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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 178-204 August
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NtidrllikrM Zeilung.

M 203

Donnerstag, 3«. August


180«

seit 3 Jahren keine Aushebung stattgcfundcn
und würde außerdem die Quote für Nord-
schleswig wahrscheinlich in Ausfall kommen und
ebenso ist das durch freie Werbung rckrutirte
Bataillon dcr ehedem freien Reichsstadt Frank-
furt bckanntlich aufgelöst worden, so daß der
Truppenstand der annectirten Lander und Ge-
biele zur Zeit wohl kaum Höher als etwa 55-
bis 56,000 Mann veranschlagt werden dürfte.
Bei rund 4^/z Million Einwohnern wird nach
dem preußischcn Prozentsatz durch die Erwer-
bung jcner deutschen Ttaaten eine Vermehrung
der stehendcn preußischen Armee um 80,000
biS 90,000 Mann bedingt werden. Die Der-
mehrung dcr jctzigen preußischen Armee um
19 Negimcnler mit 57 Bakaillonen würlre je-
doch auf dem FriedenSfuße, s Bataillon 526
Mann, nur 29,982 Mann und incl. der ent-
sprechcnden Cavallerie. Artillerie und Special-
waffen viclleicht 36,000 Mann betragen. Noch
100 vierte Bataillone dazu würden hingegen
für die Jnfanterie allein einen Zuwachs von
82,582 Mann ergeben. Die Kricgsstarke der
preußischen Armcc dürfte dadurch allerdings
binncn wcnigen Jahren auf 800,OM Mann
crhöht werden.

Nach eincr Mittheilung der „Allg. Z." aus
Dresden hat Hr. v. Friesen den Äufkrag, in
Berlin cine Militärconvention zwischen Preußen
und Sachsen in folgcnder Weise zu proponi-
ren: „Preußische Truppen können Bautzen und
'Leipzig bleibcnd besetzen; dagegen vertheilt sich
die sächsische Armee auf Dresden, Plauen, Zit-
tau und Zwickau, und der Rest wird in den
eventuellen Bundesfestungeir»Mainz und Rends-
burg untergebracht. Alle in Sachsen stehenden
Truppen (sächsische und prcußische) stehen un-
ker dem Oberbefehl des Kronprinzen von Sach-
sen. Dieser erkennt den König von Preußen
als seinen Kriegsherrn an. Uebcr den Fahnen-
eid hält man erst nach Constituirung des nord-
deutschen Bundes Verhandlungen für zulässig."

Dem „Wanderer" wird aus Prag über die
Friedensstipulationen gemeldet: „Die Auswechs-
lung der Kriegsgefangenen, deren Zahl in Be-
treff der in preußischen Händen befindlichcn
Oesterreicher nicht weit von 25 — 30,000 sein
dürfte, erfolgt unmittelbar nach Ratification
des Friedensinstrumentes; als Ort der Aus-
wechslung soll Oderberg in Aussicht genommen
und dieselbe innerhalb von längstens sechs bis
sieben Tagen vollzogcn sein. — Weiter wird
aus Prag, 24. d., telegraphirt: „Oesterreich
sichert Jtalien den Besitz Venetiens und aner-
kennt das Königreich Jtalien. Ueber die Höhe
der KriegSentschädigungssumme, sowie über die

zu übernehmende Quote der österrcichischen
Staatsschuld wird Menabrea in Wien ver-
handeln.

Die beiden Mecklenburg haben am 21. d. M.
und Oldenburg am 25. dcn Bündnißvertrag
mit Preußen jetzt ebenfalls unterzeichnet.

Der „Aschaffenb. Ztg." entnehmen wir über
die am 26. stattgehabten Vorfälle dahier Fol-
gcndes: „Aschaffenburg, 27. Aug. Jm Laufe
des gestrigcn Tages passirten mehrerc Extra-
züge mit bayerischen Truppen, von Mainz kom-
mend, den hiesigen Bahnhof. Dieselbeu setzten
nach kürzerem oder längerem Aufenthalt ihre
Weiterfahrt in der Richtung nach Würzburg
fort. Leidcr kam es zwischen Soldaten des Zn-
fanterie-Leibregiments und Artilleristen einer-
seits und preußischen Soldaten der hiesigen Be-
satzung andererscits zu höchst unliebsamen, von
jedem Billigdenkcnden streng getadelten Auf-
tritten, in Folge deren einigc preußische Solda-
len in das Lazareth verbracht werden mußten.
— Wie uns ferner mitgctheilt wird, wurden
gcstern Abend auf der Station Stockstadt
auf cinen prcußijchen Officier, nachdem er
einige Schritte vom Bahnhof entfernt war,
von einigen im Zuge befindlichen bayerischcn
Soldalen mehrere Schüsse abgefeuert. Der
Officier wurde, im Rücken schwer verwundet,
in bas hiesige Militärspital verbracht. Allge-
mein ist man hier über ein so frevelhaftcs
Treiben höchst indignirt und erwartet die strengste
Bestrafung desselben."

