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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 3
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Balet, Leo: Die Sammlung Bachstitz, 2. Teil
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0121

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Die Sammlung Bad)ftife / 3weiter üeil
Mit 17 Abbildungen auf neun Tafeln Von LEO BALET

Im vorjährigen Juniheft des Cicerone gab id) eine kurze Überfid)t von den Gemälden der
Sammlung Badhftife. Eine Befprechung der übrigen Beftände in der Suriname-
ftraat 11, Den Fjaag, fcheint mir geradezu eine unmögliche Arbeit. Die Vitrinen
bergen eine derartige Menge der unglaublichen Koftbarkeiten, es ift alles fo aus-
erlefen fchön, von fo ausgeprägter Charakteristik, von folch herrlicher Qualität und von
[o fabelhafter Erhaltung, daß man überhaupt nicht weiß, welche Stücke man befonders
hervorheben [oll. An antikem Schmuck allein find z. B. rund 100 Nummern vorhanden,
dabei find Gefamtfunde nur als eine Nummer gerechnet, die 3ahl der antiken Gläfer ift
noch größer. Man fühlt fich vollkommen hilflos, wenn man den Lefern unferer 3eit-
fd)rift auch nur einen flauen Begriff geben will, was für märchenhafte Pracht da vor
einem ausgebreitet liegt. Oder nicht die Gelegenheit hat, die Sammlungen felbft zu
befuchen, verfäume doch wenigftens nicht, die drei aufs koftbarfte ausgeftatteten, mit
Färb- und Lichtdrucken illuftrierten Katalogbände in Folioformat durdtjzufehen, deren
Abbildungen allein fdjon mehr befagen werden, als eine gedrängte Überficht in einer
Kunftzeitfchrift zu bieten imftande fein wird. Daß Bachftife fid) für den wiffenfchaft-
licßen Cext die Mitarbeit hervorragender Fachgelehrter gefiebert hat, bedarf in An-
betracht der geradezu amerikanifchen Großzügigkeit des ganzen Bachfti&fchen ünter-
nehmens wohl kaum der Erwähnung. Befonders der üext des zweiten Bandes, den
Robert 3ahn verfaßt hat, ift von unfchätjbarem Klert für die Kliffen[chaft. Meinen
folgenden Notizen über antike, byzantinifche und islamifd)e Kunft liegen die Unter-
suchungen von 3ahn denn auch zugrunde.
Unter dem antiken Schmuck ift mir befonders der Grabfund aus Mazedonien aus
der Mitte des 4. Jahrhunderts v. Q)r. aufgefallen. Er befteht aus einer goldenen ßals-
kette aus geflochtenem Draht, an der vermittels kleiner Rofetten eine dichte Reihe be-
weglicher, kleiner Bommeln angehängt find; ferner aus zwei goldenen Ohrringen mit
der vollgegoffenen Darftellung des Ganymeds mit dem Adler, ein paar Armbändern
aus Bergkriftall, das kordartig gefchnitten wurde, mit je zwei goldgetriebenen Klider-
köpfen an den Endungen, einem goldenen Fingerring mit kabofehiert gefd)liffenem
Smaragd, endlich vier goldenen Scharnierfibeln mit Frauenmasken, in der Sammlung
Bachftitj gibt es vielleicht Schmuckftücke, die von wiffenfchaftlichem Standpunkt aus inter-
effanter find, künftlerifd) kann man fich etwas Vollendeteres kaum denken. Bei der
Verarbeitung des Edelmetalls hat der Künftler auf raffiniertefte Kleife alles aufgeboten,
um dem Licht Gelegenheit zu geben, alle Glut und Farben und Nuancen, die das Gold
nur hergeben kann, fpielerifch hervorzuzaubern, ohne jedoch einen Augenblick zu ver-
geffen, daß der Schmuck nicht da ift, um feine eigene Kunftfertigkeit zu zeigen, fondern
um den fchönen Körper eines griechifchen Mädchens, für das all diefe Koftbarkeiten
beftimmt waren, noch mehr hervorzuheben. Klie wundervoll weich wird fich die Hals-
kette an die Fjalsforrnen angefchmiegt und fich auch dem leifeften Spiel der feinen
Muskeln angepaßt haben. Die Ohrringe, für die der Goldfehmied fo finnig ein fd)we-
bendes Motiv wählte, find wohl die fchönften, die überhaupt exiftieren. Der Adler
hat die Flügel ausgebreitet und hält den uns zugekehrten Jünglingskörper des Ganymed
vorfichtig umfaßt. Ganymed biegt den Kopf zurück und drückt mit der Hand den
Adlerkopf zum Kuß an feinen Mund. Die ganze Gruppe ift von einer religiöfen Sinn-
lichkeit, wie nur die Griechen fie gekannt haben und die uns auch aus einer in Marmor
gemeißelten Mädchenbüfte (ebenfalls aus dem 4. Jahrhundert v. Chr.) der Sammlung
Bachftife entgegenleuchtet. Der etwas nach der Seite geneigte Kopf, die verträumten
Augen, der volle Mund, der weiche Hais mit der leicht gehobenen linken Schulter und

Der Cicerone, XIV. Jaljrg., ßeft 3

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