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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 205-230 September
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0312

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die Kreuzherren in Prag 54.000, die Prämon-
stratenser in Schlögl 53,150, in Töpl 223,000,
die Schotten in Wien 197,000, in Seitenstät-
ten 92,600, Göttweih 71.600, St. Peter in
Salzburg 87,500, Krcmsmünster 191,700, Ad-
mont 52,700, Heiligenberg 93.900, Osseg
87,900 fl.

Mazzini ist mit 281 Stimmen gegen 37
(auf 1263 WLHler) zum Dcputirtcn in Mes-
stna erwählt morden.

Deutscht«, nd.

— Karlsruhe. 25. Sept. Die schmerz-
lichen, aber beredten Erfahrungen, die man im
Laufe dieses Sommers über das bestehende Mi-
litärsystem und-die Militärorganisation in den
kleineren Staaten gemacht hat, können und dstr-
fen nicht unbenützt hingenommen werden. Hier-
über ist Jedermann einig; es würde an Leicht-
sinn oder Stumpfsinn gränzcn, wenn man die
empfangcne Warnung und Mahnung verkennen
wollte. Waö hat es die deutschen Klcin- und
Mittelstaatcn genützt, daß sie jährlich etwa 1^/,
bis 2 Thaler pro Kopf ihrer Bcvölkerung für
militärische Zwccke ausgegeben haben, d. i. min-
dcstens 25 biS 30 Procent ihrer sammtlichen
Einnahmen auf ihr Heerwesen verwendeten?

Und dieseS ist nur, was der Staat selbst
verwendet; die großen Opfer aber, die der Ein-
zelnc theils aus eigener Tasche, theils durch
Einstellung scines Verdienstes zu bringen hat,
sind nicht in Ansatz gebrachr. Könntc man sie
genau zusammenzählcn, so würde ihrc Summe
stcherlich noch weit höher sich belausen als die
Millionen, welche für Militärzwecke aus dem
Gesammtbeutel aller StaatSbürger jährlich aus-
gegeben werden.

Was helsen aber dic kleinstaatkichen Armeen?
Was waren die Früchte eines so ungeheuern
Aufwandes und so drückender Opfer, welchen
der Staat und die einzelnen Bürgcr unterwor-
fcn werden? Man möchte meinen, es wäre
weit besser gewescn, dic kleincrn Staatcn hätten
gar keine Truppen in's Fcld zu stcllen^ und
würden keinen Thalcr auf ein Wehrsystem ver-
wenden, das nur dazu dienen kann, in der
Stunde der Gcfahr ihr Unglück zu vergrößern!

Es ist eitle Selbsttäuschung, die unter Um-
ständen geradczu verderblich werden kann, zu
meinen, kleinstaatliche Armeen könntcn bei dem
gegönwärtigcn Stand der europäischcn Verhält-
nisse irgendwie die Selbstständigkeit der staat-
lichen Gemeinwcsen, denen sie angehören, schü-
tzen und vertheidigen. Was hat es Hannover,
das unter den deutschen Kleinstaaten in neue-
rer Zeit, nebst Kurhesscn und Nassau, das
größte Militärbudget hatte, genützt, daß seine

27.000 braven Landeskinder so heldenmäßig in
den Tod gingen? ja selbst Baiern mit seinen

100.000 Mann und einem jährlichen Militär-

budget von nahezu 18 Millionen Gulden ver-
mochte, trotz der gewohntcn und erprobten Ta-
pferkeit sciner Truppen nach einem kurzen,
wahrhaft kläglichen Feldzug seine Fortexistenz
gleichsam nur als Gnade aus den HLnden des
Siegers empfangen, und mußte mit 30 Mil-
lionen sein kühnes Vertrauen auf sein derma-
liges Wehrsystcm gleichsam abbüßen. >

Wahrend des ersten Aufenthalts der preußiscben
Truppen in Göttingen fragte ein Officier den Kell-
ner zur Krone daselbst: „Was haben Sie zu«
Butterbrod?" „Schweizerkäse."— „Was noch?" —
„Ochsenzunge.« — „Was noch?" — Der Kellntr
zählt auf, waS Küche und Keller vermag, und drr
Officier fragt bis ans Ende: „Was noch?"

Nach Beendigung dieses Auftritts ruft ein kecker
Student, ein sogenanntes „bemoostes Haupt', dem
Kellner und ahmt bie ganze Scene genau nach.

Der Officier tritt ihm barsch entgegen: „Wissen
Sie, wer ich bin?" fragte er. ,Nein", ist die Ant-

Infanterieregiments r. r-, Freiherr von so und
so —" „llnd was noch?" fragte der Student mit
höflicher Derbeugung. Die Zuhöxrrschaft lacht und
der Officier stürmt wüthend von dannen.

