M 171.
Dienstag, 24 Zuli 18««.
* Politische Umschau.
Heidelberg, 23. Juli.
* Fast wider Erwarten hat in einem Augen-
blicke, wo man alle Waffenstillstands-Aussichten
vcrschwunden und eine neue entscheidende
Schlacht im Marchfelde in nächster Nahe von
Wien nahe glaubte, Oesterreich den preußischen
Vorschlag einer fünstägigen Waffenruhe ange-
nommen. So lange wird das blutige Hand-
werk der Waffen feiern. An diesen fünf Tagen
hängt für Oesterreich die schwere Wahl zwischen
einem vom Gegner dictirten Frieden uud einer
Fortsetzung des Krieges um Scin oder Nicht-
sein. Die Antwort Oesterz-eichs über Annahme
oder Verwerfung der Friedensbedingungen musi
inn'erhalb dieser süns Tage erfolgen. Lautet
sie ablehnend, oder wird sie auch blos unter-
lassen, so beginnen die Feindscligkeiten wieder
von Neuem. Was Oesterreich thun wird, dar-
über fehlen feste- und sichere Anhaltspunkte.
Doch ist nach jetziger Lage der Dinge die An-
ficht vorwiegend, es werde annehmen und da-
mit der Friede gesichen* sein.
Eine Privatdcpesche aus Berlin, versichert
die „Palrie", meldet, daß der Waffenstillstand,
dessen Unterzeichnung der Annahme der Frie-
densgrundlage von Seiten Oesterreichs und
Jtatiens folgen würde, die Dauer eines Mo-
nats haben würde.
Dieselbe Depesche fügt hinzu, daß, wenn nach
Ablauf von den füns für eine Waffensuspension
festgesetzten Tagen Oesterreich keine Antwort
formulirt hat, sein Stillschweigen als eine Wei-
gerung betrachtet und die Feindseligkeiten sosort
wieder beginnen wurden.
Die „France" bringt in Erfahrung, daß
Bayern sich den Bestrebungen Frankreichs an-
geschlossen hat, Oesterreich dazu zu vermögen,
die vom Kaiser Napoleon vorgeschlagenen Frie-
denspräliminarien anzunehmen.
Aus Frankfurt wird gemeldet, daß General
von Falkenstein, nach Böhmen berufen, von
Frankfurt abgereist sei. An seiner Stelle habe
General v. Manteuffel die Regierungsgewalt
in Frankfurt übcrnommen.
„Pefti Naplo", das osficielle Organ der
Deak-Partei in Ungarn, bringt heute einen
Artikel, welcher um so bemerkenswerther
erscheint, als derselbe von einer bei Baron
Kemeny stattgehabten Abgeordnetenconferenz
herrührt und gleichsam als eine Aeußerung der
Majorität des gegenwärtig vertagten Landtags
zu betrachten ist. Bezeichnend ist jedenfalls,
daß die Autorschaft Deak zugeschrieben wird.
