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Heidelberger Zeitung — 1866 (Juli bis Dezember)

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Nr. 257-282 November
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https://doi.org/10.11588/diglit.2833#0491

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gänzten und berichtigten preußischen Verlust-
listen betrug der Gesammtverlust der preußi-
schen Armee nebst verbündeten Truppen in dem
Kriege gegen Oesterreich und die übrigen dcut-
scheu Staaten an todten, verwundcten und ver-
mißten Osficieren etwa 800. an Unterosficieren
und Soldaten gegen 20,000; dem gegenüder
stand aust österreichischer Seite ein Verlust von
2465 getödteten oder verwundeten Officieren
und über 50,000 in diesseitige Depols einge-
liefertcn Gefangenen, worunter 939 Officiere,
während die Zahl der gebliebenen oder verwun-
deten österreichiichen Soldaten noch nicht näher
bekannt ift. Von den preußischen Verwunde-
ten sind in dcn Lazarcthen circa 130 Ofsiciere
und 3000 Soldaten gestorben, wonach mit Ein-
schluß der vor dem Feinde gebliebenen sich ein
Gesammtverlust von nahc an 300 todten Offi-
cieren und 3500 todten Unterofficieren und
Soldaten ergibt. Jn der Schlacht von König-
grätz allein hat die preußische Armee bei ciner
Stärke von 200,000 Mann nngefähr 15.000
Mann eingebüßt. Demnach ist der preußischer-
seits erlittcne Verlust auf etwa 7 pCt. bcrech-
net; aber fo bedeutend er immerhin crscheinen
mag, ist er doch um ViclcS geringer, als er
sich in früheren Schlachten heransstellte. Na-
mentlich wird der prcußische Derlust am ersten
, Schlachltage von Leipzig für das Kleist'sche
Corps auf 23, dcr deS Bülow'schcn Corps bei
Belle-Alliance auf 21 pCt. an Todten unb
Vcrwundeten berechnct.

Berlin, 11. Nov. Die Gotteshäuser warcn
heute, aus Anlaß dks kirchlichen Dank-
festcs wegen der Wicderherstellung des Frie-
dens, überfüllt. Die städtischen Behörden waren
iu oorpors in der Nikolaikirche versammelt.
Jn dcr Garnisonskirche war die Feier mit einem
großen militärischen Pompe verbunden. Der
König, .die Prinzen, die Generalität rc. wohn-
ten hier dem GöUesdienste bei, nachdcm vorher
sämmtliche Fahnen und Standartcn aus dem
königl. Palais abgcholt, und, von Unterofficieren
gehalten, in einem Halbkrcise unter der Kanzel
aufgestellt worden waren. Draußen war Ar-
tillerie aufgefahren, und es wurde nach Erthei-
lung des Segens — der GotteSdienst wurde
von dem Fcldprobft ThieLcn geleitct — 101
Schuß abgefeuert. Die dccorirten Officiere und
Mannschaftcn marschirten hierauf, während dic
Fahnen uud Standarten unter Escorte des 2.
Garderegimcnts in das königl. Palais zurück-
gebracht.wurden, nach dem Schloßhofe, wo der
König, von seinem ganzen militärischcn Gefolge
begleitet, dieselben inspicirte und sich auf's theil-
nehmendste mit den tapferen WaffengefährteN
unterhielt. Die Minister wohnten dem Gottcs-
dienste in der Domkirche bei. Als Einlcitung
zu der 'heutigen Feier sind die beiden königl.
Erlafse vom gestrigen Tage zu betrachten, in
welchen dem Lande, insbesondere den Vereinen
zur Pfiege der Verwundeten, für die während
deS Kriegs gebrachten Opfer gedankt wird.

Hannover, 9. Novbr. Jn dicsen Tagen
sind die ersten in hiefigcr Münze geprägten
preußischcn Thaler auSgegeben.

