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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 231-256 Oktober
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0395

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ridtlbrrgrr Ieilung.

2«7.


Samstag, 20 October


' Poiitische Umschau.

Heidelberg, 19. Oclober.

* Von vielen Blättern werden jetzt schon die
Wecksclfälle in'S Auze gefaßt, die sich im fran-
zösischen StaatSleben an den Tod deS Kaisers
Napoleon knüpfeu. Fünf vcrschiedenc Parteien
werden alSdann auf dem Plane erscheinen. um
sich die Herrschaft in Frankreich streitig zu
machen, nämlich: Legitimistcn, Orleanisten,
Republikaner, reinc und demokratische (oder
schwarze und rothe) Bonapartisten. Von diesen
Partcien haben osienbar die Legitimisten und
Orleanisten die wenigsten Chancen. Es dürfle,
wenn man die Sachen nimmt, wie sie liegen,
keinem Zweifel unterlicgen, dasi auch nach dem
Tode NapolconS Hl. die Buonapartistcn oder
Zmperialisten wenigstcnS noch auf eine Zeit
lang thatsächlich Jnhaber der Slaatsgemalt
sein werden. Napolcon hal als vorsichtiger
und kluger Staatsherrschcr Alles bereits wohl
gcordnct. Der Gehcime Nath mit dem Vice-
präsioenten, Prinz Napolcon, die Negentschaft
der Kaiserin, daS militärische Obercommando
Mac Mahvn's in PariS — alle dicse Maß-
regeln sind vom Kaiser längst getroffcn. Ein
weitercs Element, cin Hauptfactor, der in allen
neuen Ereignissen eine große Nolle spielte, ist
abcr hiebei nicht außer Acht zu lassen — der
Zufall: dieser dürfte leicht cine nm so größere
Roüe spielen, als die Napolconisten sclbst in
zwei einander zicmlich schroff gegenüberstchende
Lager gespalten stnd; an dcr Spitze dcö eincn
steht die, ultramontanen Tcndcnzen zugencigte
Kaiscrin, das Haupt des andern ist der durch-
aus frcigcistige Prinz Napoleon. Dcn AuS-
schlag wird freilich die Haltnng der Armee von
Paris gebcn; allein diese Haltung kann, wie
schon Mchrmals, mchr odcr wcniger durch die
dcS Pariser Volks bestimmt werden. Das
jctzige Paris abcr ist die Hoffnung der Ncpu-
blikaner, die bisher auch bei den Pariser Ab-
geordnetcnwahlen stcts alS Männer des Ver-
trauenS auS den Wahlurnen hcrvorgcgangen
sind. Nack dcm JmperialiSmuö hat dahcr jeden-
fallS die Nepublik die mciste AuSsicht, zur Herr-
schaft zu gelangen.

Die „Nordd. Allg. Ztg." wünscht, der König
von Hannover mögc dem freiwilligcn Exil ent-
sagen und nach Hannovcr zurückkehren, sich
thalkräflig dcr nenen Zcit und der Zukunft
Deutschlands anschließen, in welchcr ein weitcr
Nanm dem Geschlccht der Welfcn gcgebcn sei.

Die „Krcuzzcilung" theilt mit, daß die Pu-
blication dcs Wahlgcsctzcs sür den norodcut-
schcn ReichStag dcmnächst erfolgcn werde.

Die „Opinion nation." schlägt folgende Lö-
sung der römischen Frage vor. Der Papst
solle abreisen, Victor Emanuel werde dann in
Nom einziehen und den ehemaligen Kirchcn-
staat nach modcrnen Begriffen reorganisiren,
und dcr Nachfolger PiuS IX. werde, ohne sei-
ner Würde etwas zu vergeben, die vollendeten
Thatsachcn anerkennen und unter Garantic
seiner geistlichcn Unabhängigkeit nach Rom zu-
rückkchren können.

Die Uulersuchungscommission gegen dcn Ad-
miral Pcrsano ist aus folgcnden Personen zu-
sammengcsetzt: Commandeur Celso Marzuchi,
Präsident des als hoher Gerichtshof constikuir-
ten L>enatS; dem Hrn. Commandeur Costelli
Edoardo; Commandcur Deferraris Domenico;
Graf Serra Francesco, Viceadmiral; Ritter
Chigi Carlo Corradioro.

Die Volksabstimmung in Venetien ist jetzt
auf den 21. October festgesetzt.

Deurschland.

Karlsruhe, 18. Oct. Durch höchsten Äefehl Sv.
Köilistl. Hobeil deS GroßherzvstS wird Niltmeister

Osterburken - Würzburq und außerdem dic bisher zum
EisenbahnamtSbezirk Hridelberg gehörige Bahnstrccke
Skckach-Osterburken. welche zu dem Ende auS dem Be-

Den Bezirk der dem Eisenbahnamt' ^ürzbing unter-
stcllken EisenbabnbetriebSkässe Lauda hak die Bahnstrecke
von Srckach einschlicßlich^ bis zur badisch - bayiischen

II. Diensterledistung: Die Stelle deS GcrichtSnotarS
bei dem großh. Ämlsgericht Lörrach mit 800 fl. Gehalt.

III. Tooeskall. Gcstorben ist: Am 4. October d. I.
Hauptamtk-verwalter Lumpp in Stühlingen.

Karlsruhc, 17. Oct. Der „Oberrhejn.
Kourier" enthält die Bemerkung (Artikel „Vom
Mittelrhein, 14. Oct." in Nr. 245 deS Blat-
tes), .daß die Peffcrstellung dcr Lehrer wieder
in weite Fernc gerückt, ja geradezu in Frage
gestellt sei. Diese Angabe ist irrig. Bei der
Wiedereröffnnng der ständischen Verhandlungen
wurde durch den Präsidenten des MinisteriumS
dcs Jnncru^ Dr. Jolly, ausdrncklich erklärt:
„Wir halten die projectirte Aufbefferung der
Lehrergchalte für. eine Nothwendigkeit, die mit
der nächsten>Budgetpcriode(also längstenS 1868),
in welcher Weise es sei, bcsriedigt werden muß."
Um dcn mindest besoldet-n Lehrern schon für
1867 einen einmaligeu Zuschuß geben zu kön-
nen, wurde gleichzeitig die Erwirknng eines Ad-
ministrativcredits in Aussicht gestellt. (K. Z.)