Der Schluß des Artikels lautet: „Wir müssen
uns wiederholt darauf berufen, daß die Achtung
der Verträge dem Reichc in der Vergangenheit
Kraft, Ungarn aber Sichcrheit verliehen hat,
und daß die Schwäche der Monarchie und die
Leiden Ungarns gleichzeitig von der Vernich-
tung der Vcrlräge datiren. Die gcfährliche Lage
der Monarch'ie gestattet kein Zögern. Ein be-
trächtlicher Thcil des Reiches ist von feindlichen
Heeren überschwemmt, nur Ungarn fteht noch
frei da. Abcr Ungarn ist todt. Mit Ungarn
kann Alles oder mindestens VicleS gethan wer-
den. Aber Ungarn selbst kann nichts thun,
denn ihm sind die Hände gebunden. Was seine
Hände frei machen, ihm wieder Leben ein-
hauchen kann, das ist einzig und allein eine
parlamLNtarische Regieruug. Wir wollen gegen
die ungarischen Mitglieder der gegenwärtigen'
Rcgierung keine Anklagen erheben. Die Kritik
über die Einsicht und den gnten Willen Ein-
zelner tritt ohnehin vor der Größe der Ereig-'
niffe in den Hintergrund. Die Lage der Mo-
narchie nnd das Jntereffe Ungarns, welches
mit jenem der Monarchie zusammenfällt, er-
heischen, daß die Regierung jene Energie be-
sitzc, wclche von den außergechöhnlichen Ver-
hältniffen verlangt wird, sowie jene Kraft,
welche nur die Eintrachl der ganzen Nativn
verleihen kann. Solch' eine Encrgie und solche
Krafl kann in Ungarn nur eine parlamenta-
rische Regierung besitzen. Wenn Ungarn für
die Monarchie, für die Verträge noch etwas
thun kann, so ist dies nur dann möglich, wenn
ihm die Freiheit der Action wiedergegeben,
wenn an sekne Spitze eine Regierung gestellt
wird, welche der AuSfluß des Nationalwillcns
ist, und in welcher die Nation eine Garantie
ihres Beftandcs und ihrer Nechte erblickt."
Vom Kriegsfchauplatz.
Prödlitz, 16. Juli. Die Ergebnisse des
Gefechtes von Tobilschau (am 15.) bestehen in
18 Gcschützen und 400 Gefangenen. Der feind-
liche Verlust war sehr bedeutend, der diesseitige
noch nicht 100 Mann. Oberstlieutenant Bachr
ist todt. Nach dem Gefecht wurden von Ab-
theilungen der Reiterdivision Hartmann mehrere
feindliche Vierecks (Truppen des 1. u. 8. Corps)
niedergeritten. Dieses Nachgefecht brachte 300
Gefangene. Oberst v. Glasenapp auf unserer
Seite ist gefallen. (Nach späterer Botschaft nur
verwundet.) Wciter wird, nichtamtlich datirl
aus Brünn, 18. Juli, gemeldet: „Das Haupt-
quartier ist diesen Abend 5 Uhr nach Ni-
kolsburg bei (westlich von) Lundenburg ver-
legt.
Brünn, 17. Juli. (Telegr. d. Debats.)
Das Heer des Kronprinzen hat Prerau besetzt.
— Heute Morgen ist der Großherzog von
Mecklenburg-iLchwerin nach Leipzig abgegangen,
um den Befehl über das 2. Reservecorps zu
übernehmen. — Mittags sind die 11. Division
und mehrere Garderegimenter durch die Stadt
gekommen, um sich zum 1. Heere zu begeben.
Die 12. Division beobachtet Königgrätz. Die
Verbindungen zwischen dem ersten Heer im
Norden und dem zweiten im Süden sind voll-
ständig. Man erwartet eine Schlacht vor Flo-
risdorf ooer auf dem Marchfeld.
Lundenburg, 18. Juli. Die uiederöster-
reichisch-mährische Grenzstadt an der Thaya, der
Knotenpunkt der Wien-Brünner und Olmützer
Bahn, befindet sich nun auch bereits in den
HLnden der Preußen. Die Besetzung oder viel-
mehr Ueberrumpelung der Stadt erfolgte gestern
in sehr unerwarteter Weise. Nachdem die Preu-
ßen von Brünn aus gegen Branowitz, zwei
Stationen nördlich von Lundenburg auf der
Brünner Straße, vorgerückt waren, und die
Okkupation von Ung. Hradisch, zwischen Lun-
denburg und Prerau, zur Thatsache geworden,
wurde der Lundenburger Bahnhof gegen Saitz
und Neudorf verschanzt, und Anstalten getrof-
fen, die hier befindlichen Corps der Norvarmee
theils nach Gänserndorf, theils nach Stockerau
zu befördern, sowie die Lokomotiven in Sicher-
heit zu bringen. Plötzlich wurde aus der eine
Viertelstunde südwestlich vom Bahnhof und tie-
fer gelegenen Stadt athemlos gemeldet: die
Preußen rücken in einer Stärke von mcbrercn
tausend Mann gegen die Stadt. Die österreich.