Hannover, 9. Nov. Etwa 130 Mitglie-
der der 8 Ritterschasten des Landes haben in

masckinen von 4 bis 1000 Pferdkkraften, 34 ver-
schiedene Dampfbämmer von 20 bis 3000 Centner
Gewicht, 110 Schmiedewerkstätten unc> 508 Dreh-
bänke und andere Werkreugmaschinen. Die Pro-
ductivn von 1804 erreichte bie colossale Höhe von
über 54 MiUionen Pfunv Gußstahl in Formen
von Kanonen, Achsen, Wellen, Sckienen, Keffel-
platten u. dgl. - Im Mai 1865 zählte das Werk
schon 8000 thätige Arbeiler und bürfte deffen Pro-
duction sich dieses Iahr auf 100 Millionen Pfund
steigern, waS wohl vyn keinem ähnlichen Etablisse-
ment der Wclt geleistet wtrd.

Zur Probe, wie in Amerika über den Krieg in
Böhmen telegraphische Depeschen gemacht worven
finv, theilt dre „Hagrner Zeitung" ein ihr auS St.
Antoino in Teras zugesandtes Grtrablatt mit, daS
auS dem Englischen übersetzt, folgendermaßen lau-
tet: „Ertra. Neuestes durch den Telegraph. An-
kunft der Arabia! Dir Preußen auf's Haupt gc-
schlagen! Große Schlacht bei Pardubitz in Böh-
men am 4. Iuli; l20,000 Mann todt und ver-
wundet. Die Oesterreicher auf dem Marsche nach
Berlin. König Wilhelm und Bismarck stiehen nach
England. Deutschland zu einem Reiche unter Franz
Ioseph rrklärt: Der Rhein soll auf alle Fälle gegen
franzöfische Angriffe vertheidigt werden. Garibaldi
lanvete in Fiume mit 40,000 Mann!"

einer dieser Tage dahier abgehaltenen Versamm-
lung eine Ansprache an die Bcvölkerung be-
schloffen, deren Jnhalt sich dahin zusammen-
faßt: Nachdem unter Nichlbeachtung der Rechte
deS bisherigcn königlichen Hauses und des Lan-
des und gegen den Wiüen deS letzteren die
Einverleibung HannoverS bcschlosscn sei und
zur Ausführung stehe, füge man stch der Ge-
walt der The»tfachcn, vertraue aber auch zugleich
auf die Verheißung, daß die bcrcchtiglen Eigcn-
thümlichkeiten des Landcs geschont werden fol-
len. Die Berufung und der Beirath einer
Notabcln-Verjammlung genüge nicht bei den
durch die Einverleibung erforderlich werdenden
Aenderungen der bisherigcn Jnftitutionen, viel-
mehr sei hierzu die Mitwirkung dcr Stände-
versammlung, bezw. der Provinciallandfchaften
unerläßlich. Man glaubc auch nicht, daß die
Einverleibung das öffenkliche Recht Hannovers
ohne Weiteres befeitigen könne, halte vielmehr
dafür, daß die Wirksamkeit der Stände, bezw.
der Provincial-Landschaften auch jetzt noch fort-
dauern müsse. Da bereits damit vorgegangen
werde, an dcn Einrichtungen des Landes in
der Justiz, der^Heerverfasiung, dem Eisenbahn-
unb Postwesen zu ändcrn, Maßregeln, zu denen
blsher dic ständische Mitwirkung erforderlich
war, fo müsie dringend die möglichst rasche Be-
rufung der Stände-Versammlung, bezw. der
Provincial-Landschaften gewünscht werden, um
in Gemeinschaft mit diefen die erforderjichen
Aenderungen zu treffen.

