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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 6
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Die Zeit und der Markt
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0273

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Ätisjtellungen

den Verkauf entbehrlicher Stücke und Doubletten
ins Ausland aufbringen ließen. CCIas die laufen-
den Kopen, die ein neuer Mufeumsbau erfor-
dernd) machen würde, betrifft, fo lehrte ferner
die Erfahrung des vorigen ftrengen tüinters,
daß ein Mufeum zur Not aud) ohne Reizung
auskommen kann, und die 3at)l des Aufpcbts-
perfonals bedürfte keiner Vermehrung, wenn
man nach dem Beifpiel des Louvre an beßimm-
ten Cagen immer nur einzelne Abteilungen dem
Publikum zugänglich machen würde. Alles Ein-
wände, die den befürchteten Mehraufwand an
Qnterhaltungskoften hinfällig machen. Völlig
unverftändlid) bleibt in diefem 3ufammenbange
endlich die Ablehnung von ttlilbelm v. Bodes
aus dem Ertrage feiner Bücherverfteigerung
flammender Drei Million e n-Stiftung für
das Afiatifcbe Mufeum. Es ergibt fleh hier an-
gefichts einer fo hoben Kulturaufgabe, eine Reihe
von Fragen, die dringend der Klärung bedürfen,
und die man erft noch vor der Volksvertretung
rechtfertigen müffen wird. Curt Bauer.
Ausheilungen
Berliner Äusftellungen
Die Eröffnung der Choma-Ausftellung in
der Nationalgalerie bildet ein lang erwartetes,
wichtiges Ereignis im Berliner Kunftleben, weil
pe viele ungeklärte und gegenfätpicbe Cüert-
urteile ausgleicben und den Plalj des 82jährigen
Seniors der deutfeben Künftler in der Kunftge-
febiebte würdig feplegen helfen will. Beinahe
200 Gemälde find unter großer Mühewaltung aus
dem durch ganz Deutfchland verteilten Privat-
befilj zufammengebraebt worden, die das LCIerk
Hans Cbomas von feinem 19. Jahre — bevor er
noch die Kunftfcbule befuebte — bis zu feinem
heutigen Schapen umfaPen. Mit Bedauern frei-
lich vermipen wir darunter gerade die beften,
in Mufeen bepndlicben Gemälde. Nur der Befip
der Nationalgalerie fowie das Selbftporträt der
Dresdner Gemäldegalerie konnten aus öpentlicben
Sammlungen berangezogen werden, und wenn
Ludwig Jufti in dem ausführlichen, das Schapen
des Künplers mit liebevollem Verftändnis wür-
digenden Vorwort zum Führer auch das Fern-
bleiben der anderen Mufeen durch triftige Gründe
zu erklären weiß, fo drängt ficb uns dabei doch
die Beobachtung auf: der Gefamteindruck ent-
fpricht infolge diefes Ausfalles nicht dem ge-
waltigen Aufwand an Mühe, 3^it und Koften.
Qm fo mehr kommt der Kenner auf feine Rech-
nung, dem ficb hier ein weit zerftreutes und da-
her febwer zugängliches Material erfebüeßt.
Kaum ein anderer Künftler ip in feinen oft fo-
gar zu derfelben 3eit entftandenen Arbeiten fo
verfchieden an Qualität und braucht daher einen
derart großen Raum zu einer überfid)tlicben Be-
wertung wie Hans Cboma. Bei aller Verfcbie-
denartigkeit indepen flößt feine unbedingte Auf-

richtigkeit ftets Achtung ein, felbft wo pe pd) zu
künftlerifcben Härten verleiten läßt. Bereits in
den dilettantifchen Anfängen der „Bauerfamilie
im Gärtchen“ pnden wir die wefentlicbften Ge-
fühlselemente feiner fpäteren Kunft enthalten.
Die Quelle feines Schapens pnd ein deutfebes
Gemüt und deutfebe Cradition, die pd) nur vom
deutfeben Standpunkt verfteben lapen und febwer
eine internationale Bedeutung gewinnen werden.
Eine direkte, wenn auch abfallende Linie führt
von Dürer zu Choma. Nicht nur in der Behand-
lung drückt pd) das aus, fondern auch in Mo-
tiven wie „Adam und Eva“. Seine Kunp wäcbft
aus dem Fjandwerklid)en. Sie fteigerte pd) fchon
frühzeitig zu malerifcbem Können und feelifcber
Ausdruckstiefe wie im Bildnis der Schwefter
Agathe vom Jahre 1863, im „Mädchen amCifcb“
vom Jahre 1866 u. a. Als feine glücklicbfte
Schapenszeit müßen die fiebziger Jahre in Mün-
chen bezeichnet werden. Seine dörßfeb-fenti-
mentalePoepe erreicht im „Dorfgeiger“ vom Jahre
1871 felbftpd)eren Ausdrude. Seine fd)lichte raa-
lerifcbe Begabung feiert unter dem Einßuß Leibis
ihren Höhepunkt in den Bildnipen Bayersdorfers
(1873), Frau Scbolderers (1873) und vor allem
in dem „Kopf eines römifeben Bauern“ (1874).
Neben der malerifcben BeeinßuPung feitens Cour-
bets und Leibis entwickelt fiel) im ümgange
mit Böcklin der Sinn für eine farbenfatte Ro-
mantik, die auf den Bildern „Das Mädchen und
derCod“ (1872) und vielen anderen, namentlich
auch in italienifchen Motiven zum Durchbruch
gelangt. Die Landfd)aft gewinnt an Ciefe und
Helligkeit. Es entftebt der malerifd) und roman-
tifd) zugleich empfundene Meifterwurf „Im Park
von Schloß Mainberg bei Scpweinfurt“ (1875).
Es bahnt pd) in der „3iegenherde“ (1878) eine
malerifcbe Flächenaufteilung an. Später ge-
winnt das Inhaltliche die Oberhand und verführt
zu allerhand Härten. Seine Kunft pendelt in
weiten Bewegungen zwifeben einem gefühlvollen
Naturalismus und paradiepfeber Romantik ein-
her. Dabei werden die Konturen nüchtern oder
die Farben bunt, je nachdem die Natur oder
die Pbantape den Anpoß gibt. Er malt allzu
irdifche Engel und mytbologifcbe Gepalten mit
realiftifcbem Pinfel. Auch die beiden großen
Gemälde aus der Peterskirche in Heidelberg ge-
hören trotj mancher malerifcben Feinheiten in diefe
Kategorie. Dünn gefät entpepen dazwifeben
wieder vollendete tOerke wie die „Mainland-
febaft“ vom Jahre 1883, die „Flußlandfcbaft mit
Schafherde“ vom Jahre 1885 u. a.
Aus diefem drohenden Marasmus befreite
Cboma in fpäteren Jahren die 3eid)nung. Ob-
gleich der Künpler felbft ihr nur den tüert einer
Hilfskunft beimißt, bildet fie doch die wefentlicbfte
Grundlage feines Schapens. Die Ungleichheiten
feiner Ölmalerei pnd in ihr ausgeglichen. Erp
fpät verfuepte fid) Cboma in der graphpeben
Kunft. Aber je mehr man ficb in feine 3eid)-

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