Besatzung zog sich gegen Hohenau zurück. und
von da weiter nach Gänferndorf. Einige Loko-
motiven wurden zwar rafch unbrauchbar ge-
macht, doch fielen elf an der Zahl in die Hände
der Preußen. Diese waren von Branowitz aus
über Pohrlitz und von Znaim aus über Nikols-
burg und durch den berühmten Park von Eis-
grub, der übrigens vollständig respektirt geblie-
ben, in dic Stadt gerückt, ehe man im Bahnhof
davon eine Ahnung hatte. Unmittelbar darauf
wurde der Bahnhof besetzt, und die Verbindung
mit Brünn hergestellt. Rasch nach einander
rückte sodann das Gros der Armee und das
Hauptquartier aus Brünn mit dem König an
der Spitze hier ein. Binnen 24 Stunden dürfte
auch die Verbindung der Bahnstrecke Lunden-
burg-Prerau, und somit auch Lundenburg-Oder-
berg-Oswiecim, preußischerseits hergestellt sein.
Der rechte Flügek der preußischen Ärmee rückte
bogenförmig über Waidhofen, Göpfritz, Horn
und Maisau gegcn Krems, während der linke
Flügel gegen die ungarische Grenze Gödinss-
Generaltieutenant v. Moltke.
Berlin, 16. Juli. Die Berliner Gerichtszeitung
bringt ein Portrait des Generallieutenants Frei-
herrn v. Moltke, des genialen Chefs vom General-
stabe der prcußiscken Armee, und begleitet dasselbe
mit etner Charakterskizze, der wir Folgendes ent-
lehnen: „Der jetzige Militär, welcher den Kriegs-
plan für die prenßtsche Armee ausarbeitete, ist der
Generallieutenant v. Moltke, und der Ruf, welchen
derselbe seit jeher als ausgezeickneter Stratege ge-
noß, hat sich durch den glänzenden Erfolg der
KriegSoprrattonen, namentlich tn Böbmen, bethä-
tigt. Der Plan, welcher mit der Schlacht von
Königgrätz am 3. Jult tn setnem ersten Haupt-
tbeile zu einer so präctfen AuSführung gelangte,
ist allseikig alS eben so kühn, wie geschickt änrr-
kannt worden. Während die Oestcrreicker nach den
Erfahrungen der bisherigen Strategie^Schlefien als
ibre AngriffSlinie betrachteten, Sachsen-als die
einzige der Preußen, hat fie der vom General
v. Moltke aufgestellte AngriffSplan der Prrußen
schmerzltch genug eineS Anderen brlehrt. Dte
Preußen haben nicht durch Sachsen nach Böhmen
ihrett Hauptstoß grführt, und die so sehr gepflegte
Festung Theresienstadt am Eingange Böhmens von
dikser Seite hat nicht einmal.eine Sorge der
Preußen gebildet. Sie haben sie bei Seite liegrn
lassen. Dagegen find fie auf der südwestlichen Seite
von Schlefien bei Görlitz und Liebenau in zwei
ein anderes CorpS von Sachsen her zu ihnen stoßen
sollte. Die von Olmütz nach Oberschlesien htn staf-
felförmig aufgestellte Benedek'sche Armee sah fich
hierdurch in ihrer Flanke derartig. bedroht, daß
sie über HalS und Kopf auf dem Schienenwegc
befördert werden und bei Königgrätz Front neh-
men mußte. Gelang eS den drei preußischen Corps,
wie gesckehen, sich bei Gitschin zu veretnigen, so
hatte die österreich'sche Armee den Stoß der gan-
zen preußischen auszuhalten, mit deffen Gelingen fie
aus Böhmen und nach Mähren hingetrieben wurde;