-j- Heidelberg, 19. Oct. Gestern Abend
hat. Herr Geheime-Nath Hänsser seine Vor-
lesungen nber d eutsche Geschichte vor einem
schr zahlreichcn Auditorium begonnen. Wir
srcuen uns berichten zu können, daß der V»r-
trag des berühmten Lchrers von vollständiger
Wiedergenesung zeugte, und wünschen sowohl
unserer Hochschulc alS auch ihm selbst Glück hierzu.

.-. Vom Oberrhein, 17. Oct. Die hie-
sige Gegend hat mit großer Befriedigung die
Ernennung des Hrn. Stadtdirector Nenk zum
Landescommiffär für die oberen Kreise vernom-
men. Neben dcr großen wiffenschaftlichen Be-
gabung, den reichen Kenntnissen und dem Eifer
deöselben für alles, was dcm Volke ersprießlich,
wird auch die Leutseligkeit und die glückliche
Gabe bei dcmselben anerkannt, mit Personen
aller Stände gleich licbcnSwürdig vcrkehren zu
können. Weniger angenehm dagegen hat die
Nachricht von der bevorstehcnden Steuererhöhung
bcrührt, zumal zu dieser Zeit, die so reich war an
Unglücksfällen, schlechten Erndten, GeschäftS-

Ein schauerlicher Roman.

über dkn Scbeintod gkschrikben, ist folgende anged-
lick wabre G'sckicdte bericktet: Im 18. Jahrbun-
derte wurde Fräulein v. B gegen ihren Willen

v. E., vrrheirathct, und an demsclben Tage ver-
ließ der Lhevalier v. D., ein jungrr Osficier von
den sckwarzen Musketieren, den sie liebte, ver-
zwrifelt sein Vaterland. Nack ackt Jahren krhrt
er aus den Eolonien zurück, kommt in die Stadt,

Prrson, die er so sebr grliebt, zu Grabe trägt.
Die sckleckt vernarbte Wunde öffnet stck; er will,
wrnn auck tott, seine ehemalige Geltebte wieder
sehen. Er bestickt den Toetengräbrr und brgibt
ffck in der Nackt mit diesem auf den Friedhof. Ste
grabrn die Erde auf, der Sarg kommt zum Vor-
sckrin; er öffnet ihn, reißt daS Leickentuch ab und
bedrckt kas kalte blricke G.sickt mit Küssrn. Der
Todtrngräber, mit einrm Gemisck von Acktung
und Entsetzen, hat fich für einen Augenbltck rvt- I

> fernt. Plötzlick fühlt der Chevalier v. D., wie eS
in den Adern drr Leicke, die er in den Armen

Leicke nickt angezeigt, in der Furrdt, sick und den
Entführrr in's Verderben zu stürzen. Wieder nach
sechs Iahren wurde Frau v. E., die man in den
Ealonien nur als Frau v. D. kannte, vom Hrim-
wrh ergriffrn. Der Cbevalier machte ihr vergebliche
Vorstellungen; er mußte sie in ihre'Vaterstadt zu-
rückbrkbgen, wo sie den sonderbarrn Einfall hatte,

bcgegnete fie ihrem Gatten, der den Kopf nickt
verlor, sie vrrhaftrn lirß und vor dem Gerickte
ihre Rückkehr in'S ehelicke Haus vrrlangte. Frau
v. E. dlteb babet, daß sie Frau v D. sei und be-
wirS thre Behauptung mit riner Anzahl von Do-
I cumenten, bie in dcn Eolonirn fabricirt worden

seiner Klage und Forderung eben abweisen, alS
Frau v. L. bcim Anblick ihrer kleinen Tockter, die
sie seit sechS Iahren nickt geseben, in Thranrn
ausbrach und das Kind mit Küssen bedeckte. DaS

er wurde seineS SiegeS nicht froh^ Frau v E. ver-
giftete sich an demselben Tage und der Ehevalter
erschoß sich auf dem dieömal unwiderruflichen Grabe

(Humor der — Cholera.) Seit etwa vier-
zehn Tagen ist BoSnien von Oesterreich durch eine
zrhntägige Quarantaine von dort abgesperrt. Die
türkisckcn Behörden srhen fick dadurck in nickt ge-
ringe Vrrlrgcnheit versetzt, da etne Quarantatne
dort zu Lanbe nock nicht bestanden hat, und kein
Mensck etne Idee von der Handhabung derselben
hatte. Wie diese Manipulation namentlick in Tür-
kisck-Gradiska vor sich grht, ist erwähnenSwerth.
Iede Gattung Waare wtrd nach ihrer Art contu-
mazamtlick behandelt. Menscken werden auf zebn
Tage in elrnder Unterkunft eingesperrt und tn dieser
Zeit öfters mit Kleten, Horn und Essig geräuchert.
 
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