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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-177 Juli
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Vtidelbkrgrr Ieilung.


Samstag, 28 Juli


- Politische Umschau.

Heidelberg, 27. Juli

Die Nachgiebigkeit, zu der Preußen auf den
Wunsch Napoleons sich vcrstand, scheint darin
zu bestehen, daß der engerc Bund nur auf den
Norden bis zum Main sich erstrecken, während
es dem Süden überlassen sein soll, eincn eige-
nen Bund mit eigenem Parlament zu bilden,
dem nur dic Möglichkeit internationaler Vcr-
träge mit dem Nordbund, aber ebcnso auch mit
auöwartigen Staaten freistünde. Diescr Ent-
wurf hat nur in seinen allgemeinen Umrissen
bekannt werden dürfen, um in allcn Vaterlands-'
sreuuven den eiuen Gedgnken zu wccken, daß
diese politische Trennung deS deutschen
NordenS und des deutschen Südens
alö das allergrößte Nationalunglück
empfundcn werden mnßte, und daß zur Avwen-
dung desselben alle Mittel aufzubieten scien.
Zn Süddeutschland, wo man dem Gedanken
ciner Hegemonie übcrhaupt abhold ist und die
Neigung zu den föd eralistischen Grund-
sätzen vorherrscht, verkennt man nicht, daß ge-
rade jene Lösung das föderative Princip auf's
Aeußerste gcfährdcn und seinen Sieg für im-
mer unmöglich machen würde. Denn gerade, sagt
der Schw. M., wenn Prcußen mit seincr Neubil-
dung Deutschlands am Main stehen bleibt, um so
widerstandSloser macht sich innerhalb desselben die
Führung dcS preußischen Staales gcltend: der
Nordbund wäre nichts alö dic AuSdehnung dcr
preußischen' Herrschaft. Für uns aber bliebe
nichts übrig, alö entweder auf die Hoffnung
ciner Wiedcrvcreinigung gänzlich zu verzichten
und die südstaatlichc Conföderation mit der Zeit
irgend ciner anderen stärkeren Macht anheim-
sallen zu sehen, oder aber uns eines Tages in
jene vergrößerte Macht einzurcihen. Umgckehrt,
je größer die Zahl und die Mannigfaltigkeit,
je grvßer die relative Sclbstständigkeit der Ge-
biete ist, welche den ncuen Bund schließen, um
so mchr hält daS föderative Princip dem hege-
monistischen die Waage, um so mehr ist die
Herstellung eines Bundesverhältnisses,
wie es die deutsche Neichsverfassung
durchzuführcn vcrsncht hat, möglich.

Der Wiener Wanderer behauptct, Napoleon
habe Vcncdig an Oesterreich zurückgestellt und
es letztcrem übcrlassen, mit Victor Emanuel in
Verhandlungen über eine Entschädigung zu tre-
len. Zmcck dcr Neise des Prinzen Napolcon
sei, Jtalicn von seinen Ansprüchen auf Süd-
tyrvl und Jstrien abzubringen.

Die Nachricht der „N. B. L.-Z.", daß die
Mannhcimcr Banqyiers die Frankfurtcr Bank-

noten nicht mehr annehmen. wird heute in dem-
selben Blatt in officiöser Weise in Abrede ge-
stellt.

Vom Kriegsschauplatz.

Prag, 17. Juli. Prag hat schwere, schmerz-
liche Opfer gebracht. Die Verpflegung der Be-
satzung, die NequiMonen für sic und die um-
liegenden Truppen erfordcrten einen täglichen
Aufwand von übcr 50,000 fl.; 120,000 Brod-
laibe waren in den letzten Tagen regelmäßig
zu liefern, dazu Pferde, Hafer, Heu, Wein,
Cigarren, Decken, Leinwand, Hemden, Üniform-
tuch rc. in ungehcuren Quantitäten, ungerech-
net Das, was die Feinde in den kaiserlichen
Magazinen requirirlen und zum Theil für we-
nig Geld wieder verkauften. Auf der Klcinseite
war gcstern Abend ein förmlicher Jahrmarkl
mit Stiefeln rc. Der Bürgermeister und der
Kardinal Schwarzenberg haben denn auch ein
Schrciben an den Ka'ser gerichtet, um ihm die
Lage der Stadt und die Unmöglichkeit, die auf-
gebürdeten Lasten länger zu tragen, vorzustcllcn,
nachdem der Bürgcrmeifter auf seine Nemon-
stratiou gegen diese Ncquisitionen vom preußi-
schen Obercommandanten die Erklärung erhal-
ten, daß strengere Maßregeln getroffen werden
würden. Noch ärger geht eS, yüe Augenzeugen
versichern, auf dcm Lande zu, wo gewaltsame
Nequisitionen an der Tagesordnnng sind. Bei
Königgrätz schossen die ergrimmten und verzwci-
felten Bauern auf prcußische Soldaten, wofür
zehn derselben erschosscn wurden. Eine preuß.
Bekanntmachung droht Jedem den Tod, der mit
Waffen crgriffen wird, uud verspricht, für je-
den verwundcten odcr getödteten Prcußcn soll
das nächstliegendc Dorf oder Gehöfl nieverge-
brannt werden. Zch verschone Sic mit Einzel-
heiter.. dtord- und Ostböhmen ist vollständig
ausgesogen, die Bauern haben weder Brod,
noch Gcld, noch Zugvieh; die Ernten sind gro-
ßentheils zerstörl, viele Dörfer und Gchöfte
niedergebrannt, und was das Traurigste ist —
aus Gitschin kommt die Nachricht, daß dort die
Cholera und der Typhuö ausgebrochen scienl

