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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — 3.1902-1905

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Heft 11
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Fachnotizen
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https://doi.org/10.11588/diglit.37714#0349

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ii. Heft.

Zeitschrift für historische Waffenkunde.

333

Teilnahme rechnen dürfe. Jetzt, wo ein arbeitsfrohes
Semester hinter uns liegt, dürfen wir uns sagen, dass das
Gefühl der Arbeitsgemeinschaft sich bei allen Mitgliedern
so stark herausgebildet hat, dass ein Vorgehen auf ge-
meinsame Ziele nicht mehr gescheut zu werden braucht.
Und ein Ziel dieser Art ist denn auch schon für das
nächste Semester aufgestellt worden.
Wird sich nun vermutlich in Zukunft die Thätigkeit des
Seminars ganz anders darstellen als in diesem ersten
Berichte, so schien es doch angemessen, um das Wer-
den der Sache zu zeigen, mit ihm nicht zurückzuhalten,
bis eine größere Einheitlichkeit der Arbeit eingetreten
war. Denn nach den vorangehenden Bemerkungen wird
jeder, der die Arbeit des Seminars überhaupt beachten will,
erkennen, warum zunächst keine stoffliche Beschränkung
stattfand. Jedenfalls war es bei der freiwillig übernom-
men, oft gar nicht geringen Arbeitslast den Mitgliedern
eine willkommene Erleichterung, von den verschieden-
sten Stoffen sich anregen zu lassen. Auch in Zukunft
wird übrigens diese Belebung der Arbeit nicht fehlen,
da neben den sogenannten „Vortragssitzungen“, die
allerdings einem einzigen gemeinsamen Zwecke zu
dienen haben, die „BerichtsSitzungen“ noch weiterhin
abgehalten werden sollen. Denn es hat sich gezeigt,
dass die in ihnen gegebenen, zwanglosen Mitteilungen
üb er Reisen, überlitterarische Neuerschein ungen,
die Besprechung und Vorzeigung bemerkens-
werter Gegenstände, die Übungen im stilisti-
schen, kulturgeschichtlichen und technischen
Bestimmen allgemeiner Teilnahme sich erfreuen
durften.
Es schien angezeigt, dem Seminar in seiner Organi-
sation möglichst grosse Bewegungsfreiheit zu gewährleisten,
damit niemand als Zwang empfände, was doch nur bei
freudiger Mitarbeit, nur bei dem Bewusstsein aller, die
Lasten freiwillig auf sich genommen zu haben, gedeihen
kann. Der einzige Zwang, der jedem Mitgliede aufer-
legt wird, besteht in der Verpflichtung, mindestens eine
grössere Arbeit im Semester zu leisten. Zu den Unter-
nehmungen des Seminars sind Majoritätsbeschlüsse nötig.
Von Sitzung zu Sitzung wechselt zwischen den einzelnen
Mitgliedern der Vorsitz, der nur zur Leitung der Ver-
handlungen berechtigt. In der Regel finden alle 14 Tage
Sitzungen statt, doch fühlte man sich auch hier, um thun-
ichst allen Mitgliedern die Teilnahme zu ermöglichen,
nicht an eine strenge Einhaltung der Termine gebunden.
Vom 5. November 1904 bis zum 29. April 1905
wurden 15 Sitzungen abgehalten. Neun davon wurden
durch Vorträge, sechs durch Berichte ausgefüllt.
Vorgetragen haben:
1. Herr Baarmann über die Entwicklungsgeschichte
der Lafette bis zum Ende des 15. Jahrhunderts;
2. Herr Diener-Schönberg über die Geschichte der
OIbernhauer G ewehrindustrie;
3. Herr Haenel über die Hessen-Ivasseler-Müller-
büchsen;
4. Herr Ko et sch au über das historische Museum,
insbesondere in seinen Beziehungen zur Stillehre der
Waffen;
5. Herr Krüger über einen Prunkdolch im Histori-
schen Museum (Führer S. 100 Nr. 620) unter gleich-
zeitiger Berücksichtigung der stilistischen Eigentüm-
lichkeiten der Schweizerdolche;

6. Herr Meyer über Psychologisches in der Schiessaus-
bildung;
7. LIerr von Schubert-Soldern über Celt und Framea,
und später über die Beziehungen von G. W. von
Leibniz zu den Handfeuerwaffen;
8. Herr Thierbach über die Entwicklung des Rad-
schlosses und, daran anschliessend, in einer anderen
Sitzung über die Entwicklung des Steinschlosses.
Diese Vorträge werden zum Teil in der Zeitschrift
1 für historische Waffenkunde, zum Teil im demnächst er-
scheinenden Dresdner Jahrbuch und zum Teil in der
Thierbach-Festschrift gedruckt werden.
Aus den Berichtssitzungen möge folgendes hervor-
gehoben werden:
1. Herr Dien er-Schönberg erklärte die Bedeut-
ung der Knebel an den Schweins- und Bärenspiessen;
2. Herr Haenel berichtete über einen Besuch des
Bargello in Florenz, namentlich über die daselbst aufge-
gestellte Sammlung Ressman;
3. Herr Koetschau sprach im Anschluss an einen
Besuch der Wiener und Berliner Waffensammlungen über
frühmittelalterliche Helme, ferner über eine Hinterladungs-
1 büchse von Michael Gull in Wien 1658;
4. Herr Krüger machte die Mitglieder mit den Dar-
stellungen russischer Waffen in dem Buch von Pantenius
über den falschen Demetrius in kritischer Auseinander-
1 Setzung bekannt;
5. Herr Meyer unterrichtete über eine russische
Untersuchung von E. von Lenz, die in angeblichen
Handgranaten Gefäße zum Transport von Quecksilber
festgestellt hat (inzwischen als Referat in der Zeitschrift
für historische Waffenkunde gedruckt III, S. 303);
6. Herr von Schubert-Soldern legte eine noch
unbekannte Kopie der maximilianischen Zeugbücher aus
dem Jahre 1591 vor.
Ausserdem wurden noch viele Gegenstände des
Museums eingehend besprochen. Da auch von diesen
Berichten das Wichtigste gelegentlich durch den Druck
mitgeteilt werden soll, so kann von einer näheren In-
haltsangabe abgesehen werden.
Übersieht man diese Thätigkeit, so zeigt sich, dass
die Beschäftigung mit den eigentlich ritterlichen Waffen
zurücktritt und die meisten Mitglieder zunächst mehr
Neigung hatten, weniger angebauten Gebieten der
Waffenkunde sich zuzuwenden. Wird nun dieses Streben
zunächst einmal festzustellen, wo in der Waffenkunde
die Arbeit überall einzusetzen hat, dann aber die Forsch-
ung auch in Angriff zu nehmen, in der rechten Weise
organisiert werden können, so wird die Existenzberechtig-
ung des Seminars bewiesen sein. Das Plauptthema des
nächsten Semesters, die Erklärung von Fronspergers
Kriegsbuch, wird den Mitgliedern Gelegenheit geben,
sich einen Überblick über das ganze Waffenwesen des
16. Jahrhunders zu verschaffen und dabei auch zu er-
kennen, wieweit die Grenzen für das Gesamtgebiet der
Waffenkunde abgesteckt werden müssen, wenn sie nicht
einseitig als ein Teil der Kunstgeschichte oder der
Kriegswissenschaft betrieben werden soll, sondern als
kulturgeschichtliche Disziplin.
Dresden, am 12. Mai 1905.
Karl Koetschau.
 
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