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Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

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Heft 7
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Der Keramiksammler
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https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0323

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Der Keramikfammler

Ffauptfacße für unferere neuzeitliche Keramik —
den Nachweis liefern, daß diefe mächtige In-
duftrie und in Verbindung mit ihr die gewerb-
lichen und kunftgewerblichen Betriebe auch in der
Gegenwart von einer Leiftungsfäßigkeit find,
die fich jener der altklaffifchen Perioden getroft
an die Seite ftellen darf, ja fie in mancher IJin-
ficht, was Reichtum und Schönheit der Formen
und Farben angeht, oft übertrifft. Es hat in
der Keramik in Deutfdßand, wie in allen an-
deren Ländern, viele Irrwege und manche Epochen
des Stillftandes und Rückfcßritts gegeben, aber
heute herrfcht wieder in allen Staatsmanufakturen
und Privatbetrieben der eifrigfte Ehrgeiz, Mufter-
haftes zu leiften und die Induftrie einem neuen
Gipfelpunkt zuzuführen.
Damit kommen wir zu einem wichtigen Punkt,
zum Kardinalpunkt der Dresdner Husftellung
„Deutfche Erden“ — nämlich zur Frage der
„Qualität“ und der Rolle, die ihr auf der Aus-
stellung befdjieden ift. Der Begriff „Qualität“
wurde in den lebten Jahren leider zu einem fo
abgebrauchten Schlagwort degradiert, daß man
fajt vor einer Anwendung fcheut. TIas brüftet ßch
heute nicht alles mit „Qualität“! Die Dresdener
bringen deshalb den unverfälfchten Begriff reiner
zum Ausdruck, indem fie von Fjöchftleißung
fprechen. In Anbetracht des Endzieles der Jaßres-
fchauen: „Anregung zu gefteigerter Güte in Arbeit,
Stoff und Formung, würdige Vorführung der
erreichten Leitungen“ liegt es auf der Fjand,
daß in einer derartigen Elite-Schau nur folche
Arbeiten gezeigt werden dürfen, die der Er-
zeuger felbft als Gipfelpunkte feines
Könnens betrachtet und bei denen er voraus-
fetzen darf, daß auch der kritifche Befchauer
diefe Anficht gelten läßt. Damit ift wohl in
aller Kürze deutlich gefagt, worauf es bei der
Dresdner Ausftellung ankommt und wodurch
fie fich von ttlarenmeffen und Aufteilungen
nach alter Schablone unterfcheidet.
Qm zu dem erftrebten 3iel zu gelangen, wird
folgender (Heg eingefchlagen. Es werden nur
folche Fabrikanten zum Ausftellen aufgefordert
oder, falls fie fich felber melden, zugeiaffen, die
zweifellos Gutes liefern. Gefchmacklich Gering-
wertiges, dürftig Gearbeitetes oder gar fogenannte
Stapelware ift ftreng verboten und ausgefchloffen.
Es follen keineswegs nur Erzeugniffe von de-
korativem CQert zur Schau gelangen, fondern
auch folche, die für den Alltagsgebrauch und
für tedjnifche 3wecke beftimmt find. Ja, gerade
auf die Gebrauchsgegenftände wird in An-
betracht ihrer großen Tüchtigkeit für die IJebung
des Gefchmacks in den breiten Bevölkerungs-
fchichten hoher fflert gelegt, und nichts wäre
verfehlter, als auf der Jahresfchau nur folches
Kunftgewerbe vorzuführen, das feinem Preife
nach lediglich für den begüterten Sammler und
das erheuchelte Kunftbedürfnis des Emporkömm-
lings in Betracht kommt. Daß auch tüohlfeiles

fchön und zweckmäßig fein kann, fein foll, diefen
Beweis wünfcht die Dresdner Jahresfchau in
befonders überzeugender TIeife zu führen und
fie wird darin von unferer keramifchen Induftrie
verftändnisvoll unterftüßt.
Ein weiteres Eingehen auf Einzelheiten würde
den Rahmen diefer nur vorläufig orientierenden
kleinen Abhandlung weit überfchreiten. Der
Intereffent ßndet alles Tliffens werte in den von
der Jahresfchau erlaffenen Ausftellungsbeftim-
mungen. üm es noch einmal, kurz zufammen-
faffend, zu fagen: Die Dresdner Jahresfchau will
einen Querfchnitt durch die induftrielle und
gewerbliche Produktion bieten, und zwar, wie
er in der Cat ift, und nicht, wie eine über-
trieben ftrenge Kritik vielleicht wünfchen könnte,
daß er wäre. Alfo keine Potemkinfchen Dörfer,
wie dergleichen ja manchmal Vorkommen foll.
Keine eigens für diefen 3weck und nur für diefen
3weck hergeftellte Paradearbeiten, fondern
ehrliche 3eugniffe deffen, was wirklich und
allgemein an befter Arbeit geleiftet und,
im Fjinblick auf den zu erwartenden Abfafz,
genau ebenfo gut wiederholt werden
kann.
Tlie Dresden keine Anftrengungen fcheut, um
die große Jahresfchau „Deutfche Erden“ im Som-
mer 1922 zu einem Ereignis zu geftalten, an
dem man unmöglich vorübergehen kann und
das in der Cagespreffe, in 3eitfchriften und Fach-
blättern die eingehendfte Behandlung finden wird,
fo darf Dresden wohl auch mit Beftimmtheit
erwarten, daß es bei diefem gemeinnützigen
Beftreben bei der gefamten keramifchen Induftrie
Deutfchlands regfte, Beteiligung und Qnterftütjung
ßndet.
Kunftkeramik auf derLeipziger
Frül)jal)rsmeffe 1922
Die Edelkeramik, die ihre Spitze in der Por-
zellankunft hat, war wie immer reich vertreten.
Befonders auffallende Neuerfcßeinungen waren
nicht feftzuftellen. Die Plaftiken, die die Staats-
und privaten Manufakturen zeigten, ßelen irgend-
wo aus dem gewohnten Rahmen, der ihre
djarakteriftifchen Eigentümlichkeiten umfchließt,
heraus. Dies fei befonders betont: Es beginnt
ßch allmählich wieder fo etwas wie ein indivi-
dueller Stil in den einzelnen TIerkftätten heraus-
zubilden, ohne jedoch in Uniformität der Er-
zeugniffe zu geraten. Dies liegt jedoch nicht
daran, daß etwa eine Anzahl beftimmter Fjaus-
künftler in jeder Manufaktur dauernd mit ihr
verbunden ift — es tauchen hin und wieder, und
das ift das fortfchrittiiche Moment, immer wieder
neue Namen auf —, fondern m. E. daran, daß
im Laufe der Jahre die früher oft nur kauf-
männifd) intereffierten Leiter ßch über das Niveau
des Mur-Kaufmannes hinaus zu felbfiändiger
künftlerifcher 3ie*bewußtheit erhoben haben.

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