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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 178-204 August
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0186

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(8. August): „Wir wiffen noch nicht genau,
wie weit die Lüsternheit Preußens geht; was
wir wiffen, das ist, daß der Krieg, welcher
für daöjelbe glücklich war, gegen den Wunsch
dcs dcutschen Bundes geführt wurde; daß vom
Standpunkte des Rechtes aus, welchcs durch
die im Augenblick, wo der Krieg begann, in
Kraft stchenden Gcsetze und Verträge festgestellt
war, die Nothwendigkeit dieses Krieges bestreit-
bar und bestritten war. Die Gewalt der
Waffeu hat Preußen dea Triumph gesichert.
Wenn es diescn Triumph mißbrauchen woüte,
könnte es da nicht geschehen, daß, angesichts
der Stipulationen der vergessenen oder zerris-
senen Verträge, Mächte hervortretcn, welche
ihrerseits ebenfalls dicjcnigen Stipulationen der
Verträge vernichten wollten, die ihnen nach-
theilig oder unbequem sind? Würde, wenn das
europäische Gleichgewicht gestört wäre, Europa
es zugeben, daß dics zum ansschließlichen Vor-
theil der materiellen und moralischen Macht
Prcußcns geschähe? Und wenn das europäische
Gleichgewicht nicht mehr durch das Einver-
ständniß der Mächte sichergestellt werden sollte,
wäre es nicht natürlich, daß jede von ihnen
in Zukunft nur mehr ihr eigcnes Jntercffe
zu Rathe zöge? Von dem Verhalten Preußens
kann heute die Aufrechthaltung der internatio-
nalen Usancen oder ihre radikale Aenderung
abhängcn. Wenn die Doktrin „Jeder für sich"
und „Wehe dem Besiegten!" von Preußen an-
genommen wird, so sind wir noch nicht am
Ende der politischen Verwicklungen und der
territorialen Modifikatiynen angekommen, wenn
das Recht des Stärkeren in Zukunft jedes
andere Recht ersetzen soll, und wenn der ein-
zige Schiedsrichter derjenige sein soll, der von
dem von ihm beanspruchten Nechte Gebrauch
macht, dann tritt Europa in ein neues Zeit-
alter cin, und die Eroberung ist für die Mächte
nur mehr eine Frage des persönlichen Gewis-
sens und der Opportunität."

Die polnische Sprache, die -Landessprache,
hört nach der neuesten Verfügung plötzlich auf
die amtliche Geschäftssprache zu sein, und alle
amtlichen Schriftstücke müssen fortän in rus-
sischer Sprachc abgefaßt werdcn.

Deutfchlnnd.

Karlsruhe, 20. Au.^ist.^ Oberst v. Degeineld,

rischcn und sämtzzöllnerischen Tendenzen. Eine an-
dere wicbtige Frage batte damals Patow's Thätig-
keit in Anspruch genommen, nämlich die Schaffung
eines deutschen Schifffahrts- und Handelsbundes,
um dadurch England von seinem engherzigcn Fest-
halten an der Navigationsacte abzubringen und
zur Nachgiebigkcit zu zwingen. Dirse Angelegenhcit
ward durch die Ereigniffe ves Jahrcs 1848 in den
Hintergüind gedrängt, und durch die spätere Auf-
hebung der englischen Schifffahrts-Gesetze in Weg-

Herr v. Patow trat am 14. April 1848 in das
Eamphausen'sche Ministerium mit dem «Departe-
ment für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten,
und blieb, wie er früher ein standhaftcr Anhänger der
Stein'schen Zdeen und Gesetze gewesen, mit der
neuen Ordnung ber Dinge ein treuer Freund der
Versaffuug.

Am 25. Zuni wiedcr aus' dem Ministerium ge-
treten, wurde Patow kurz darauf Oberpräsident von

seine Entlaffung aus dem Staatsdienste.

Bei dem Antritte der Rcgentschaft deS jetzt regie-
renden Königs (1858) ward Patow als Finanz-

assistenten Eduard Reinlger sahier, die erleditztc Be-
zirkssorstei Karlsruhe dem Bezirksiörster Schmilt in
Villingen, die erledigte Lehrstelle an dem Pädagogium

Beyer bei dem AmlSgerichl Ladenbuig in gleicher Eigen-
schafl zu dem AmlSgericht Offenburg zu versetzen.

