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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0479

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nene Regierungsblatt Nr. 64 enthält (außer
Personalnachrichten):

I. Derfügungen und Bekanntmachungen der
Ministerien. Bekanntmachung deS großherzogl.
HandelSministeriumS: Die Titeländerung der
Kasscnbeamten bei der großh. Post- und Eisen-
bahnbetriebsverwaltung betreffend.

H. Diensterlcdigungen. Die Stclle eineS
WirthschaftSadministrators bci der Universität
Freiburg; eine mit ciner Besoldung von 800 fl.
verbundene Lehrstelle an der höhern Bürger-
schule in Freiburg.

III. TodcSfall. Gestorben ist: Am 28. Sept.
d. I. der pensionirte Oberkirchenralh Philipp
Kugel in Karlsruhe.

Karlsrul»e, 8. Nov. Durch die Er-
eigniffe deS verfloffenen Sommers ist der Bo-
den für die nationale Gestaltung Deulschlands
gebahnt und vorgezeichnet. Es wird Sache des
deutschen VolkcS selbst sein, dafür zu sorgen,
daß seine fernere Entwickelung eine friedliche
sei. LetztereS wird am wenigstcn der Fall sein,
wcnn wir aus Unmuth über manche getäuschte
Hoffnungen die Hände unthätig in den Schooß
legctr.

Es wird daher künftigen Sonntag, den 11.
November, eine größere Anzahl namhafter MLn-
ner aus ganz Süddeutschland, darunter nament-
lich Mitglieder der Ständeversammlungen auS
Baiern, aus Würltemberg und Baden in Stutt-
gart zu einer Besprechung zusammentreten, um
übcr gewiffe gemeinfame Schritte in der deut-
schen Frage sich zu verständigen, und die Grund-
linien zu cinem Programme zu entwerfen, daS
den bcrechtigten Forderungen der verschiedenen
Parteirichtungen in der dcutschen Lebeusfrage
Nechnung trägt, um einen gemeinsamen AuS-
gangspuukt zu ihrer befriedigendcn Lösung zu.ge-
winnen. Von einigen badischen Abgeordneten
sind zu diesem Zwecke gewiffe Grundlinien ver-
einbart worden, dic sie zur Annahme zu brin-
gen gedenkcn, und von deren Annahme, wenig-
stenS in der Hauptsache, sic ihre fernere Mit-
wirkung abhängig gemacht haben sollen. Wir
theilen hier vic wesentlichen Punkte dieseS deut-
schen ProgrammeS mit. Es umsaßt solgende
Hauptpunkte:

1) Die Wiederherstellung eincS die deutschen
VolkSstämme umfaffenden politischen BanoeS ist
bei der jetzigen Sachlage vor allem die Aufgabe
Preußens; aber sie ist in gleichcr Wcise zuglcich
eine Pflicht der nbrigen deutschen Staaten.

2) Ohne die Gefahr der Wiederholung in-
ncrer, und ohne Zweifel auch äußcrer Conflicte
kann ein Anschluß der süddeutschen Staaten an
Prcußen, beziehungsweise den sich bildcnden
norddeutschen Bund nur auf föderativer
Grundlage. d. i. untcr Sicherstellung der
berechtigtcn Selbstständigkeit und der freien
constitutionellen Entwicklung der Einzelstaaten
erfolgen.

3) Eine normative Form für eine derartige
Vereinigung dcr deutschen Stämme ist bereits
gegeben. Sie liegt in der ReichSverfaffung vom
Jahr 1849 mit den Grundrechten dcs deutschen
Volkes. Die Einführung beider, vorbehaltlich
ciner unter Mitwirkung deS Parlamenls vor- .
zunehmeuden Revision wird daS ge'genwärtige I

Beifolgende Medaille mit meinem Brustbild, dte
ich Ihnen alS Andenken übrrsende, wird sagen, i
wte sehr den Dichter ebrt der thm wohlgewogene !
Ludwig. München, 11. October 1866.

(Eine furchtbare Strafe gegen Biga- :
m i e) wurde in früheren Zahrhunderten in Ungarn j
angewendct. Denn nach einrm alten ungarischen
Grsktze wurde derjenige Mann, welchen man dieses
VergehenS überfübren konnte, dazu verurtheilt,
mit den beidrn Krauen, welche er gehrirathet hatte,
unter rinem Dache zu leben. Diese Strafe war,
wie der Chronist bemerkt, so furcktdar, grausam
und abschrcckend für Andere, daß deshalb nur sehr
selten FäUe von Bigamie in Ungarn vorkamen.

Berlin, 3. Nov. Am Sonnabend annoncirte
rine Dame durch das hiefige Jntelligenzblatt, daß
ste stch auS Familien - Rückfichien zu verehelicheu
wünsche. Sie befitzt ein Vermögrn von 17,000 Tha-
lern und würde fie fich auch gern „dem Officier-
stande" widmeu.

national-politische Bedürfniß deS deutschen Vol-
keS bcfriedigen, und vermag seine Zukunft stcher
zu stellen.

