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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 178-204 August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0159

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gierung hat mit Rothschild eine Anleihe von
lOO Millionen Thaler contrahirt zu 4*/, pCt.,
zum Course von 92.

Berlin, 10. Aug. Dr. Bernhardt (slias
Dr. Schnabel), der von Mainz aus an den
König von Preußcn ein Telegramm hatte ab-
gehen lassen, dahin lautend: „Soeben reiien
zwei Jndividuen nach Berlin, um Ew. Maj.
mittelst Revolver zu ermorden", ist, da er den
Bcweis der Wahrheit nicht zu führen wußte,
wegen Ehrfurchtsverlehnng gegen den König
zu 3 Monaten Gefänzniß verurtheilt worden.

Berlin, 11. Aug. Die „Nordd. Allgcm.
Ztg." sagt in ihrem heutigen Lcita.rtikel in Be-
treff der gestern telegraphisch gemeldeten Com-
pensationsfordcrungen Frankreichs, wodurch dort
Wünsche geweckt werden, welche deutschcrseits
als unerfüllbar bezeichnet werden müssen: „Es
sei schwierig, dic Motive des französischen An-
sinnens sich zu crklären, es sci denn, daß die
französische Politik eincn totalen Umschwung
erlitten. Die Aenderungen in Deutschland seien
nicht internationaler, sondern rein nationaler
Art, keine Bedrohung Frankreichs, sondern für
Frankreichs Machtsphäre günstiger, da Deutsch-,
land durch daS Ausscheiden Oesterreichs sich
bedeutend verringcrt. Frankreich könne unmög-
lich in den Veränderungen des deutschen Besitz-
bestandes eine Gefährdung erblicken. Dieser
Gedanke werde sicher in dem französischen Volke
durchgreifen.

Berlin, 11. August. Der König empfing
heute den Frhrn. v. Noggenbach. — Der Kron-
prinz und die Kronprinzessin werden morgen
von Stettin hier eintreffen.

Dem General v. Manteuffel istch wie die
„Kre«zztg." hört, seitens des russischen Hofes
ein Salonwagen bis an die preußische Greuze
entgegengeschickt worden.

Schwerin, 8. Aug. Ein Theil der Ritter-
schaft hat an den Großherzog eine Adresse gc-
richtet, in welcher das Verlangen ausgesprochen
wird, derselbe möge das übernommcnc preu-
ßische Commando niederlegen, da dasjelbe fich
mit seiner Stellung als Landesherr nicht verlrüge.

Oefterrercbische Monarchre

ÄZien, 10. August. Das Abendblatt der
„Ocsterr. constitut. Ztg." schreibt: Von italie-
nischcr Seite wurde bisher Prag als Friei-xns-
verhandlungsort in Aussicht genommen Da
aber bei der fcststehenden Cession Venetiens an
Jtalien keine Connexität der mit Preußen und
Ztalien zu führcnden Verhandlungen mehr be-
stcht, so würde bei der auf bereits erworbene
positive Rechte sich stützcnden Nothwendigkeit
der unmittelbaren Zuzichung Frankreichs die
Wahl von Paris alS Sitz der Verhandlungen
sicb empfehlen.

Wien, 11. Aug. Finanzminister Larisch
ist zurückgetretcn; Hock übcrnimml interimistisch
die Finanzleitung. Dreißig Millionen Reichs-
schatzscheine sollen ausgegeben werden; sie sind
für Eisenbahnbauten zu verwenden. Auf der
Prager Friedenskonferenz hat der Vollmachts-
auötausch begonnen.

Botzen, 10. Aug. (A.Z.) Die italienischen
Trnppen verlassen morgen früh 4 Uhr Tyrol.
Valsugana ist von ihnen schon gcträumt; der
Waffenstillstaud ist wahrscheinlich abgeschlossen.