Karlsrnhe, 20. Aug. DaS.heule erschienene Negie-
riingSblatt Nr. 47 entbält (außer Personalnachrichlen):

Keitell, betreffend. Der NotariatSdistrict Weiuheim^I.
wird^drm Notar Daniel N ischwi in Wolfach über-

1) H. Wißler von Werlhcim, 2)J^Heßvon König-

W. Jnnk von Constanz, 5) W. Berberig von
Waldauerbach, 6) R. MorS von Neustadl. Der No-
lariatSverw^ller Wilhelm August Frick' in Ettenheim

nvlars dei großh. Amlögerichl Schönau mil einem Ge-
halt von 900 fl. Dic Slelle des BezirkSarzteS in
Baden. Die Stcllc eineS Verwalters der Studienstif-

m. Todesfälle. Gestorben sind: Am 17. v. M. dcr

Karlsruhe, 20. Aug. Die „Karlsruher
Ztg." schreibt: Es ist bckanntlich beim Aus-
bruch der jüngsten Kriegswirren festgestellt wor-
den, daß das von den Ständen bewilligte außer-
ordentliche Budget pro 1866—67 nicht vollzo-
gen werde, daß von den in demselben vorge-
seheyen Arbeiten nur die allerdringendsten zur
Ausführung gebracht werden sollten, und daß
auch bei den Berwendungen auf Grund des
ordentlichen Budgets mit größtmöglichcr Spar-
samkcit zu vcrfahren sei. Der verhältnißmäßig
günstige Stand dcr Staatöfinanzen gcstattet
indeffen schon jetzt, daß ein sehr wesentlicher
Theil der im außerordentlichen Budget in Aus-
sicht gegebenen öffentlichen Arbeiten durchgeführt
werde, und wir hören, daß das großh. Staats-
ministerium die Ausführung derselben in be-
trächtlichem Umfang genehmigt hat. Hierauf
werden von Fluß- und Straßenbauten u. a.
die folgenden sosort in Angriff genommen, bez.
fortgcsetzt und beendigt werden: 1)Der Rheiu-
durchschnitt bci Altripp; 2) die Correction der
Neckarthal-Straße; 3) die Straßencorrection
von Kandern nach Binzen; 4) die Correction
der Wachtsteige; 5) die Straße von Hardheim
übcr Külsheim nach Bronnbach; 6) die Cor-
rectiön der Zindelsteinsteige; 7) die Correction
der Hasenwaldsteige; 8) die Correction der
Numpensteige; 9) die Straße von Bonndorf
nach Stühlingen; 10) der Bau der Straße

minister in daS neue Ministerium Hohenzollern be-
! rufen, dem er bis zum Frübjahr 1862 angehörte,
wo bekanntlich das ganze liberale Ministerium seiue
Entlassung nahm.

Patows parlamentariscke Thätigkeit begann schon
1833 mit ber Mitgliedschaft des Communalland-
tags der Niederlaufitz; sodann nahm er an den
Provinziallandtagen, den Berathungen des Aus-
schuffes und des zweiten Vereiuigten LandtagsTheil,
und ward von 1848 an fast unnnterbrochen in das

angebört. Als Mitglied des Erfurter Staatenhau-
ses hatte er ficb der Unionspolitik Preußens ange-
schlossen, uud war in Consequenz damit ein Gegner
derjenigen Politik, welche durch die Olmützer Eon-
vention eingeleitet war und jetzt wohl für imme'r
überwunden ist.

Noch müffen wir ein Verdienst des ausgezeichne-
ten Staatsmannes erwähnen: nämlich die glück-
licken Bemühungen für das Zustandekommen der
von ihm zuerst in Anregung gebrackten allgemeinen
deutschen Wecbselordnung. Herr v. Patow war Vor-
! fitzender dcr 1847 in Leipzig versammelten Wechsel-
! rechts-Confercnz, welche daS Wcrk «bschloß.

zwischen Buchen und Hettingenbeueru; 11) die
Correction der Hohensteinstraße; 12) die Cor-
rection der Hciligenberger Straße; 13) der
Schutz der Ufer am Main und die Beseitigung
der Schifffahrls-Hindcrniffe; 14) die Correction
der Erftstraße; ferner 15) die Fortsetzung der
geologifchen Aufnahme deS Landes.

