V
den pflegen — eine angebetete Gattin und einen treuen
Freund!“ ů
Unter dem lauten Jubel der Anweſenden ſank bejahend
der gerührte Loſſum an des Fürſten Bruſt.
Gefeierte Eſel und Eſelsfeſte.
Nicht immer war der Eſel als Sinnbild der Dumm-
heit und Trägheit verachtet, wie in unſern Tagen. Im
Alterthum ward er vielmehr ſehr geſchätzt wegen ſeiner
Geduld und Arbeitſamkeit und wir finden in den verſchie-
denſten alten Schriften ſein Lob verkündigt; beſonders eig—⸗
nete man ihm Muth und Unerſchrockenheit zu. So ver-
gleicht Homer den Helden Ajar mit einem Eſel, ohne
daß das Gleichniß anſtößig gefunden wurde und in der
arabiſchen Geſchichte iſt dem Kalifen Mervan für ſeine
Kü nheit in verſchieden engeführten Schlachten der ehrenvolle
Beiname „der Eſel“ gegeben, der ihn ebenſowohl zierte,
wie heutzutage einen Helden der Beiname „der Löwe.“
Zum höchſten Anſehen aber gelangte Freund Langohr
erſt mit dem Beginn des Chriſtenthums. Nichts konnte
ihm zu größerer Ehre gereichen, als daß er mit an der
Krippe des Jeſuskindleins geſtanden, daß er die Jungfrau
Maria auf ihrer Flucht nach Egypten getragen, und daß
ſelbſt der Herr ſich ſeiner bediente, als er unter dem Ho-
ſiannah der Menge in Jeruſalem einzog. Es war dem-
nach nicht mehr als natürlich, daß die erſte Chriſtenheit
ihre Pietät auch auf den Eſel übertrug; beſonders bemühte
ſich die Geiſtlichkeit in Frankreich und Italien, ihn zu eh-
ren und durch Feſte zu verherrlichen, ſpäter nahm ſich na-
türlich das lernbegierige Deutſchland auch der Sache an.
So wurde alljährlich am Tage der Geburt des Hei-
landes zu Rouen ein Eſelsfeſt gefeiert, eine Art geiſt-
licher Komödie, ähnlich dem noch heute üblichen Paſſions-—
ſpiel. Es erſchienen dabei alle berüßhmten Männer, Kö-
nige und Helden des alten Teſtaments, entſprechend koſtü-
mirt und angethan, darunter auch Bileam mit ſeiner Eſe-
lin und Balak. Zuletzt wurden auch ſogar Virgil und
die römiſche Sybille herbeigerufen. ö
Ein nicht minder großartiges Feſt ſpielte ſich jährlich
am 14. Januar, zur Erinnerung der Flucht nach Aegyp-
ten, in Beauvais ab. Man wählte die ſchönſte Jung-
frau der Stadt, ließ ſie ſich feſtlich ſchmücken, gab ihr ein
Kind auf den Schooß und führte ſie auf einem mit gold-
geſtickten Tüchern bedeckten Eſel unter Begleitung des Vol-
kes und der Geiſtlichkeit in feierlicher Prozeſſion in die
Pfarrkirche von St. Stephan. Hier wurde ein feierliches
Hochamt gehalten, welchem der Eſel beiwohnte und wäh-
rend deſſen er zu verſchiedenen Malen mitſammt der Ge-
meinde niederknieen mußte. Dieſe Feſtfeier erhielt ſich bis
in's 16. Jahrhundert hinein.
Zum Andenken des Einzuges Chriſti in Jeruſalem
wurde an vielen Orten am Palmſonntage ein Eſel in
Prozeſſton durch die Stadt geführt, während alle Glocken
läuteten und das Volk rex gloria ſang. Häufig wurde
ein junger Mönch auf den Eſel geſetzt, um die Perſon des
10³3
Erlöſers vorzuſtellen. Da indeſſen mancher der ſo gefeier-
ten Eſel ſich während der Prozeſſion die eine oder andere
Unart mochte haben zu Schulden kommen laſſen, ſo fer-
tigte man ſpäter hölzerne Eſel, ſogenannte Palmeneſel, auf
Rollen, welche dann vom Volke oder auch von ſingenden
Knaben durch die Straßen gezogen wurden. Meiſt waren
dieſe Eſel inwendig hohl und mit gefärbten Oſtereiern ge-
füllt, welche nach Beendigung der Prozeſſion als geweiht
betrachtet und unter großem Zudrang vom Volke gekauft
wurden. Auch die Chronik der guten alten Stadt Leip-
zig berichtet von ſolchen Eſelsprozeſſionen.
Noch im 18. Jahrundert wurde zu Verona der „hei-
lige Eſel“ verehrt. Eine Legende berichtet nämlich, daß der
Heiland nach ſeinem Einzuge in Jeruſalem dem Eſel, wel⸗—
cher ihn getragen, die Freiheit geſchenkt habe und die Er-
laubniß, zu gehen, wohin er wolle, ohne einem Menſchen
unterthan ſein zu dürfen. Der Eſel durchſtreifte das ge-
lobte Land, ging dann über's Meer, kam nach Cypern,
Stieilien und endlich nach Verona, wo er blieb und ſtarb.
