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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 152-177 Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0087

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Midklbrrgrr Zeilung.

172.

^ Ein Fragezeichen.

Wir haben in einer Correspondenz in Nr. 171
"dieses Blattes bemerkt, es sei bei der Frage, ob
Mainlinie oder nicht, unseren Wünschen ein-
sach die' Wahl gesteül, ob wir uns an einen
machtigen Staatskörper anschließen wollen, der
zwar unsere innere Selbständigkeit vielleicht *)
vernichten, uns aber nach Außen hin wenig-
fiens schützen werde, oder ob wir eine schein-
bare äußere Selbständigkeit aufrechterhalten,
bei der die Freiheit doch nicht zu retlen sei.
Die verehrl. Redaction hat diesen Satz mit
einem Fragezeichen begleitet, *) über das wir
uns allerlei Gedanken gemacht. haben, welche
wir uns, wcil ja doch jede Frage zu einer Ant-
wort berechtigt, hier auszuführen erlauben.

Jn dem neucn Bundesftaat hat Preußen die
militärische und diplomatische Führung. Jn die
inneren Angelegenheiten der mit ihm verbün-
deten Staaten hal es dagegen von RechtSwegen
ebeniowenig hereinzusprechen, als in diejenigen
irgend eines anderen Staates, der 'nicht zu der
ueuen Verbindung gehört. Glaubt man nun
etwa^ das Berliner Cabinet werde den wider-
rechtlichen Druck; den es möglicher Weise auf
die Negierungen der deutschen Staaten aus-
übt, in anerkennenswerther Bescheidenheit ge-
nau nur bis zur Mainlinie ausdehnen? Glaubt
man, es werde ruhig zusehen, wenn etwa in
Süddeutschland durch eine liberale Presse, durch
ein freies Vereinsleben einer gefürchteten poli-
tijchen Agitation ein Asyl gewährt wird? Käme
der einc Bundesstaal zu Stande, so HLtten
wir wahrscheinlich zu klagen, daß die Einheit
auf Kosten oer Freihcit errungen sei. Jst aber
die Mainlinie das Resultat dieses Krieges, so
werden wir dic Einheit uicht gewinnen und die
Freiheit verloreu haben, und außerdem wird
in diescm Fall eine neue Kriegsaction in siche-

Druckfebler^ inNe.^ 171 ^ d. Bl.^ zu ^ ^

Mittwoch, 23 Juli

rcr AuSsicht stehen, für die Frantreich seine
Rvllc schon vordcrcitet,

Vorgünge, wie si- uns Frankfurt bcrichtel
werden, dürften es freilich den erbittertsten
Feindeu der Mainlinie bald unmöglich machen,
dem gemeinsamen Buudesstaat noch daö Wort
zu rcden. Man scheint es darauf abzuseheu,
der süddeutschen Bevölkerung die Theilung
Deutschlands als die annehmbarste Wahl er-
scheinen zu lassen.

* Politische Umschau.

Heidelberg, 24. Juli.

Wie man den Basler Nachrichten auS Karls-
ruhe telegraphirt, so wäre eine preußische Som-
mation angelangt, deren Annahme vom Groß-
herzog beschlossen sei. (Wir geben diese Nach-
richt unter Vorbehalt. Da Baden an den
Ministerberathungen in München Theil genom-
men, so ist an eine vereinzelte Verständigung
Badens mit Preußen, bei dcr Aussicht auf
einen allgemeinen Friedensschluß, wie der Schw.
Merkur meint, schwer zu glauben.)

Die französische Mediation enthüllt sich immer
mehr und mehr, und was jeder Patriot schon
länAt fürchtct, scheint sich zu erfüllen. Der Ver-
mittlungsentwurf Napoleons will nichts andereS
als eine norddeutsche und eine süddeutsche
Union schaffen, die völkerrechtliche Sonderexi-
stcnzen bilden, jcdoch sich beliebig durch Ver-
träge vereinbaren können. Oesterreich würde
mit vem südlichen Bunde ebenfalls eine Aüianz
schließen können, aber keinen Bestandtheil des-
selben ansmachen dürfen. Bis zur deutschen
Cinheit ist also der Weg noch immer weit!