(Der letzte kaiserl. Hofzwerg Mathias
Gullia) ist'am 2. Sept., als Lasfirer deS Jo-
sephSbades zu Baden bei Wien, gestorben. Er
war zu Istrien 1814 geboren, der Sohn wohlge-
formter Eltern, und gehörte mit seiner Gestalt

Ohne Zweifel bestände der Welfenstaat heute
noch, HLtte dcr Welfenherrfcher mehr die kalte
Wirklichkeit der Dinge, als sein vermeintlich
großes Heer in Rechnung gezogcn und bei sei-
nen Eutjchließungen entschciden lasscn. Baiern
und die übrigen klcinen deutfchen Staatcn hät-
ten in ihrer vermeintlichen Selbstständigkeit
sicherlich nicht mehr eingebüßt, wenn sic statt
hunderttausend nur zehntausend Mann in's Feld
gestellt hätteu. Das Mißverhältniß zwischen
den Milteln und dcm Erfolg wäre an sich gleich
geblieben. Es ist natürlich, daß man das ganze
Gcwicht dieser unliebsamen Erfahrung nirgends
tiefer fühlt als gerade in demjenigen Mittelstaat,
der sich auf sein Militärwescn im Vergleich zu
andern GroßeS einbildete, nämlich in Baiern,
und daß dort die öffentliche Stimme dringender
als anderwärts eine gänzliche Umgestaltung des
Heerwesens verlangt. Vergebens wird man dort
die lauten Anklagen und daS ungestüme An-
dringen der Presse ourch gerichtliche Verfolgun-
gen niederzuhalten suchen. Jn ganz Baiern
ist über die Sache selbst bei allen Urtheilsfähi-
gen nur eine Ueberzeugung. Eine ähnliche Er-
fcheinung isl aber auch in Württemberg vor-
herrjchend, unö wir werden in den heute eröff-
neten württembergischen Kammern bald Stim-
men vernehmcn, die die Regierung nöthigen
werden, die Reform des MilitärwesenS ernstlich
in die Hand zu nehmen.

Doch in dcn Kreisen der Regierungen sclbst
ist das Bedürsniß und die Nothwendigkeit die-
ser Reform bereits anerkannt. Auch bei uns
wird die Sache bei den in nächsten Tagen zu-
sammentretenden Dtänden zur Sprache kommcn,
und man oarf von unserer Regierung erwar-
ten, daß sie dieser Aufgabe nicht ausweichen
werde. Kurz, über die gänzliche Unzulänglich-
keit nnd beziehungSweise Werthlosigkeit des bis-
herigen Systems sind alle Verständigen einig;
es fragt sich nur, in welchem Sinne und in
welcher Richtung die Militärreform in den klei-
nern Staaten vor sich gehen soll, um mit ihrer
Stellung und Aufgabe, aber auch mit ihren
Kräften und Mitteln im Einklang zu stehen.
Wir werden auf diese Frage, welche für die
süddeutschen Staalcn zur wahren Lebensfrage
wird, zurückkommcn.

Karlsruhe, 25. «sept. Wir freuen uns,
schreibt dic K. Z, mittheilen zu können, daß
laut neuesten Nachrichten die Cholera in Wall-
dürn abgcnommcn hat.

Aus Baden, 24. Sept. StaatSrath La-
mcy dürfte, wie der Schw. M. vernimmt, von
den bciden auf ihn gefallenen Wahlen in Lör-
rach und Mannheim, die erstcre', d. h. dicjenige
des Bezirks, den er bisher vertreten hat, an-
nehmen. — Ein längst gehegter Wunsch des
Landes, die Erlassung eines Straßengesetzes,
scheint sich bald verwirklichen zu sollen. Das
gcgenwärtige ist durch neuere Bestimmungen
durchbrochen und rührt aus dem Jahr 1811
her. Durch die Organisation der Kreisver-
sämmlungcn, bezw. der Kreise selbst, ist ein
wichtiges Mittelglied gerade für diese Jnteressen
geschaffen, auch wird erwartet, daß, wohl schon
in diesem Jahr, die Kreisversammlungen über
I den erstcn Entwurf des Gefetzes, dessen Aus-

arbeitung dem Handelsministerium und dem
Ministerium des Jnnern angehört, mit ihrcn
Vorschlägcn sich werden äußern können.