Breslau, 21. Juli. Vom Kriegsschau-
platze wird der „Brsl. Ztg." aus Horzitz vom
18. Juli geschrieben: „Die Cholera tritt scit
gestern auch außcrhalb der Lazarethe auf und
mit sehr rapidem Derlaufe. Einige 27r, welche
von ihr ergriffen wurden, starben nach Verlauf
von 1—2 Stunden. Der massenhafte Genuß
von Obft, das hier sehr schön und billig ist,
trägt das Seinige zur Verbrcitung der Krank-
heit bei, die leider den dort liegendcn Verwun-
deten mit neucn Gcfahren droht. Und aus

Gitschiu wird das Auftrcten der Cholera bc-
richtet, äuch ist dort das sogenannte Lazareth-
fieber ausgebrochen, doch nicht in dem großen
Lazarethe im Schlosse, sondern in einem kleine-
rcn am Ninge. Das schlechte Wasser und der
Wassermangel werden dort alö vorzügliche Be-
förderer der Krankheit angegeben, alö Ursache,
dort wie hier, die furchtbaren Miasmen von
den Schlachtfeldern. Die Beerdigung der Tod-
ten ist nur eine sehr oberflächliche gewesen und
bei Verscharrung der Pferdecadaver haben sich
die dazu durch Commandobcfehl herangezogencn
Umwohner die Sache noch leichter gemacht, indem
sie für die Pferde nur so tiefe Gruben machten,
daß die Cadaver darin Platz hatten, und dann
einige Schaufeln voll Erde darüber warfen.
Die Hitze der letzten Tage hat die rasche Vcr-
wesung außcrordentlich begünstigt und die ent-
setzlichstcn Miasmen hervorgerufen.

Wien, 24. Juli. Die heute auS dem
preußischcn Hauptquartier ?ier eingegangenen
Depeschcn gestatten keinen Zweisel mehr, daß
mit dem Ablaufen der Waffenruhe die Feind-
seligkciten nicht wieder aufgenommen werden,
sondern daß der Waffenstillstand nnd dic damit
zusammcuhängenden Fricdenspräliminarien zum
Abschluß gelangen. Aber es ist daran zu er-
inuern, daß die Friedenspräliminarien noch
immer nicht der Frieden sind uud daß ste mehr
alS eiue Bestimmung enthalten dürften, die
nur dann beglichen zu werdcn Aussicht hat,
wenn der eine oder der andere Theil sich nicht
stark genug glaubt oder es nicht' als zweck-
mäßig erachtct, wieder zu den Waffen zu grei-
f-n. (K. Z.)

Frankfurt, 24. Juli. Gcstern Nachmit-
tag war der für diesen Zweck einberufene ge-
sctzgebende Körper im Nömer versammelt, um
in geheimer Sitzung über die Aufbringuug der
von Seiten des prenßischen Obercommando's
verlangten ferneren Kriegö-Contribution ven
25 Millionen Gulden zu berathen. Die Sitzung
dauerte bis zum Abend. Jhr Nesultat war der
Bcschluß, in einer Denkschrift darzulegen, daß
es unmöglich sei, die geforderte Summe ohne
völligen Nuin der Stadt zu entrichten. Diese
Denkschrift soll durch cine Dcputation an den
König von Preußen überbracht und Se. Maj.
um Nachlaß dcr Contribution gebeten werden.
Vor dem Nömer war eine große VolkSmenge
versammelt, welche daS Ergebniß der Berathung
abwartete. Als die Mitglieder dcs gcfetzgeben-
den Körpcrs auf die Straße traten, wurden sie
mit cinem Hurrah begrüßt, cine Demonstration,
welche sofort ernste Mißbilligung von einzclnen
der also Begrüßten erfuhr. Der für die Zahluug

Vom KricgSschauplatz.

