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Heidelberger Volksblatt (5) — 1872

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Nr. 71 - Nr. 78 (4. September - 28. September)
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Selbſt den ſchönen Afrikanerinnen macht der Kir-
chenvater Tertullian den Vorwurf, daß ſie ſich ihres
Volkes ſchämten und, weil ſie nicht Germanen wären,
ſich das Haar färbten, nicht achtend die böſe Bedeu-
tung des Feuerkopfes. Und in Aegypten war noch
nach Jahrhunderten die galliſche Seife ein Verſchöne-
rungsmittel. ö
Um ſo weniger iſt zu verwundern, daß den Ger-
manen der ſpäteren Zeit die Vorliebe blieb für das
Haar der Ahnen. Mit der goldenen Seitenlocke ſchmück-
ten die Dichter ihre ſchönſten Jungfrauen und die Ge-
ſchichte hat bei Männern und Helden oftmals ihr Gold-
haar hervorgehoben. ö

Die Sueven ſtrichen das Haar zurück von der Stirne
gegen den Scheitel, banden es in einen Schopf, der

kammartig, gleich Hörnern emporſtand, dick wie die
volle Mähne eines Roſſes, den Römern ein Aufzug,
der ſie an die Faunen und Satyrn ihrer Götterwelt
erinnerte.
So ging bei dieſem germaniſchen Volk Alt und
Jung, nur der Unfreie nicht; bei andern Stämmen

adoptirte nur die Jugend dieſe mit der Friſur unſrer

fränkiſchen Bauermädchen faſt zuſammenfallende Haar-
tracht. Die Häuptliuge zogen noch einen wilderen
Haarwald vor — nicht um Wohlgeſallen, ſondern um
Schrecken zu erregen. Einzelne kühne Männer, bei
den Chatten aber alle Jünglinge, ließen Haar und

Bart hängen, als Pfand der Tapferkeit, nur durch den

Tod eines im Heldenkampfe erlöſten Feindes lösbar.
Auf der blutigen Beute enthüllten ſie die Stirn ünd
hielten erſt dann ſich des Vaterlandes und der Väter
werth. That⸗ und Muthloſen blieb das weichſelzopf-
artige Haar. Das Haupt geſchoren zu tragen, galt
als ein Zeichen der Unterthänigkeit, und wie im Nie-
derland, ſo war auch in den Alpen das Haar der
Männer Schmuck und volksthümliche Abzeichen. Vor-
nehme Männer trugen einen weitherunterhängenden
Knebelbart. ö
Als Salbe zur Schmeidigung der Glieder diente
faſt allen die reichlich erzeugte Butter. Die Arier be-
malten den Leib ſchwarz, die Japiden tättowirten ihn
nach der Weiſe der Thracier.
Die gewöhnliche Bekleidung war ein ſtarkgewirkter
Mantel, eigentlich ein vierechiges Stück Tuch, ohne
Aermel aus rauher Wolle, auch wohl aus Baſt ver-
fertigt, im Kriege ein kürzerer, zuweilen vielfarb ger
mit einer Haftel, oder mit Dornen oben zuſammenge-
ſteckt, ſo daß der vordere Theil des Leibes entolößt
blieb. Die Reichen trugen ein enganliegendes Gewand
E am linken Rheinufer in der Nähe des Keltzglandes
ſtolzirten ſie in buntdurchwirkten Kleidern einher welche
vermuthlich erſt ſpäter auch an der Donau üblich wur-
den. Die Belgen zierte ein Mantel, der ein bis zu

den Schenkeln reichendes gewebtes, mit Aermeln ver-

ſehenes Gewand bedeckte. Die Wangionen bedienten
ſich weiter Beinkleider, wie ſolche die Geten und Perſer
liebten; ſonſt war dieſe Tracht nicht gewöhnlich, die
wurde. Longobarden erſt ſpät den Römern entlehnt
wurde.

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Thierfelle und lze wurden auf bloßem Leibe
getragen, am Rhein einfache, im höheren Norden mit
gefleckten Fellen den Römern unbekannter Seethiere,
vielleicht der Seehunde verziert, die Haare auswärts
ſtehend, wie unſere Wildſcharen. Auch die ſehr ſchönen,
zum Theil gefleckten Felle junger Rennthiere ſcheinen
dort benutzt zu ſein. Uralten Urſprungs ſcheint die
Sitte germaniſcher Krieger, ihr Haupt mit dem Kopf-
fell wilder Thiere zu bedecken, um ſich in der Schlacht
ein ſchreckhafteres Anſehen zu geben. Eine beſondere
Tracht waren die ſogenannten „Rhanonen“, welche
nur Schultern und Bruſt bis an den Nabel bedeckten.
Am Rhein war ſchon ausländiſcher Schmuck beliebt.
Die Frauen, im Ganzen und Großen den Männern
gleich gekleidet, gefielen ſich am beſten in leinenem,‚
mit Purſtreifen geſchmückten, ſo um den Leib geſchla-
genen Gewande, daß Arme und Bruſt frei blieben;
ihr Lieblingspelzwerk waren Kaninchenfelle.
Die im Süden gebräuchlichen Ketten waren auch
den nördlicheren Völkern erfreuliche Geſchenke, in Bel⸗—
gien zugleich mit goldenen Armbändern beliebt.

(Schluß folgt⸗ *

Erkenn' dich ſelbſt.

Erkenn' dich ſelbſt!
So tönt' es aus der Vorzeit Tagen
Aus Delphis heil'gem Tempelort;
Und ſtellen wir des Lebens Fragen
Noch heute, — tönt das gleiche Wort.

Erkenn' dich ſelbſt!
Sprach Sokrates der Weiſe,
Und zu uns ſpricht es die Natur!
In unſerm Innern tönt es leiſe:
Zum Ziele führt Erkenntniß nur.“

Erkenn' dich ſelbſt!
Und du wirſt glücklich werden,
Verklärt in eigner Tugend Licht,
Der Friede Gottes weilt auf Erden,
Wird Jedem dieſes Wort zur Pflicht.

Die Buchdruckerei von G. Geisendörfer
in Heidelberg (Schiffgaſſe 4)

empfiehlt sich in allen in dieses Geschuft einschlagenden
Arbeiten, namentlich im Druck von Visiten-, Verlobungs- und
Adress-Karten, Rechnungen, Circularen etc. etc.
 
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