Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Cicerone: Halbmonatsschrift für die Interessen des Kunstforschers & Sammlers — 14.1922

DOI Heft:
Heft 20
DOI Artikel:
Die Zeit und der Markt
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.33342#0865

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ä u s ft e 11 u n g e n

Lautrec, Vernier. Huch einige Blätter gotifdber
Schulen fanden als Onika Platj. 5- G.
B erlin
Die Berliner Privatgalerien fteßen augenblick-
lich im 3eid>en der Kunft der Frau. Ißr Gefamt-
niveau darf neben der des Mannes einen durch-
aus ehrenvollen Platj beanfpruchen. Eine gewiffe
Einfeitigkeit in der Problemftellung ift allerdings
nicht zu verkennen, doch begann die Frau ihre
eigene Natur zu verfteben und erfchöpfend zum
Husdruck zu bringen. Das gilt vornehmlich von
der Bildhauerin Milly Steger, deren Plaftiken,
3eichnungen und Lithographien eine Kollektiv-
ausftellung bei Gurlitt vorführt. Ihre Grund-
j'timmung ift erdentbundene Sehnfuht, die fid)
mit einer eng an das Organifche gefdjloffenen
Schwungkraft entlädt. Ein mufikalifcber Rhyth-
mus verleiht ihren Geftalten eine leichte Canz-
pantomime und gerade ihre lebten Hrbeiten,
wie die Fjolzplaftik „Gruppe“, atmen eine reine
Gefühlsfprache, in der die Künftlerin [ich voll
auszugeben weiß. — Huch die Bildhauerin Emy
Roeder hat in ihren bei Goldfchmidt und
ÖLIallerftein ausgeftellten Hrbeiten den Scblüffel
zu ihrem liefen gefunden. Schlichte Einfachheit
des Empfindens läßt fie auf alle Einzelheiten
zugunften eines großen feelifcben Schwunges
verzichten, doch erfcheint [ie in ihrem technifchen
Husdruck noch ftark von Barlach und Meiner
abhängig. — Frifche Farbenfreudigkeit erfüllt
die daneben hängenden Hquarelle von Fritj
Schaefler, deren Gleichförmigkeit jedoch noch
fehr an der technifchen Hußenfeite haften bleibt.
— Huf einen feinen Strichrhythmus hat die
Malerin M. Schwichtenberg, die fich in der
Galerie Ferdinand Möller mit einer Kol-
lektivausftellung ihrer neueren Gemälde und
Hquarelle zeigt, ihre Kunft eingeftellt. In groß-
zügiger Derbheit, aber ohne jeden Beigefchmack
von Brutalität, find hier die pommerfchen Bauern-
typen erfaßt. Eine ländliche Nachbarinnen-Poefie
fchließt die Frauengeftalten genrehaft zufammen,
während die Farbenftimmung aus der Minusfeite
des Spektrums dringt und geheimnisvolles
Dämmerlicht verbreitet. — Mit ihrem graphifchen
CQerk tritt in der Gutenberg-Buchhandlung
die junge Berliner Malerin Rahel Szalit-
Marcus auf. Eine kraftvolle Natur, die ihre
Motive etwas einfeitig dem jüdifchen Kleinftadt-
leben entlehnt hat. Die Beftimmtheit des Striches
indeffen deutet auf eine Energie des Empfindens,
die für die 3ukunft eine weitere Entwicklung
erwarten läßt.
Dem 1821 dreiundfünfzigjährig verdorbenen
Bildhauer Huguft Gaul widmet die Hkademie
der Künfte in ihren Räumen am Parifer Pla&
eine umfangreiche Gedächtnisausftellung, die auch
feine lebten Hrbeiten umfaßt. Seit langem be-
hauptete Gaul auf den großen Berliner Kunft-
ausftellungen mit feinen feinen Cierplaftiken

eine der erften Stellen. Seine tief in die Cier-
feele dringende Beobachtungsgabe verband fid)
mit einer technifchen Vereinfachung, die ihn einft
als Bahnbrecher erfcheinen ließ. In reicher Pro-
duktionsfülle geftaltete ernamentlich dieidyllifchen
und monumentalen Elemente des Cierkörpers,
ohne über das Individuelle hinaus zur Hllfeele
durchzudringen. Darin ift er von der 3eit über-
holt worden. 3ablreiche Fjandzeicbnnngen er„
läutern, wie Gaul malerifche Probleme in die
Plaftik zu tragen fuchte, eine Synthefe, die
namentlich in feiner letzten Hrbeit, einer großen
Gorilla-Statue, glücklich veranfchaulicht wird.
Eine entfchiedene Handlung verraten die
Kleinplaftiken Oswald Fjerzogs im Kunftfalon
Hlfred geller, dir feben den Künftler im
Begriff, fich aus feiner vom „Sturm“ her be-
kannten Klifcheemanier zu einer freieren Dar-
ftellungsweife — durchzufinden. Plaftiken wie
„Fuoco“ bezeichnen einen Fjöbepnnkt organifchen
Geftaltens auf kubifcberBaßs. —Ein fympathifhes
Begleitwort fcbreibtMeier- Gräfe zurKollektiv-
ausftellung von F>einz Graf Luckner in der
Galerie Nicolai. Der Künftler hat während
des Krieges feine Beftimmung entdeckt und im
fibirifchen Gefangenenlager die erften Verfuche
gemacht. Ein kultivierter Farbenfinn, an fran-
zöfifcben Vorbildern gefchult, gibt fich in feinen
Gemälden zu erkennen, heftige Bewegungen
löfen die zum Ceil überfüllten Gruppen auf der
Leinwand aus. Der Künftler offenbart im ganzen
mehr Leidenfchaft als Originalität.
Curt Bauer,
art
Das Kupferfticbkabinet zeigt z. 3- in feinen
Schauräumen eine Huswaßl der beften ihm ge-
hörenden 3ei<hnungen deutfcher Maler und
Graphiker des 15.—18. Jabrl). Dr. Carl Koch gibt
über die Husftellung einen Bericht im Sd)wä-
bifcben Merkur, Nr. 428, 27. Sept. 1922.

üJiesbaden
In der Galerie Banger ift eine Kollektion
von Gemälden und Radierungen Steinhaufens
ausgeftellt, vorwiegend Landfhaften aus ver-
fcbiedenen3eiten desKünftlers; daneben Stilleben
von Marie Ja qu et - Steinhau fen, die an Quali-
tät die väterliche Kollektion entfd)ieden fcbiagen.
Es ift eine auch in der Rbeinland-Husftellung
ftark hervortretende Erfcheinung, daß die Fra uen-
kunft — dort ftellenweife geradezu die Situation
rettend — wenigftens auf den Mittellinien tapfer
ftand hält.
Im grapbifcben Kabinett von 5- Staadt
werden unter anderen eine Reihe grapbifcbe
Hrbeiten des eigenen Verlags gezeigt: Radie-
rungen von Cäfar Frank, eine Jerufalem-
Kollektion von 5- Struck, die eine Steigerung
in dem Schaffen des Künftlers bedeutet und
fehr hübfche Blätter von Erna Funke, von
denen befonders Hnficbten von Venedig ftark
anfprechen. d).

843
 
Annotationen