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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 283-306 Dezember
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eidelbkrgkr Zeilung.


* Politische Umschou.

Heidelberg, 17. December.

Jn der 12. Sitzung der in Frankfurt tagen-
den Commission behufs Auseinandersctzung deS
bisherigen Bundeseigenthums wurde eine For-
derung der Stadt Frankfurt auf 1,200,000 fl.,
wegen angeblicher Mehrleistungen der Stadt
bis zum Jahr 1848 hinauf; ferner der Ent-
wurf eines Vertrags über die Pensionirung der
Bundesbeamten vorgelegt.

Prinz Hohenlohe, dem daS Gerücht die Nach-
folge im bayr. Ministerium der auswärtigen
Angelegenheiten zuschreibt, ist heute auS Polcn
nach München zurückgekehrt.

Rudolph v. Bennigsen hat im Namen des
Ausschusfes des deutschen NationalvereinS eine
Adresse der „Unione Liberale" zu Bologna mit
einem Schreiben beantwortet, in welchem er die
Hoffnung auf ein daucrhaftes Bündniß zwischen
Deutschland und Jtalien ausdrückt.

Dcr „Weserztg." wird telegraphirt: Die für
die Ministerconferenz bestimmten Vorlagen be-
stehen in einem Entwurf der Bundesacte nebst
Beilagen, welche Details übcr Organisation des
Heeres, der Marine u. s. w. enthalten, ferner
in der Vorlagc des Militärgesetzes des nord-
deutschen Bundes an das constituirende Parla-
ment. Anderweitige Vorlagen scheinen nicht
beabsichtigt zu werden. Jm Bundesrathe würde
die Abftimmung durch Majorität stattfinden.

Die vom „Dagbladet" gebrachte Mittheilung,
daß Hr. v. Bismarck beim Empfange einer
Depntation aus Haderslebcn geäußert habe,
„daß in Nordschleswig nicht eher eine Abstim-
mung stattfindcn würde, als bis sich die Ver-
hältnisse dort befestigt-hätten," wird vom preu-
ßischen „Staatsanzciger" als in allen Theilen
für crdichtet erklärt, da eine solche Deputation
gar nicht existirt habe.

Der Besuch des Erzherzogs Albrecht bei
Benedek hatte den Zweck, ein Duell B's mit
Clam Gallas zu verhüte'n.

Das „Giornale di Roma" berichtet, daß der
Peterspfestnig seit 1859 53 Millionen aufge-
bracht habe.

Die Kaiferin Eugenie wird am 22. in Rom
erwartet und vier Tage daselbst bleiben.

Die „Nazione" dementirt die Gcrüchte über
die Einstellung der Zinszahlungen an die Cor-
porationen im südlichen Jtalien, nur den unter-
drückten religiöscn Corporationen wurden die
Zinsen nicht weiter ausbezahlt.

Durch einen kaiserl. Ukas ist ein Comite er-
ernannt worden, welches unter Vorsitz des
Kaisers Alexander die Reform Polens durch-

Dienstag. 18 Dezember

führen soll. Der Scnator Nabakoff ift zum
interimistischen StaatSsecrctär in Polen ernannt
worden.

Aus Hongkong vom 15. Nov. wird berichtet,
daß die französischc Expedition in Corea ohne
Widerstand bis Kangwa vorgedrungen ist. —
Jn Japan hat der Bürgerkrieg aufgehört.

Deutschland.

Karlsruhe, 15. Dec. Die „Karlsr. Ztg."
meldet in officiöser Weise: Es wird dem
„Schw. M." von hier geschrieben, daß „an
maßgebender Stelle" eine Verminderung der
.Kreise ernstlich erwogen werde. Hievon ist in
gutunterrichteten Kreisen nichts bekannt. Solhe
vielleicht auch eine Vergrößerung der kleineren
Kreise in manchen Beziehungen wünschenswerth
sein, so ist doch darauf Gewicht zu legen, daß
diese selbst, wie z. B. die Kreife Heidelberg
und Mannheim, bisher gegen eine Aenderung
der Eintheilung der Verwaltungsbezirke sich
ausgesprochen haben.

