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Heidelberger Volksblatt (5) — 1872

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Nr. 62 - Nr. 70 (3. August - 31. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44618#0282

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Sachen ſtehen; er wird ſich Deines Alters und Deiner g

Hülfloſigkeit ſicher erbarmen. Ihr Andern aber, ſagte
er, ſich zu ſeinen bisherigen Gehülfen, Heinrich Keffer,

Ulrich Zell und Johann von Medinbach wendend, habt
eine ſchöne und ſegensreiche Kunſt von mir erlernt und
werdet Euer Brod überall reichlich verdienen. Ich ent-
binde Euch hiemit des Eides, den Ihr mir geleiſtet
habt, meine Kunſt und ihre Geheimniſſe keinem Men-
ſchen zu entdecken, und ſo möget Ihr hinausgehen in
alle Welt und die ſegensreiche Erfindung aller Orten

zu Eurem Nutzen und zum Heile der geſammten Menſch-
heit überall verbreiten.
Andere von Euch in die Dienſte des Herrn Johann
Fuſt treten wollen, ſo habe ich nichts dagegen, denn
ich haſſe dieſen Mann nicht, und werde ihn auch nim-
mer verfolgen, ſelbſt wenn mir die Macht dazu würde.
— Da aber erhoben ſich Alle, ſowohl Gehülfen als Die-
ner und Knechte,“ fuhr der Alte mit freudig bewegter
Stimme fort, „und gelobten dem geliebten Herrn und
Meiſter, daß ſie nimmer das Brod des Mannes eſſen,
der ihren theuren Gebieter alſo behandelt, ſondern es

lieber vor den Thüren guter Bürger zuſammenbetteln

wollten, und da, Herr Schöffer, da fielen auch die Re⸗—
den und Verwünſchungen gegen Euch vor, den man
für Herrn Fuſt's Mitſchuldigen hielt; aber der Junker

redete Euch ſtandhaft das Wort und behauptete, Ihr.

wüßtet nichts von dem ganzen Schelmenhandel, ſondern
Herr Johann habe Euch eben deßhalb entfernt, damit
Ihr ihn nicht hintertreiben möchtet. Wir glaubten ihm
aber nicht, da wir wußten, wie nahe ihr dem Fuſt
durch die Verlobung mit ſeiner Tochter ſtündet, und
ſo 1107 Euch bis zu dieſer Stunde auch mein bitterer
Groll.“
Der Greis endete hier ſein lange und ſchmerzliche
Erzählung. ö
„nd Meiſter Jakob Fuſt,“ fragte Schöffer, aus
einem langen und trüben Nachdenken erwachend, „wie
benahm ſich dieſer bei dem Handel?“
„Wie ein Ehrenmann, Herr, ganz wie man's von
ſeinem biedern Charakter und Gemüthe erwarten durfte.
Er ſagte laut zu Jedem, der es hören wollte, das ſei
ein heilloſer, ſpitzbübiſcher Handel, und auch mit ſei⸗-
nem Bruder Nikolaus, dem Schöffen, hat er ſich gänz-
lich entzweit, weil dieſer bei dem Gerichte den Vorſitz
geführt; er nannte das einen ſchändlichen Mißbrauch
der richterlzchen Gewalt und einen Schimpf für die
ganze Familie.“ ö
„Das habe ich von ihm erwartet,“ ſagte Schöffer,
„und jetzt zu ihm, dem Einzigen von allen Fuſts, den
ich noch wiederſehen kann! Ihr aber Lorenz, weßhalb
habt Ihr Euch noch nicht auf die Reiſe zu Herrn Friele
gemacht? Wollt Ihr hier vor Hunger ſterben? Willig
würde ich Euch bei mir aufnehmen; allein auch ich bin
jetzt ein armer Mann, und muß mein Brod, wie die
übrigen Gehilfen des Meiſters, in der Fremde ſuchen.“
(Fortſetzung folgt.)

Sollte aber der Eine oder

Ein untergehendes Geſchlocht.
ö (Schluß.)
Wie weit nun die in dem Indianer⸗Territorium

lebenden Rothhäute es mit ihrer ſtaatlichen Fortent-
wicklung hätten bringen können, das wird vermüthlich

eine ungelöſte Frage bleiben. Der maſſenhafte Strom
der mächtigen europäiſchen Einwanderung und der
Nachkommen derſelben iſt auf allen Seiten bis an die
Grenzen dieſes indianiſchen Staatsweſens gedrungen
und ſindet ſich nun in ſeinem ferneren Vorgehen durch
das ihm im Wege liegende Territorium beengt und
genirt. Die herrſchende Race iſt auch jetzt an uind für
ſich den Indianern nicht feindlich geſinnt, aber ſie will,
daß dieſelben die Geſetze annehmen und befolgen, welche
mit Bezug auf Landbeſitz und auf freien Verkehr unter
ihr ſelbſt gelten. Das Land der Indianer ſoll ihnen,
dahin geht der Wunſch der Weißen, gegen entſprechende
Entſchädigung abgenommen werden, ſo weit es zur
Herſtellung und Erhaltung des Eiſenbahnverkehrs, ohne
den die moderne Ciwiliſation nun einmal nicht mehr
exiſtiren kann, nöthig iſt; und die indianiſche Abſchlie-
ßungspolitik ſoll dem vom Volke der Vereinigten Staa-
ten eingeführten Prinzipe abſoluter Freizügigkeit und
eines Privateigenthums mit abſolutem freiem Verfü-
gungsrechte weichen. Das ſind Forderungen, welche
den indianiſchen Anſchauungen ſtark widerſprechen, vom
amerikaniſchen Standpunkt aus aber als nicht Aube-
rechtigt erſcheinen können. Allein ihre Einräumung
würde dem Indianerthume mit ſeiner Eigenart ein
raſches und gründliches Ende bereiten.
Das an geiſtiger Bildung, moraliſcher Kraft und
Zahl ſo unendlich viel ſtärkere Element europäiſch⸗ame-
rilaniſcher Civiliſation würde durch ſein Uebergewicht
die indianiſche Eigenart erdrücken, ſo es derſelben nahe
genug auf den Leib rückte; und von der Race, welche
vor weniger als vierhundert Jahren noch das ganze
Land auf beiden Seiten des Miſſiſſippi, des „Vaters
der Ströme,“ beſaß, würden nach wenigen Jahrzehn-
ten ſchwerlich noch viel lebende Spuren übrig bleiben,
außer einzelnen, in Wüſten und unwegſamen Gebir-
gen fortvegetirenden Reſten wilder Stämme.
Dies weiß und fühlt Niemand beſſer, als die durch
das Vordringen weißer Anſiedlungen und Eiſenbahn-
unternehmungen, namentlich nach dem ſtillen Weltmeere
hin, bedrohten Indianerſtämme ſelbſt. Fünf Stämme
haben im Laufe des Juni (1872) eine Rathsverjamm-
in Oemulpea im Indianer⸗Territorium algehalten und
in derſelben eine Denkſchrift an den Präſidenten Grant
angenommen, in welcher ſie ſeinen Schutz anflehen.
Die folgende Stelle aus dieſer Denkſchrift ſchildert
die indianiſchen Anſichten mit einer Klarheit und einem
Pathos, die in der That ergreifend ſind:
„Wir bitten Sie, Herr Präſident, mit Ihrer Au-
torität und Ihrem humanen Willen zu unſern Gunſten
einzuſchreiten. Die Vervollkommnung, die Rettung der
Indianerrace hängt von der Sicherheit und dem Fort-

ſchritt dieſer fünf Nationen ab. Unſer Geſchick und
 
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