Ueidelbkrgrr Ieilung.
Zreitag. 28 Dezember
Rl
Einladuiisj zmn Abonnemcnt.
8uf daS mit dem I.Zanuar 1887 beginncnde
1. Ouartal der „Heidelberger Zcitung"
laden wir anmit zum Abonnement ergebenst ein.
Die Heidelberger Zsitung ist durch Beschluß
Großh. Ministeriums des Jnnern vom 24. No-
ucmber 1864. Nr. 14,731, als Kreisver-
kündigungsblatt sür den Kreis Heidel-
berg und als amtlichcs Berkündigungs-
blatt sür die AmtS- und AmtSgerichtSbezirke
Hcidelberg und WieSloch und den Amts-
gerichtsbezirk Neckargemünd crklärt worden,
in Fvlge dcsscn alle Bekanntmachnnge« der
tetrcffcnden Staatsstellen darin zu erscheinen
haben.
Jndem wir uns im llebrigen anf daS mehr-
sach veröffentlichte auSführliche Programm be-
ziehen, bemerken wir hier noch, daß wir unS an-
gelegen sein lasien werden, die TageSnachrichtcn
und Telcgramme so schleunig wie möglich unseren
Lesern mitzutheilen. — Trotz dcr oftmaligcn Bei-
lagen beträgt auch ferner das vicrteljährliche
Abonnement in hiesiger Stadt 1 fl. 3 kr., durch
die Post bezogen 1 sl. 24 kr. Jnscrate, welche
durch unsere Zeitung die ausgedehnteste Ver-
breitung finden, werden mit 3 kr. die drei-
spaltige Petitzeile oder deren Raum bcrechnet.
Heidelberg, im Decbr. 1866.
Die Exved. d. Heidelb. Zrg.
' Politische Nnisetinu
Heidelberg, 27. December.
' Pariser Nachrichten zusolge soll in der
Hauhtstadt und in Frankreich überhauxt zur
Zeit cine dem BonapartiSmuS sehr mißliebigc
Stimmung herrschen. Man erkennt ziemlich
allgcmein, daß nicht Großmnth, sondern im
Gegentheile Kleiiimuth und militärischeS Unver-
mögen cs waren, welche dcm Kaijer seine mehr
als bescheidene Hattung Dcutjchland gcgenübcr
empsahlen. Man gesteht sich, wenn auch mit
d-m größten Aiiwillen, dic llcbcrflügelnng deS
französischen durch daS früher so mißachtete
deutsche Militärwcsen. Hiezu kommt der als
ein nationalcr Schimpf belrachtete «cnig ch-
renvolle Rückzug auS Mexico vor undiscipli-
iiirten Gmrillabandcn. Dabei HLusen sich
dic FinanzauSgaben und Gcldverluste in be-
denklicher Wcise. ZunLchst crleiden die GlLu-
bigcr dcs mepicanischen Kaiserrcichs einc Ein-
buße von mehreren Millionen. Sydann droht
den Hauplcreditanstalten deS sranzöflschcn Kai-
scrthnmS cin nahendcr Zerfall; selbst dcr Cre-
dit mobilier, dcr Grundpseiler der bonaparti-
schen Gcldspcculation, waiikt in scinen Funda-
menten. Miltclst vcrschicdcner gegründeter Ne-
benanstalten suchte dieser bishcr seinen erschüt-
terten Crcdit zu befestigcn und di- gesLhrlichstcn
Lücken zu verstopsen. Allcin auch dicser Noth-
behclf verjagt jetzt, und die Rcgicrung sah stch
unlängst genöthigt, vor dcr Entrüstung dcr öf-
fenttichen Meinung zurückwcichcnd, eine dcr
8ici«t« imwodiliere schon zngcsichcrte Erlaub-
niß zur Ausgcbung einer ncucn Schuldanleihe
im Betrage vo» löO Mill. Franken in lctztcr
Znstanz zu widerrufen. Auch die Umbildung
deS HccrwejenS mit allgcmeiner Diciistxflicht,
Rkscrve und mobiler Nationalgardc ist in
Frankrcich durchaus nicht populär. Man
macht dem NapolconiSmuS dcn Vorwurf, daß
cr zur Zcit, als dic preußischc Armee wcit
entscrnt, bei Wien stand, nicht Ulit voller Ent-
schiedcnhcit austrat. Für unS Dcutschc ergibt
sich abcr hierauS die Lehre, daß wir von dcn
Franzosen, je nach unscrcm eigenen Verhaltcn,
AlleS oder Nichts zu fürchlcn haben. Alles,
wcnn wir durch Uncinigkeit und Schlafsheit uns
Blößen gcben; Nichts, wcnn wir scst und bc-
harrlich im gcgebencn Zeitpunkte gcgen den
auswärtigen Fcind zusamuienstehcn.