-s- Stuttgart, 24. Sept. Das gestern hier
zusammengelretene Landescomile der deutschen
Partei (Partei Römer, Hölder, Fetzer rc.) be-
ricth, des bcvorstehendcn LandtagS halber, ein
Programm für dic inneren Landesangelegenhei-
ten, nachdem daS Programm in der deutschen
Frage schon in der Versammlung zu Plochin-
gen fcstgchellt wurde und bekanntlich auf Her-
stcllung der' bundesstaatlichen Einigung unter
Preußens Führung gerichtct ist. Das Programm
für die innere Entwicklung nun stützt sich auf
die freisinnigstcn Grundlagen und wurden als
leitende Gesichtspunkte für die Bestrcbungen. in
den inneren Landesangelcgenheiten folgcndc Sätze
bezeichnet: „Entfernung aller mittelalterlichen
Trümmer aus dem Staatsorganismus, Besei-
tigung jedcs ungercgeltcn Polizeiregiments und
bureaukratischer Willkühr, Förderung der ma-
teriellen Zntereffen, Hebung des Unterrichts-
^vesens und der Volksbildung, Vereinfachung
dcr StaatSverwaltung und Ersparnisse im
StaatshauShalt, Steuerreform, Entwicklung des
Princips der Selbstverwaltung durch gewählte
Organe des Volks. Entsprechend diesen allge-
mcin gehaltenen freisinnigcn Grundsätzen wcr-
den dann die durchgreifcndsten Rcformen auf
fast allen Gebieten unscres Staatswestns ge-
fordert und besonders die Verfassung, dic Rechts-
gesetzgcbung, die Gemeindeverfassung und daS
Heerwesen als der grüudlichsten Verbesserungen
bedürftig bezeichnet. Jn all' diesen Pünkten
strebt das Programm die Herstellung zeitge-
maßer, dem Wescn der Jetztzeit entsprechender
Einrichtungen und die Beseitigung überlebtcr
Formen an; u. A. werden dcmnach verlangt:
Einführung des allgemeinen directen Stimm-
rechles mit geheimer Abstimmung, Aufhebung
der Verwaltungsjustiz, Einführung der allge-
meinen Wehrpflicht u. s. w."

Das Programm wird jedenfalls eincr Lan-
dcsversammlung vorgelegt werdcn; Das Co-
mitö hielt indeß schon jetzt damit hervorzutre-
ten für dringend geboten, da, wie bereits be-
merkl, der Landtag schon in Kurzem einb'erufen
werden wird (ist bereits gestern zusammenge-
treten.)

Stuttgart, 25. Sept. Nach einer Pause
von 3^2 Monaten wurde hcute die Stände-
versammlung in herkömmlicher feierlicher Weise
eröffnet. Minister v. Geßler hielt, vor dcm
k. Throne stehend, folgende Eröffnungsrede:

Rechtspflege wie in der Vcrwaltuisg c,ilt es, den Grund-
satz der Oeffenilickkcit und Mündlickkeit wie der Theil-
nahmc des Bolkes zur Durchführung zu bringen. Der

eines dreijährigen Kindes dem richtigsten Eben-
maße seines winzigen, 2 Schuh 10 Zoll messenden
und 23 Pfund wiegenden Körpers, welche Größe
er im fünften Lebensjahre erreicht batte und behielt,
zu den merkwürdigsten und interessantesten Natur-
erscheinungen Jn den vierziger Iahren kehrte er
von längeren Reisen nach Wien zurück und erhielt
von Seiten des kaiserlichen Hofes viele Gunst-
bezeugungen, bcwohnte Larenburg und wu'rde ge-
wöhnlich bei Hoftafeln den frcmden hohen Gästen
vorgestellt, mit denen er in unbrfangener Weise
converfirte. Kaiser Ferdinand machte ihn zum
Tafeldecker, und als solcher genoß er bis zu seinem
Lebensende die Penfion. Gullia hinterläßt eine
Wittwe mit vier stattlich gebauten Kindern. Seine
Leiden dauerjen nur zwölf Stunden; er starb in
Folge deS Genusses von vierundzwanzig Zwetschen-
knödeln, die wohl sein kleiner Magen nicht zu ver-
dauen vermocht hatte.

(Verunglückt.) Auf der Zeche Prospee in
Gersckede, im Regierungsbezirk DLsseldorf, riß am
7. d. M. MorgenS während der Einfahrt von 14

^ Bergleuten das Seil, und da der Fangapparat sich
! nicht bewährte. stürzten sämmtliche daran Einfah-
rende aus einer Höhe von etwa achthundrrt Fuß
j in ben 9 Fuß Wasser haltenden Sumpf des Schach-
! tes, woraus fie als Leichen heraufgeholt wurdcn.

! Mehrere der Verunglückten waren Familienväter;

I (Ein altes Brautpaar.) Am Sonntag,
! deu 16. d. M., bat fich in Karthaus bri Wien der
! seltene Fall ereignet, daß in der katholischcn Kirche
i ein Paar getraut wurde, daS zusammen etn Alter
! von 169 Iahren rrpräsentirt. Der Bräutigam,
bcreits seit langer Zett Urgroßvater, ist 91 Iahre
alt, während die Braut, ebenfallS Urgroßmutter,
erst 78 Jahre zählt.

i Ein mufikalischer Statistiker hat ausgerechnet,
daß bis zum 15. d. M. zu Ehren' des Sieges von
Königgrätz bereitS 70 verschtedene Marschcompofi-
tionen im Druck erschienen find.
 
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