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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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Ueidtlbkrger Zeitulig.

N» 2«7. Dienstag, 4 September

Auf die „Heidelberger
Zeitung" kann man sich
noch für den MonaL
September mit 21 Kreuzern abonniren bei
allen Postanstalten, den Boten und Zeitungs-
trägeru, sowie der Expedition, Untere Neckar-
sträße Nr. 13 v.

* Politifche Umschini.

Heidelberg, 3. September.

* Nachdem der Frieden zwischen Preußen
und Oesterreich abgeschlossen ist, so wäre es in
Wien an der Zeil, mil aller Energie an die
Neubildung des in seincn Fugen erschütterten
Kaijerstaates zu gehen. Es wäre wirklich hohe
Zeit, daß etwas EntscheidendeS geschahe. Die
öffentliche Meinung in Wien und einem großen
Theile des Kaiserstaats ist, nach neuesten Nach-
richtcn, nicht nur eine aufgeregte, sondern eine
fast verzweifelte. Es gcht dies so weit, daß
man den Waffenstillstand verwünscht, der die
Preußen verhindert hat, in Wien einzuziehen,
wodurch wenigstenS eine cntschiedene Wendung
herbeigeführt, und in den alten, unertraglich
gewordenen Zuständen aufgeräumt worden wäre.
Nur das cultur- und freiheitsfeindliche Czechen-
thum triumphirt, und mit ihm allein harmo-
nirt das wcnig fähige, unbeliebte Ministerium.
Ein erfolgreicher Wiverstand könnte aber gegcn-
wärtig nur von Ungarn ausgehen; daS Haupt-
unglück der deutschen Stammlande ist nämlich,
daß ihnen ein Mann von dem anerkannten An-
schen fehlt, wie Deak es bei den Magyaren
genicßt. Schmerling hat sich zu schr durch die
Erfolglosigkeil seines vieiversprechenden Mini-
steriums geschadet; in die Militär-, Finanz-
und Adelsaristokratie setzt Niemand mehr Vcr-
traucn; Schuselka und Kuranda sind bedeutende
Schriftstcller; Giskra und Berger bedeutende
Redner rc. Allein es sind dies allc keine ei-
gentlichen'Staatsmänner, an denen es leider
in Deutsch - Oesterreich überhaupt im jctzigen
entscheidenden Momente durchaus zu gebrechen
scheint.

Ein militärischer Schriftsteller aus den; süd-
deutschen Lager, welcher in der „A. Allg. Z."
einen Abschnitt des Krieges in Fränken kritisch
behandelt, sagt über das Bundesheer (7. und
8. Bundesarmeecorps): „Die an sich guten, ja
trefflichen Bestaudtheile dcs BundesheereS bil-
deten in ihrer Zusammensctzung eine nahezu
hilflose Maschine. Jnsbesondere konnte vom
rcin technischen Standpunkt aus das 8. Nrmee-
corps, einschließlich seiner heterogenen Anhängsel,
nicht als ein zur Kriegführung in der zweiten

Mannheim, 1. Sept. Das durch die Munifi-
cenz Sr. Majestät äks Königs Ludwig I. von Bayern
der Stadt Mannheim gewidmete Denkmal deS Frei-
herrn Wolfgang Heribert von Dalberg, Jntendant
der Mannheimer Hofbühne zur Zeit tbreS größten
Glanzes, wurde heute festlich enthüllt. Um 11 Uhr
bewegte sich der Zug der Festtheilnehmer, aus dem
Bevollmachtigten Sr. Majestät, General von La
Roche, dem Präfidenten der Pfalz, Herrn v. Hohe,
mehreren Mitgliedern der Direction der pfälzischen
LudwigSeisenbahn, den Chefs deS großherzoglichen
Bezirksamtes, den beiden Bürgermeistern und dem !
Gemeindrrathe, Ofstcieren der hiefigen Garnison, !
den Gesangvereinen, drm Personal des großherzogl.
Hoftheaters, MusikcorpS rc. bestehend, zum Schiller-
Platze. Nach einem Vortrage der Gesangvereine er»
griff Herr General von La Roche das Wort, um
zuerst eine Lebensskizze des Mannes, dessen An°
denken durch die Errichtung deS DenkmalS geehrt !
werden solle, zu geben, und gab hterauf daS Zeichen ^
zur Enthüllung des Denkmals, welcheS als ein höchst
- gelungenes Werk fich den Augen der Anwesenden
Zeigte und mit lautey, Rufen begrüßt wurde. Dal- ^
^rg ist in vorschreitcnder Stellung, die Linke auf ^

