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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Seie 2

Heidelberger Zeitung
Eim neuer Zar?
Kiew, 2. Juli. Das ukrainische
Pressebüreau verbreitet die Meldung,
japanische Truppen seien unter dem
Befehl von Kato in Wladiwostok
angelangt, um die tschechischslowa-
kische Bewegung gegen die Bolsche-
wisten zu unterstützen, und fährt
fort: Großfürst Michael
Al ex andro witsch wurde zum
Zaren ausgerufen. Er
marschiert mit Tschechoslowaken und
Kosoken nach Moskau.
Eine Bestätigung der Meldung
liegt jedoch nicht vor, so daß sie mit
Vorsicht aufzunehmen ist.

Mittwoch, den 3. Julr 1918

Fernsprecher Nr. 82

Nr. 152


zelt im russischen Heere wird an gerecht
net. Russische Reserveoffiziere kön-
nen n-aÄ entsprechender ergänzender Ausbildun«
übernommen werden.

ammenfand. Diese „Arbeiterzeitung" batte dabei
auch Stellen, wo sie unzweifelhaft deutsch war.
Der Dr. Carl Renner schrieb zwar Tas für
Tag denselben Artikel, immer wieder über Ver-
snssungsreformen und Autonomie, was er dabei
tibsr die Autonomie der Völker sagte. WW Zudem
kicher schief und Schreibtischkonstruktion. — aber
>s war doch sicherlich die Arbeit eines deutschen
Mannes, der auf seiire Art seinem Volk Ar nützen
vünschto. Dazu las man die ganz ausgezeichneten
Betrachtungen über die militärische Lase von Karl
Leuthnex. denen man deutlich anmerkie, wie
Hertz hinter den parteimässig göd (impften Sätzen ein
letdeMchaftliches deutsches Herz über die gesta dei
per gsrmanys jauchzte. Und schliesslich kam dann
auch immer wieder ein besonderer Anlatz, bei dem
der alte unvergessene Engelbert Pernor star-
ker in seiner sonnigen Vollnatur sich vernehmen
ließ. Das alles hat sich inzwischen gründlich geän-
dert. Alle Macht und aller Einfluß bei der „Ar-
beiterzeitung" sind nun in die Hände des Herrn
Austerlitz und des als überzeugter Bolschewik
aus russischer Gefangenschaft zuvückgeksbrten Dr.
Waner übergegangen und heute ist das Organ
der deutschösterreichischen Sozialdemokratie ein
ausgesprochenes Sowjet-Blatt, das
Mit ausgesuchter Gehässigkeit alles, was deutsch ist,
verhöhnt und bespeit.
- In solcher Not hat eine Anzahl mutiger und
hochherziger Männer sich entschlossen, für das
deutsche Volk Oesterreichs, soweit es nicht in der
christlich-sozialen Partei seine Vertretung findet,
in Wien «in sauber fundiertes und suber geleitetes
unabhängiges Tageblatt zu schaffen. Die
Vorarbeiten reichen schon manches Fahr zurück die
Opfer, die von einzelnen gebracht wurden, swingen
zur Bewunderung: einen kenne ich. der ohne eine
Spur von Gewinnsucht, nur um seinem Volk zu
dienen, rund sine Million Kronen gestiftet hat.
Ob das ZHerk von Erfolg gekrönt sein wird, ist na-
türlich trotzdem nicht ohne weiteres zu sagen. Das
wird iim Wesentlichen davon abhängen. wie weit
es dem neuen Blatt gelingt, dis ansehnlichen geisti-
gen Kräfte Deutsch-Oosterrsichs zuammenzufassen
und Richtung weisend und -selber Beispiel gebend,
der verderblichen Selbstzerfleischung und -dem
Dang zur Svlittoerichterei an den eigenen Eesin-
nungsgsfäbrten entgsgenAtwirken. Keinem Zwei-
fel aber, scheint mir, kann es unterliegen, daß wir
im Reich allen Grund haben, diese Bemühungen
unserer österreichischen Volksgenossen zu unter-
stützen. Stattdessen erleben wir, datz allerlei Wie-
ner Konkurrensmcmöver bereitwillig ans Licht ge-
tragen werden, datz reichsdeutsche Blätter sich dazu
hergaben, das neue Unternehmen, noch bevor es
Gestalt und Loben annahm, nach den Weisungen
antinationaler Pazifisten und Sozialdemokraten
anguprangern und sozusagen es im Mutterleibs
schon aüzuwürgen. Das geschieht zu der gleichen
Frist, wo ein leider viel zu viel gelesenes Berliner
Blatt gutgläubiger Ahnungslosigkeit vor'chwin-
delt. nicht die Tschechen hätten das österreichische -
Elend verschuldet, sondern die Lösen Deutschen, die
sie fortgesetzt -vergewaltigten. Die Tschechen woll-
ten überhaupt nichts weiter als eine Umkehr der
deutschen und der österreichisch-ungarischen aus-
wärtigen Politik. Die Mittelmächte brauchten
nur dem wieder erstarkten Rußland die Hand zum
ewigen Bund su reichen und von Stund an wären
die Wenzelssöhne höchlichst befriedigt und mit von
der Partie.
Hat man denn bei uns rm Reich Sar kein Gefühl
dafür, daß dergleichen auf unsere österreichischen
Volksgenossen wie Peitschenhiebe, wie beabsichtigte
Kränkungen winken muß? Daß diese Deutsch-
Ssterrsicher in der Donaumonarchie unsere Sache
führen und leiden, weil sie sie führen? Daß wir
uns in das eigene Fleisch schneiden, wenn wir mit
ihren Tot feinden kokettieren und es für unser Teil
mithelfen, ihnen den Lebensspielranm. den ohne-
hin schmalen, noch mehr einzuengen. Erst dieser
Tage schrieb mir ein österreichischer Freund, der da-
neben eine Zierde deutscher Wissenschaft M: ,Hch
lebe, man findet wenig Bundesgenossen in dem
Kampf gegen die irrlichternde Literatenbande, die
angesichts aller Zeiterlebnisse fröhlich weiter vom
versöhnlichen völkevv erbrädernden Westösterreicher-
tum faselt . . . Warum müssen das immer wir
vier oder fünf predigen und finden sich keine am
deren?" Ja, warum? . . .

