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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Die beiden Münchener Ausstellungen für 1888
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0252

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ll. Iahrgang. Lefl

April )557


—W Kevclusgegeben vorr Arieövich 'Uecht W—-

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Die beiden Wintchellee Ausstelluilgen siir 1888
vom 7)erausgebek
Mein Vorurteil ist verbreiteter als die Meinuug, daß Aiisstelliingen lediglich aus dem Bedürfnis hervor-
gingeu, ivelches die Produzenten hätten, ihre Erzcngnisse den Abnehniern zu zeigen. Das ist aber nnr
eine Seite der Sache, denu nicht ininder ist es die Nation, welche von den Ausstellern Rechenschast sordert,
ob nnd iu welchein Umfange sie ihre Pstichten gegen dieselbe erfnlleu. Sie fragt, ob die Rnnstler ihrer Unter-
stütznng würdig seien, vb die Gewerbe den Schutz, welchen ihnen der Staat gewährt, verdieneu. — Werden
denn Musternngen etwa zum Vergnügeu nnd Nntzen der Soldateu abgehalten, oder sind sie für ihre Ausbildnng
und die der Führer da? Vor allein aber für die Kenntnis des obersten Kriegsherrn, damit er wisse, wie
weit er sich auf die Armee verlassen kann. Nun, der vberste Kriegsherr bei jenen friedlichen Musterungeu
ist niemand anders als die Nation, die ebenso das Recht wie die Pflicht hat, die ihr dienenden Kräfte und
deren Wert kennen zn lernen, die Tüchtigen zu belohnen, die Faulen zn strafen.
Von diefem Standpunkt, aber sicherlich nicht von dem des gemeinen Nutzens, sind die Ansstellungen
allein zu betrachten, nnd wehe der Kunst, welche es verkennt, daß sie im Dienst ihres Volkes steht, oder den
Gewerben, welche dasselbe blos ausbeuten, alfo ihr einseitiges Klasseninteresse dem seinigen entgegen setzen
wollten! Wenn daher die „Kunst für Alle" von dem großeu in München geplanten Doppel-Unternehmeu bisher
nicht ausführlicher gesprochen, fo hatte das keinen anderen Grnnd, als weil dasselbe in seinen Hauptnmrissen
noch nicht festgestellt war. Nachdem dies nun aber geschehen und die Sache so geordnet worden ist, daß die
gleichzeitige allgemein-deutsche kunstgewerbliche Ausstellung nicht neben jener der Künstler im Glaspalast, sondern
in einem an anderer Stelle erst zu errichtenden Gebäude stattsindeu wird, so haben wir nunmehr die aus
dieser neuen Lage sich ergebenden Forderungen sosort ins Auge zu fassen.
Daß das Unternehmen einer deutschen kunstgewerblichen Ausstellung eines glänzenden Erfolges sicher
sein kann, nachdem es ein schou seit Jahren immer dringender gewordeues Verlangen befriedigt, der Nation
wie dem Ausland die großen Fortschritte endlich vor Augen zu führen, welche die verzierende Thütigkeit
unserer Gewerbe seit der letzten Gesamtansstellung i. I. 1876 unzweifelhaft gemacht, darüber dürfte kaum
eine Meinungsverschiedenheit bestehen, selbst wenn diese Fortschrilte weit zweifelhafter wären. Denn auch da
müßte ja ein solches Unternehmen der Welt zeigen, was wir nberhaupt nach dieser Seite hin leisten und was
wir noch zu erstreben und zu verbessern haben l Jetzt wird die Ausstellung aber nicht nur diesen Zweck
erfüllen, sondern auch den noch viel wichtigeren, der Nation wie dem Ausland endlich einen lebendigen
Begriff von der außerordentlichen Fülle der Kräste zu geben, welche sich da teils neu regen, teils schon zur
vollen Reife und Eigenart entwickelt haben. Uns aber wird es ein ganz besonderes Vergnügen sein, in
unserem Blatte auf dieselben hinzuweiseu, und ihre besten Werke den Auswärtigen vorzuführen.
Ganz anders liegt die Sache aber bei der Kunstansstellung, der ein ähnliches, überdies glänzend
geglücktes Unternehmen erst voriges Jahr in der Reichshauptstadt vorausging. Hier heißt es vor allen
Dingen aus den dort gewonnenen Erfahrungen Nutzen ziehen, umsomehr als es sich auch darum handelt, den
Stand unserer Kunst gegeuüber der anderer Nationen festzustellen. Da ift zunächst die Ehrlichkeit gegen nns
selber die erste Pflicht, nicht nur um die in Berlin begangenen Fehler zu vermeiden, sondern noch mehr die
unlengbaren Mängel und Schwächen der eigenen Kunst zu verbessern.
D»e Aunst für AUe II.

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