Hälfte des 19. Jahrhunderts völlig qualificir-
tes Jnstrument bezeichnet werden. Es wäre
demnach verkehrt, eincn Feldherrn wie den
Prinzen Alerander von Hessen auf Grund jener
Ereignisse beurtheilen zu wollen. Unsere bun-
ten Zustände culminirten in der Beschafsenheit
des Hauptquartiers deS 8. Armeecorps, welches
durch den massenhaften Zufluß ebenso hinder-
licher als anspruchsvoller Persönlichkeiten zu der
Ausdehnung (600 bis 700 Pferde!), wenn
auch nicht zum Luxus, eines asiatischcn Hof-
lagerS. gelangt war, wobei denn der geistige
Kern und Wille deS Heeres, der Prinz mit
seinen wirklich arbeitcnden und kämpfcnden
Officieren, vielfach von dem Ballast gehemmt
wurde.

Jn Würtemberg soll eine gänzliche Umge-
staltung dcs Heerwesens auf Basis der drei
Factoren Linie, Reservc und Landwehr (nach
preußischem Muster) in Aussicht stehen. Das
biSherige Centralisationssystem der Armee (Gar-
nisonen nnr in Städten) soll aufgehoben und
eine Verthcilung. der CadreS über das ganze
Land eingeführt werden..

Die Verhqndlungen mit Hessen - Darmstadt
sollen dadurch ins Stocken gerathen sein, daß
Frhr. v. Dalwigk sich nicht einmal zur Abtre-
tnng des den Znsammenhang des preußischen
Gebiets vollständig durchbrechendenLandstreifens
um Biedenkopf und deS AmteS Meisenhcim
verstehen will. Der Großherzog schlug früher
die ihm in Aussicht gestellte Entschädigung für
Oberhessen durch bayerischcs Gebiet auS; jetzt
will er selbst für jene geringen Abtretungen,
die ihm schließlich noch angesonnen ivcrden,
durch preußisches Gebiet entschädigt werden.
Aber die Enclave Nanhei'm, an die man etwa
denken konnte, hat bereits gegen eine solche
Verwendung protestirt; Niemand will in das
Großhcrzogthum hinein.

Dcr „Köln. Ztg." wird, kaum glaublich, auf
telegraphischem Wege aus Berlin mitgetheilt,
man trage sich in Darmstadt mit der Hosfnung,
daß ein europäischer Umschwung ein „König-
reich Hessen" begründen wcrde (das, wie das-
selbe Blatt in einem andcrn Artikel mittheilt,
aus dcm Großherzogthum Hessen, Kurhcssen
und Nassau bestehen und die „hesiische Einheit"
herstellen solle). Prcußischerseitö sollen übri-
gens die Territorialforoerungen bezüglich Hessen-
Darmstadts neuerdingS erhöht worden sein, wo-
bei auch namentlich die Lage des prcußischen
Wctzlar berücksichtigt sei.

Der König von Preußen hat angeordnet, daß
die kurhessischen Truppen in ihre seitherigen
Garnisonsstädte marschiren und dort ihre Wafsen

tend, abgebildet und namentlich der Faltenwurf
des Mantels untadelhaft. Auf der Vorderseite des
Postaments befindet fick die Jnschrift: Freiherr

der Rückseite: Erricktet von Ludwig I., König von
Bayern, 1866. Herr Oberbürgermeister Achenback
nahm die Schenkungsacte entgegen und dankte im
Namen der Stadt bem fürstlichen Geber' mit war-
men Worten. Am Sckluffe seinlr Rede brackte er
! dem verehrten Beschützer der Kunst, dem erhabenen

sten ein dreifaches Hock, in daS alle Anwesenden
einstimmten. Nach Absingung deS Walhallaliedes
ging der Zug der am Fest Tbeilnehmenden wieder
! in derselben Ordnung zum Theatergebäude zurück;

! beim Vorbeiziehen vor dem Bürk'schen Hause, in
^ dem S. M. Könkg Ludwig abgestiegen waren, er-
j schallten vielfache HockS auf den kunstsinnigen Für-
sten, auf welcke derselbe freundlich dankte. Die
^ ganze Stadt war zur Feier veS Tages mit Fahnen
! gesckmückt, der Sckillerplatz und die Fronte heS
^ Theatergebäudes hübsch geziert. AbendS fand im


abzuliefern haben. Von jedem einzelnen Negi-
mente sollen etwa 20 Mann activ bleiben. Die
Osficiere erhalten einen dreimonatlichen Urlaub,
um sich Betresfs Einreihung in dic preußische
Armee zu bedenken.

