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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0256

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eines VolkeS und einer Nation auSmachen. ES
läßt sich leicht nachweisen, daß daS gesammtr
productive Geiftesleben deS deutschen VolkeS,
was es GroßeS und herrliches in Wissenschast
und Kunst geschaffen, also AlleS daS, waS ihm,
selbst ohne politische Einheit und Großmacht,
eine anerkannt erste Ehrenstelle in der Reihe
der civilisirten Nationen verschafft hat, daS Er-
zeugniß einer glücklichen Mischung süddeutscher
und norddeutscher Elemente ist.

Diese Wechselwirkung zwischen Süd und
Nord, worauf die deutsche Civilisation iu ihrer
Eigenthümlichkeit eigentlich beruht, nicht nur
lebendig zu erhalten, sondern ihr auch eine
festere Unterlage zu verschaffen und ihr eine
änßcre Gestaltung zu geben, die ihrc Zukunft
verbürgt, ist die nächste und wichtigste Aufgabe,
die jetzt die Gegenwart an jeden verständigen
Vaterlandsfreuud stellt; dieser Aufgabe gcgen-
über muß jede andere Liebhaberci und herge-
brachte Rücksicht in den Hintergrnnd treten.
Wie nun diescr Aufgabe im Einzelnen und
Concreten zu entsprechcn sei, davon ein andermal.

* Heidelberg, 9. Sept. Die Wiederkehr
dcS 9. Scptcmber, deS Geburtstags unsereS
allverchrtcn Großhcrzogs, wurde, wie in früheren
Jahren, so auch diesmal festlich begangen. Das
freudige Bewußtsein, einen Fürsten zu bcsitzen,
der sein größtcs Glück in der Wohlfahrt seines
Volkes erblickt, licß die Einwohnerschaft Hei-
delbergs die schmcrzUchen Erlebnisse dieses
Jahres vergeffcn nnd sich der reinen Festes-
steude deö hcutigen. Tages übcrlaffen. Zahl-
lose Frcudenschüssc, feierliches Glockcngcläute
und Umzug der städtischen Musik am Vorabend
des Festtages leitete dic Feier ein. Um 9 Uhr
bewcgte sich ein feierlicher Zug aus allen Claffen
der hicsigen Bevölkerung vom schön geschmückten
Rathhause nach ter Heiligkcistkirche, wo der
Fcstgottcsdienft stattfand, und später vereinigte
ein Fcsteffen im Prinz Carl eine große Anzahl
von Theilnehmern. Jn den Straßcn der Stadt,
deren Hauser stch mit vielen deutschen und
badischen Fahnen geschmückt hatten, wogte eine
freudigerregte Volkömenge, vereint in dem
Wunsche, eö mögc uns unser thcurcr Landes-
fürst noch lange erhaltcn bleiben und seinem
Volke die Segnungen seiner Regierung noch
viele Zahre zn Thcil werden. Möge es aber
auch unfercm Großherzog vergönnt sein, das
Ziel sciner unablässigen Bcmühungen erfüllt
und sein? unvergeßlichen Verdienste um unser
großes deutscheS Vaterland mit dem gcwünschten
Erfolge gekrönt zu sehen, möge er noch in
voller Kraft den Tag erleben, der Deutschland
dercinft als ein „einiges, freieö und glückliches"
Land bcgrüßt.

Stuttgart, 6. Sept. Wie der hier er-
scheinendc „Beob." hört, werden die Abgcord-
nctcn der Bezirke, die von den Preußen okku-
pirt waren, bci der Regierung beantragen, daß
dcn Quartiergebcrn per Mann und per Tag
ein Gulden bczahlt werde.

Ulur, 7. Scpt. Nachster Tage werden die
naffauischen Truppen, welche, 4775 Mann
stark, in und um Günzburg liegen, in größcren
Abtheilungen hir cintreffen, um von hier aus
mit der Eisenbahn in ihre Heimath befördert
zu werden.

