Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

DOI Heft:
Heft 13
DOI Artikel:
Wiese, Erich: Madonna und Schmerzensmann in der Dorotheenkirche zu Breslau
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0562

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
mittelbar zum Vergleich ßeranzießen ließen1. Die ßöfifche Grundftimmung der GCIerke
wurde bereits ßervorgeßoben. Und eben [ie ift es, die in ßoßem Grade einer, wie fiel)
mit ziemlicher Sicherheit erweifen läßt, füdbößmifcßen (nicht mittelrß einigen) Gruppe
von Steinmadonnen diefer 3eit eignet. Die im Breslauer Mufeum fcßlefifcher Alter-
tümer befindliche, die im Bonner Mufeum aus der Sammlung Cßewalt, die in Cßorn,
endlich die Krummauer und (Uittingauer gehören neben vielen anderen in diefen Kreis2.
Die Dorotßeen-Madonna fcßließt fich im übrigen nicht eben eng an die genannten an.
Vor allem fehlen ihr die langen beherrfd)enden Daarnadelfalten. Die Drapierung
nähert fich in großen 3ügen mehr dem allgemein üblichen Cyp der 3eit, von dem uns
befonders im (Heften zahlreiche Beifpiele erhalten find. Aber, nur im großen Ganzen,
die Befonderßeiten wurden oben feßon ßervorgeßoben. Vergleichbar jedoch ift mit
der bößmifeßen Gruppe befonders die eigentümliche Vorneigung des Kopfes, wie fie
fich in der Seitenanficßt darftellt. In diefer tritt auch die Ähnlichkeit der Proßllinie des
Geficßts deutlich in Erfcßeinung3. Das Geficßt in Vorderanficßt aber ift dem bößmifchen
Ideal der 3ed befonders naße. Um diefe Rundung und üleicßßeit der Gefamt- wie
Einzelformen wiederzufinden, erinnere man fiel) etwa der gemalten Madonnen der
Boßenfurtßer Anbetung oder des Glaser Bildes im Kaifer-Friedricß-Mufeum4, die leßten
Endes ißre Süßigkeit von Italien, fpeziell von Siena, ererbten.
(£Iir müffen nach dem Vorangegangenen fcßließlich wiederholen, daß die beiden
feßönen tUerke in St. Dorotßea kaum als Breslauer Arbeiten im engeren Sinne be-
trachtet werden können, oßne damit fagen zu wollen, daß Breslau folcße Qualitäten
damals nicht ßervorgebraeßt hätte. Man überfeßreite nur die Scßweidnißer Straße und
bemühe fich auf die Orgelempore von Corpus Cßrifti. Das prächtige Criumpßkreuz
dort ift zumindeft eine ebenbürtige Leiftung5.
Die den Äbbildungen zugrunde liegenden Aufnahmen ließ Pjerr Provinzialkonfervator Dr. Burge-
meifter in Breslau auf meinen Klunfcß machen und trug auch zu den Koften bei, wofür ihm an
diefer Stelle nochmals gedankt fei.

1 Hlenngleich reichlich) anderen Geiftes, weift der erwähnte Schmerzensmann des Goldfchmiede-
altars durch feine Verwandtfehaft mit für böbmifch anzufprechenden Pietägruppen in diefer Rich-
tung (f. M. Semrau, in Schief. Vorzeit, Neue Folge 4).
2 Viele davon abgebildet zu M. Semraus Äuffatj in Schief. Vorzeit, Neue Folge 7, S. 185 ff. Die
Krummauer und COittingauer bei R. Ernft im Jhb. d. K. K. Central-K., 1917. Auf die Beziehungen
diefer Bildwerke zu Breslauer Arbeiten bin ich andernorts näher eingegangen, ttlilb. Pinder hat
in feinem demnächft erfcheinenden erften Band der Gefchid)te der Plaftik (Fjandb. d. K.-CUiffenfcß.)
das Problem der „fchönen Madonnen“ eingehend behandelt und ift (nach frdl. perfönlicher Mit-
teilung von ihm) zur Aufteilung einer Reiße beftimmter Cypengruppen gelangt.
3 M. Paul, Sundifche und Lübifche Kunft, Berlin 1914, bildet ein entfprechendes Profil der
Bonner Madonna auf Caf. X* ab. Auch die Äbb. der Cllmer Madonna des Meifters Fjartmann im
Baumfdjen Katalog der Stuttgarter Sammlung, S. 31, ift zu vergleichen. Damit berührt man das
Kapitel der Beziehungen zwifdjen Böhmen und Süddeutfchland. Es ift noch keineswegs geklärt,
und nur ausgedehntere Materialpublikationen werden es tun können.
4 Äbb. bei R. Ernft, Beiträge zur Kenntnis der Cafelmalerei Böhmens. Prag 1912. Caf. III und
XI. Das Güerk bietet noch viele andere Belege der Art.
5 lm übrigen habe ich auch fchon darauf hmgewiefen, daß recht wohl die Möglichkeit befteht,
daß „böhmifche“ Cüerke aus Breslauer (Uerkftätten hervorgingen.

540
 
Annotationen