mißlang diese Vereinigung selbst, so blieb den
Preußen ihre RückzugSlinie offen, ohne daß fie
fürchten mußten, Brnedrk könne fie bei der Ver-
folgung in den Flanken überflügeln, drnn btrfe
wurden durch dte schlesischen Gedirge hinlänglich
gedeckt. Der Plan deS Ganzen wird dem General-
stabe dcr einzelnen Corps selbstverständlich mit-
getheilt, tbeilweise mit threm Beirathe und threm
Eiuverständnisse aufgestellt; die etnzelnen Corps
haben dann nach eigencm Ermessen dafür zu for-
gen, wie fie ihre Aufgabe lösen. So marschirte
z. B. dte erste Armee statt nach Arnau, wie der
Plan eigentlich vorschrieb, drei Meilen östlicher
nack Münchengrätz, um dem bedrängten CorpS
Herwarths hier zuvor schon dte Hand zu retchen
und dann mit thm vereint nach Gitschtn vorzu-
brtngen; so mußte am 3. Juli die zweite Armee
unter dem Kronprinzen erst die Gcfechte mit Lege-
ditsch bestehen, ehe ste, noch rechtzeitig, auf dem
Scklachtfelde vor Köntggrätz etntreffen konnte^ um
die Entscheidung herbeizuführen. Generallieutenant
v. Moltke tst ein geborner Schleswiger, aber seit
über 40 Iahren in preußischen Diensten. Er trat
zuerst alS Lieutenant tnS 8. Infanterieregiment
und wurde alS Hauptmann bereitS zum General-
stabe commandtrt. AlS zwifchen der Pforte und
Mehemed Ali von Aegypten im Iahre 1839 der
Krteg von Reuem auSbrach, wurde Frhr. v. Moltke
zusammen mit dem alS Abgeordneter brkannten
Dienstag, 24 Zuli 18««.
* Politische Umschau.
Heidelberg, 23. Juli.
* Fast wider Erwarten hat in einem Augen-
blicke, wo man alle Waffenstillstands-Aussichten
vcrschwunden und eine neue entscheidende
Schlacht im Marchfelde in nächster Nahe von
Wien nahe glaubte, Oesterreich den preußischen
Vorschlag einer fünstägigen Waffenruhe ange-
nommen. So lange wird das blutige Hand-
werk der Waffen feiern. An diesen fünf Tagen
hängt für Oesterreich die schwere Wahl zwischen
einem vom Gegner dictirten Frieden uud einer
Fortsetzung des Krieges um Scin oder Nicht-
sein. Die Antwort Oesterz-eichs über Annahme
oder Verwerfung der Friedensbedingungen musi
inn'erhalb dieser süns Tage erfolgen. Lautet
sie ablehnend, oder wird sie auch blos unter-
lassen, so beginnen die Feindscligkeiten wieder
von Neuem. Was Oesterreich thun wird, dar-
über fehlen feste- und sichere Anhaltspunkte.
Doch ist nach jetziger Lage der Dinge die An-
ficht vorwiegend, es werde annehmen und da-
mit der Friede gesichen* sein.
Eine Privatdcpesche aus Berlin, versichert
die „Palrie", meldet, daß der Waffenstillstand,
dessen Unterzeichnung der Annahme der Frie-
densgrundlage von Seiten Oesterreichs und
Jtatiens folgen würde, die Dauer eines Mo-
nats haben würde.
Dieselbe Depesche fügt hinzu, daß, wenn nach
Ablauf von den füns für eine Waffensuspension
festgesetzten Tagen Oesterreich keine Antwort
formulirt hat, sein Stillschweigen als eine Wei-
gerung betrachtet und die Feindseligkeiten sosort
wieder beginnen wurden.