Frankfurt, 8. Scpt. Der Zivilkommissär
v. Madai hat den Gcsehgeb. Körper und das
Einundfünfzigcr-Kolleg auf nächsten Mittwoch
einberufen, um dicse Körperschaften der preu-
ßischen Regierung zu vcrpflichten.

München, 6. Sept. Es ist neulich von
Stuttgart berichtet worden, daß nian in Würt-
temberg bcabsichtigc, daS prcußische Wehrsystem
einzuführen. Was Bayern anbelangt, so er-
sährt man aus guter Quelle, daß bei unserm
Kricgsministeriums gleichfalls die Absicht be-
stehe, bei der neuen Organisation des bayrischen
Hcerwesens das in dem letzten Feldzug so glän-
zcnd bewährte preußische Wchrsystem,' natürlich
mit den Modisikationen, welche die besonderen
Verhältniffe unsercs Landes und Volkes nöthig
machen, zum Muster zu nehmen. Man ist im
Kriegsministerium bereits mit den Borarbciten
zu den seiner Zeit dem Landtag zu machendcn
Borlagen dieseS BetrcffS beschäftigt. (A. Z.)

Hof, 5. Sept. Die hiesige preußischc Kom-
mandantur hatte angeordnct, daß von jetzt an
dic einquartierten preuß. Soldaten blos (nach
dem Verpflegungsreglement) */z Pfund Fleisch,

weniger Bier und kcine Cigarrcn mehr zu be-
kommcn brauchten. Die Soldaten verlanglen
jedoch nach wie vor ihre Cigarren rc., die
Quartiergcber verweigerten dieß, und so kam
eS Nachts zu höchst bedauerlichen Auftritken.
Hiebei crhielt ein Bahnhofarbeiter von den
preußischen Soldaten eincn Hicb über den Kopf,
einen Stich in die Brust und einen Hieb über
den Arm, der ihm abgcnommrn wcrden mußte.
Scine Frau, welche zu fciner Hülfe herbeieilte,
wurde tüchrig durchgeprügelt, eine andere der-
maßen geschlagen und herumgestoßen, daß sie
nicderfiel und dcn Arm brach. Zwei Bürger
wurden überfallen und mit Hiebwunden übel
zugerichtet, mehrere junge Leute erhielten Ver-
wundungen, sogar Polizeisoldaten bekamen Ohr-
feigen und Nippenstöße. Es wurden zwar viele
Soldaten verhaftet, aber die Offiziere waren
erst nach 2 Uhr im Stande, d!e Ruhe ganz-
lich wicder hcrzustellen. Heute Mittag wurden
nun diese Soldaten, meist dem 14. Linienin-
fanterieregiment angehörig, per Bahn nach Leip-
zig befördert. Die preußische Stadtkomman-
dantur und dcr Stadtmagistrat erließen eine
Bekanntmachung, worin die strenge Bestrafung
Vev Unruhestifter in AuSsicht gestellt wird. '

^ Bertin, 5. Sept. Aus dcm Berichle der
betreffenden Commisfion über die Annexions-
vorlage haben wir zur Vervollständigung un-
serer bezüglichen Miktheilungen noch Einzelnes
folgen zu lassen:

Bezüglich der politischcN Nothwendigkeit und Nützlich-

WaS den materiellen RechkSzustand anqeht, fo war man
in der Eommissisn dek Ansichr, datz die auf die Justiz-
verwalntng und daS Steuerwesm bezüglichrn Gesetze
un^ ^ jene^^ ^fortzube^

Berlin, 7. Sept. Der König hal dem
Grafen v. Bismarck den Stern der Großkom-
thure und das Großkomthurkreuz deS k. Haus-
ordens von Hohenzollern verliehen.

Berlin, 8. Septbr. DaS Herrenhaus
nahm heutc einstimmig die Jndemnität an, nach-
dem Kleist-Retzow den eingeschlagenen Konflikts-
Ausgleichungsweg bedauert.