Die Veroneſer beweinten ſeinen Tod, ſtopften ihn aus
und begingen ihm zu Ehren alljährlich ein großartiges Feſt.
Aber nicht nur durch ſeine Tugenden und ſeine kirch-
lichen Beziehungen iſt Meiſter Langohr berühmt geworden,
man ſpricht ihm ſogar Geſchmack an Kunſt und Wiſſen-
ſchaft zu. ö
(Schluß folgt.)
Loſe Blätter.
(Zopfabſchneider.) Am 1. d. M. ſah man einen
eigenthümlichen Zug, beſtehend aus vier Frauenzimmern
und zwei Mannsperſonen, der unter polizeilicher Escorte
zum Polizeidepot in Krefeld geführt wurde. Nach einer
Erkundigung waren es Holländer, die aus dem benachbar-
ten Limburg nach Deutſchland gekommen waren, um dort
das löbliche Geſchäft — des Zopfabſchneidens zu betrei-
ben. Sie boten nämlich jungen Mädchen Geld für ihren
Haarſchmuck an, und wenn dieſe auf den Handel eingin-
gingen, ſo wurde das Haar abgeſchnitten. Wo ſich aber
eine Gelegenheit darbot, dieſes Verſchönerungsobjekt um-
ſonſt ſich anzueignen, griff unſere ſaubere Geſellſchaft na-
türlich zu. So ſchien ihr auch am 1. d. M. ein ſchöner
billiger Fang in Ausſicht, der den Zopfabſchneidern aber
theuer zu ſtehen kam. Sie gingen in ein Haus auf der
Marktſtraße, wo ſie ein junges Mädchen mit pompöſem
Haarwuchs allein in einem Zimmer fanden, dem ſie auch
ohne lange Umſchweife ihr Anliegen kundthaten. Das
erſchreckte Mädchen erwiederte in ſeiner Angſt, ſie wolle
zuerſt den Vater fragen; aber dazu wurde ihr keine Zeit
gelaſſen; ſie wurde ergriffen und ſofort fuhr die Scheer
in ihr Haar. Auf ihr Hilfegeſchrei kamen die Mitbe-
wo hner des Hauſes herbeigelaufen, die ſofort die Polizei
requirirten, welche die Uebelthäter in Haft nahm.
den pflegen — eine angebetete Gattin und einen treuen
Freund!“ ů
Unter dem lauten Jubel der Anweſenden ſank bejahend
der gerührte Loſſum an des Fürſten Bruſt.
Gefeierte Eſel und Eſelsfeſte.
Nicht immer war der Eſel als Sinnbild der Dumm-
heit und Trägheit verachtet, wie in unſern Tagen. Im
Alterthum ward er vielmehr ſehr geſchätzt wegen ſeiner
Geduld und Arbeitſamkeit und wir finden in den verſchie-
denſten alten Schriften ſein Lob verkündigt; beſonders eig—⸗
nete man ihm Muth und Unerſchrockenheit zu. So ver-
gleicht Homer den Helden Ajar mit einem Eſel, ohne
daß das Gleichniß anſtößig gefunden wurde und in der
arabiſchen Geſchichte iſt dem Kalifen Mervan für ſeine
Kü nheit in verſchieden engeführten Schlachten der ehrenvolle
Beiname „der Eſel“ gegeben, der ihn ebenſowohl zierte,
wie heutzutage einen Helden der Beiname „der Löwe.“
Zum höchſten Anſehen aber gelangte Freund Langohr
erſt mit dem Beginn des Chriſtenthums. Nichts konnte
ihm zu größerer Ehre gereichen, als daß er mit an der
Krippe des Jeſuskindleins geſtanden, daß er die Jungfrau
Maria auf ihrer Flucht nach Egypten getragen, und daß
ſelbſt der Herr ſich ſeiner bediente, als er unter dem Ho-
ſiannah der Menge in Jeruſalem einzog. Es war dem-
nach nicht mehr als natürlich, daß die erſte Chriſtenheit
ihre Pietät auch auf den Eſel übertrug; beſonders bemühte
ſich die Geiſtlichkeit in Frankreich und Italien, ihn zu eh-
ren und durch Feſte zu verherrlichen, ſpäter nahm ſich na-
türlich das lernbegierige Deutſchland auch der Sache an.
