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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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tidklbtrqrr Ztilung.

Nl; 2«S- Tamstag. 1« November


«8«6

* Polilifche Nmschnu.

Heidelberg, 9. November.

Die preuß. „Prov.-Eorresp." sagt zur Be-
rufung des Hrn. v. Beust zum österreichischen
Minister: „Gcfahren können aus der Ernen-
nung des Hrn. v. Beuft nur sür Diejenigen
erwachsen, welche die endgültig abgethanen Be-
strebungen in den deutschen Angelegenheiten
wieder aufzunehmen versuchen sollten. Jeder
derartige Versuch würde das Verhängniß für
sie beschleunigen und für Preußkn ein Antrieb
sein, das nationale Werk rascher nnd entschie-
dener zu vollenden."

Der schweizerische Bundesrath hat dic Re-
gierung von Wallis aufgefordert, binncn zehn
Tagen Auskunft darüber zu geben, vb die An-
stellung von Jesuiten im Canton Wallis statt-
gefundcn hat, widrigenfalls dcr Bundesrath die
Erhebung dieser Auskunft durch einen eidge-
nössischen Commissär veranlasscn werde.

Der Prozeß gegcn Jefferson Davis ist biS
zum nächften Frühjahre aufgeschoben worden.

Jn den Staaten Newyork und Newjersey
sind die Wahlen republikanisch (gegen Johnson)
ausgefallen, in Delaware und Maryland de-
mokratisch.

D e u t s ch l n « d.
Karlsruhe, 8. Nov. Sc. Kgl. Hoheil der Groß-

völlmächligien^Minister am großh. Hofe, Hcrrn von
Beaulieu, daS Großkreu; Höchstilnes Ordens vom
Zähringer Lowm zu verleiheu; dem königl. preutzifchcu
außerordenllichen Gesandten und bevoUmackligtcu Mi-
uister am königlich ilalieniscben Hofe, Wirklichen Ge-
hermen Rathe Grafen von Usedom, daS Großkreuz,
und dem königl. preußischen LegaüonSrakh Karl^ v o n

OrdenS vom Zähringer Löwen, dem königl. belgischen
Gesandtschaftsaliach^ LouiS Bayaval in Gerlin. und
dem königl. bayrischen'LegalionSrath bei der königlichen
Gesandlschast in PariS, Freiherrn Alired von Brbra,
daS Ritterkrcuz; dcm herzoglich sachsen-meiningen'schen
Hosmarschall und Kammerherrn Frhrn. vonStein das

vom Zähringer Löwen zu verleihcn. Ferner: dcm Ge-
heimen Ratb 1. Classe und vormaligcn Präsidenten der
grobherzoglichen Ministericn d e r ^Ju stibes J>,neru,

lichen ^Verdienstordttts vom heiligen Michael annehmen
und tragen zu dürfcn; dem katholischcn Hauptlehrer
Anlon Büchle in Uniermünsterthal wurde in Aner-
kennung seineS langjährigen erspricßlichen Wirkeus die
kleine goldene Zivil-Verdienstmedaillc verlieben; Lehr-
amls-Praktikanl Franz Kränkel von Nastatt zum
Professor an dem Lyceum in Konstanz ernaunt.

Karlsruhe, 8. Nov. Das heute erschienene Re-
gierüngSdlatt Nr. 63 enthält (außer Personalnach-

m. Todesfall. Gestorben ist: Am 12. v. MtS.

Karlsruhe, 8. Novbr. Die Abreise der
großh. Familie von der Mainau mußte wegen
eiues leichten Unwohlscins der jüngsten Prin-
zessin auf heute verschoben werden. Die Reise
wird heute nur biS Basel gehen. Morgen wer-
den Jhre Kön. Hoheiten der Großherzog und
die Frau Großhcrzogin noch einen auf etwa
vierzehn Tage bcrechneten Ausflug unternehmen,
während die großh. Kinder und das Gefolge
die Reise hieher fortietzcn. (K. Z.)

