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Heidelberger Volksblatt (5) — 1872

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Nr. 62 - Nr. 70 (3. August - 31. August)
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29

thres iſt ein und daſſelbe. Wir ſind beſtimmt, mit
einander zu ſtehen oder zu fallen. Der Platz, den wir
einnehmen, iſt uns heilig wie eine Heimath. Wir ſind
vor dem Nahen des weißen Mannes gewichen, bis dies
der letzte begehrenswerthe Platz iſt, den wir einnehmen
können. Wir haben langjährige Mühen auf ſeine Ver-
beſſerung verwandt und er iſt uns durch grauſame Lei-
den geheiligt. Wir haben den Indianer durch das
Beiſpiel unſeres Fleißes zu ſeiner gegenwärtigen Stel-
lung erhoben und das durch die Bekehrung der wil-
den Stämme gewirkte Gute kann als ein Pfand noch

größeren Guten betrachtet werden, das wir noch zu

wirken ſuchen werden. Mit der Zeit mögen wir viel-
leicht eine ſolche Geſchicklichkeit im Handel und den
mechaniſchen Künſten erreichen. daß wir uns im Stande
fühlen, uns mit unſerm weißen Bruder zu meſſen. Aber
zu dieſem Zuſtande ſind wir noch nicht gelangt. Wir
proteſtiren im Gegentheil gegen jede Maßregel, die auf
das Erlöſchen unſerer Nationalitäten hinzielt. Die
Lehren der Vergangenheit ſollten nicht vergeſſen wer-
den. Eine gemiſchte Okkupation unſeres Landes würde-

nur zur Uebermacht der Weißen führen, zur Vergrö-
ßerung der ſtärkeren, zur Entartung und endlichen Ver-

tilgung der ſchwächeren Race. Die Erfahrungen der
Vergangenheit beweiſen die Wahrheit des Geſagtes.

Die Mülionen rother Männer, die zuerſt dieſen Konti-

nent bevölkerten, ſind jetzt durch die Berührung mit
der mehr vorgeſchrittenen Race zu einem traurigen Reſt
reduzirt. Wir kommen zu Ihnen, Herr Präſident, als
die Ueberbleibſel eines dereinſt zahlreichen Volkes. Wir
erſuchen Sie, mit Ihrer amtlichen Stellung zu unſeren
Gunſten einzuſchreiten. Wir bitten Sie um Verſagung
Ihrer Zuſtimmung zu allen Eiſenbahn⸗, Territorial-
oder ſonſtigen Maßregeln, die unſern durch beſtehende

Verträge anerkannten Status affiziren, und um Be-

willigung aller Maßregeln zur Begründung eines Ge-
fühls der Sicherheit in der Bruſt unſeres Volkes. Dies
iſt es, was wir am meiſten bedürfen.“
So baten und klagten die Indianer im Indianer-
Territorium; und wer möchte bei ihren wohldegründe-
ten Bitten und Klagen ungerührt bleiben? Aber nichts-
deſtoweniger wird und muß das, was die Indianer
im Intereſſe einer Indianer-Civiliſation bedürfen, frü-
her oder ſpäter mit abſoluter Gewißheit doch als zu
leicht befunden werden, wenn dieſem gegenüber die Be-
dürfniſſe der mächtigen europäiſch⸗amerikaniſchen Civi-
liſation in die Wagſchale gelegt werden. Das iſt ſicher-
lich tragiſch; allein die Weltgeſchichte iſt, wie einer un-
ſerer größten Philoſophen ſagt, in mancher Hinſicht wie
eine „Schlachtbank, auf welcher das Glück von Völkern
zum Opfer gebracht wird“, um höhere' Endzwecke zu
erreichen. Auch das Glück der Indianer wird daher
um höherer Ziele willen in Trümmer zerfallen. Und
was der Dichter von einzelnen Menſchen ſagt, das gilt
auch von Nationen: ö
ö „Was unterſcheidet
— Gbter von Menſchen?
ö Daß viele Wellen
4

Vor jenen wandeln,
Ein ewiger Strom:
AUns hebt die Welle,
Verſchlingt die Welle,
Und wir verſinken.

Ein kleiner Ring
Begränzt unſer Leben,
Und viele Geſchlechter
Reihen ſich dauernd
An ihres Daſeins
Unendliche Kette.“

Nationen entſtehen, — Nationen verſchwinden auf
der Bühne der Weltgeſchichte, doch aus den Trümmern
erhebt ſich ſtets ein neues Leben. Gros und unſterb-

lich aber ſind nur die Menſchen und Völker, welche
bei ihrem Untergange dauernde Spuren ihres Daſeins

hinterlaſſen. Wahr und ſchön ſagt Alexander von
Humboldt, daß „in allen irdiſchen Dingen des Glückes
Glanz mit tiefem Weh verſchwiſtert iſt.“ ö

Mannichfaltiges.

— In ein Telegraphenbureau bei Paris trat jüngſt
ein Herr und gab folgende Depeſche auf, die als ein-
fache nur 20 Worte zählen durfte: „Madame Duval,
X⸗Straße, 15, Paris. Melde mit Schmerz Tod Oheim
Vincent's. Komme raſch zur Eröffnung Teſtaments.
Glaube, wir ſind Erben. Durand. — Der Telegra-
phenbeamte zählte die Worte und fand deren zweiund-
zwanzig. — „Es ſind zwei Worte zu viel, Herr“, be-
merkte er dem Aufgeber. — „So?“ entgegnete dieſer,
las das Telegramm durch und entſchied dann: „Wohl,
ſtreichen Sie: mit Schmerz.“

(Ein abgelehntes Manuſcript.) Dem Re-
dakteur eines bekannten Hamburger Journals, bei wel-
chem Honorarzahlen gegen das Geſchäftsprinzip ver-

ſtößt, wurde von ſeinem Schneider die erſte Jahres-
rechnung zugeſchickt. ö
volle Geſchäftsmann, als er wenige Monate ſpäter ſeine

Wie erſtaunte der erwartungs-

Rechnung zurückerhält mit der Randgloſſe: „Ihr Ma-
nuſcript wird dankend abgel ehnt.“ ö

Die Buchdruckerei von G. Geisendörfer
in HMeidelberg (Schifgaſe 1
empfichlt sich in allen in dieses Geéschäft einschlagenden
Arbeéiten. namentlich im Druck von Visiten-, Verlobungs- und
Adress-Rarten, Rechnungen, Circularen etc. ete.
 
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