England der Feind des Friedens
Von einer ausgezeichneten Quelle wird aus
dem Haag berichtet, daß das holländische Mini-
sterium Cort van der Linde erklärte, es denke
nicht daran, irgendwelche Friedensinitiativen zu
ergreifen und begründet diese Mitteilung damit,
datz ihm erst vor kurzem von London aus bedeutet
wurde, daß England in jedem Friedens-
schritt eines Vermittlers eine unfreund-
liche Handlung erblicken müsse.
Bratianus Sündenregister
Das Neue Pester Journal veröffentlicht eine
Unterredung mit einein rumänischen Politiker, der
mitteilte, daß dis Anklage gegen Bra-
tianu unbedingt erhoben werden wird. Hierbei
fordern alle Parteien folgende Anklagepunkte:
Bratianu hat ohne Befragung der Volks-
vertretung den früheren Alliierten Oesterreich-Un-
garn und Deutschland den Krieg erklärt, nachdem
er sogar das Wort des Königs miß-
braucht hat. Trotzdem er über die militärische
Lage des Visrbundes vorzüglich unterrichtet war,
informierte er den König falsch. Bratianu
hat mit der Entente den Bündnisvertrag eigen-
mächtig abgeschlossen und blotz eine ungenü-
gende militärische Hilfe von 6V 00V MMn von
Rußland gefordert. Trotz dieser geringen Zahl
verschleierte Bratianu dem Lande die Wahr-
heit indem er das Gerücht von der Ankunft vom
LOO 000 Russen verbreiten ließ. Nach der Kata-
strophe war Bratianus vornehmster Gedanke, seine
riesigen Weinvorräte und andere Güter nach der
Moldau in Sicherheit zu bringen. Während Tau-
sende von Verwundeten in einer furchtbaren Kälte
mit offenen Wunden tagelang marschieren mutzten
rollten ganze Züge mit Bratianus Gütern nach der
Moldau. Ferner wird Bratianu beschuldigt, un-
erhörte Unterschleife von Staatsgeldern
geduldet zu haben.
Wie es scheint, kennt Marghilonmn die
„Schwächen" der Partei der Beutevolitiker. Oder
besser gesagt, ihre Stärke die Wurzel ihrer Kraft.
Anhänger des Ministerpräsidenten haben nämlich
in der Kammer einen Antrag eingebracht, der
die Neuordnung und Umwandlung der gro-
ssen Bodenkreditbanken verlangt. In die-
sen spielten die Leute um Bratianu bisher die
entscheidende Rolls. Die Gelder der Banken flössen
nicht nur als Gewinne in die Taschen der libe-
ralen Parteiführer. Ebenso wurden die Wahl-
kosten damit bestritten, so daß es anderen Par-
teien so Lut wie unmöglich war, sich gegenüber
dem Klingel der Beute- und Gewinnfäger durch-
zusetzen. Die Neuordnung der Bodenkreditbanken
fügt sich organisch in das Agrarvrogramm. das be-
stimmt ist, die unbeschränkte Herrschaft des Bo-
iarengeschlechtes zu brechen. Der Krieg hat Ru-
mänien eine Schuldenlast von zehn Milliarden
Lei gebracht, von der allerdings jene Milliarden
abgesetzt werden müssen, die Hilfsgelder des Viel-
»U!« m —c --1 UV !17"'