. >1. Vom Neckar, 7. Nov. Die Er-
nennung des Hrn. v. Böust zum österrei-
chischcn Minister ist ein Ereigniß, welches den
Blättern der verschiedensten Richtung immer
noch viel zu denkcn gibt. Zwar hört man
jetzt, daß Oesterreich unter Beust's Leitung keine
Politik des Grollcs verfolgen, vielmehr eine
friedliche Politik kultiviren wolle. Er will sich
angeblich auf stch selbst zurückziehen und frem-
den Jnteressen weder zu nahe treten, noch sie
zu seinen eigenen machen. Um eine Reform-
politik in Oesterreich aber mit Erfolg zu be-
treiben, ist zu bedenken, daß ein solches Werk
einen schöpferischen Gcift verlangt. einen
Mann, der Sinn und Verständniß hat für den
Segen der Freiheit. Die hervorragendcn Ei-
genschaften des Hrn. v. Beust sind jedoch an-
derer Art, nämlich -die eines gewieglen Diplo-
maten der alten Schule. Manche Leute, dencn
die Politik Gemüthssache ist, konnten vielleicht
Hrn. v. Beust zeitweilig die Verfolgung idea-
ler Zicle zutrauen; alle Andere, die mehr nüch-
ternen Sinnes in die Zukunft schauen. zweifeln
jedoch. daß Hr. v. Beust in Oefterreich seine libe-
rale Aufgabe, wenn er jclbst ohne Hinterhalt sich
eine solche vorsteckt, erfüllen wird. Der frühere
sächsische Minister ist Protestant: Wird er es
versuchen, den Einfluß der hohen aristokratisch-
klerikalcn Coterie ernstlich gefährden zu wol-
len? Wird Beust ein streng constitutionelles
Regiment in Oesterreich anzubahnen, wird er
die Censur aufzuheben, wird er mit der Macht
alter, juristischcr, administrativer und socialer
Einrichtungen aufzuräumen, mit einem Worte,
wird er Oesterreich aus einem verfallenden Po-

lizeistaat in einen verjüngten RechtSstaat um-
zugestalten suchen? Viele zweifeln um so mehr
an der Realisirung dicser kolosfalen Aufgabc,
alS Hr. v. Beuft seinen guten Willen noch zu
beweisen hat; denn seiner Vergangenheit nach
war er ein Staatsmann, dcr sich ebensosehr in
den Kreisen der Reaction, wie in der Sphärc
der Freiheit bewegte.

* Heidelberg, 9. Nov. Wenn als Un-
terzeichner eincr Einladung nach Stuttgarl zu
Besprechung der politischcn Lagc auch Professor
Hitzig, der gegcnwärtige Prorector hicsiger Uni--
versität genannt wurde, so hat man, wie wir
aus bester Quellc vernchmen, dcn Namen des-
selben schnöde mißbraucht.

j-j- Vom See, 8. Nov. Die Kreisver-
sammlung des KrciseS Constanz wird nicht,
wie ich Jhnen irrthümlich berichtete, am 19.,
sondern erst am 27. d. M. zutzunmentreten.
Außer den Gegenständen, von denen ich Jhnen
schon berichtet, wird dieselbe sich mit Errichtung
lanvwirkhschaftlichcr Winterschulen, mit Grün-
dung von Armen- und Krankenanstalten und
Anffindung eines Modu« über die Behandlung
von Augenkrankcn in der Heidelberger Klinik,
mit der Frage wegen Errichlung eincr obliga-
torischen Hagel-Versichcrungsanslalt für den Be-
zirk, endlich auch mit einigen Specialfragen
über Pferde- und Rindviehzucht, insbesondere
die Anschaffung und Haltung von Zuchtfarren
betr., zu beschäftigen haben. Es unterliegt
wohl keinem Zweifel, daß Se. Großh. Hoheit
Prinz Wilhelm auch dieSmal wieber der Ver-
sammlung beiwohnen und den Vorsitz derselben
übernehmcn wird. — Jm Begriff, vor Höchst-
ihrer Rückkchr nach Karlsruhe noch eine ctwa
achttägige Neise in die südlichc Schwciz und
angrenzende Gegendcn zu unternehmen, wurdcn
Jhre Königl. Hoheiten genöthigt, noch einige
Tage auf ber Mainau zu verweilcn, da die
jüngste Prinzessin plötzlich crkrqnktc. — Seine
Königl. Hoheit der Großherzog haben Jhren
künftigen Stadtdirector Hrn. Stösser-in letzter
Zeit häufig empfangen und ihn zu verschiede-
nen Malen eigens nach der Mainau bescheiden
laffen. Auch der neuc Bürgermeister von Con-
stanz, Hr. Stromeyer, war mehrmals dort und
halte Gelegenheit. sich von dem lebhaftcn Zn-
teressc und der eingehenden Kenntniß zu übcr-
zeugen, welche der LandeSfürst über die localen
und provinzialen Zustände an den Tag legte.
— Mit Vergnügen nehmen wir wahr, daß die
Arbeiten auch an der Stockach-Meßkircher Bahn-
linie wieder eifrig betricben werden. Für diese
Bahnstrecke würde der Getreidetransport von
großer Bcdeutung scin.