Ein solcheS Vorgeheu wird die vorhandenen
Gegensätze versöhnen und eine im Unklaren her-
umirrendc Agitation beendigen, die, weil sie
sich auf ein lcdiglich durch die troftlose Haltung
einiger süddeutschenRegierungen hervorgerufenes
Schwächegcfühl stützt, Gefahr läuft, gegen die
Kraft, FLHigVeit und Würde des süddeutschen
VolkSstammes ungerecht zu werden.

ES ist also nach diesem Programme die Füh-
rerschafl PreußenS oder vielmehr der preu-
ßischen Krone in Deutschland offen anerkannt,
cS ist aber auch zugleich daS Recht der Nation
gewahrt, dem Preußen gleich wie allc andern
Glieder nnterthan sind.

*-j- Karlsruhe, 9. Nov. Schon seit cini-
ger Zeit sind von Baden mit der königl. preu-
ßischen Regierung Unterhandlungen angeknüpft,
um eine militärische Verbindung des Großher-
zogthums mit Preußen anzubahnen. Die Un-
terhandlungen beziehen sich zunächst auf die
Vorbildung nnsercr Cadettcn zum militärischen
Berufe. Diese sollen in die preußischen Mili-
tärschulen aufgenommen und dort wie preußi-
sche StaatSangehörige behandelt werden. So
viel wir auS,guter Quelle hören, hat sich die
preußische Regicrung in dieser Bezichung
bercitwillig und entgegenkommend gezeigt, und
die Vcrhandlungen dürften in Bälde zu einem
gewünichlen Abschluß führen. Selbstverständ-
lich würde dann die bisherige Cadettenschule
in KarlSruhe eingehen, odcr höchstens in eincm
sehr beschränkten Umfang erhalten bleiben. WaS
die Sache selbft betrifft, so wird man dem
Schritte unserer Regierung seine Ancrkennung
nicht versagen können; denn hat man sich ein-
mal entschloffcn, mit Preußen in eine engerö
militärische Verbindung zu trcten, so muß man
natürlich von unten anfangen, und die Candi-
datcn dcS Officierstandes in den anerkannt trcff-
lichen KriegSschulen der deutschen Großmacht
ihrc Berufsbildung suchen und finden lassen.
Aber auch von eincm mehr allgemeinen Ge-
sichtSpunkte empsiehlt sich dieS Vorgehen unserer
Regierung. Jn klcineren Staaten können tech-
nische Lchranstaltcn, wie Militärschulen sind,
auch bei aller sorgsamen Pflege unmöglich das
leisten, was große Staaten hierin vermögcn;
dcnn abgesehen von der Beschränktheit der Mit-
tel, wird sich in solchen kleineren Anstalten stcts
ein engerer GesichtSkreis geltend machen und
der Unbefangenheit und allseitigern Dildung
hindernd im Wege stehen, während in großen
Anstalten, wo schon bei Auswahl tüchtiger Leh-
rer ein freierer Spielraum gcstattet ift, auch
eine großartigere Auffassung und cin heilsamcr
reger Wetteifer gleichsam von selbst sich erzeu-
gen und Vorschub erhalten. Die Anfordcrun-
gcn an die Candidaten bezüglich ihrer Schul-
bildung überhauvt stnd in Preußen im Allze-
meinen höher gestellt, alS bei uns; ^chon dieser
einzige Umstand, der aber von großem Einfluß
auf die ganze Zukunft des Zöglings ist, wird
sicherlich von wohlthätiger Rückwirkung bei uns
sein.

Wie wir hören, liegt eS auch im Plan, un-

* Literarisches.

Die politische Neugestaltung von Nord-

Deutschland im Iahre 1866. Mit 3 Kar-

Mitthrilungrn".) Gotha, IustuS PertheS.

Preis 36 kr.

Diese Publikation ist nicht etne bloße grnerelle
Ueberficht der politischen Neugestaltung Deutsch-
lants, sondern führt unS dic zum Theil ziemlich
complicirten DrtailS in aller Klarheit und Ge-
nauigkeit durch 5 Karten und Specialcartons, so
wie durch einen beschreibenden Tert vor. Sehr
complicixt find die territorialen Veränderungen,
besonderS da, wo gewtffe Theile von Hessen-Darm-
stadt an Preußen, und wieberum Theile von den
an Preußen gekommenen Staaten, von Kurhessen,
Nassau und Frankfurt, an Heffen-Darmstadt ab-
getreten worden find; der erschöpfenden Darstellung
dteser Verhältniffe ist einer der SpecialcartonS,

Bestand Preußens vor dem Jahre 1806, im Iahr

sere Militärzöglinge zu ihrer practischen AuSbil-
dung ebenfallS einige Zeit preußischen Regimen-
tern bcizugeben, nachdcm ihre theoretische Bil-
dung in den preußischen KriegSschnlen vollendet
ist. Hicrvon erwarten wir eine weitere wohl-
thätige Wirkung für die ganze Haltung und
Lebensanschauung unserer künftigen Officiere.
Sicherlich wird hierdurch daS Bewußtsein der
Zusammcngehörigkeit zu einem sich bildenden
großen deutschen Heerkörper, dem gegenüber die
Einzelncn als Glieder sich fühlen sollen, ge-
weckt und wesentlich gefördert werden.