Die preußische Regierung dürfte, wie die
„N. A. Z." hört, von einer Einberufung der
Provinziallandtage in diesem Jahre Abstanh
nehmen, sowohl in Rücksicht auf die allgcmeine
Lage der Verhältnisse, wie mit Hinsicht darauf,
daß im Laufe des Jahres eine nochmalige Ver-
sammlung des Landtags der Monarchie und
möglicher Weise auch noch der Zusammentritt
des neuen Parlaments für den norddeutschen
Bundesstaat zu erwarten ist. Nur in dem Fall,
daß in der einen oder anderen Provinz die
Erledigung besonderer Bedürfnisse sich als drin-
gend erwiese, würdc der betreffende Provinzial-
landtag einberufen werden.

Nach den bis jetzt veröffentlichlen 11 Vcr-
lustlisten des preußischen Heeres sind nachge-
wiesen: 2815 Todte, 6118 Schwer-, 10,131
Leichtverwundcte, 2925 Vermißte, demnach ge-
sammter Abgang: 21,989.

Das Parlament wird (wie einc officiöse Feder
der „Köln. Ztg." aus Berlin schrcibt) vorans-
sichtlich 193 Mitglieder aus Prcußest umfassen;
ferner 42 aus den anncxirtcn Ländern und 56
aus dem übrigen Bundesstaate, zusammen 291.
Von dcn Letzteren schickt jedcr Staat minde-
stcnS ein Mitglied, anch Schaumburg - Lippe,
obgleich es nur 31,000 Einwohner zählt, mit
Ausnahme von Reuß älterer und jüngcrer
Linie, die zusammen Einen Abgeordnetcn schicken.

Der Artikel 10 des Prager Friedensvertrags
bchandelt die Herzogthümerfragc. Alle von
Oesterreich bewilligten Beamtenpensionen blei-
bcn aufrcchk. Oesterreich erstattet die in Ver-
wahrung genommenen, Holstein gehörenden
459,000 Rigsdaler. Kein Schleswig-Holsteiner
darf wegen politischer Antecedentien verfolgt
oder belästigt werden. Ein bcsonderes Proto-
coll regelt daS Detail der Beamtenfrage.

Der „Alt. Werkur" berichtet von einem in
Kiel circulirenden und sich erhaltenden Gerücht,
wonach der Großherzog von Oldenburg Schles-
wig-Holstein erhalten, Oldcnburg dagegen an
Preußen fallen soll. Das angebliche Arrange-
ment, das dem Großherzog ein beinahe dreimal
größeres Land vcrschaffeu würde, soll mit Nück-
sicht auf Rußland getroffen sein.

Wie dic „Corr. G." erfährt, beabsichtigen
mehrere Wiener Bürger, dem Abgeordnelen
Jacoby, in Anerkennung seiner im preußischen
Abgeordnclenhause gehaltenen freimüthigen Rede,
eine Ovation zu bereiten.

leucktet und spielte daselbst etne Milttärmufik. Jm
Personal des großh. Hoftheaters statt. (Mh. I.)

(DieZündnadelimNacktheile.) Während
der jüngsten Durckmarscke fetndlicher Truppen durch
unsere Stadt — so erzahlt der Znaimer Correspon-
dent der „Presse" — sah man eines Tages unter
einer preußischen Brigade eine Menge von Solda-
ten, welche Gesckwülste auf den Händen oder im
Gesichte trugen, deren Entstehung man fich nicht
erklären konnte. Jch befand mich damals zufällig
in dem von Znaim etwa dritthalb Stunben ent-
fernten Orte Wolframitzkirchen, als gerade jene
Truppe dort lagerte, um dann ununterbrocken weiter
bis in die nächste Nachtstation zu marschiren. Neu-
gierig, was die merkwürdige Erscheinung so vieler
gesckwollener Preußen zu bedruten habe, fragte tch
einen Portepeefähnrich, der gleichfalls mit diefer
Zierde im Gesichte bebacht war, um dte Entstehung
derselben. Dieser erzählte, die Brigade, zu der
auch sein Regiment gehöre, fei Tags zuvor etwa
 
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