Die officiöse Prov.-Corresp. schreibt über die
Aufgaben des Norddeutschen Bundes u. A.:
„Der eigentliche Bund wird zunächst das ganze
Nord- und Mittetdeutschtand bis zum Main
umfaffen, ein Ländergeblet von nahezu 30 Mlll.
Deulschen, die schon jetzt durch ihrc gesammte
Lußere und geistige Entwickelung innerlich eng
verknüpst sind. Zn diesem Gebiete spll eine
wahrhast einheitliche Bundesgesetzgebnng alle
wichtigen Bcziehungen des öffentlichen Lebens
regeln und eine volle Geincinschaft der bürger-
lichen und staatlichen Jnteressen begründen.
Die geineinsanie Gejetzgebnng des Bundes ivird
sich erstrecken auf die volle und unbedingte Frei-
zügigkeit, auf die Heimaths- und Niederlassungs-
verhältnisse und den Gewcrbebetrieb, auf die
Anlegung von Colonieen und die Auswande-
rung nach außerdeutschen Ländern, auf die Zoll-
und Handelsgesetze, auf die Ordnung des Maß-,
Münz- und Gewichtssystenis, und der Grund-
sätze über dic Ausgabe von Papiergeld, auf die
allgemeinen Grundsätze des Bankwesens, auf
die Erfindungspatente, auf den Schutz des zei-
stigen Eigenthums, auf die Sicherung eines ge-
meinsamen Schutzes des deutschen Handels im
S8KS».
Ausllmde, der deutschen Schifffahrt und ihrer
Flagge zur See und Anordnung gemeinsamer
Vertretung durch Consuln des Bundes, auf das
Eisenbahnwesen im Jnteresse der Landesoer-
theidigung und des allgemeinen Verkehrs, auf
den Schifffahrtsbetrieb auf den mehreren Staa-
ten gemeinsamen Wasserstraßen, sowie die Fluß-
und Wafferzölle, auf eine einheitliche Leitung
des Post- und Telegraphenwesens, auf eine ge-
meinsame Civilproceßordnung, ein gleiches Con-
cursverfahren, Handels- und Wechselrecht. Wenn
auf allen diesen Gebieten eine einheitliche Ge-
setzgebung und eine gleichmäßige Handhabung
der Gesetze des Bundes wegen gesichert werden,
so ist damit die Einheit des nationalen Pewußt-
seins und der nationalen Entwickelung unzwei-
felhaft verbürgt. Die gesetzgeberische Thätigkeit
soll von der Vertretung der Negierungen (in
einem „Bundesrath") und von einer aus all-
gemeinen Volkswahlen hervorgehenden National-
vertretung mit gleichem Antheile geübt werden;
besonnene Mäßigung und srischer, lebendiger
Antrieb werden sich somit gegenseitig ergänzen.
Jn der Vertretung der Regi'erungen darf sich
nicht der Uebelstand dcs alten BundeStages er-
neuern, daß der kleinste Staat ersprießliche Ab-
sichten für den ganzen Bund zu vereiteln ver»
mag; Preußen wird an seinem Theile auch in
dem Rgthe der Regierungen ein erhebliches Ge-
wicht in die Wagschale zu werfen haben. Die
Leitung des BundcS im Ganzcn kann nur der
Krone Preußen zustehcn. Die Bundesgewalt
soll das Recht haben, Krieg zu erklären, sowie
Bündnisse und Verträge zu schließen, Gesandte
des BundeS zu ernennen und sremde Gesandte
zu empfangen. Vor Allem soll die Wehrkraft
des gesammten norddeutschcn BundeS zu Lande
und zur See unter PrcußenS Oberbesehl ein-
heitlich und kräftig organisirt werden. Die ge-
sammte Landmacht des Bundes wird ein ein-
heitlicheö Heer unter dcm Oberbefehle des Kö-
nigö von Preußen bilden. Der Oberfeldherr
wird die Pflicht und das Recht haben, dafür
Svrge zu tragen, daß innerhalb des Bundes-
heeres allc Truppentheile vollzählig und kriegS-
tüchtig vorhanden sind, und daß die nothwcn-
dige Einheit in der Einrichtung, in Bewaffnung
und Commando, in der Ausbildung der Mann-
schaften, sowie in den Anfvrderungen an die
Officiere hergestellt wird; serner das Recht, die
kriegSbereite Aufstellung dcs BundeSheeres an-
zuordnen. Die Bundesverfaffung wird durch
ihrc Bestimmrmgen sichere Gcwähr dafür zu geben
haben, daß den Anordnungen des Obcrfcldherrn
jcdcrzeit uübedingte Folge gcleistet werde. Die
Kriegsmarine der Nord- und der Ostsee sollen
Schwurgerichtsverhandlungen.