Trieft, 10. Aug. Die heute eingetroffene
Levantepost bringt folgende Nachrichlen: Athen,
4. August. Aus den vou Griechen bewohnten
Provinzen, besonders aus Creta, werdcn fort-
während Klagen über die traurige Lage der
Christen laut. Die Türkei verstärkt ihre Trup-
pen an der griechischen Grenze. — Constanti-
nopel, 4. August. Montenegrinische Deputirte,
von Ali Pascha freundlich empfaugen, erhiclten
Versicherung baldiger Gunstbezeugung von Sei-
ten des Sultans. Fürst Nicolaus ist neuerdings
eingeladen, hierher zu kommen.

F r a n k r e « ch
Paris, 8. Aug. Datz Iournal des Deiats
hält sich trotz ieiner Bejichungen zu den Or-
leanistcn von der dieser Partci eigenthümlichen,
engherzigen Beurthcilung der deutschcn Angcle-
gcnheiten fern. Ein Artikel von Aung bespiicht
heutc die Stellung FrankrcichS zu dem ncuen
Deutschland, allerdings von französischcm Stand-
punkt, abcr in sehr vcrständiger Weise. ES
macht darauf aufmerksaiii, daß FrankreichS Wi-
derspruch gegen die deutsche Einheit daS flchcrste

Mittcl sei, dieselbe herbeizuführen. Käme eS
zum Kriege, so ziveifelt er als guter Franzose
nicht an dcm Siege seiner LandSleute. Aber
waS wirde dieser Sieg Frankreich eintragcn?
Es würde eine ähnliche Stcllung zu Deutjch-
land cinnehmen müssen, wic Ocsterreich ste
frühcr gcgen Jtalien inne hatte; es würde ciu
Venetien dicsseits deS RheinS und jenseits des-
selben, eine knirschende, jcde Gelegenhcit zur
Rachc aufsuchende Nation bewachen müsscn.
Auch vergißt Unng nicht hervorzuhkbcn, daß
die frühere Verbind.ung deS Bundes mit Ocster-
rcich immer 75>Pill. Menschen Frankrcich ent-
gegensctzte, während Preußcn selbst mit deni
gcsammten anßcrösterreichischem Dcutschland nur
38 Millionen zählen würde. Es scheint indeß,
daß diese vcrnünflige Ansicht der deutschen Dinge
hier noch nicht zur Hcrrjchaft gelangen kann.
Wcnn auch nur der 10. Theil der hier um-
laufenden Gerüchte wahr ist, so ivird Diutsch-
land noch unerwartcte Dinge crlcben. Dik Con-
greßidee taucht plötzlich wieder auf, d. h. mit
andcrn Wortc», Frankreich hat entwcder AuS-
sichten, oder den Willen, Entschädigungen für
dic Vergrößerung Preußens zu erlangen. Tie
Bcziehungrn zwischen Paris und Berlin stnd
jedensalls nicht mehr als lau, aber man erklärt
das hier aus dem Umstande, daß Frankreich
jetz! mit seinen Entschädigungsforderungen offen
hcrvorgctretcn sei. Man spricht von Annexionen,
deren Ankündigung vieüeicht schon am 1ü. Aug.
die öffentliche Meinung Frankreichs über den
bisherigen Verlauj der Dingc beruhigen werde.
Nach den Einen handelt eS sich um ein Stück
dcr Pfalz; eine wahrscheinlichere LeSart dürfte
abcr die scin, daß Frankreich den südlichen Thcil
von Luxemburg ncbst der Festung und außer-
dcm einen Strciseu delgijchcii Gebietes mit
Bouillon, Marienburg nnd Philippcville crhal-
tcn wcrde. Belgicn würse durch deu Rcst von
Lnxcmbnrg und den südlichen Theil von Hol-
ländisch-Limburg cntschädigt, Holland aber eincn
Ersatz in Hannovcr erhalten I (S. M.)

Paris, 10. August. Nach eincm Berliner
Telegramm dcs „TcNIPs" ist Herr Benedetti
^estcrn Adend von dort nach PariS abgcreist.

