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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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M 226, Mittwoch. 26, Septembxr


LKK6.

* Politifche Uurschau.

Heidetberg, 25. September.

* Ein auffallendes. Zeichen der Zeit, welchcs
besonvcrtz hervorgehoben zu werden verdient, ist,
wie sich neulich wieber bei Fetirüng der ameri-
kanischen Flottille vor Kronstadt gezeigt hat,
die in immer höherem Grade stattfindende An-
näherung zwischen Rußland und der nordameri-
kanischen Union. Diese Freundschaft datirt
nicht erst von heute. Während den schlimm-
sten Zeiten des nordamerikanischen Bürgerkriegs,
als Napolcon und Palmerston darüber beriethen,
ob jetzt wohl der von Beiden erschnte Zeit-
punkt für eine bewaffnete Jntervention zu
Gunsten der Südstaaten gekommen sei, kam
eine russische Flotte nach.Neuyork, um das
Steruenbanner der Union zu begrüßen, und
der "Sympathie Rußlands sür die Sache des
Nordens Ausdruck zu verleihen. Rußland und
Nordamerika haben nun allerding^ manche Vcr-
gleichnngspunkte. Beide Staaten sind in ihrer
Weltstellung neuesten Ursprungs, Beide dehnen
sich übcr äußerst große Gebiele aus, und in
Beiden regiert ein Volksstamm, der die Neigung
und die Kraft hat, die andcrn Stämme des
Reiches in sich anfzulösen. Beidc Völker kom-
mcn auch in dem Gedanken überein, demnächst
znv Universalherrsckaft, zur Herrschaft der
Welt, bestimmt zu sein. Jm Uebrigen sind be-
kanntlich ihre inncrn Zuständc sehr verschieden:
das russtsche Volk ist das disciplinirteste der
Welt, und in der Unterordnung der Maffe
unter den Willen eines Einzelnen liegt seine
Stärke. Dagegen hat in dtordamerika die Frei-
heit' und Ungebundenheit des Einzelnen eine
Höhe erreicht. wie sie in andern Ländcrn noch
nicht dagewesen ist. Wenn nun das freieste
Land dcr Welt die Hand Rußlands ergreift,
die noch eben von blutiger Unterdrückung Po-
lens geröthet war, so beweist dies jcdenfaüs,
daß das geschloffene Bündniß nicht auf Prin-
cipien beruht, sondern — wie fast alle Bünd-
uiffe in der politischen Welt — auf Anf.ordc-
rungen des Hnteresses nnd des Ehrgeizes. Der
nächstc gemeinsame Feind dcr deiden Slaatcn,
der hiebei in's Auge gefaßt sein mag, ist Eng-
land, das den Vergrößcrungsplänen Nußlands
in Europa und Äsien, sowie der Union in
Amerika schroff entgegensteht; die Annäherung
der Nussen gegen Ostindien, sowie dic orien-
talische Frage werden dieser obwaltenden Span-
uung bald eine thatsächliche Grundlage ver-
leihen, und wahrscheinlich in Bezug auf Allian-
zen gauz neue polilische Combinationen schaffen.
Jnsoweit dürfte nun die Annäherung Rußlands

(Durch die Zabl 13.) Ein unbekannter, be-
reits bejahrter Herr, der seinem Aeußern und Be-

Tagen seines Besuchcs stets ein Seidel,' dcssen
Dcckel die Zahl 13 trug, erhalten hatte, und jedes-,
mal hatte cr dann unter Zcichen lebhafter Unruhe

eknen Tag beurlaubt und wurde durch einen andern
vertreten, der wedkr den Gast, noch dessen Abscheu
vor der Zahl 13 kannte. Der Zufall spielt nun oft
wunderlich, wie daraus hervorgebt, daß der Herr
v.on diesem Kellner abermals das Seidel Nr. 13
erbielt. Der Gast erbleichte, als er das verpönte
Glas vor sich sah, er holte seine Börse bervor,
bezahlte das Bier nnd fchwankte von dannen, obne

und der Union bald praktische Folgcn äußern;
die Idee einer Weltherrschaft für die eine Erd-
hälftc von Neuyork, für die andere von Kon-
stantinopel aus, hat vorderhand noch mehr in
der Phantafic, alö in der Wirklichkeit ihren
Sitz. Noch ist das germanische, und selbft das
romanische Europa lebendig und kraftvoll, und
wird sicher auf noch lange Zeit hinaus die erste
Staatengruppe der Erde bleiben.