Karlsruhe, 20. Aug. Die großh. Kriegs-
verwaltung ist, nachdcm der Friedcusschluß er-
folgt ist, wie man vcrnimmt, damit beschäftigt,
den Dienststand der großh. Armee an Mann-
fchaften und Pferdeu möglichst schnell auf den
FriedenSfuß zurückzuführen. Schon am Schluß
voriger Woche waren 400 Pferde bci Landwir-
then eingestellt; es wird dadurch erfahrungs-
mäßig eine Ersparniß von ca. 1 fl. pro Tag
und Pferd erzielt. Auf solche Weise wird cs
möglich werden, daß der für den Pferdeankauf
und die Mobilmachung bewilligte Credit nicht
erschöpft werden dürfte. Man darf hoffen, daß
der Ucberschuß bcdeutend genug werdcn wird,
um die großh. Regicrung zu einer Vorlage an
die Stände, behufs Verwenduug deffelben zur
Herstellung von Hinterladungsgewehren für die
gesammte Armee in den Stand zu sctzen.

(Karlsr. Z.)

<5 Bom Neckar, 16. August. Wie aus
einer officiösen Mittheilung der „Karlsruher
Zeitung" vor einigen Tagen zu entnchmen war,
ist an einen formellcn Anschluß der süddeut-
schen Staalen an die norddeutsche Union vor-
erst nicht zu denkcn. Wenn aber ein sörm-
licher staatsrechtlicher Anschluß jetzt noch nicht
möglich ist, so muß sich wenigstens in einzelnen
materiellen Beziehungen eine vermittelnde völ-
kerrechtliche Form finden lasien, wenn man nicht
geradezu den Bodcn einer natürlichen Politik
untergraben will. Eine — bis jetzt freilich
noch nicht existireude — süddeutfche Union mit
der norddeutschen in irgend einem geregelten
Wechselverhältniß wäre der Anfang hiezu: sie
allein könnte auch später wieder einc Art yonVer-
mittlung mil Oesterreich anbahnen. An beiden
Unionen ist dieser letzterc Staat bekanntlich
unbetheiligt, aber aus dem mittelbarcn Zusam-
mcnhange mit Deutschland tritt er deßhalb nicht
zurück: grenzt Oesterreich doch an deutsche
Gebiete vom Bodensee an bis gegen Krakau!
Eine Großmacht mit solcher Grenze wird immer
eine Politik in Bezug auf Deutschland haben,
und wird fie haben müsien, auch wenn sie nicht
wollte. Für Deutschland selbst wird diese Po-
litik ebensowenig gleichgültig fein, als es die
G'estaltung der deutschen Politik für Oesterreich'
ist. Hiezu kommt wciter, daß in jener Grenz-
linie die Gebirge von Böhmen, Salzburg, Tyrol
und Vorarlberg wie natürliche Festungen lie-
ge'n. Endlich ist dic Hauptsachc immer zu be-
denken, daß in der Oesterreichischen Monarchie
mindestens 8 Millionen Deulsche leben, und
daß diese 8 MilliKnen ein Bestandtheil der
deutschen Nationalitat sind, welche sich schon in
schlimmen Zeiten, z. B. untcr dem Drucke der
Napoleonischen Herrschaft, recht anschaulich gel-
tend zu machen wußte. Auch in der Folge
wird man diese Geltung nicht vorenthalten
können. Man wird daher mit der Zeit sicher
finden, daß cine Anbahnung des oben zedach-

(Eine gewiß selteneVerwundung) istdie
eines würtcmbergischen Zägers. Die Kngel äus
einem preußischen Zündnadelgewehr drang ihm
unter dem linken Sckulterblatt in die Brusthöhle,
nahm ihren Weg der Rückwand entlang und trat
hinter dem reckten Sckulterblatt wieder auS dem
^ Körper. Er ist aber nickt gestorben, und es soll
Ausficht vorhanden setn, ihn zu retten. Dann ist
er gewiß ein in sciner Art einztges Eremplar auf
der Welt.

(Der atlantische Telegraph und die
amerikanische Pressc.) Wie der Philadelpbia-
Correspondent der Timks berichtet, wird in Kürze
eine Vcreinigung fast aller amerikaniswen Tages-
blättcr sich bilden, um mit der Verwaltung deS
tranSatlantischen Telegraphen etnen Vertrag dahin
abzuschließkn, daß der letztcre täglich eine Depesche
aus Europa von etwa 40 Worten für die runde
Summe von 110,000 DollarS jährlich befördert.

(Furchtbare Verstümmelung.) Am 4. Au-
gust wurde in Bcrlin ein Oesterreicher becrdigt, dem
man zu seinem Tode mit Recht Glück wünscken
konnte^denn er gebörte zu den cntsetzlich vcrstüm-
melten Menschen, welchen beide Arme und Füße
abgrschoffen worden.
 
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