Man berichtet aus Havannah vom 3. d.:
Die. Creolcn von Puerto Principe haben sich
empört. Dic L-panier wurden geschlagen und
mußten in die Berge flüchten. Vier Schiffe
mit chilenischer Flagge haben 2000 Mann ge-
landet, um die Jnsurgenten zu unterstützcn.

Vom Kriegsschauplatz.

Auö Löbau vom 13. Juli berichtet das
„Dresd. Journ.": „Als einen Vewcis, wie
furchtbar die Schlacht bei Königgrätz gegenseitig
gewesen sein muß, theile ich Jhnen auf Grund
zuverlässiger Nachrichten mit, daß hier auf
dem DurchtranSport noch etwa 12 bis 15,000
Verwundete (Preußen, Ocsterreicher und Sach-
sen) zu erwarten stehen, selbstverständlich nur
solche, die tranSportfähig sintz."

Wien, 19. Juli. Die preußischen Truppeu
occupirten die prachtvollen Besitzungen des
souveränen Fürsten Lichtenstein, EiSgrub, Felds-
berg, auf dem Gebiete zwischen Lundenburg


Schreiben des Königs Wilhelm an die Königin
Augusta über die Schlacht bei Königgrätz.

(Aus der „Köln.

Horzitz, am 4. Iuli 1866.

Am 2. verließ mich Fritz Karl um 3 Uhr Nach--
mittags nach einem Kriegsrath, in welchem be-
schloffen wnrde, den durch Märsche und Kämpfe
erschöpften Mannschaften einen bis zwei Ruhetage
zu gönnen. Um halb 1l Uhr Abends traf jedoch
General Voigts-Retz wieder bei mir ein, um die
AusbeUte der Recognoscirungen des Tags zu mel-
den, dte dahin ging, daß bedeutcnde seindliche
M»ssen von Iosephstadt nach Königgrätz diesscits
der Elbe sich von 8 bis 3 Uhr bewegt hättcn, Ge-
fangene aussagten, dte Armee concentrire sich zwt-
schcn Elbe und Bistritz und Königgratz; es wurde
mir daher vorgefchlagen, den günstigen Umstand,
haß die feindiiche Armee sich diesskits der Elbe
schlagen zu wollen scheine, zu benützcn, und ihr
die Schlacht anzubteten. Zu dem Ende sollte fich
die erste Armee mit dem zweiten und vierten CorpS
im Cenlrum, Sadowa vor fich habenv, aufstellen,
Generar Herwarth mit seinen I Vr CorpS über

Nechanitz in die linke Flanke, Fritz mit der zweiten
Armee, Garde-, erstcs, fünftes und fechstes CorpS,
von Königinhof — seinen linken Flügel links der
Elbe — in die rechte Flanke des Fcindes vorgehen.

Erst um Mitternacht hatte ich mit General
Moltke Alles festgestellt,. bestimmte meinen Auf-
bruch auf 5 Uhr früh, da die Armee sofort Nachts
2 Ubr den Marsch anzntreten hatte. Ich hatte fast
vier Meilen zu fahrkn und glaubte immer noch
nicht recht an die Nichtigkeit der Annahme, daß
der Feind dicsseits der Elbe stehen könne. Aber
nur zu bald sollte sich die Richtigkeit herausstellen.
Als ich in einem kleinen Dorfe, Dub, zu Pferde
stieg, regnete es, unv dauerte der Regen mit kür-
zen Unterbrechungkn den Tag über an. Schon,
vor den Truppen vorüberfahrend, wurde ich fort-
während von dcnselben mit Hurrah begrüßt.

Das Gefecht fing eben 8 Uhr mit Artilleriefeuer

auf einer Höhe Posto faßte; dirseS Corps stand
rechts von mir. Die Divifion Horn (8. Divtsion)
ging bei Sadowa über dte Bistritz und griff vor-
liegende waldige Höhen an, gewann aber bei der
Heftigkeit der Vrrtheiotgung wrnig Terrain. Dte


und Nikolsburg. Jn letzterem Orte (Stadt
mit 8000 Einwohnern) auf den Besitzungen
deS Ministers Mensdorff-Poully wird morgen
daS königliche Hauptquarlier sein. Prinz Fried-
rich Karl überschritt den Marchfluß bei Skalitz.