verüandes darstellen. Wenn die Regierung
Marghilomans eine kräftige und gesunde Wirt-
schaftspolitik treibt, so wird das Land im Rah-
men des mitteleuropäischen Blockes in absehbarer
Zeit über die Krisis hiawegkommen, in das es
durch Abenteurer und Beutevolitiker gestürzt wor-
den ist.
Hollands Schmach
Prof. Sleeswisk in der Toekomst schreibt fol-
gende bittere Worte:
„Wer noch ein niederländisches Herz in der
Brust trägt oder doch den letzten Rest davon, dem
ist es in diesen Tagen ausserordentlich schwer ge-
worden, seine Ruhs zu bewahren. Hollands
Verkehr mit seinen Kolonien, die wir schon
ganz unter Verbandsaufsicht gestellt hatten
wird sogar unter dem Schutz der eigenen Ma-
rine nicht möglich sein. Welch em jämmer-
liches Schauspiel! Die Regierung rüstet ei-
nen Eeleitzug aus. mit dem sie in erster Linie Re-
gierungsbeamts und staatliche Güter nach Indien
bringen lassen will. Man wollte ein Kohlenschiff
mitnehmen, um fremde Häfen meiden zu können,
und das geleitende Kriegsschiff sollte das Symbol
unseres Rechts auf das freie Meer sein. Was ge-
schieht aber? England greift einfach ein,
als ob wir eine Negerrepublik oder ein kleiner
mittelamerikanischer Banditenstaat wären, un-
tersucht Fahrgäste und Güter und wir
lassen das alles zu. Der Verband droht
und wir geben nach. Herr Rambonnet (der
niederländische Marinemiaister), bedankt sich dafür
noch länger Minister für einen Haufen wertlosen
und alten Eisens zu spielen. Schon ist es gegen-
wärtig keine Freude mehr, ein Holländer zu sein;
aber es muss eine förmlich« moralische Folter sein,
fetzt ein holländischer Offizier zu heissen. Lasst uns
die Flotte an den Meistbietenden verkaufen., und
das Heer nach Hause schicken. Wr sind fa doch für
die Annexion reif".
Der polnische Heeresgesetzeniwurf
Der Entwurf des polnischen Heeresge-
setzss, der dem Staatsrate vorliegt. sieht nach
den Blättern aktiven Heeresdienst und
Hilfsdienst vor. Die Dienstpflicht beginnt
mit dem 18. und endet mit dem 50. Lebensjahrs.
Der Dienst im stehenden Heere ist zweijährig, so-
dann Reserve, Landwehr und Landsturm. Hilfs-
dienstpflichtig (nur im Krieges sind alle nicht un-
ter die Waffen Gerufenen vom 15. bis 60. Lebens-
jahre. Befreit vom Heeresdienst sind die geweih-
ten Kavläne und Mönche, Pastoren der Mangel.
Konfessionen, sowie die Vorsitzenden der jüdischen
und anderen Kultusgemeinden. Abiturienten der
Mittelschulen oder solche, die mindestens sechs
Klassen mit Erfolg besuchten, können einjährig-
freiwillig dienen. Der Staatsrat -oder Landtag
setzt das jedes Jahr einzuziehende Kontingent fest.
Aus den Uebergangsvorschriften sei erwähnt, datz
der Dienst in den polnischen Legionen
oder anderen polnischen Truppenteilen während
dieses Krieges als Heeresdienst gilt. Die Dienft-