Glaubhaften Mitthrilungen zusolge soll der
Kurfürst von Heffen nun noch in lctzter SLunde
zu Gunsten Preußens abgedankt haben. Ueber
die Lugeständniffe, wclche demselbcn dazegen
gewährt wordcn sind, gehen die Angaben noch
auseinander.

Jn Basel sind (von Deutschen und Einhei-
mischen) 13,000 Franken für die Verwundeten
in Deutschland gesammelt worden.

Jm Siecle kommt Henri Martin auf den
schon einmal von einem Theil der französischcn
Preffe ausgesprochenen Gedanken zurück, aus
den Rheinlanden einen unabhängigen deutschen
Staat, der Preußens Hegemonie nicht unter-
worfen scin dürfe, zu machen. Auf solche Weise
werde Deutschiand nichts an Frankrcich abtre-
ten und sich nur die Mittel benehmen, sich des
Nheinlandcs offensiv gegen Frankreich zu be-
dienen. Herr Martin hebt bezüglich des Rhein-
landes drei Punkte hervor: 1) Daß es unbe-
streitbar sei, daß die offensiven Festungen
Luremburg, Saarlouis und Landau in den
Händen einer militärischen Großmachl nur eine
permanente Drohung für Frankreich sein würden

* Politische Umschau.

Heidelberg, 29. August.

* Seit dem Beginne des deutschen Conflicts
im Monat Juni d. I. ist unsere Aufmerksam-
kdit so vollständig von den gewaltigen Ereig-
niffen in Dcutschland und Oesterreich gefesselt
worden, daß wir den Vorgängen in andern
Ländern nur flüchtige Beachtung schenken kön-
nen. Das Ausland interessirt unS in Deutsch-
land allmälig nur, insofern wir ihm die Nci-
gung zutraueu, sich in unsere inneren Angelc-
genhciten einzumischen. Wahrscheinlich wird
noch auf langc Zeit hinaus Deutschland sich
fast ausschließlich mit sich selbst beschäftigen
und sich wenig um die übrige Welt bekümmern.
Auch damit bekundet es aber den Beginn einer
neuen Aera. Jn früheren Jahren yerhielt sich
dics bekanntlich gerade umgekehrk: der deuksche
Aeitungslcscr war mit den Vorgängen und Der-
hältniffcn in Frankreich, England oder Spanien
oft genauer vertraut, als mit dem, was in
seiner Heimath geschah. Jetzt aber — wer liest
noch die Berichle über auswärtige politische
Dinge andcrS, als eben gcwohnheitSmäßig?
Wer kümmert sich viel um die Reformbewegung
in England, um die Fenier, um die Rccon-
struction der Union, um Mexiko, um Spanien,
um den Aufstand in Candia? Man nimmt
von diesen Dingcn eben Notiz gleichsam aus
Gewiffcnhafkigkeit, aber nicht mit dem regen
Eifer, mit der warmen Parteinahme für und
wider, wie in den inneren deutschen Angelegen-
hciten, und wie früher auch in ausländischen
Dingen. Nur Napoleon III. macht ctwa noch
eine Ausnahme von dieser Gleichgiltigkeit gegen
alles Nichtdeutsche. Jm Ganzen ist diese Re-
action erfrculich: zum erstenmale wieder seit
langer Zeit fangen die Dcutschen an, ihr eige-
nes Vaterland als den Mittelpunkt ihres poli-
tischen Jnteresses zu bctrachten; auch ist die-
selbe leicht erklärlich. Denn gcrade die in der
jüngsten Vergangenheit vorgefallenen Ereiguisse
mußten einen gewaltigen Eindruck auf die An-
schauungs- und GefühlSweise der deutschen Na-
tion machen und sie mit einem frischcn, mäch-
tigen Jnteresse für ihr eigeneS ^relbst, für ihre
eigenen Schicksale erfüllen.