Die „France" bringt in Erfahrung, daß
Bayern sich den Bestrebungen Frankreichs an-
geschlossen hat, Oesterreich dazu zu vermögen,
die vom Kaiser Napoleon vorgeschlagenen Frie-
denspräliminarien anzunehmen.
Aus Frankfurt wird gemeldet, daß General
von Falkenstein, nach Böhmen berufen, von
Frankfurt abgereist sei. An seiner Stelle habe
General v. Manteuffel die Regierungsgewalt
in Frankfurt übcrnommen.
„Pefti Naplo", das osficielle Organ der
Deak-Partei in Ungarn, bringt heute einen
Artikel, welcher um so bemerkenswerther
erscheint, als derselbe von einer bei Baron
Kemeny stattgehabten Abgeordnetenconferenz
herrührt und gleichsam als eine Aeußerung der
Majorität des gegenwärtig vertagten Landtags
zu betrachten ist. Bezeichnend ist jedenfalls,
daß die Autorschaft Deak zugeschrieben wird.
Der Schluß des Artikels lautet: „Wir müssen
uns wiederholt darauf berufen, daß die Achtung
der Verträge dem Reichc in der Vergangenheit
Kraft, Ungarn aber Sichcrheit verliehen hat,
und daß die Schwäche der Monarchie und die
Leiden Ungarns gleichzeitig von der Vernich-
tung der Vcrlräge datiren. Die gcfährliche Lage
der Monarch'ie gestattet kein Zögern. Ein be-
trächtlicher Thcil des Reiches ist von feindlichen
Heeren überschwemmt, nur Ungarn fteht noch
frei da. Abcr Ungarn ist todt. Mit Ungarn
kann Alles oder mindestens VicleS gethan wer-
den. Aber Ungarn selbst kann nichts thun,
denn ihm sind die Hände gebunden. Was seine
Hände frei machen, ihm wieder Leben ein-
hauchen kann, das ist einzig und allein eine
parlamLNtarische Regieruug. Wir wollen gegen
die ungarischen Mitglieder der gegenwärtigen'
Rcgierung keine Anklagen erheben. Die Kritik
über die Einsicht und den gnten Willen Ein-
zelner tritt ohnehin vor der Größe der Ereig-'
niffe in den Hintergrund. Die Lage der Mo-
narchie nnd das Jntereffe Ungarns, welches
mit jenem der Monarchie zusammenfällt, er-
heischen, daß die Regierung jene Energie be-
sitzc, wclche von den außergechöhnlichen Ver-
hältniffen verlangt wird, sowie jene Kraft,
welche nur die Eintrachl der ganzen Nativn
verleihen kann. Solch' eine Encrgie und solche
Krafl kann in Ungarn nur eine parlamenta-
rische Regierung besitzen. Wenn Ungarn für
die Monarchie, für die Verträge noch etwas
thun kann, so ist dies nur dann möglich, wenn
ihm die Freiheit der Action wiedergegeben,
wenn an sekne Spitze eine Regierung gestellt
wird, welche der AuSfluß des Nationalwillcns
ist, und in welcher die Nation eine Garantie
ihres Beftandcs und ihrer Nechte erblickt."
Vom Kriegsfchauplatz.
Prödlitz, 16. Juli. Die Ergebnisse des
Gefechtes von Tobilschau (am 15.) bestehen in
18 Gcschützen und 400 Gefangenen. Der feind-
liche Verlust war sehr bedeutend, der diesseitige
noch nicht 100 Mann. Oberstlieutenant Bachr
ist todt. Nach dem Gefecht wurden von Ab-
theilungen der Reiterdivision Hartmann mehrere
feindliche Vierecks (Truppen des 1. u. 8. Corps)
niedergeritten. Dieses Nachgefecht brachte 300
Gefangene. Oberst v. Glasenapp auf unserer
Seite ist gefallen. (Nach späterer Botschaft nur
verwundet.) Wciter wird, nichtamtlich datirl
aus Brünn, 18. Juli, gemeldet: „Das Haupt-
quartier ist diesen Abend 5 Uhr nach Ni-
kolsburg bei (westlich von) Lundenburg ver-
legt.
