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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-177 Juli
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Kreislmküninguilgsblatt fiir öcn Kreis Heidelbcrg und amtliches DerküMgmigsblatt für die Amts- und Anits-
Gerichtsbezirke Heidelberg und Wicsloch imd dcn Amtsgerichtsbezirk Relkargeniünd.

Rl 162


Freitag, LS Zuli


1866

Bestell«ngen auf die „Heidelbergdr
Zeirung" nebst Beilage „Heidelber-
^er Familienblätter" für das mit 1.
Juli 1866 begonneUe 3. Quartal
chverden fottwährend angenommen.

Die Expedition

F Die Verfuchung

Nur das charakterlose Elemeut des Wassers
EräUselt srch neu bei jedem Windharrch: wie deu
«inzelneu Mann, ziert eiu Volk, einen Staat
die Standhaftigkeit. Jedensalls ist es nicht
ktug, manchmal selbst der Ehre gefährlich, die
gewählte Stellung zu wechseln, so tange noch
der dumpfe trübe Nebel politischer Rndurch-
dringlichkeit völlig die freie Umsicht hemmt.

Die jetzl mit allcr Hast dazu treiben, die
badische Regierung möge ihre Truppen vom.
Bundesheere zurückrufen, um ste wo möglich
stlbigen Tages mit den preußischen zn vereinen,
stnb zum Theile gauz dieselben Herren, welche
früher stets von der isolirten Neutralität Ba-
dens träumten, die, selbst gern Staatslenker
großen Styls, unwillkürlich 'das Gemcinwesen,
dem sie angehören, nicht nur für einen großen
Staat, sondern auch für einen Großftaat hal-
ien. Allein Baden, unser glückliches langge-
zogenes Land, ist ja — man verzeihe uns die
Wahrheit — ein verhältnißmäßig kleines Stück
Erde! Jm Westen von Bayern und dem ge-
fährlichen Frankreich begrenzt, im Osten von
Würtemberg stankirt und im Nordosten wieder
mit Bayern zusammenstoßend, liegl es ganz in
per politischen Sphäre der größeren jüddeutschen
Staaten, und darf. besonders wenn ein Con-
stict mit Frankreich droht, wohl suchen, die letz-
leren zu seiner Anschauung zn bekehren, unter
keiner Bedingung aber sich voreilig von ihnen
Zrennen. .

Die Regierung zu dem letzteren - Dchritte zu
drängcn, ist Zweck einer von den unbedingten,
in ihren Ueberzcugungen nichts weniger als
solidarischen Anhängern Preußens in Circula-
tion gesetzten Adresse: da ihre Wünsche und
Vie des lladischen Volkes durchaus nicht zusam-
mengehen, so heißt es für den badischen Bürger
sttzt: „Merk auf, wobei du dich betheiligst."
Und da jene kleine, bald rasch verstummende,
-bald laut in den Vordergrund drängende Partei
gu cinem äußerst gefährlichen Schritt treibt, s o
widerstehe das Volk und warte, ob es
und bis wann es Aeit sein würde, die-
sen Schritt zu t-hun.

Lasse es sich auch nicht irre machen durch
den Hinweis, wie jetzt vielleicht Preußen
von Frankreich angegriffen und wie deßhalb die
Pflicht an uns herantrclen werde, an Preu-
Hens Seite zu kämpfen. Ein „vielleitzt" ist
eine noch unsichere Zukunft, und die Dro -
hung mit der.französischen Jnvasion
ist zunächst nur Vorwand eben Der-
jenigr-n, die Baden um jeden Prei^,
selbst um den seiner Ehre, einem Hrn.
von Bismarck ausgeli<fert s«hen
möchten.

Auch wir erkennen in Frankreich den ge-
fährlichsten äußeren Feind, wie in Herrn von
Bismarck den gefährlichsten inneren. Allein
ein Stöß von Straßburg trifft svfort das Herz
UnscreS Landes. die prcußische Armee steht in
Böhmen und wird genug zu thun haben, die
eignen preußischen Grenzlande zu schützen; un-
sere Truppen sind tapfer: gegen dre Ueberzahl
aber ringen die Tapfersten vergebens; das be-
weisen die Schlachtfelder Böhmens! DaS Ex-
periment aber, durch unsern entschiedenen Ueber-

nachzuziehen, rst zu «nsicher und viel z« folgen-
schwer.