Mannheim, 19. Dec. In der heutigen Sitzung
wurde die Anklage gegen Johann Heilmann unb
Genoffen wegen Diebstahls verhandelt. Angeklagt
waren der Dienstknecht Iohann Heilmann von
Ncckarsteinach, 1>ie beiden Dienstleute Iohann Uß-
mann und Ludwig Ullmicher von hier, Maria
Kösterer, Ehefrau von da, und deren Sckwester
Sophie Baumeister von Netdenstein. Die An-
klage ging gegen die drei Ersteren dahin, daß Hetl-
mann, der in einrr hiefigen Handlung in Dienst
stand, seinen Dienstherren aus beren Magaztn, zu
welchem er fich jewcilS in der Miltagsstunde mit
Hilfe eines von Ußmann eingehändigten Nachschlüs-
selS Zutritt verschaffte, mindestenS 70 Stück Klei-
derstoffe im Werthc von 1330 fl. im Laufe dieses
FrühjahrS entwcndete, und daß die beiden Andern
in Kolge getroffener Verabredung die Waaren sort-
führten und dercn Absatz besorgten. Maria Kösterrr,
welche durch Ußmann mindestens 38 Stück der ent-
wendelen Stoffe an fich brachte und solche thetlS
selbst durch ihre mitangeklagtr Schwestrr wiedrr an
Andere weiter veräußrrte, wtrd in erster Reihe der
, Theilnahme und tn zweiter Rcihe der gewerbSmäßir
! gen DiebstahlSbegünstignng, ihre Schwester Sophie
! Baumeister abcr der einfachen Begünstigung ange-
klagt. Hinsicktlich oer Angeklagten Heilmann, Uß-
mann und Ullmicher fie! der Wahrspruch ganz im
Aussicht auf weitere zwet Iahre, und gegen Maria
Köstcrer ArbrttshauSstrafe von 7 Monaten erkannt.
Dte Verthridigung war in diesem Falle den Hrrren
Leipzig, 18. Dec. Alle öffentlichen Lustbar-
keiten für das größere Publtkum fallen heute auS.
Unsere Stadt steht tm Schatten deS BlutbanneS:
Der Mördrr des Kaufmanns Markert, Schneider-
geselle KLnschner auS Hohenosfig, wirb heute
früh 8Uhr im Hofe d«s königlichen BezirkSgerichtS
mit dem Fallbrile hingrrrchtet. Der Raubmord
erregte seiner Zeit daS größte Aufsehen, da rr
in dem brlebtesten Theile ber Stadt drS AbendS
ersten Dier-Restaurationen und etne Treppe hoch
etn sehr srequrntirtrS EafS defindet. Der Mörder
wurdc schon am Tage nach der That festgestellt und
in Haft genommen. Die Ueberführung desselben
erfolgte durch eine Menge unwiderlrgbarer Indt-
cten, namentlich durch den mißlungenen BewetS dH
Alibk, sodann zwei Funde, die einen Theil deS gr-
raubten GeldeS zur Stelle brachten. Der Räuber
hatte über 350 Thlr. an Geld und außerdem ver-
schtedene Pretiosen ans dem Comptoir des Ermor-
deten mttgenommen. Er war mtt der Localität
auf's Genaueste bekannt, da er über rtn Halbjahr
in Markert'S Diensten alS Markthelser gestandeu
hatte. Wie dte „D. A. Z." meldet, ist aber die
Hinrichtung infolge eineS nock im letzten Augen-
blicke eingegangrnen telegraphischen BcfehlS deS Kö-
ntgs nicht zur AuSführung gekommen. Künschner
lag bereitS unter dem Kallbeil, und bieseS würde
in der nächsten Srcunde avf ihn herabgefallen sein,
als von deyi Eingange zum BezirkSgerichte her der
Ruf: „Halt!" erscholl und kurz darauf Dezirksge-
richtSdirector LuciuS das Telegramm, welcheS die
Zreitag. 28 Dezember
Rl
Einladuiisj zmn Abonnemcnt.