Die Anleihekommission des Abgeordnetenhau-
scs lehnt die 60 Mill. ab, genehmigt dagegen
Röpell's Amendement: Ausgabe von 30 Mill.
Schatzbons. Die Handels- und Finanzkommis-
sion lehnen dic Darleihkassen-Verordnung ab,
nehmen HennigS Vorschlag an: Aushören der
Ausgabe der Darlehensscheine am 30. Septbr.
1866. Liquidation und Kassenschließung am
30. Juni 1867.

Berlin, 8. Sept., AbdS. Die „Kreuzztg."
erklärt eine Pariser Mittheilung der „Jnde-
pcndcnce Belge", wonach dcr Kaiser Napolcou
dem Könige von Preußen für die Schonung
der Jntegrität Sachscns gedankt und erklärt
hätte, der König Wilhelm würde dem Kaiser
mit weiteren Zugeständnissen sür dic Souvc-
ränctät des Königs von Sachsen einen unend-
lichen Dienst erweisen, — für vollständig un-
begründet. — Dic „Norddeutsche Allg. Ztg/
meloet: Aus Nordschleswig sind zahlreiche Kund-
gebungen gegen die Wiederabtretung an Däne-
mark eingegangen.

Kiel, 7. Scpt. Ein Rescript dcS Ober-
Präsidenten verwarnt, hinweisend auf die Ver-
orduung vom 4 April 1845, betreffend die
Entlaffung unwürdigcr Volksschullehrer. vor
Bcthciligung der Lchrer an der Unterzcichnung
von Adrcffen, da die Betheiligung an politiichen
Agitationen mik dem Bernfe dcr Volksschullehrer
urwcrcinbar sei.

Oefterreicbische Monarchie

Wien, 3. Septbr. Die große Cordialitat
in den gegenwärtigcn Beziehungen zwischen Ruß-
land und den Vcreinigten Staaten von Nord-
amerika, einc Thatsache von nicht zu unterschä-
tzender Tragweite, wird es den Vcreinigten
Staaten wohl nunmehr möglich machen, ein
schon altes Projckt des Washingtoner Cabine-
tes der Verwirklichung entgegenzuführen, nqm-
lich einen Stationsplatz im Mittelländischen
Meere als Cigenthum zu erwerben. Jn der
That sollen bereits von Washmgton aus an
die Pforte Offerten zum Ankauf einer der Jn-
seln des Archipels crgangen sein. (Köln. Z.)

Wien, 5. Sept. Nichts ist sicherer, als
daß, wie in auswärtigen Blättern zu leseu, der
Kaiser jeden Gedanken an eine Abtrctung süd-
tyrolischen Gebiets, mit öder ohnc Entschädigung,
auf das entschiedenste perhorreszirt; aber NichtS
ist auch sicherer, als dafl jene Blätter sich im
Jrrthum bestndcn, wenn sie die Grascn Bel-
credi und Mensdorff, im Gegensatz zu der
Krone, den Erstern als „sehr geneigt", den
Letztern wenigstens als „nicht abgeneigt", Trient
zu verkaufen, hinstellen. Die Krone und ihre
Nathgcber sind viclmehr darin einig, daß mit
der Cession Veneziens das Maß Deffen, was
Oesterreich nach dieser Richtung hin zu thun
im Stande, vollständig erschöpft sei. Erlauben
Sie mir abcr hinzuznfügen, daß, was auch
Jtalien etwa noch für weitcrgehende Wnnsche
hegen mag, der Gegenstand doch im Lauf dcr
jetzt im Zuge befindlichen Verhandlungen noch
uiemals in irgendwie formeller Weise angeregt
worden ist, daß vielmehr diese Verhandlungen
in Bczug anf die territorialen Fragen sich le-
diglich auf der Basts der Abtre.tung Veneziens
bewegen, und daß für etwa noch zu vereinba-
rende Grenzberichtigungen keinerlei National-
rücksichten, sondern blos administrative, und vor
allen Dingen militärische Zweckmäßigkeits-Er-
wägungen maßgebend sind. (Karlsr. Z.)

Wien, 6. Scpt. Der Kommandirende des
 
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