Alle Renommoge von der Ueberwindung auch
des gewaltigsten Gegners hat etwas momentan
Berauschendes. Vor ihr schwinden Borge zu
Maulwurfshügeln, über ,welche nur „feige Ver-
räther" straucheln könuen. Sinnlose Vorwürfe
aber schrecken uns nicht und hindern uns nicht,
an ver Geschichte zu lernen! Oestcrreich bützl
jetzt blutig seinen Sicgestaizmel. Deßhalb blei-
ben wir kalt, überlegend während der Gefahr:
die Leidenschast zeugt eine zweile zu der schon
bestehenden. Und die eine schou ist furchtbar
genug!

Und fo feid wachfam — wachsam gegen die
Edeln jener Partei, die einc reine Vaterlands-
liebe zur Ueberstürzung xreibt, wachsam gegen
die Schlauen, die rhre Selbstsucht mit der
Maske des Patriotismus -bekleiden, wor Allem
wachsam gegen euch selbst!

* Politische Umschau.

Heidelberg, 12. Iuli.

Das „Frankf. Journal" bemerkt sehr richtig:
Die Früchte des übcr unser armes verratheneS
Vaterland heranfbeschworenen Bruderkrieges rei-
fen immer verhängnißvoster und unseliger heran.
Was jeder wahre Patriot von Anbeginn an
mit Trauer im Herzen gefürchtet und voraus-
gesagt, daß wir durch innere Spaltung und
Bürgerkrieg zum Spielball des Auslandes wer-
deu würben, eS ist jetzt mit uuvcrmeidlicher
Nothwendigkeiteingetreten. Auf den blutgetränk-
ten Schlachtfeldern BöhmenS ist mit Strö-
mcn deutschen Blutes die ita-
lienische Einheit erkämpft wor-
den. Und was ist für Deutschland erreicht?
Der Mann an der Seine hat sich zum obersten
Richter über uns aufgeworfen und unsere
Schwäche und Spattung überliefert mns ihm
mit gebundenen HLnden und Füßen. Jtalien
und Preuhen zögern, sich seinem Schiedsrichtyr-
spruch zu unterwerfen, und sofort tritt er als
^upitvr tonsns zwischcn die Kämpfenden, ent-
sendet seine Flotte und seinen Civilcommissär
in das von uns für ihn eroberte Venedig und
eineck französischen General in das preußische
Hauptquartier mit dsr Androhung einer bcwaff-
neten Metziaiion Frankrcichs. Die Franzosen
am Rhein! Was soll daraus werden? Gäb' rs
ein Deutschland, es müßte wie Ein Mann auf-
stehcn gegen die ihm angethane Schmach. Aber
kann und wird das deutsche Vokk mit d e m
Preußen, das die Kriegsfurie cttn heimischen
Heerd entfesselt, in Einigkeit und Waffenbrüder-
schaft zusammen gchen? ES ist oin -wahrhaft
tragischer Confliet, in den Preußon Deutschland
dadurch gebracht hat, daß es Oesterreich zu je-
nem verzweistlten Schritt der Anrufung Frank-
reichs trieb, dem — vergessen wir^es nicht
der Bund Preußens mit dem AuSland voran-
gegangen war. Gott schütze unser Vaterland!

Die Officiere und Kriegsbeamten des gr. bad.
Leib-Grenadierregiments erklären in öffentl. Blät-
tern den Artikel „Vilbel, den 7. Juli" mit der
Unterschrift: „Einer für Viele deS Garde-Grena-
dierrrgimenls" in Nr. 186 der „Neuen Frkf.
Atg." einfach für eine tmdenziöse Verleumdung
und wird die gerichtliche Verfolguug des Ver-
faffers sofort eingeleitet wcrden. Dabei kann
vorläufig fchon hier brmerkt werden, daß am
7. Juli d. I. kein Mann des grotzh. Leib-Gre-
nadierregiments in Vilbel stand.