E n g l a » d

London, 9. Aug. Eine seltsame Entdek-
kung wurde diesc Woche im Pailamentsgebäude
gemacht. Einer der wachthabenden Poliziften
bemerkte auf dem Boden ein Paquet, an dem
eine Lunte befcstigt war. Bei genaucrer Bestch-
tigung fand sich, daß dasselbe neun Psund de»
bcsten Pulvcrs enthielt. D-rThäter ist bis jetzt
noch nicht entdeckt.

London, 10. Aug. Dcr Schluß des Par-
lamcntS hat statlgesnndcn. Jn der Thronrede
werden die auSwärtigen Beziehungen sämmllich
als die freundlichsten bezeichnet. Dic Königin
»erfolgte mit ängstlichem Znteresse die Kriege,
welche einen großcn Theil des europäijchen
ContingentS erschüttcrten. Die Königin konnte
nicht gleichgiltige Zuschaucrin von Ereignisscn
sein, welche die Stellung bcsrenndeter und ihr
verwandtcr Fürsten crnstlich berührten; doch
hielt ste eine Betheiligung für nicht angemessen,
da weder die Ehre der Krone noch daS Znter-
rsse deS Volks eine activc Einmischung erheisch-
len. Dic 'Königin hofft, daß dcr FriedenSjchluß
bald eintrete. Die Thronrcde erwähnt dankbar
dcr Lohalität Amerika's bezüglich der Fcnier-
Angelegenheiten, crklärt die Ansrechthaltung
der Aushebung der Habeas-Corpus-Acte, die
in Jrland iioihwciidig gcwesen sci, erwähnt der
Rinderprst, der Cholcra nnd dcs atlaiitischcn
Telegraxhen. ,

London, 11. Aug. Zm Unierhause fragte
gestern Bowher an, ob die Regierung Rach-
richt erhalten habe bezüglich cincr Anjrage, die
Kaiscr Napoleon in Berlin wegen der Rhein-
provinz gestellt. Lord Slanleh erwiedertc, er
habc Nachrichl erhaltcn, daß zwischen den Re-
gierungcn von Paris und Berlin Miltheilnn-
gen auSgetauicht worden seicn und noch auS-
»gctauscht werden. Er jci jedoch nicht in dcr
Lagc, zu eeklären, wclchcr Art diese Mitthei-
lungen seien, noch weniger, welche Anlwort
daraus ertheilt worden sei.

I t a I i e n. »

Die Turiner „Provincia" vom 9. d. läßt
stch auS Florenz mclden, eS scheine, als ob
Oesterreich den Krieg wieder anfangen wolle;

eS habe 80,000 Mann in Throl und 180,000
am Zsonzo zusammengezogen. — Die „Vocc
del Popolo" von Udine ersährt aus sicherer
Quelle, daß die österreichischen Streitkräfte an
der Grenze stch mehren. Die Eisenbahn von
Wicn nach Goritz ist dem Privatverkehr entzo-
gcn nnd sür MilitLrtra«pdrte reservirt; zahl-
reiche'Truppen sind auf d-m Marsch gegen
Süden; man befestigt in Eile die bauptsächlich-
sten Päffe; die Officiere des Generalstabes er-
klären unverhohlen, daß binucn wenigen Tagen
100,000 Mann aufgcstellt sein werden.

