist der Hagelschuss die ursprüngliche Form
des späteren Kartätsch-Schusses. Das Geschütz
bestand, dem'Anfänge des 15. Jahrhunderts ent-
sprechend, aus einer langen, schmalen Pulverkam-
mer mit Zündloch und einem trichterförmigen
Fluge. Die erklärende Überschrift sagt: „Darnach
ler ich dich ainen Hagelschuss, nym ain puckchsen
wie du wild vnd lad die.“ Das Feuerwerksbuch
enthält auf die Frage: „Wie man Hagel schiessen
soll?“ folgende Antwort: „Mache einen harten
Klotz, halb so kurz als er breit ist und lade ihn
gleich in die Büchse; lade vier Steine an den Klotz
 
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