(Schluß.)

Gefecht bei Aschaffenburg.

Am 14. Juli früh stand die Brigade im Bi-
vouak bei Laufach; 3 Bataillone des 15. Reg. alS
verstärkte Vorposten biS in die Linie von Frohn-
höfen vorgeschoben. Um balb 8 Uhr begann der
Vormarsch glgen Aschaffenburg.

HöSbach wurde vom Feinde nicht besetzt gefun-
den, auch Goldbach nicht. Zenseits dieses Dorfes
aber begann das Gewehrfcuer, die drei Compag-
nien deS 15. Regiments nahmen die brwaldrten
Ufer des Aschaffbachcs und drangen nun in der
Richtung auf Damm vor, während vas Füfilier-
bataillon und das erste Bataillon 55. RegimcntS
nunmehr längs dcs Eisenbahndammes vorgingen.
Das 2. Bataillon 55. Regiments wurde nördlich
der Eisenbahn an die Höhcn gcnommen zur Decknng
der dasrlbst aufgefahrenen 12pf. Batterie und daS
Bataillon Lippe unmtttelbar bis an dir bebuschten
Ufer ves AschaffbacheS herangczogen.

9 Compagnien drs 15. Rrgiments unter Oberst
Goltz gingen in gleichrr Höhr über die Berge nörd-

i lich der Ehaussee in der Richtung auf Damm vor.

Das feindliche Znfanteriefeuer that wenig Scha-
den, dagegen war eine feindliche Batterie, die

lung aufgefahren war, von verheerender Wirkung,
und es gelang der diesseitigen Arttllerie nicht, einen
Punkt zu finden, von wo auS sie mit entschiedenem
Erfolge zu bekänipfen war, obgleich die 12pf. Bat-
terie Eynatten mit großer Kaltblütigkeit den Kampf
aufgenommen hatte.

3 Eompagnien dcs 15. Regiments wurden des-
halb am Uferrande der Aschaff immer mehr gegen
Damm vorgeschoben und bemächtigten sich dort eineS
Hügcls, auf dem ein Thurm stand, welcher mit
einer Mauer umgeben war, und von hier aus ge--
lang es, die feindliche Batterie durch Jnfanterie-
feuer so zu belästigen, daß sie bald abfuhr. Auch
ein Vorgehen fetndlicher Cavallerie wurde durch
dieseS Anfanteriefeuer verhindert, noch ehe 1>ie
Cavallerie zur Eharge gelangte.

Sobald die feindliche Batterie abgefahren war,
drängte AlleS unaufhaltsam gegen Aschaffcnburg
vor, und obgleich dte diesseitigen Truppen mitunter
mit vollen Salven emvfaugrn wurden, so erlitten

im unausgesetztcn Avanciren. Nur am Eisenbahn-
hofe entstand ein kyrzer Kampf, der bald durch daS
kräftige Auftreten des Füfilierbataillons 55. Regi-
mentö beendigt wurde. Alles drängte nach der
Mainbrücke zu, wodurch in der Stadt eine große
Anzahl von Gefangenen gemacht wurde (circa
2000). Es wurde nunmehr daS ganze 15. Regt-
ment, 2 Escadrons Husaren und die vicrpfündige
Batterie (Löster), an den Mainübergang bet Stock-
stadt entsandt, um diesen Uebergang zu besetzen,
von wo aus Recognoscirungen und verfolgende
Abtheilungen vorgeschoben wurden. Der andere
Theil drr Brigade bezog EantonneMentSquartter
in Aschaffcnburg.

Die Brigade Kummer war, nachdem fie sich bet
Weiberhofen mit der Brigade Wrangel vereinigt
hatte, auf dem Eisenbahnkörper vorgegangen. Als-
bald entspann fich ein Geschützkampf mit drm Feinde,
und wurde derselbe, bestrhend aus 5—6 Bataillo-
nen Oesterreicher, trotz der hartnäckigsten Gegen-
wehr überall geworfen und einige hundert Gefan-
gene gemacht. Der Brtgadrcommandeur hatte fich
von Hause auS die Aufgabe gestellt, durch Vorneh-
 
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