Karlsruhe, 13. Dez. Behufs der Umge-
staltung unserer Jnfantericgewehrc zu Hinter-
ladern ist, wie der „Schw. M." meldet, badi-
scher Seits ein Hauplmann und cin Rüstmeister
nach Spandau abgesandt worden, wo zur Zeit
die bekanntlich in schr großer Zahl erbeuteten
österreichischen Gewehre zur Hinterladung ein-
gerichtet werden, um sofort bei der preußischen
Armee in Gebrauch zu kommen. Diese Ge-
wehre sind vom gleichen Kaliber, wic die bei
dem ehemaligen 8. Bundesarmeccorps einge-
führten, währcnd die gleichsalls zu Spandau
in der Umarbeitung beftndlichen hannöver'schen
Gewehre ein anderes Kaliber haben. Nach den
von Spandau mitgebrachteu Mustcrn der erstern
Art werden dann unsere Jnfanteriegewehre ein-
gerichtet werden und unsere Trnppen in Folge
dessen mit Schießwaffen von gleicher Einrich-
tung und gleichem Kaliber, wie ein großer Theil
des preußischen Hecres, in Bälde versehen sein.
Jm Uebrigen haben bekanntlich die badischen
Militäreinrichtungen bereitS mehr Gleichförmi-
ges mit den preußischen, als die irgend eines
andern deutschen Staates. — Daß dic Abord-
nung eines badischen Militärbevollmächtigten
nach Berlin nicht mehr lange auf sich warten
lasfen wird, darüber besteht in unterrichteten
Kreisen kein Zweifel mehr.

§-j- Karlsruhe, 12. Decbr. Die in ge-
wissen auswärtigen Blättern wiederholt aufge-
tauchte Nachricht, daß von Bayern aus mit
unserem früheren Minister des Auswärtigen,
Frhrn. v. Edclsheim, Unterhandlungen an-
geknüpft wvrden seien, um diesen Staatsmann


5ür den bayerischen Staatsdienst zu gewinnen,
ist, wie wir aus guter Quelle wisien, entwedex
eine Erfindung gewisser Correspondenten, um
in Ermangelung anderer Dinge etwas Pikan-
tes zu sagen und dabei zugleich einer servilen
Wohldiencrci nach einer andern Seite hin Rech-
nung zu tragen; oder das Ganze beruht auf
Mißverständniß und Mißdeutung. Daß ein
so selbstständiger Staatsmann, wie Herr
vonEdelsheim, mit gleichgesinnten Po-
litikcrn in fortwährendcm lebhaften Verkehr
bleiben und seine Ansichten gerne gehört wer-
den, stand zu crwarten, zumal nachdem der-
jenige Mann in Bayern, dem er politisch am
nächsten steht, Staatsrath v. Nc umayr, wie-
der zu einer hervorragcndcn Thätigkeit in Mün-
chen zur großen Bcfriedigung des baycrischcn
Volkes berufefl worden ist.

So,viel abcr schcint gewiß, daß Herr v. d.
Pfordten neben dem neuen Berather Ses
jugendlichen Königs für die Länge nicht wird
bestehen können. Denn die Grundrichtungen
beider MLnner gehen zu wcit aus einander;
zumal ist die lcdiglich zuwartcnde, d. i.
eigentlich nichts thuende, aller Jnitiative baare
Politik des gegenwärtigen bayrischen Premier
nicht im Geschmackc des Staatsraths v. Neu-
mayr, aber auch nicht im Jntercsie BayernS.

Dagegen werden sich diejenigen sicherlich ir-
ren, welche von Hrn. v. Neumayr dic Jnitia-
tive zur Gründung cines isolirten Südbundes
erwarten, und von ihm nach dieser Nichtung
hin die Förderung und Verwirklichung ihrcs
Lieblingswunsches crwarten.