Dem „Nürnberger Corresp." schreibt man
aus Münchcn, 22. Scpt.: „Jn Kreisen, welche
unterrichtet sein können. wird versichcrt, daß
anßer dem Friedensvertrag in Berlin auch cin
! Allianzvertrag zwischen Bayern und Preußen
abgesckloffen worden sci, welcher die gemeinsame
Garantie beidcr Staaten im Fall eines von
außen kommcnden over drohenden Angriffs be-
stimmen soll. Ob die Sache formell wirklich
schon so weit gediehen ist, mag dahingestellt
bleiben; so viel dürfte aber aus mancherlei An-
zeichen mit Sicherhcit hervorgehen, daß nnsere
Staatsregierung entschlossen ift, die durch den
Kammerbeschluß vorgczeichnete Linie des cngen
Anschlusses an Preußen für die Zukunft ^ur
Ricktschnur ihrer Politik zu machen."

Wie die „Kaff. Ztg." vernimmt, sind in dcm
zwischen der preußischen Regierung und dem
Kurfürsten abgeschlossenen Vertrag u. a. fol-
gende Bestimmungen enthalten: „Der Kurfürst
erhält sofort ein Kapit-al von 600,000 Thaler,
Sc. K. Hoheit behalten die Revenüen des Hans-
- schatzes, ziehen ihr sämmtliches Privatvermögen
zurück und crhalten alle Einkünfte, wclchc
dnrch Verpachtung rc. der zum Hausfideicom-
miß gehörigen Güter, Schlöffer rc. aufkommen."

Die ,^Nordd. Allg. Ztg." bestätigt, daß der
Beginn der definitiven Vcrhandlungen über die
zukünftigen Verhältnisse Sachsens von der Ueber-
gabc der Festung Königstein abhängt. Ferner
widerlegt genanntes Blatt die Zeitungsnach-
richt, daß Nußland und Frankreich astf An-
suchen Dänemarks auf eine baldige Zukunfts-
entscheidung in Betreff Nordschleswigs gedrängt
hätten. Je.ne Regierungen wüßten, daß Preu-
ßen die Prager Friedensbestimmungcn auSfüh-
ren wird.

Die „Wiener Abendpost" erinnert anläßlich
dcr Gerüchte über eine beabsichtigte austro-ita-
lienische Grenzregulirung daran, daß Venetien
innerbalb seiner bisherigen administrativcn
Grenzen an Frankreich und von dicsem an
Jtalien abgetreten worden sei, daß die örtliche
Grenze hierdurch zu ciner internationalen gc-
worden und daß bei den gegenwärtigen Frie-
densverhandlungen Gcbictsabtretungen und
Compcnsationcn gar nicht in Nede stehen.

wurden der Kcllner und die übrigen Stammgäste
bedcnklich, man beschloß, fich nach seincm Befindrn
zu erkundigen, und gekang es dcnn auch, seine

mehr, denn seine Rubestätte war schon seit einigen
Tagen — der Kirckbof. Wie man verm'ithct, hatte
der Anblick des verhängnißvollen Seidels ibn der-

dieser Seuche geworden war. Es gibt übrigenS
mehr solche wunderliche Leute. Wir selbst, erzäblt

13 hat. Diese geht so wett, daß, wenn ihn zum
Beispiel dcr Zufall in einem Gasthofe in cin Zim-
mer Nr. 13 führte, sofort seine blühende Gefichts-
farbe verschwindet, eine krankhafte Blässe an deren
Stclle tritt,' ein convulsivischcS Zittern seine sonst
schr strammcn Gliedcr schüttelt und er cndlich sogar ^