Florenz, 10. August. Man licst in der
Jtalie: „Die italienischen Streitkräfte, die bis
nach Pergine nnd nnter di- Mauern von Riva,
kleine Städte in der Provinz Trient, hatten
vorgehen können, werden auS strategischen Rück-
stchlen sich vereinigen, indcm ste stch zurückziehcn.
Dic diplomatische Frage bezüglich der Provinz
Trieni darf nicht mit der stralegischen verwechselt
werden. Die Nothwendigkeit, dic Truppen zu
vereinigen, kann die Räumung gewisscr bcsetz-
ter Gcbiete begründen, ohnc daß darauS hcr-
vorgeht, daß diese Gebiete nicht in den Frie-
denSuntcrhandlungen angesprochen werden müß-
ten." — Man liest in der Nazione: „Da es
der sranzösischen Vermittclung nicht gelungen
ist, Oesterrcich dazu zu bringen, dicBedingungen
des gegenwärtigen BesitzstandeS, die sörmlich
mitJtalien übereingekommen waren,anzunchmcn,
so hat Frankreich Jtalicn seine eigenen Jnte-
resien zu Rathe zichen lassen. Die bedeuten-
dcn und angrcisendenZusammenziehungen öster-
reichischer Truppen am Zsonzv und in Trient
haben dic Anführer des italienischen HeereS
dazu veranlaßt, ihre Trnppen in den bcsten
Vertheidignngsstellungen zu vereinigen. Da so
die Grundlagen der Thatsachen für die Besprech-
ung ber militärischen Bcdtngungen des Waffen-
stillstandcs gcändert stnd, ist jetzt kein Grund
mehr vvrhanden, den Waffenstillftand zu weigern,
der sür den Frieden Europa'S nothwendig ge-
worden ist. Man hofft demuach, daß diescr
Waffcnstillstand nichstens abgeschloffen werden
wird.

R u ß l a n S

Petersburzz, 6. Aug. Der Besuch einer
amerikanischen Flotte ist hicr angesagt. Man
bereitet derselben einen enthusiastischen Empfang
vor. Dic russtsche Flotte ist nach Helfingfors
ausgelaufen, um die amcrikanische EScadre ein-
zuholen.

Ncueste üt icbrictiren.

Berlin, 12. Aug. Die Spener'sche Ztg.
schreibt: Die Bcrlincr Abendblätler reproduciren
auSwärtige Telegrammc, woiiach die französtsche
Regierung an Preußen aus Gebicts-Abtretungen
hinauslaufenbc Fordcrungen gestellt haben soll.
Wir stnd in den Stand gesetzt, die Rachricht
für uiibegründet zu crklären und zu verstchcrn,
daß die frenndjchaftlichen und verlraulichen
Beziehungen beider Regierungen durch keinc dcr
schwebenden Fragen beeinträchligt worden sind.

Berlin, 12. Ang., NachmiltagS. Jn
hiesigen amtlichen Krciscn werden die Angabcn
auSwärtiger Blätter, Frankreich verlange eine
Abtretung deutjchen TerriloriuinS, als völlig
grundloS bczeichnet.

Paris, 13. Aug., Vorm. Der „Coüsti-
tuiionnel" äußert sich bezüglich der Gerüchte
von Vorschlägen, die Frankrcich an Preußen
gcrichlct habcn joll, solgcndermaßen: Einige.
Zournale wollcn die Natnr der Mittheilnngen,
welche zwijchen den beiden Cabinetten gkwech-
selt werden, genau kennen; andere behaupten,
Prcußen habc die französischen Vorschläge zu-
rückgewicscn. Dies sind lauler willkürliche
Aiinahmcn Ohnc Zweisel ist es möglich,
daß sich h-rausstellt, daß Frankreich cin
Rccht auf Compensationen habe". Ader
deßwegen an ein bereits sormulirtes Pro-
gramm und an die Vcrwersung desselben
glanbcn, das hieße den gewöhnlichen Charaktcr
der diplomatijchen Schritte verkennen, die sehr
frenndschastlichen Bcziehungen zwischen beiden
Mächlen außcr Achl laffen und überdics ver-
gesien, daß eS nicht im wahren Zntercfse Frank-
reichs liegt, irgend eine unbedcutende Geblets-
vergrößerung zn erhalten, wohl aber, Deulsch-
land zu hklfen, sich in der seinen eigcnen und
dcn curopäischen Jntcrcssen entsprechendften
Weise zu constituiren.
 
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