Rietzer im HaupLausschuß
Daß sich unser Reichstagsabg. Dr. Rießer in
vorbildlicher Weise gerade aus dem Gebiet der
Wirtschaftsfragen stets von neuem betätigt, davon
legen die Verhandlungen im Hcmptauschutz des
Reichstags beredtes Zeugnis ab. So besprach er
unlängst den zweitcn Teil des Wirtschaftsab-
kommens, worin Rumänien an Deutsch-
land und Oösterreich-Ungarn für 1918 und 1919
seine Ueberschüsse an Getreide, Nahruirgs- und
Futtermitteln verkauft hat. und worin es diesen
Staaten ein Optionsrecht auf die Ueberschüsse in
den gleichen Erzeugnissen von 1920 bis 1927 ein-
räumt. Er forderte die Regierung auf von diesem
Optionsrecht nur im Fall absoluter Notwendig-
ke i t Gebrauch zu machen, da sonst ernstlicher Wi-
derstand auch in Bezug auf die Lieferung indu-
strieller Rohstoffe von denjenigen anderen:,
insbesondere überseeischen. Staaten zu erwarte,»
sei, von denen wir im Frieden Getreide bezogen
haben, z. B. Argentinien. Dies M auch im In-
teresse unserer überseeischen Schiffahrt notwendig,
da diese sonst auch keine Rückfrachten in über-
seeischen industriellen Rohstoffen erhalten wird.
Unter keinen Umständen darf aber auch hier wie-
der der direkte deutsche Handel ausgeschlossen!
werden. Der deutschen und österr.-ungarischen Re--
gierung mutz das.Recht Vorbehalten werden, das
vereinbarte Vesussrecht auf die Ueberschüsse Ru-
mäniens an Nahrungs- und Futtermitteln an
deutsche Kaufleute abzutrsten. Die Regierung soll
dafür sorgen, datz alle Ueberschüsse. die aus Ru-
mänien zu erhalten sind, auf dem im Frieden üb-
lichen Wege zur Verteilung an di« deutschen Ver-
braucher kommen.
Auch bei der 2. Lösung der neuen Steuer-
vorlagen im Ausschuß hat Herr Dr. Rieß er
wiederholt eingegriffen. So wurde namentlich
beim Stempelgesetz eilte Reihe von Anträgen
Dr. Rietzers angenommen. Z. B. der erhöhte
Stempel für Gesellschaften m. b. H., di«
nach dem Inhalt des Eesclisch rftso e >.t rage s oder
auch nur tatsächlich den Erwerb oder die Verwer-
tung von Grundstücken betreiben, wkck beschränk
auf den Erwerb und dis Verwertung von „inlän-
dischen Grundstücken". Die den Kolonialgesell-
schaften eingeräumte Steuerermäßigung soll durch
den Bundesrat auch solchen deutschen Mtiensesell-
schafton und Gesellschaften m. b. H. zugebilligt
werden, die ein Unternehmen in einem deutschen
Schutzgebiet oder in dem Hinterlaede eines deut-
schen Schutzgebietes oder in sonstigen, einem deut-
schen Schutzgebiet benachbarten Bezirken zum Ge-
genstand haben Weiter beantragte Dr. Riessri
eine Erweiterung der Steuerfreiheit für g e-
meinnützige Gesellschaften. Nach del'
Vorlage sollen dies« Gesellschaften von der Stenn
pelabgabe befreit bleiben, wenn sich der Reinge-
winn satzungsgenM auf eine höchstens 5vroz.ntig«
Verzinsung der Kapitalseinlagen beschränkt usw
Ein Antrag Dr. Rietzer will als neuen Absatz hin-
zufügen, daß die oberste Landesfinansbehöcke er-
mächtigt sein soll, im Einvernehmen mit dem
Reichskanzler die Befreiung auch dann zu bean-
tragen, wenn die Gesellschaft satzungsmäßig eilt«
höchstens övrozentige Verzinsung der Kavitalsein-
lagen gewährt. — Much dieser Antrag wurde ans«
nommen.
Beim Aktienumsatz stempel griff Dr. Rie^
ber in die Erörterung ein, die mit 'der Annahmt
eines interfraktionellen Kompromitzantvages uM
des Antrages Rietzer endete, nach dem der Stem-
pel u. a. auch dann nicht erhoben wecken soll
„falls den Gegenstand des Geschäfts Schatz anwei-
sungsn des Reiches oder eines Bundesstaates bil-
den, die längstens innerhalb dreier Jahre nack
dem Tage des Eeschstäftsabschkusses zur Rückzah-
lung fällig find."
* Der Besieger der Hereros, General der Iw
fanterie Lothar von Trotha, feiert heute seines
70. Geburtstag. Er ist Ritter des Poux le Mch
rite und lebt seit 1906 im Ruhestand in Godes?
berg.