Hamburg, 10. Nov. Unfere Bürgerschaft
hat übcr die Tenalsvorlage, das Wahlgesetz
zum „Norddeutschcn Bunde" berathen. Die
betreffende Vorlage wurde mit folgenden Ab-
änderungen angenommen: 1) Die Wahlkreise
weroen von Senal und Bürgerschaft auf dem
Wege dcr Gesctzgcbung bestimml (in der Vor-
lage hatte der Senal dic Bestimmung der Wahl-
kreise einer bereils bestehenden Commission zu-
getheilt, wogegen die demokratischo Linke remon-
strirte und mit 74 gegcn 69 Slimmen durch-
drang). 2) Kein Mrtglied des Reichstages
darf wegcn seiner Abstimmung oder -wegen der
in Ausübung seines Berufes im Reichstage ge-
thanen Aeußerungen gerichtlich oder discipli-
narisch versolgt over sonst außerhalb dcr Ver-
sammlung zur Verantworlung gezogen werden
(eine ähnliche Stelle fehlt ganz in der Senats-
vorlage). 3) Die Mitglieder des Reichstages
erhalten ein Tagegeld von 4 Thlrn. und Neife-
vergütung von 1 Mark (12 Sgr.) pr. Meile.
Das Gefetz wurde in der fo amendirten Faf-
sung mit großer Mchrheit angenommen und
man glaubt allgemein, daß der Scnat seine
Zustimmung geben werde.

F r a n k r e i ch

Paris, 10. Nov. Vorgeftern Abend wurde,
wie die „Köln. Ztg." mitlheilt, an dem Kaiser
von dem neuerdings zur Behandlung zugezoge-
nen Dr. Guyon mit sehr glücklichem Erfolge
cine Blasengries - (nicht Stein-) Operation
fast fchmerzloS für den Patienten vollzogen.

Paris, 11. Nov. Die Verhastungen, welche
im Quartier Latin stattfanden, bilden fortwäh-
rend das Tagesgespräch. Schon seit längerer
Zeit hatten in Paris keine Razzia'S aus poli-
tischen Gründen in solchem Maße ftattgefunden,
und man muß auf 1851, also noch in die Zeit
der Republik, zurückgehen, um Beispiele zu fin-
den, daß in anständigen Kaffeehäusern solche
Maßregeln vorgenommen wurden. Jn Wein-
kneipen war dies später wohl noch vorgefallen,
aber auch fchon seit mehreren Jahren nicht
mehr. Selbstverständlich glaubte daher das
große Publikum, daß es sich nm eine große
Verschwörung handelt. DieseS scheint nun aber
keineswegs der Fall zu sein, und wenn man
dem „Siecle" Glauben schenken darf, fo ift die
ganze Angelegenheit ohne große Bedeutung. Be-
sondere Vorsichtsmaßregeln brauchte übrigens
die Polizei auch ntcht zu ergreisen, da die Po-
lizeipräsectur, welche bekanntlich auf der Cite
liegt, von dem Place Michel, wo das Cafe de
la Renaisiancc liegt, nur durch die Brücke über
die Seine und die Breite des Quais getrennt
ist. Unter den Verhafteten befinden sich Mit-
glieder fehr angesehener Familien: Jeunesie,
Sohn des Präsidcnten des Tribunals von Ver-
sailles; Lavallee, Sohn eines reichen Gutsbe.
sitzers im Charente-Dcpartement, der Mitglied

der constituirenden Versammlung war, die bei-
den Brüber Lcvrault, söhne des ehemaligcn
franzöfifchen GeschaftSträgerS in Neapel, Paul
Dubois, Sohn einer reichen Familie in Nantes,
und viele Schriftsteller und Künstler von Be-
deutung. DieseS findet seine natürliche Erklä-
rung darin, daß oas Cäfe de la Rcnaisiance
ein sehr besuchtes Haus ist.

