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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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ttdrllmgkr Ztttung.



* Potitische Umschcru.

Heidelberg, 21. November.

* Jn der nordamerikanischen Union
nimmt die Lage der Dinge mehr und mehr
eine bcfricdigendc Wendung. Nachdem das
Volk in den größeren Staatcn Pennsylvanien,
Ohio, Jndiana und Jowa sich mit den letzten
Wahlen klar und deutlich dahin ausgesprochen
hat, daß es von der Politik Johnson's nichts
wissen will, daß es seine.Gewaltanmaßung ver-
dammt und im Congreß den allein zur Gesctz-
gebung über dic Herftellung der Union bercch-
tigten Körpcr erkennt — scheint endlich der
Präsident zur Ueberzcugung zu kommen, daß
er eine andere Politik einjchlagen müsse. Er
hat deshalb die Maßregeln zu Gunsten scines
bisherigen Systcms plötzlich cingestellt, und
scheint auch hiiksichtlich deS Versöhnungsman-
dats eine verandertc Haltung annehmen zu
wollen. Er soll sich mit einem neuen Reor-
ganisationsplane der Südstaaten tragen, und
man erwartet die Darlegüng desselben in Form
eines Amendements in der gewöhnlichen Jah-
reSbotschaft. Nach anderer Meinung wird er
den kürzeren Weg wählen und dem Süden die
Annahme dieses Amendements sofort kurzer
Hand anrathen. LetztcreS scheint ein Telegramm
ans Washington zu beftätigen, wonach^dcr
Präsident den Gouvcrneur von Louisianna auf-
gefordert haben soll, die gesetzgebrnde Versamm-
lung senes Staates zur Annahme des Amendc-
ments anzuhalten. Die gemäßigten Republi-
kaner scheinen sich nun großen Hoffnungen auf
eine friedliche Wendung hinzugeben und von
extremen Schritten gegen den Prästdenten ab-
zurathen, während die entschiedenen Radikalen
darauf hinarbeiten, diesen unter allen Umstän-
den aus seiner Stellung zu vertreiben. Sie
beabsichtigen fest, ihn in Anklage zu versetzen,
und Thaddäus StcvanS hat erklärt, er sei be-
reitsinit Ausarbeitung der Anklagcacte beschäf-
tigt. Der Süden aber beginnt seinerseits gute
Miene zum bösen Spiele zu machen, und die
südliche Presse, die bis dahcr bemüht war, die
Erbitterung wider den Nordcn sort und fort
zu steigcrn, beginnt wiedcr einzulcnken.

Der Schluß dcs königl. NescripteS an den
ungarjschen Landtag, welchcs wir gestern im
Wesentlichen bereits mitgetheilt, war nicht ge-
nau. Wir lassen daher ersteren nochmals folgen:
Das verantwortliche Negicrungösystem soll nicht
blos in Ungarn, sondern allgemein zur Gel-
tung gebracht, und die detaillirte Anwendung
der zu vereinbarenden Principien. sowie die
Modificationen der Gcsetze von 1848 im Wege

Dounerstag, 22 November

des zu ernennenden verantwortlichen Ministe-
riums im Einvernehmen mit dem Landtage be-
werkstelligt wcrden. Das Rescript drückt schließ-
lich die Hosfnung aus, der Landtag werde diese
Eröffnungen als ernste Mahnruse der Zeit
einer entsprechenden Berathung unterziehen, um
das Jnslebentreten des constitutionellen Or-
ganismus zu beschlcunigen.

Die „Wien. Corresp." meldet, daß der Kai-
ser das BeglaubigungSschreiben des würtem-
bcrgischen Gesandten, des Frhrn. v. Thumb,
entgegennahm und daß die diplomatische Mis-
sion der Vertreter Neapels, Parma's, Tos-
kana's und Modena's in Wien seit dem 9.
Novcmber als beendet anzusehen ist.

Nach der „Pfälz. Ztg." wären Unterhand-
lungen mit dem früheren badischen Minister
des Auswärtigen, Frhrn. v. Edelsheim, wegen
dessen Eintrittes in das bayerische Cabinet,
im Gange.

Die „Nordd. Allg. Ztg." nj'iderlegt das Ge-
rücht, daß noch im Laufe dieser Session die
Vorlage eines Gesctzentwurfs über die Minister-
verantwortlichkeit bevorstehe.

Deutfchlrrnd.

-j- Heidelberg, 20. Nov. Ein bekanntes
gegenwärtig in Stuttgart erscheinendcS Blatt
hat neulich in einem längern Aussatz seinen
auswärtigen Lesern aufzutischeu versucht: Baden
sei unter allen deutschen Ländern das am mei
sten bureaukratisch regierte u. s. w. Ein sol-
cher Vorwnrf gegen unser Land klingt gerade
in gegenwärtigem Augenblick ganz absonderlich,
wo die meisten Kreisvcrsammlungen bei einan-
der sind, um mit einer AuSdehnung ihrer Be-
fugnisse die Angelegenheiten ihres Kreises zu
berathen und darüber Entschließungen zu sas-
sen, wie dies zur Zeit noch in gar keinem an-
dern deutschen Lande statthaft ist. Unsere neue
Verwaltungsorganisation hat dem großen Grund-
satze der Selbstverwaltung in allen öffentlichen
Dingen, die den Bürger selbst und sein Jn-
teresse unmittelbar berühren, in einem Umfang
mnd Maße Rechnung getragen, daß alle Bu-
reaukraten Deutschlands Und nicht wenige Zei-
tungsschreiber dic Köpfe darüber schüttelten und
die volle Democratisirung Badens prophezeiten.