8uf daS mit dem I.Zanuar 1887 beginncnde
1. Ouartal der „Heidelberger Zcitung"
laden wir anmit zum Abonnement ergebenst ein.
Die Heidelberger Zsitung ist durch Beschluß
Großh. Ministeriums des Jnnern vom 24. No-
ucmber 1864. Nr. 14,731, als Kreisver-
kündigungsblatt sür den Kreis Heidel-
berg und als amtlichcs Berkündigungs-
blatt sür die AmtS- und AmtSgerichtSbezirke
Hcidelberg und WieSloch und den Amts-
gerichtsbezirk Neckargemünd crklärt worden,
in Fvlge dcsscn alle Bekanntmachnnge« der
tetrcffcnden Staatsstellen darin zu erscheinen
haben.
Jndem wir uns im llebrigen anf daS mehr-
sach veröffentlichte auSführliche Programm be-
ziehen, bemerken wir hier noch, daß wir unS an-
gelegen sein lasien werden, die TageSnachrichtcn
und Telcgramme so schleunig wie möglich unseren
Lesern mitzutheilen. — Trotz dcr oftmaligcn Bei-
lagen beträgt auch ferner das vicrteljährliche
Abonnement in hiesiger Stadt 1 fl. 3 kr., durch
die Post bezogen 1 sl. 24 kr. Jnscrate, welche
durch unsere Zeitung die ausgedehnteste Ver-
breitung finden, werden mit 3 kr. die drei-
spaltige Petitzeile oder deren Raum bcrechnet.
Heidelberg, im Decbr. 1866.
Die Exved. d. Heidelb. Zrg.
' Politische Nnisetinu
Heidelberg, 27. December.
' Pariser Nachrichten zusolge soll in der
Hauhtstadt und in Frankreich überhauxt zur
Zeit cine dem BonapartiSmuS sehr mißliebigc
Stimmung herrschen. Man erkennt ziemlich
allgcmein, daß nicht Großmnth, sondern im
Gegentheile Kleiiimuth und militärischeS Unver-
mögen cs waren, welche dcm Kaijer seine mehr
als bescheidene Hattung Dcutjchland gcgenübcr
empsahlen. Man gesteht sich, wenn auch mit
d-m größten Aiiwillen, dic llcbcrflügelnng deS
französischen durch daS früher so mißachtete
deutsche Militärwcsen. Hiezu kommt der als
ein nationalcr Schimpf belrachtete «cnig ch-
renvolle Rückzug auS Mexico vor undiscipli-
iiirten Gmrillabandcn. Dabei HLusen sich
dic FinanzauSgaben und Gcldverluste in be-
denklicher Wcise. ZunLchst crleiden die GlLu-
bigcr dcs mepicanischen Kaiserrcichs einc Ein-
buße von mehreren Millionen. Sydann droht
den Hauplcreditanstalten deS sranzöflschcn Kai-
scrthnmS cin nahendcr Zerfall; selbst dcr Cre-
dit mobilier, dcr Grundpseiler der bonaparti-
schen Gcldspcculation, waiikt in scinen Funda-
menten. Miltclst vcrschicdcner gegründeter Ne-
benanstalten suchte dieser bishcr seinen erschüt-
terten Crcdit zu befestigcn und di- gesLhrlichstcn
Lücken zu verstopsen. Allcin auch dicser Noth-
behclf verjagt jetzt, und die Rcgicrung sah stch
unlängst genöthigt, vor dcr Entrüstung dcr öf-
fenttichen Meinung zurückwcichcnd, eine dcr
8ici«t« imwodiliere schon zngcsichcrte Erlaub-
niß zur Ausgcbung einer ncucn Schuldanleihe
im Betrage vo» löO Mill. Franken in lctztcr
Znstanz zu widerrufen. Auch die Umbildung
deS HccrwejenS mit allgcmeiner Diciistxflicht,
Rkscrve und mobiler Nationalgardc ist in
Frankrcich durchaus nicht populär. Man
macht dem NapolconiSmuS dcn Vorwurf, daß
cr zur Zcit, als dic preußischc Armee wcit
entscrnt, bei Wien stand, nicht Ulit voller Ent-
schiedcnhcit austrat. Für unS Dcutschc ergibt
sich abcr hierauS die Lehre, daß wir von dcn
Franzosen, je nach unscrcm eigenen Verhaltcn,
AlleS oder Nichts zu fürchlcn haben. Alles,
wcnn wir durch Uncinigkeit und Schlafsheit uns
Blößen gcben; Nichts, wcnn wir scst und bc-
harrlich im gcgebencn Zeitpunkte gcgen den
auswärtigen Fcind zusamuienstehcn.