Brünn, 17. Juli. (Telegr. d. Debats.)
Das Heer des Kronprinzen hat Prerau besetzt.
— Heute Morgen ist der Großherzog von
Mecklenburg-iLchwerin nach Leipzig abgegangen,
um den Befehl über das 2. Reservecorps zu
übernehmen. — Mittags sind die 11. Division
und mehrere Garderegimenter durch die Stadt
gekommen, um sich zum 1. Heere zu begeben.
Die 12. Division beobachtet Königgrätz. Die
Verbindungen zwischen dem ersten Heer im
Norden und dem zweiten im Süden sind voll-
ständig. Man erwartet eine Schlacht vor Flo-
risdorf ooer auf dem Marchfeld.
Lundenburg, 18. Juli. Die uiederöster-
reichisch-mährische Grenzstadt an der Thaya, der
Knotenpunkt der Wien-Brünner und Olmützer
Bahn, befindet sich nun auch bereits in den
HLnden der Preußen. Die Besetzung oder viel-
mehr Ueberrumpelung der Stadt erfolgte gestern
in sehr unerwarteter Weise. Nachdem die Preu-
ßen von Brünn aus gegen Branowitz, zwei
Stationen nördlich von Lundenburg auf der
Brünner Straße, vorgerückt waren, und die
Okkupation von Ung. Hradisch, zwischen Lun-
denburg und Prerau, zur Thatsache geworden,
wurde der Lundenburger Bahnhof gegen Saitz
und Neudorf verschanzt, und Anstalten getrof-
fen, die hier befindlichen Corps der Norvarmee
theils nach Gänserndorf, theils nach Stockerau
zu befördern, sowie die Lokomotiven in Sicher-
heit zu bringen. Plötzlich wurde aus der eine
Viertelstunde südwestlich vom Bahnhof und tie-
fer gelegenen Stadt athemlos gemeldet: die
Preußen rücken in einer Stärke von mcbrercn
tausend Mann gegen die Stadt. Die österreich.
Besatzung zog sich gegen Hohenau zurück. und
von da weiter nach Gänferndorf. Einige Loko-
motiven wurden zwar rafch unbrauchbar ge-
macht, doch fielen elf an der Zahl in die Hände
der Preußen. Diese waren von Branowitz aus
über Pohrlitz und von Znaim aus über Nikols-
burg und durch den berühmten Park von Eis-
grub, der übrigens vollständig respektirt geblie-
ben, in dic Stadt gerückt, ehe man im Bahnhof
davon eine Ahnung hatte. Unmittelbar darauf
wurde der Bahnhof besetzt, und die Verbindung
mit Brünn hergestellt. Rasch nach einander
rückte sodann das Gros der Armee und das
Hauptquartier aus Brünn mit dem König an
der Spitze hier ein. Binnen 24 Stunden dürfte
auch die Verbindung der Bahnstrecke Lunden-
burg-Prerau, und somit auch Lundenburg-Oder-
berg-Oswiecim, preußischerseits hergestellt sein.
Der rechte Flügek der preußischen Ärmee rückte
bogenförmig über Waidhofen, Göpfritz, Horn
und Maisau gegcn Krems, während der linke
Flügel gegen die ungarische Grenze Gödinss-
Generaltieutenant v. Moltke.