Verständige Leute haben mit Freuden diese
beste Errungcnjchast seit 1660 begrüßt, und in
der Aufnahme deS bei allen wirklich freien
Völkern in älterer wie in neuerer Zeit bewähr-
ten Princips des Selfgovernments eine wirk-
same Wendung zum Bessern in unserem Lande
erkannt. Jn der kurzen Zeit ihres Bestehens
hat sich die neue Organisalion auch als höchft


heilsam erprobt; sie hat, indem sie den Bürger
auch in öffentlichen Dingen für mündig erklärt,
seine Angelegenheiten selbst in die Hand zu
nehmen und zu besorgen, unS erst zur Würde
eines freicn VolkeL erhoben. Wenn die neue
Verwaltung noch hier und dort in ihrem Voll-
zuge manches zu wünschen übrig läßt, so ist
dies etwa cin Fehler dcr Betheiligten, nicht deS
Gesetzes. Es fällt Niemand als deü Bürgern
selbst zur Last, wenn sie zu bcquem oder indo-
lent sind, ihre Rechte im cigenen wie im Jn-
teresse ihrer Mitbürger auch gehöriger zu ver-
werthen und zur Geltung zu bringen. Soviel
ist abcr jetzt schon gewiß, daß der altc Bureau-
kratismus bei uns gründlich gebrochen ist, und
daß, wenn noch hie und da Spuren des alten
Ungeistes sich breit und geltend machen wollcn,
dies lediglich denen zur Schuld anzurechnen
ist, die selbst noch geistig unfrei und unmün-
dig sind.

Wie unbegründet aber der gemachte Vorwurf
gegen unser Land ift, hättc das zu Stuttgart
erscheinende Blatt, sclbst wenn es unser Land
nur durch die Parteibrille kennt, schon daraus
merken können, daß die von ihm zum öftern
belobte württembergische Regicrung eben jetzt
mit dem Plane umgeht, unsere Verwaltungs-
organisation auch in Württemberg nachzubilven,
und dorl den Ständen zur Einführung zu em-
pfehlen. Ein stärkereS Demcnti gegen die ge-
machte Anklage und ein vollgültigeres Lob auf
unsere VerwalrungSorganisatiou -konntc nicht
gegeben werden.

§ Freiburg, 20. Nov. Jm bcnachbarten
AmtSbezirke Breisach hält Oberschulrath Gru-
ber außerordentliche Prüfungen. — Seit hente
früh ist die Umgegend von hier mit Schnee
bedeckt.

ViÜLngen, 19. Novbr. Die am 26.
November zusammentrclende Kreisversammlung
wird genügenden Sloff zur Verhandlung erhal-
ten. Die wichtigstcn Gcgenstände siud folgende:
Bericht des Kreisausschuffes über die von der
letzten Kreisversammlung demselben zur weitern
Behandlung überwiesencn Borschläge ^nd zwar:
Errichtung von Kreiöverpflegungsanstalten oder
Abschluß von Vcrträgcn mit den Spitälern des
Kreises behufö Verpflegung von preßhaften,
armen Lcuten, unheilbaren Zrren, Bestellung
von Wiesenbauaufsehern auf Kostcn des Krei-
ses und Vereinigung der Sparkaffen des Krei-
ses zu einer Kreis-Leih- und Sparkasse. Fer-
ner wird der Kreisausschuß berichten über An-
träge, welche.von einzelnen Kreisausschüffen
ayderer KreiSversammlungen gestellt worden
sind, nämlich über Aufnahme armer Augen-

Das Neueste in Mordwaffen.

(Schluß.)

linkS je ein Rohr, hinter jedem Rohr nimmt nur
je ein Mann sitzend Platz. Auf einen Griff und
Ruck öffnet fich der htntere Tdeil des Robrs, der
BedienungSmann greift je nach seinem Sitz mit

brreitS längs der Lafette aus dem Munitionskasten
eine Ersatzcartouche von selbst nach. Der Sckütze
rüstet das Kanonenrohr, er handhabt daffelbe wie
ein Handgewehr nach rechts und links, nach Fben

Der Kanonier legt fich immer fester in die seine

Gabel, dte, wie sein Sitz, mit Leder überzogen;
rin Ruck, das Rohr steht fest, einen Augenblick
darauf rollt der Schuß dahin, der SÄütze ist un-

folgen rascher und rascher, ich zähle endlich in der
Mtnute acht Schuß, je vier auf jkdes Rohr. Pau-
sen treten nur ein, um die Refultate festzustellrn

Sechspfündern ähnlich. Nach dem dritten Schuß
allgemeiver Iubel. JÄ blicke nach der Seite hin,
wo das Ziel fich befinden muß, und entdecke Feurr-
schein. Ein aus einem sechspfündtgen gezogenrn
Rohr geworfenes Projrctil batte auf zweitausend
Schritt Distanz eine eiserne geschmiedete Platte von

und mit Ernst dem alten Dreyffe seine Aufmerk-
samkeit zuzuwenden? Möge das Wort bald fallrn,
damit Preußen der Vorrang der ausgezeichnetsten
und besten Bewaffnung gewahrt bleibe!

-j-Heidelberg, 20. Nov. (Gingesandt.) In
Folge einer Annonce auS Nordhausen in Nr. 213
der Heidelb. Zeitung möchten wohl Manche auf die
Vermuthung kommen, als sei in hiefiger Stadt
kein Kröbel'scher Kindrrgarten, oder wäre vielleicht
der bestrhende eingegangen, während wtr bereitS
über rin Jahr unö einer solchen stets mehr und
mehr aufblühenden Anstalt zu erfreuen haben,
welche fich einer nicht unbeträchtlichen Anzahl an-
 
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