Die officiöse Prov.-Corresp. schreibt über die
Aufgaben des Norddeutschen Bundes u. A.:
„Der eigentliche Bund wird zunächst das ganze
Nord- und Mittetdeutschtand bis zum Main
umfaffen, ein Ländergeblet von nahezu 30 Mlll.
Deulschen, die schon jetzt durch ihrc gesammte
Lußere und geistige Entwickelung innerlich eng
verknüpst sind. Zn diesem Gebiete spll eine
wahrhast einheitliche Bundesgesetzgebnng alle
wichtigen Bcziehungen des öffentlichen Lebens
regeln und eine volle Geincinschaft der bürger-
lichen und staatlichen Jnteressen begründen.
Die geineinsanie Gejetzgebnng des Bundes ivird
sich erstrecken auf die volle und unbedingte Frei-
zügigkeit, auf die Heimaths- und Niederlassungs-
verhältnisse und den Gewcrbebetrieb, auf die
Anlegung von Colonieen und die Auswande-
rung nach außerdeutschen Ländern, auf die Zoll-
und Handelsgesetze, auf die Ordnung des Maß-,
Münz- und Gewichtssystenis, und der Grund-
sätze über dic Ausgabe von Papiergeld, auf die
allgemeinen Grundsätze des Bankwesens, auf
die Erfindungspatente, auf den Schutz des zei-
stigen Eigenthums, auf die Sicherung eines ge-
meinsamen Schutzes des deutschen Handels im
S8KS».
Ausllmde, der deutschen Schifffahrt und ihrer
Flagge zur See und Anordnung gemeinsamer
Vertretung durch Consuln des Bundes, auf das
Eisenbahnwesen im Jnteresse der Landesoer-
theidigung und des allgemeinen Verkehrs, auf
den Schifffahrtsbetrieb auf den mehreren Staa-
ten gemeinsamen Wasserstraßen, sowie die Fluß-
und Wafferzölle, auf eine einheitliche Leitung
des Post- und Telegraphenwesens, auf eine ge-
meinsame Civilproceßordnung, ein gleiches Con-
cursverfahren, Handels- und Wechselrecht. Wenn
auf allen diesen Gebieten eine einheitliche Ge-
setzgebung und eine gleichmäßige Handhabung
der Gesetze des Bundes wegen gesichert werden,
so ist damit die Einheit des nationalen Pewußt-
seins und der nationalen Entwickelung unzwei-
felhaft verbürgt. Die gesetzgeberische Thätigkeit
soll von der Vertretung der Negierungen (in
einem „Bundesrath") und von einer aus all-
gemeinen Volkswahlen hervorgehenden National-
vertretung mit gleichem Antheile geübt werden;
besonnene Mäßigung und srischer, lebendiger
Antrieb werden sich somit gegenseitig ergänzen.
Jn der Vertretung der Regi'erungen darf sich
nicht der Uebelstand dcs alten BundeStages er-
neuern, daß der kleinste Staat ersprießliche Ab-
sichten für den ganzen Bund zu vereiteln ver»
mag; Preußen wird an seinem Theile auch in
dem Rgthe der Regierungen ein erhebliches Ge-
wicht in die Wagschale zu werfen haben. Die
Leitung des BundcS im Ganzcn kann nur der
Krone Preußen zustehcn. Die Bundesgewalt
soll das Recht haben, Krieg zu erklären, sowie
Bündnisse und Verträge zu schließen, Gesandte
des BundeS zu ernennen und sremde Gesandte
zu empfangen. Vor Allem soll die Wehrkraft
des gesammten norddeutschcn BundeS zu Lande
und zur See unter PrcußenS Oberbesehl ein-
heitlich und kräftig organisirt werden. Die ge-
sammte Landmacht des Bundes wird ein ein-
heitlicheö Heer unter dcm Oberbefehle des Kö-
nigö von Preußen bilden. Der Oberfeldherr
wird die Pflicht und das Recht haben, dafür
Svrge zu tragen, daß innerhalb des Bundes-
heeres allc Truppentheile vollzählig und kriegS-
tüchtig vorhanden sind, und daß die nothwcn-
dige Einheit in der Einrichtung, in Bewaffnung
und Commando, in der Ausbildung der Mann-
schaften, sowie in den Anfvrderungen an die
Officiere hergestellt wird; serner das Recht, die
kriegSbereite Aufstellung dcs BundeSheeres an-
zuordnen. Die Bundesverfaffung wird durch
ihrc Bestimmrmgen sichere Gcwähr dafür zu geben
haben, daß den Anordnungen des Obcrfcldherrn
jcdcrzeit uübedingte Folge gcleistet werde. Die
Kriegsmarine der Nord- und der Ostsee sollen
Schwurgerichtsverhandlungen.