Heidelberger Akademie der
Wissenschaften
(Stiftung Heinrich Lanz.s
Sitzung der Philosophischen Klasse
am 22. Juni 1918
Vorsitz: Herr Bezold.
Herr Braune legte eine Arbeit von Pros. Dr.
G- Neckel (Heidelberg) vor: „Studien zu
dsn germanischen Dichtungen vom
Weltuntergang". Unter den Figmen und
Motiven des nordischen Ragnarök bedürfen noch
der Erklärung Frey. Surt. die Muspellssöhne und
der Weltbrand. Die vergleichende Interpretation
der Quellen zeigt, dass der Kampf des Götter-
herrschers Frey gegen Surt, den Anführer der
Muspellssöhne, älter ist als der Kampf des Göt-
terherrschers Odin an der Spitze der Einherier
gegen den Wolf und sein Gefolge, und datz der
Sage von Freys Fall ursprünglich Vali als der
Rächer angehört hat,. Der Weltbrand. wie ihn
die (Wdalieder übereinstimmend schildern, ist von
dem jüdisch christlichen GerichtsjÄuer fermuhalten;
er hat sein Gegenstück und mutmassliches Vorbild
vielmehr in Indien. Aber wie die deutschen Denk-
mäler zeigen, hat man im neubekshrten Deutsch-
land den Weltbrand mit dem christlichen Weltge-
richt in Verbindung gebracht und den Muspell-
dämon der es entzündete, auf dieses bezogen. Die
althochdeutschen und altsächsischen Verse vom Mu-
spilli hängen durch vorchristliche mündliche Dich-
tung zusammen mit den Eddaliedern und zeigen
dadurch die Wegrichtung, in der diese Vorstel-
lungsgrüpps gewandert ist.
Die Klasse nahm ausserdem dsn Bericht der
Herren Bezold und Voll über die Verhand-
lungen auf dem am 7. und 8. Juni zu München
übsehalteMn Kartelltag der deutschen
Akademien und gelehrten Gesell-
schaften entgegen, wobei sie sich an den Arbei-
ten der Kommission zur Herausgabe mittelalter-
licher BMiotheskatalogs mit f« 500 Mark auf 5
Jahre und an der Förderung eines von der Säch-
stschen Gesellschaft der Wissenschaften unternomme-

nen Arabischen Wörterbuches mit ie 300 Mark
aus drei Jahre beteiligt hatte.