)*( Drittes Gastspiel der Frau Emilie v. Glotz.

Die Größe einer Künstlerin wird nack dem Grabe
gemeffen, mit welchem fie in die Tiefen des Cha-
rakterS eindringt, welckcn fie darzusiellen hat. Dazu
gehört aber, außer der äußern Schale der Kunst,
Haltung, Bewegung, Mimik und Vortrag, vor
Allem die Seele dcr Kunst, daS Gemüth. Die
äußeren Ersckeinungen müssrn naturgemäße Ent-
faltungen dieser innerstcn Seele, beS Gemüthes,
sein. Freilich läßt fich ty vtele weiblicke Rollrn
neuerer Stücke nichts hineintragen, weil in den
Eharakteren nickts liegt, weil fie fich in leeren
Phrasen alltäglicher Conversation brwegen. Der
Eharakter der Iane Cyre ist, man mag sonst
üher bie Birch-Pfeiffer'schen Stücke urtheilcn, wie
man will, eine mäcktig rrgreifende Gemüthsrolle
und wurde von Frau von-Glotz mit der ganzen
Naturwahrheit bieseö CharakterS aufgefaßt und
bargestellt, wie benn in wettcifernder Virtuofität
Rockestcr von unserem trefflich begabten Künstler,
Hrn. Bergmann, dargestellt wurde. Die Anzcige
von dem Auftreten der Frau v. Glotz als Louise
in Kabale und Liebe ist uns etne doppelt rrfreu-

seres Freiheitsdickters Schiller die volle Kraft und

steht, bann aber auch deShalb, meil dieses daS
erste Gastspiel der Frau von Glotz im Abonne-
ment ist.

(Wie ein närriscker Kauz seine Zecke
bezahlt.) Bckannt ist die Anekdote von jenem
Arzte, welcher in einem Bauernhause kein Papier
farw und dcßhalb sein Recept auf dte Stubenthür
schreiben mußte, mit welcker sodann der Bauer
nach der Stadt in dte Apothekc fuhr. EtwaS Aehn-
liLeS ist in größcrem Maßstab in Gmunden, in
Oberösterreick, einem durck seine Kaltwaffer- und
Soolbadaustalt bekannten und deshalb vtelbcsuckten
Orte gesckehcn. Ein Graf K. hatte vort etnige

I Wocken herrlich gelebt, aber, wie es scheint, für
die Hrilung seines etwaS wirren Kopfes die Kalt-
wafferheilanstalt nicht benützt. Er rerste plötzlich
ab, ohne seine Zecke zu bericktigen, und erst nach
einiger Zett bemerkte man, daß der curiose Gast
seine Zeche in Papiergeld mit rinem starken Klebe-
stoff auf den Tisck geleimt hatte. Da eS ntckt
möglick war, die Noten von der Tafel deS Tisckes
wegzubringen, ohne fie zu besckädigen. so blieb
bem Gasthofsbefitzer nickts übrig, alS diese Fünf-
nnd Zehnguldenscheine an die Bank nack Wien in
ihrem aufgeklebten Zustande, d. h. also mit sammt
der Tisckplatte abzusenden, wo fie zum Glück an-
genommen wurden, weil deren Aechtheit unbestreit-
bar war. Freilich tn Cours können fie nicht mehr

Vor einigen Tagen starb in Berlin ein wohl-

bedeutenden Vermögcn seinen Verwandten einen
großen Hund hinterließ, ber währ.nd eineS Zeit-
raums von fünf Iahren fick im Befitz des Ver-
storbenen befundcn batte. DaS treue Thier gab
gleich nach dem Ableben seineS Herrn Beweise
 
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