So wurde alljährlich am Tage der Geburt des Hei-
landes zu Rouen ein Eſelsfeſt gefeiert, eine Art geiſt-
licher Komödie, ähnlich dem noch heute üblichen Paſſions-—
ſpiel. Es erſchienen dabei alle berüßhmten Männer, Kö-
nige und Helden des alten Teſtaments, entſprechend koſtü-
mirt und angethan, darunter auch Bileam mit ſeiner Eſe-
lin und Balak. Zuletzt wurden auch ſogar Virgil und
die römiſche Sybille herbeigerufen. ö
Ein nicht minder großartiges Feſt ſpielte ſich jährlich
am 14. Januar, zur Erinnerung der Flucht nach Aegyp-
ten, in Beauvais ab. Man wählte die ſchönſte Jung-
frau der Stadt, ließ ſie ſich feſtlich ſchmücken, gab ihr ein
Kind auf den Schooß und führte ſie auf einem mit gold-
geſtickten Tüchern bedeckten Eſel unter Begleitung des Vol-
kes und der Geiſtlichkeit in feierlicher Prozeſſion in die
Pfarrkirche von St. Stephan. Hier wurde ein feierliches
Hochamt gehalten, welchem der Eſel beiwohnte und wäh-
rend deſſen er zu verſchiedenen Malen mitſammt der Ge-
meinde niederknieen mußte. Dieſe Feſtfeier erhielt ſich bis
in's 16. Jahrhundert hinein.
Zum Andenken des Einzuges Chriſti in Jeruſalem
wurde an vielen Orten am Palmſonntage ein Eſel in
Prozeſſton durch die Stadt geführt, während alle Glocken
läuteten und das Volk rex gloria ſang. Häufig wurde
ein junger Mönch auf den Eſel geſetzt, um die Perſon des
10³3
Erlöſers vorzuſtellen. Da indeſſen mancher der ſo gefeier-
ten Eſel ſich während der Prozeſſion die eine oder andere
Unart mochte haben zu Schulden kommen laſſen, ſo fer-
tigte man ſpäter hölzerne Eſel, ſogenannte Palmeneſel, auf
Rollen, welche dann vom Volke oder auch von ſingenden
Knaben durch die Straßen gezogen wurden. Meiſt waren
dieſe Eſel inwendig hohl und mit gefärbten Oſtereiern ge-
füllt, welche nach Beendigung der Prozeſſion als geweiht
betrachtet und unter großem Zudrang vom Volke gekauft
wurden. Auch die Chronik der guten alten Stadt Leip-
zig berichtet von ſolchen Eſelsprozeſſionen.
Noch im 18. Jahrundert wurde zu Verona der „hei-
lige Eſel“ verehrt. Eine Legende berichtet nämlich, daß der
Heiland nach ſeinem Einzuge in Jeruſalem dem Eſel, wel⸗—
cher ihn getragen, die Freiheit geſchenkt habe und die Er-
laubniß, zu gehen, wohin er wolle, ohne einem Menſchen
unterthan ſein zu dürfen. Der Eſel durchſtreifte das ge-
lobte Land, ging dann über's Meer, kam nach Cypern,
Stieilien und endlich nach Verona, wo er blieb und ſtarb.
Die Veroneſer beweinten ſeinen Tod, ſtopften ihn aus
und begingen ihm zu Ehren alljährlich ein großartiges Feſt.
Aber nicht nur durch ſeine Tugenden und ſeine kirch-
lichen Beziehungen iſt Meiſter Langohr berühmt geworden,
man ſpricht ihm ſogar Geſchmack an Kunſt und Wiſſen-
ſchaft zu. ö
(Schluß folgt.)
Loſe Blätter.
(Zopfabſchneider.) Am 1. d. M. ſah man einen
eigenthümlichen Zug, beſtehend aus vier Frauenzimmern
und zwei Mannsperſonen, der unter polizeilicher Escorte
zum Polizeidepot in Krefeld geführt wurde. Nach einer
Erkundigung waren es Holländer, die aus dem benachbar-
ten Limburg nach Deutſchland gekommen waren, um dort
das löbliche Geſchäft — des Zopfabſchneidens zu betrei-
ben. Sie boten nämlich jungen Mädchen Geld für ihren
Haarſchmuck an, und wenn dieſe auf den Handel eingin-
gingen, ſo wurde das Haar abgeſchnitten. Wo ſich aber
eine Gelegenheit darbot, dieſes Verſchönerungsobjekt um-
ſonſt ſich anzueignen, griff unſere ſaubere Geſellſchaft na-
türlich zu. So ſchien ihr auch am 1. d. M. ein ſchöner
billiger Fang in Ausſicht, der den Zopfabſchneidern aber
theuer zu ſtehen kam. Sie gingen in ein Haus auf der
Marktſtraße, wo ſie ein junges Mädchen mit pompöſem
Haarwuchs allein in einem Zimmer fanden, dem ſie auch
ohne lange Umſchweife ihr Anliegen kundthaten. Das
erſchreckte Mädchen erwiederte in ſeiner Angſt, ſie wolle
zuerſt den Vater fragen; aber dazu wurde ihr keine Zeit
gelaſſen; ſie wurde ergriffen und ſofort fuhr die Scheer
in ihr Haar. Auf ihr Hilfegeſchrei kamen die Mitbe-
wo hner des Hauſes herbeigelaufen, die ſofort die Polizei
requirirten, welche die Uebelthäter in Haft nahm.