Marseille, 10. Nov. Briefe aus Rom
vom 7. d. melden, daß die päpstliche Regierung,
um das Räuberwesen, welches fortdauert, zu
unterdrücken, die Bildung eines Hilfsgendar-
meriecorps und die Rekrutirung eines anderen
Reservecorps befohlen hat. BereitS sind 500
Mann in den Provinzen Maritima und Vel-
letrie angeworben. Es kommen aus Frankreich
und Belgien Freiwillige, um die Zuaven zu
verstärken, von denen ein neues Bataillon in
der Bildung begriffen ist.

E n g i a » d

London, 12. Nov. Der Dampfcr Ceres
ist auf der Fahrt von London nach Dublin ge-
scheitert; 20 Menschen ertranken.

G ch e i z.

Genf, 12. Nov. Die Stadt ist ruhig, die
Radikalen waren die Ruhestörer. Die Jnde-
pendentcn haben 14 Verwundcte. Das aufge-'
botene Landwchrbataillon ist casernirt. Das
Milizbataillon brauchte nicht aufgeboten zu wer-
den. Voraussichtlich bleibt die Ruhe erhalten.

Bern» 13. Nov. Die vorgestrigen Unord-
nungen in Genf waren durch zwci Banden von
Carouge veranlaßt, welche, nach Vertreibung
der Gegner dasclbst, vom Wahlplatz in die
Stadt zogen, um das dortige Wahlbureau aus-
zufegen, wobei eine Menge znm Thcil schwerer
Verwttndungen (20) vorkamen. An der Spitze
fei ein Savoyarde geftanden. Jn dcr Stadt
und auf dem rechten Ufer siegten bei der Wahl
die Unabhängigen, auf dem linken Ufer die
Fazyaner. Die bisherige Mehrheit bleibt also.
— Jn St. Gallen siegte die radikal-ultramon-
tanc Liste Bernet und Züny, gegen Bundesrath
Näff und Saxer.'

D ä rr e rn a r k

Kopenhaqen, 12. Novbr. Der dänische
RcichStag ist heutc eröffnct. Der König sagte
unter Anderem in feiner Thronrede, daß der
Fricdensvertrag von Prag und die nationale
Richtung Europa's die Rückgabe Nordschles-
wigs an Dänemark und die Erreichung natür-
licher Gränzen für Letzteres verbürgcn, und
anerkannte die Gerechtigkeit der befreundeten
Mächte, besonders das tiefgefühlte Jnteresie des
Kaisers. Die Finanzverhältnisie des Landes
geben nach der Thronrede keinen Anlaß zu
Besorgnisicn.

T rr r k e i.

Konftanrinopel, 3. Nov. Der Sultan
weigert sich, dge von dem Großvezier vorgeschla-
genen Concessionen für dic christlichen Bewoh-
ner Candia'S zu sanctioniren. Jn Petzerim,
in Albanien hat ein Conflict zwischen Türken
und Christen stattgcfunden, wobei mehrere christ-
liche Häuscr theils geplündert, theils niederge-
brannt worden sind. Der spanische Gesandte
soll ein mit Frankreich gcmeinsames Protectorat
über die heiligen Orte verlangt haben. (K.Z.)

A m e r i k a.

Der bereits telegraphisch erwähnte Tages-
befehl des Generals Sheridan über Mexico
lautet nach cnglischen Blättern, wie folgt:

der zwischen der liberalen Regierunq von Merico^und
den Vereiniglen Sraaten in Krast bestehenden Ncutrali-
tätsgesetze dulden und jenen Anhängern nicht erlauben
wird, unser Gebiet zu betreten oder sich unserer Flagge
zn bedienen. nm ihre Zwecke zu errcichen. Diese Maß-
regeln find gegen die Anhänger der kaiserlicben Flibu-
stier, welchc dcn Namen einer kaiserlichen Regiernng
von Mrrico zu führen sich nichi entbtöven. sowie gegen
die Parleicn Ortega, Santa Anna und andere, zu er-
greifen. Der Präsident Don Benito Juarez ist das an-
erkannte Oberhaupt der liberalen Regierung MexicoS.
 
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