Mannheim, 19. Dec. In der heutigen Sitzung
wurde die Anklage gegen Johann Heilmann unb
Genoffen wegen Diebstahls verhandelt. Angeklagt
waren der Dienstknecht Iohann Heilmann von
Ncckarsteinach, 1>ie beiden Dienstleute Iohann Uß-
mann und Ludwig Ullmicher von hier, Maria
Kösterer, Ehefrau von da, und deren Sckwester
Sophie Baumeister von Netdenstein. Die An-
klage ging gegen die drei Ersteren dahin, daß Hetl-
mann, der in einrr hiefigen Handlung in Dienst
stand, seinen Dienstherren aus beren Magaztn, zu
welchem er fich jewcilS in der Miltagsstunde mit
Hilfe eines von Ußmann eingehändigten Nachschlüs-
selS Zutritt verschaffte, mindestenS 70 Stück Klei-
derstoffe im Werthc von 1330 fl. im Laufe dieses
FrühjahrS entwcndete, und daß die beiden Andern
in Kolge getroffener Verabredung die Waaren sort-
führten und dercn Absatz besorgten. Maria Kösterrr,
welche durch Ußmann mindestens 38 Stück der ent-
wendelen Stoffe an fich brachte und solche thetlS
selbst durch ihre mitangeklagtr Schwestrr wiedrr an
Andere weiter veräußrrte, wtrd in erster Reihe der
, Theilnahme und tn zweiter Rcihe der gewerbSmäßir
! gen DiebstahlSbegünstignng, ihre Schwester Sophie
! Baumeister abcr der einfachen Begünstigung ange-
klagt. Hinsicktlich oer Angeklagten Heilmann, Uß-
mann und Ullmicher fie! der Wahrspruch ganz im
Aussicht auf weitere zwet Iahre, und gegen Maria
Köstcrer ArbrttshauSstrafe von 7 Monaten erkannt.
Dte Verthridigung war in diesem Falle den Hrrren
Leipzig, 18. Dec. Alle öffentlichen Lustbar-
keiten für das größere Publtkum fallen heute auS.
Unsere Stadt steht tm Schatten deS BlutbanneS:
Der Mördrr des Kaufmanns Markert, Schneider-
geselle KLnschner auS Hohenosfig, wirb heute
früh 8Uhr im Hofe d«s königlichen BezirkSgerichtS
mit dem Fallbrile hingrrrchtet. Der Raubmord
erregte seiner Zeit daS größte Aufsehen, da rr
in dem brlebtesten Theile ber Stadt drS AbendS
ersten Dier-Restaurationen und etne Treppe hoch
etn sehr srequrntirtrS EafS defindet. Der Mörder
wurdc schon am Tage nach der That festgestellt und
in Haft genommen. Die Ueberführung desselben
erfolgte durch eine Menge unwiderlrgbarer Indt-
cten, namentlich durch den mißlungenen BewetS dH
Alibk, sodann zwei Funde, die einen Theil deS gr-
raubten GeldeS zur Stelle brachten. Der Räuber
hatte über 350 Thlr. an Geld und außerdem ver-
schtedene Pretiosen ans dem Comptoir des Ermor-
deten mttgenommen. Er war mtt der Localität
auf's Genaueste bekannt, da er über rtn Halbjahr
in Markert'S Diensten alS Markthelser gestandeu
hatte. Wie dte „D. A. Z." meldet, ist aber die
Hinrichtung infolge eineS nock im letzten Augen-
blicke eingegangrnen telegraphischen BcfehlS deS Kö-
ntgs nicht zur AuSführung gekommen. Künschner
lag bereitS unter dem Kallbeil, und bieseS würde
in der nächsten Srcunde avf ihn herabgefallen sein,
als von deyi Eingange zum BezirkSgerichte her der
Ruf: „Halt!" erscholl und kurz darauf Dezirksge-
richtSdirector LuciuS das Telegramm, welcheS die