Der Gesammtzuwachs, welchen die preußische
Armee durch fremdherrliche Contingente erfährt,
beläuft sich, deren volle Kriegsstärke dabei zu
Grunde gelegt, auf 26,497 Hannoveraner,
15,209 Kurhessen, 6721 Nassauer, 1119 Mann
das Contingent von Frankfurt und runv 15,000
Schleswig-Holsteiner, oder etwa 64,500 Mann.
— Für die Elbherzogthümer hat jedoch schon

Concert.

(Zu Gunsten der n»1hleidendkn Bewohner der
Tauber- und Maingegend.)

(Eingesandt.)

Heidelberg, 28. Aug. Da nie genug geschehen
kann, um den Armen und Bedrängten zu hclfen,
so wrrd dem hiesigen Publikum und der Umgegend
nächster Tage Gelegenheit geboten, fich einen hohen
Genuß zu verschaffen. Es wirb nämlich Herr
Zirpel, ein Schülex Spohr's, Loncertmeister
und Ehrenmitglied des Pariser Eonservatoriums,
der durch sein letztes Eoncert im Saale des Mu-
seums unter Mitwirkung setner Gemahlin noch in
gutem Andenken steht, biesmal mit den ersten Kräf-
ten des Mannheimer HoftheaterS ein Loncert zum
Vortheile obigen Zweckes geben, und kann rS uns
nur freuen, den Mann kennen zu lernen, der es
fich so angelegentlich zu Herzen nimmt, einen großen
Theil beS Ertrages seiner Concerte zum Wohle für
Arme und Nothleidende zu verwenden. Demzufolge
ersnchen wir ein geehrteS Publikum, das durch Ge-
fühl für Menschenwohl^heseelt ist, sein Loncert
durch einen zahlreichen Besuch zu beehren. 0r. 8.

rung dieser Krankheit enrgegenzutreten, gibt eS
verschiedene, mehr oder weniger probate Mittel.
Eine«, welches durch etnen Herrn Doctor Oeff in
Trter angewendet wird, und welcheS in vielen hun-
dert und tauscnd Fällen sich alS beinahe unfehlbar
erwiesen hat," will ich hier anführen. Wenn fich
ein Lholeradurchfall einstellt, welcher fich an dem
dünnen, kleinen, schwachen PulS und. an ber küh-
len, steifen Haut erkennen läßt, so lege man fich
inS Bett, verbalte sich ruhig, nehme abwechselnd
stündlich zwei Tropfen Aconitum, zweite Verdün-
nung, und Nicotiana, zweite Verdüunung, beides
mit ein wenig Waffer (also einmal Aconit und die
folgende Stunbe Nicotiana), vermeide feste Spei-
sen und den Pfeffermünzthee, der sonst viel ange-
rathen wird, sonst tritt Erbrechen.ein, und trinke
bei vtel Durst klareS Wasser oder Wasser und
Milch, aber nur löffelweise. Wer so betm ersten
Anfall fich ruhig zu Bctte legt und 1—2 Tage
dasselbe hütet, hat nichtS zu fürchten, unb die
Krankhcit geht so leicht vorübcr. Jst fie überstau-
den, so muß man dennocb das Bett noch 2—3 Tage !
nicht verlaffen, weil häufig durch Vernachläsfigung

Rückfälle eintrcten oder TyPhuS entsteht. Bei An-
wendung dieseS Mittels starben in dem Cholera-
jahr von 1849 odcr 50? in Tricr a. d. Mosel nur

hanbeiten 8; in TemmelS a. d. Mosel von über
100 nur 5. Ein Pfarrer im Luremburgischrn heilte
mit dem genannten Mittel über 300 Personen und
wurde deßhalb von der Obrigkeit decorirt. Die
Stadtapotheke des Herrn SachS in KsrlSruhe lie-
fert die Medicamente für wenige Kreuzer. Dte
verehrlichen Zeitungen werden im Zntereffe der
Menschheit um gefällige Verbreitung gebeten.

Aus militärischer Fedrr geht dcr Karlsr. Ztg.
solgende Einsendung zu: „Die Karlsr. Ztg. vom
21. d. M. hofft, daß der Ueberschuß drS für die
Mobilmachung bewilligten CrrditS behusS der Her-
stellung von Hinterladungsgewehren verwendet wer-
den kann. Wcnn wir uns dteser Hoffnung an-
schließen, so geschteht eS doch nur unter der Voraus-
sctzung, daß man das System der Einheitspatrone
und, wenn immer möglich, das der Reserveladung
annimmt. Ein HinterladungSgewrhr mit Patrone
 
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