Wien, 19. Juli. Wir müssen nun crnst-
lich besorgen, daß der Versuch einer feinblichen
Jnvasion gcmacht werden wird, bevor noch die
Verhandlungen ihr Ende erreicht haben. Schon
ist uns die Front des Feindes so nahe gerückt,
daß man mit cinem Wagen das feindlichc Lager
in zwei Stunden erreichen kann. Vom Ste-
phansthurme, sowie vom Leopoldsberge sieht
man deutlich die Bewegungen der längs der
Eisenbahn und Donau aufgestellten prenßischen
Truppen. Der Besuch des Thurmes ift in-
dessen nicht mehr gestattet und von Officieren
der Artillerie stets besetzt. Sollten die Prcußen
den Uebergang über die Donau bei Preßburg
versuchen, was man hier für wahrscheinlich hält,
so werden sie uns nicht unvorbereitet finden.
Wie wir vernehmen, bcfindet sich das Haupt-
quartier Benedeks, der sich mit den Resten
seiner 'Armee von Olmütz aus nach Ungarn
durchgeschlagen, in Freistadl nächst Tyrnau (bei
Prcßburg). Das Bad iLyrawath ift heutc von
den Preußen besetzt wordeu.

Die dem 7. und 8. Bundesarmeecorps am
Main in der Gegend von Wertheim gegenüber-
stehenden Preußen sind auf der rechten Seite
des Flusses im Spessart ausgestellt. Die Linie
am linken Mainufer wird von den Bayern ein-
genommcn, neben denen westlich und südlich
in der Taubergegend das 8. Bundcsarmeecorps
(Hauptq. am 21. Tauberbischofsheim, württ.
Hauptq. an dcmselben Tage Großrinderfeld) stcht.
Nach der Bayr. Z. standcn sich am 21. Preußen
und Theile des 8. Armeecorps bei Großheu-
bach (etwas nordwestl. von Miltenbcrg) gegen-
über. Die Hauptstärke dcr Bayern scheint um
Marktheidenfeld (am Main, nordwestlich von
Würzburg) gesammelt zu sein. — Die Frie-
densunterhandlungen zu Wien werden wohl
einem großen Zusammenstoß der Bnndestrup-
pen und Preußen am Main, der sonst unver-
meidlich erschiene, noch rechtzeitig vorbeugen.

Darmstadr, 20. Juli. Die Kasse der
hicsigen Obereinehmerei ist von den Preußen
bereits in Besitz genommen, aber in sehr humaner
Weise, da der Offizier, welcher die Besitznahme
ausführte, ganz speciell anordnete, daß alle
Beamtengehalte, Pensionen, Wittwengehalte aus-
zuzahlen sind, und cr nur dcn Rest zu militä-
rischen Zwccken beanspruche. (N. B. Lztg )

Vom Main, 20. Juli. Bayrische Blät-
ter sprechen von einem Gefecht bei Marktheiden-

7. Divifion (Fransecky) entwickelte fich nach links
mtt gletch schwankendem Erfolge; Herwarth griff

Stunden hauptsächlich in Artilleriegefecht beftand,
untermischt mtt Infanteriegefecht in waldigen Ber-
gen. Mit Sehnsucht sahen wir dem Eintreffen der
2. Armee entgegen, denn Sei diesem langen Ar-
tilleriekampf mußte dieselbe mehrere Male bereits
ihre Reskrvemunition ausgeben. Das Infanterie-
gefecht schwankte hin und her. Endlich entdeckten
wtr die ersten Spuren der Annäherung des-Garde-
corps, aber das Gefecht konnte man nicht fehen,
indem es jenseitS einer Höhe vor fich ging und man
nur dasselbe aus der feindlichen Flankenstellung
annehmen konnte. Trotz dieser Umgehung und trotz
des allmäligen, sehr langsamen DordringenS Her-
warth's hielt der Feind in dem Lentrum einen
noch festen ^tand. Ietzt wurde dte 9 Brigade
(Schimmelmann), das Leib- und 48. Regiment
zur Unterstützung des AngriffS auf daS Centrum
vorgeschoben. Ich ritt durch die Regimenter durch,
die mtch mit lautem Iubel begrüßten (während
Piefke einen Marsch, Heil Vir re., im Marschiren
 
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