Berlin, 16. Juli. Die Berliner Gerichtszeitung
bringt ein Portrait des Generallieutenants Frei-
herrn v. Moltke, des genialen Chefs vom General-
stabe der prcußiscken Armee, und begleitet dasselbe
mit etner Charakterskizze, der wir Folgendes ent-
lehnen: „Der jetzige Militär, welcher den Kriegs-
plan für die prenßtsche Armee ausarbeitete, ist der
Generallieutenant v. Moltke, und der Ruf, welchen
derselbe seit jeher als ausgezeickneter Stratege ge-
noß, hat sich durch den glänzenden Erfolg der
KriegSoprrattonen, namentlich tn Böbmen, bethä-
tigt. Der Plan, welcher mit der Schlacht von
Königgrätz am 3. Jult tn setnem ersten Haupt-
tbeile zu einer so präctfen AuSführung gelangte,
ist allseikig alS eben so kühn, wie geschickt änrr-
kannt worden. Während die Oestcrreicker nach den
Erfahrungen der bisherigen Strategie^Schlefien als
ibre AngriffSlinie betrachteten, Sachsen-als die
einzige der Preußen, hat fie der vom General
v. Moltke aufgestellte AngriffSplan der Prrußen
schmerzltch genug eineS Anderen brlehrt. Dte
Preußen haben nicht durch Sachsen nach Böhmen
ihrett Hauptstoß grführt, und die so sehr gepflegte
Festung Theresienstadt am Eingange Böhmens von
dikser Seite hat nicht einmal.eine Sorge der
Preußen gebildet. Sie haben sie bei Seite liegrn
lassen. Dagegen find fie auf der südwestlichen Seite
von Schlefien bei Görlitz und Liebenau in zwei
ein anderes CorpS von Sachsen her zu ihnen stoßen
sollte. Die von Olmütz nach Oberschlesien htn staf-
felförmig aufgestellte Benedek'sche Armee sah fich
hierdurch in ihrer Flanke derartig. bedroht, daß
sie über HalS und Kopf auf dem Schienenwegc
befördert werden und bei Königgrätz Front neh-
men mußte. Gelang eS den drei preußischen Corps,
wie gesckehen, sich bei Gitschin zu veretnigen, so
hatte die österreich'sche Armee den Stoß der gan-
zen preußischen auszuhalten, mit deffen Gelingen fie
aus Böhmen und nach Mähren hingetrieben wurde;
mißlang diese Vereinigung selbst, so blieb den
Preußen ihre RückzugSlinie offen, ohne daß fie
fürchten mußten, Brnedrk könne fie bei der Ver-
folgung in den Flanken überflügeln, drnn btrfe
wurden durch dte schlesischen Gedirge hinlänglich
gedeckt. Der Plan deS Ganzen wird dem General-
stabe dcr einzelnen Corps selbstverständlich mit-
getheilt, tbeilweise mit threm Beirathe und threm
Eiuverständnisse aufgestellt; die etnzelnen Corps
haben dann nach eigencm Ermessen dafür zu for-
gen, wie fie ihre Aufgabe lösen. So marschirte
z. B. dte erste Armee statt nach Arnau, wie der
Plan eigentlich vorschrieb, drei Meilen östlicher
nack Münchengrätz, um dem bedrängten CorpS
Herwarths hier zuvor schon dte Hand zu retchen
und dann mit thm vereint nach Gitschtn vorzu-
brtngen; so mußte am 3. Juli die zweite Armee
unter dem Kronprinzen erst die Gcfechte mit Lege-
ditsch bestehen, ehe ste, noch rechtzeitig, auf dem
Scklachtfelde vor Köntggrätz etntreffen konnte^ um
die Entscheidung herbeizuführen. Generallieutenant
v. Moltke tst ein geborner Schleswiger, aber seit
über 40 Iahren in preußischen Diensten. Er trat
zuerst alS Lieutenant tnS 8. Infanterieregiment
und wurde alS Hauptmann bereitS zum General-
stabe commandtrt. AlS zwifchen der Pforte und
Mehemed Ali von Aegypten im Iahre 1839 der
Krteg von Reuem auSbrach, wurde Frhr. v. Moltke
zusammen mit dem alS Abgeordneter brkannten