Hr. v. Neumayr ift viel zu nüchtern uud
praktisch, um Phantomen nachzujagen, zu-
mal schon das Spielen mit solchcn Dingen
für einen denkenden Staatsmann, der dic Ver-
antwortlichkeit zu übernehmen hat, als bedenklich
erscheint, während Andere schon der Lächerlich-
keit des mißlungenen Versuchs leicht dadurch
etttgehen, daß sie den Wanderftab ergreifen, um
hinaus in dic weitc Wclt ihre Weisheit zu
tragen.

:sj: Karisruhe, 16. Dec. Die preußische
Regierung hat bei den Budgetberathungen der
zweiten Kammer sich gegen die Beibehaltung
des Salzmonopols erklärt, mit dem Anfügen,
daß sie dieses Monopol abzuschaffen gedenke,
felbst wenn die süddeutschen Staaten entgegen
wären. Die Sache wird also ohne Zweifel
schon auf der nächsten Zollconferenz ernstlich
zur Sprache kommen; wir wollen daher zur
besiern Beurtheilung der Sache die nöthigen
Anhaltspunkte nach dem neuesten Stand unse-
rer Salzproduction an die Hand geben.

Niemand kann seinem Schicksal entgehen.

mens Eomond, kam eineS Morgens ein junger
Elegant, um ihn über seine Zukunft zu bcfragen.

— Verheirathen Sie fich, sagte Edmond, Ste
können gar nichts Besseres thun.

— Warum?

— Wetl Sie von großen Gefahren bedroht find,
fälls Ste fich nicht verheirathen.

— Was könnten daS für Gefahren sein?

— Sie werden um Zhr Vermögen kommen und
ruinirt werden.

— Aber durch wen denn?

— Durch etne blonde Dame, die einen dreisilbigen
Namen hat,welcher mttM beginntundmitA aufhört.

— Und wenn ich mich nun verheirathe, werde tch
glücklich sein?

— Za, wenn Sie ein junges Mädchen hetrathen,
dte in diesem Augenblicke bei der kue äo la 6dsus-
ses ä'^otill über den Boulevard geht.

— Wo könnte tch fie sehen?

— Wenn Sie jetzt gleich von hier fortgehen,
wählen Sie Zhren Weg durch die kue blsllcks und

dies ist fie von einer ältlichen Dame beglettet.

Der junge Mann verließ dte Wohnung deS Wahr-
sagerS, indem er darüber nachgrübelte, ob er den

er eS, während er fich über seine eigene Letchtgläu-
bigkeit verspottete; als er in die kus äe Is Okaus-
s^s ä'^otill eingebogen war, blteb er plötzlich ganz

kaum noch einige Schritte von ihm entfernt, ein
junges Mädchen auf ihn zu, die neben einer alten
Dame herschritt und deren Anzug vollständig mit
drn Angaben EdmondS übereinstimmte. Jetzt erhob

vor welchem rr stehen geblieben war: in großen
goldenen Ziffern glänzte eine 74 entgegen.

Während er so, fast zur Salzsäule erstarrt, auf
dem Trottoir steyrn blteb, schritten die betden Da-

sagte:

Beeilen wir uns etwas, meine Tochter, es ist

übersetzen diese Worte nicht, da fich der in ihnen
. enthaltene Doppelfinn im Deutschen nicht wieder-
geben läßt.)

— Also eine kleine Nätherin! dachte der Gentle-
man, indem er fich mit großen Schritten entfernte.
Und dieser alberne Edmond bildet fich ein, daß>ich
so dumm sein werve, sie zu heirathen. So verstrtchen
zwei Monate, und unser Held wohnte eines Tages
in der Madeleinekirche mit vielen anderen jungen
Leuten der kirchlichen Lrauung einrs setner Schul-
frcunde bei. Als nach gebräuchltcher Weise die ein-
geladenen Gäste in die Sacristei geführt wurben,
um den Neuerwählten ihre Glückwünsche darzu-
bringen, stieß unser Gentleman etnen Schrei der
Ueberraschung aus, der glückltckerweise in dem all-
gemrinen Tumulte unbemerkt blicb. Er hatte tn
der jungen Braut, der nunmehrigen Gattin seineS
FreundeS, die Nätherin von der Oksussss ä'^otio
erkannt. Nach einer raschen Verbeugung stieg er
 
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