Nach der Berliner „Post" ist am 14. d. von
Berlin auS eine Note an bie süddeutschen Re-
gierungen ergangen, wonack demnächst die preu-
ßischen Zollvereinsbevollmächtigten bei den be-
trcffenden Negierungen eintrcffen wcrdeu und
die Erwartung ausgcsprochen wird, daß auch
die gcdachten Regierungen ihre Bcvollmächtig-
tcn verweisen, baldmöglichst auf ihre Posten zu-
rückzukchren.

Nach dem „Memorial diplom.", dessen An-
gaben die „Patrie" für zuverlässig hält, haben
die Bevollmächtigten OesterreichS nnd Jtaliens
sich über die Auslegung des Prager Vertrages
in Betreff der venelianischen Schuld aeciniqt,
und es bleibt nur nock die Summe fcstzusetzen,
welche die italienische Regierung an Ocsterreick
zn zaklen haben wird. Zu dem En dc sind die
beiden Regierungen übereingekommen, der fran-
zösischen dic Bermittlung anheimzugeben. Der
Untcrschied in dcn Summen, welche Oesterreich
fordert und Jtallen bezahlen will, beträgt nur
noch 25 Millionen FrancS. Dieser Unterschied
ist nicht groß genug, um nicht. die baldige Re-
gulirung der Streitfrage als gesichert anzu-
sehen. Das Friedensinstrument wird demnach
vor Ablauf dieses Monats unterzeichnet werden
und unmittclbar darauf die Volksabstimmung
in Venetien folgen.

Der Pariser Correspondent der Times sagt
über das Lavalettesche Circular: „Alles zusam-
mengenommen, muß man zugestehen, daß das
Circular keine günstige Ausnahme gefunden
hal, und daß wir aus demselben weiter nichts
crfahren, als daß dcr Kaiser vorlänfig den
Frieden witt. Wir wußten schon vorher, ttzß
Napoleon, ehe die Ausstellung- von 1867 be-
endigt und die Armcc mit neuer Bewaffnung
versehen ist, stch in kein kriegerisckes Unterneh-
men stürzcn wird. Weiter sagt in meinen
Angcn auch das Circular nichts. Napoleon
will ven Frieden, so lange er sich nicht in der
Lage glaubt, einen erfolgreichcn Krieg unter-
nehmen zu können; denn nur so läßt sÄ ein
durchaus friedliches Actenstück erklaren, welcheS
mit der Ankündigung von bedeutendcn mili-
tärischen Vorbereitungen schließt."

Das „Giorn. di Noma" erklärt die Nach-
richt, daß dcr Msgr. Fürst Hohenlohe nach
London gegangen sei, für unbegründet.

Die „Morning-Post" glaubt, daß die Vor-
gänge in Palermo dic Lösung der römischen
Frage beschleunigen werden. Ohne römische
Machination und Aufmunterung wären keine
Brigantenschaaren znm Schutz der Mönchsklö-
stcr in die sicilianischc Hauptstadt gedrungen.
Jtalien werde nie zur Ruho kommen, bis der

geben!

AuS BreSlau, 8. Sept., meldet vie „Schles.
Ztg.": Vor der gestrigen Ankunft ber 3. lithau-
schen Dragonerschwadron auf dem oberschlefischen
Bahnbofe war bcreitS cin Ertrazug mit österret-
chischen Gefangenen eingetroffen, unter dcnen sich

so schwere Verwundung erbalten hatte, daß er vom
Pferde ftürzte und daS herrenlose Thier den prcuß.
Dragonern in die Hände fiel. Zufällig befand sich
dicses Pferd, ein Schimmel, bci dem genannten
Cavallerietrain, und der Oesterreicher erkannte das-
selbe soglrich. AlS er es bei scincm Namen„Darius"
rief, erhob das treue Thier ein lautes Gewieher
 
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