Die, übrigenS nicht immer zuverlässige, ^Li-
bertt" gibt heute 1n einer ihrer „Nachrichten
auS der letzten Stunde" als von Preußen auf-

nexion der Herzogthümer, Greuzberichtigung,
Oberbefehl der deutschen Armee, KriegSentschü-
digung in baarem Geld, oder Abtretmig vos
Oesterreichisch-Schlssien, Wiederhersteüung der
ungarischen Verfaffung von 1848. Dagegen
der „Opinion nationatt" zufolge meint man
in den am besten unterrichteten politischen Kret-
sen Londons, daß Preußen als Bedinguug sei-
ner Anüahme des Wafienstillstandes dic Gq-
Mntie sei^er jetzigen Befitzungen und dazu die
der Herzogthümer Schleswig-Holstein, Hanno-
ver, Sachsens und Kurhessens verlangt.

Der Gemeinderath von Salzburg hat Fl'ne
Petttion an deu Kaiser um Einberufung des
Reichsratyes gcrichtet.

Die Gerüchte über eine Ministerkrisis in
Oefterreich (Rüütritt von Belcredi und Larischy
bshaupten sich. Fürst Karlos Auerspcrg, Decck
und Kaiserfeld sollen nach Wien berufen sein.
Damit wäre ein Einlenken in volksthümliche
Bahnen angekündigt. Auch die „N. fr. Pr."
erwahnt der Ministergerüchte, und fügt hinzu,
Dr. Herbst, Dr. Giskra und Director Caj.

^ Mayer von Mayrau feien zu dem Kaiser be-
rufen worden.

Auch der „Monde" meldet als eine sehr zw-
verlässige, aus gewöhnlich AUt unterrichteten
Kreisen stammende Nachricht, daß schon amAbend
der Schlacht von Cuftozza selbst Erzherzog Al-
brecht ins ttalienische Hauptquartier geschickt
und den Vorschlag ciner Abtretung Vanetiens
gemacht habe. Victor Emanuel habe aber den
Vorschlag zurückgewiesen, indem seinc Regierung
verpflichtet sei, über die Frage, ob Krieg oder
Friedcn, in vollkommener Uebereinstimmung mit
der Berliner Regierung zu handeln.

Jn Betreff der küuftigen Stellung Hanno-
vers soll, nach dcr „B. B.-A", bereits eine
bestimmte Erklävllng des englischen Ministeriums
vorliegen, wonach dasselbe in ikeinerlei Abtre-
tung hannover'scher Gebietstheile an Preußev
zu willigen geneigt sei, da die Erhaltung der
Zytegritat Hannovers, gls eines eventucll eng-
lijchen Erblandes, durch das großbritannische
Jnteresse bedingt erscheine.

Vom Kriegsfchauplatz.

Wie die „Ztg. f. Nordd." schreibt, ist in dem
Kampfe bei Gitschin in Böhmen am 29. v. M.
auch der Bruder deS Hrn. v. Bennigsen gefallcn,
Wilh. v. Bennigsen, Lieutenant im preußischeu
Grenadierregiment Nr. 12 Als er in der
Nähe von Kl. Ginslitz seine Mannschast vor-
wärts -commandirte und aus einer gedeckten
Stellung als der Erfte auf die Tchanze sprang.
tral ihn eine Kugel ifl die Brust; er starb auf
dem Wege zum Verbandplatze.

Der „Kleine Moniteur" sieht durch das Vor-
gehen der.Preußen bis Jglau die bisherigcn
Stcllungen der Oesterreicher bei Leitomischl und
Trübau als umgangen und glaubt deshalb, wie
auch.Botschaften aus Berliu andeuten, daß das
ösierreichische Nordheer bereitS mehr in der
Richtung von Olmütz Stellung genommen ha-be.
Ueber die beiderseitigen Stellungen sei man noch
nicht recht im Klaren, nur so vi-l stehe fest,
daß die Preußen auf ihrem Vormarsch nirgends
auf Widerstand süeßen.

Pardubitz, 8. Juli, Abends. Die Vor-
posten der preußischen Armee unter dem Gene-
räl Steinmetz haben gestern Wratzlau (m dem
Bezirke Hohenmauth, unweit Pardubitz) passtrt.
Da die Elbbrückcn bei Pardubitz verbranst
stnd, so wurden Schiffbrücken geschlagen.

Wien, 10. Jnli. Mine Bekauntmachung
deS prcußischen Generalmajors Rosenberg
 
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