Karlsruhe, 9. Nov. Zur Ergänzung der
in dem gestrigen Blatt enthaltenen Nachrichten
über die Abreise der Großherzogl. Familie von
der Mainau theilt pie „K. Ztg." noch Nach-
stehendcs über die Reise II. KK. HH. deS
Großherzogs und der Großherzogin mit: Höchst-
diesclben haben schon gestern die Mainau ver-
lassen, um sich durch die Schweiz nach dem
südlichen Frankreich zu begcben; der Ausflug
wird ungefähr vicrzehn Tage in Anspruch neh-
men, und vielleicht auch auf Oberitalien auS-
gedehnt werden. Die Rückreise erfolgt voraus-
sichtlich durch die Schweiz. Die Höchsten Herr-
schaften reisen im strengsten Jncognito. Der
Großherzog hat vor der Abreise noch die Vor-
träge dcs Hrn. Staatsministers Mathy entge-
gengcnommen, welcher Sonntag den 4. und
Montag den 5. Novbr. auf Schloß Mainau
zugebracht hat.

Ulm, 9. Nov. Der Oberbürgermeister und
dcr Gemeinderath hiesiger Stadt haben beschlos-
sen, bei dem Könige um Bcseitigung der Fe-
stung Ulm zu petitioniren.

Würzburg, 6. Nov., Ueber die im Som-
mer 1866 erfvlgten Truppenbeförderungen auf
den bayrischen Bahnen erhielten wir die in-
tereffantc Notiz, daß dahier 1883 Extrazüge
mit BundeStruppen und 160 mit preußischen
Truppen expedirt wurden.

Würzburg, 7. Novbr. Unter dem Titel
„Ursachen und' Wirküngen der preußischen Er-
folge in Bayern" ist vom Verfaffer des „Bun-
desfeldzugs" die neulich angekündigte Gegen-
schrift auf die officiöse Broschüre: „Urfachen
und Wirkungen der bayerischen Heerführnng"
erschienen. Es ist wohl daS Schneidendste und
Bitterfte, was bis jctzt über die süddeutsche
Kriegsführung veröffentlicht worden ist; die
Darstellung ist übrigens s«hr sachlich gchalten,
und das Schriftchen bietet vicle neue Einzel-
heiten.

München, 7. Nov. Der König wird in
den näcksten Tagen eine Reise nach Franken
zum Besuch der von den letzten Kriegsereignis-
sen besonders schwer heimgesuchten Gcgenden
antrcten.

Kiel, 8. Nov. Die Anwesenheit des Ober-
präsidenten Scheel-Plessen in Berlin hat auf
die dänischen Agitationen in NordschleSwig Be-
zug, welche Maßregeln nöthig machen. Die
Abstimmung wird jedenfalls verschobcn. —
Demnächst wird eine das Gesetz für die Par-
lamentswahlen betreffene Botschaft des Königs
erwartet.

Oesterretchische Monarchie.
Wien, 7. Nov. Die „N. fr. Prcffe" er-

1807, im Iahr 1815 und vor 1866. während die
Nrugrstaltung PreußrnS und Nord-DeutscklandS
im September 1866 auf zwei verschiedenen Karten
veranschaulicht tst, damit volle Deutlichkeit und
Urberfichtltchkeit im Ganzen und Etnzelnen erreicht
werde.

Der Tert, dem zum Theil directe officielle Mit-

nimktrr-Berechnungen einiger der Arealwerthe zu
Grunde liegen, enthält zunachst dtejenigen Tbeile
der 7 Gesetze und FriedenSverträge, auf welchen
die jüngste Neugestaltung Deutschlands beruht,
dann eine volltzändige Uebersicht der 22 Staaten
deS jetzigen norddeutschen Bundes, sowie der 5
füddeutschen Staaten, nach Areal, Bevölkerung
und ReligionSbekenntniffen; ferner das Verhältniß
des Areals und der Bevölkerung Preußens und
Nord-DeutschlandS zu den übrigen europäischen
Staaten und ihrer HandelSmartne zu der anderer
seefahrender Nationen der Erde, und endlich histo-
rische Rückblicke.
 
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