Rudolf Presber
Zu seinem 50. Geburtstage. 1. Juli.
Das wird gewitz ein recht heiterer „FünfziLster"
werden, für Rudolf Presber sowohl wie auch für
Lis Festteilnehmer: denn der Dichter hat die Got-
tesgabe. all und jedem, was ihm begegnet und
was er erlebt, dis beste Seite abzugewinnen. Viel-
leicht wird Presbers Palette, die bisher in Früh-
lings- und Sommerfarben strahlte, jetzt, wo er nun
allgemach ins „reifere Mittelalter" eintritt, mehr
zu herbstlichen Tönen übergehen, aber er wird fort-
fahren. auch im Herbstglanze die Welt su lieben,
die Schönheit und die Frauen zu bewundern, sich
an einem edlen Glase Wein zu erfreuen und vom
Leben in sich aufzunehmen, was seine Sinne zu
fassen und zu halten vermögen. Das ist sein Los,
das ist sein Glück: das ist seine Persönlichkeit und
sein Schaffen. Natürlich ist er Rheinländer: rhei-
nische Lebenswärme ist über Mann und Weik voll
ausgsgossen. Sein Großvater war noch Bürger-
meister im weinseligen RLLesheim, sein Vater aber
lehrte in Frankfurt Literatur, und in einem ange-
regten Haufe, wo zahlreiche literarisch bedeutende
Persönlichkeiten verkehrten, durfte Presber ein«
glückliche Jugend verleben. Sie wurde auch nicht
'dadurch sonderlich getrübt, datz er auf dem Gym-
nasium zeitweilig a-g ins Hintertreffen geriet, zu-
mal, da er dann in Karlsruhe unter der Leitung
des trefflichen Direktors Werbt sich noch zu einem
sehr guten Schüler entwickelte. Das Abitur war
gemacht — die goldene Studentenzeit öffnete sich,
und wenn einer, so hat sie Rudolf Presber in
Freiburg und in Heidelberg voll genossen.
Ein Stück von einem Bruder Studio ist er ja im
Grunde immer geblieben. In Heidelberg tats ihm
vor allem der geistvolle Kuno Fischer an. und
mit einer Dissertation über Schopenhauers Aesthe-
tik erwarb er sich den Doktorhut. Schalkhafte
Ironie des Schicksals, datz dieser Dichter der Le-
bensfreude sich justament in Schopenhauer versen-
ken sollte, aber Presber hat immer doch auch

einen Blick in die dunklen Hintergründe des Le-
bens. ja selbst für das Mystische gehabt und be-
halten.
Sein äußerer Lebenslauf hat sich dann einfach
genug gestaltet. Erst fünf Jahre Redakteur in
Frankfurt, dann im Jahre 1898 Usb.erfirdlung nach
Berlin, und dort bewohnt er nun schon seit Jahr
und Tag sein behagliches Dichterheim im Grüne-
wald und entwickelt eine außerordentlich frucht-
bare Produktion. - Er ist TagesfchrMKellcr. Kri-
tiker. Novellist, Bühnendichter und Lyriker. Dieses
letztere wohl vor allem. Presber ist geborener Ly-
riker, beherrscht die klingende Form mit seltener
Leichtigkeit, weiß dis Gedanken glücklich zu ordnen
und zu formen, und wenn hier und da einmal
Heine oder ein anderer durch die Falten seines
Dichtergswandes hsrvorguckt, so lebt dock so viel
ursprüngliche Frischs und Wärm«, Behendigkeit
und Schlagkraft in Presbers Eödichien. daß man
sie sicher und getrost als Eigen-ewächs. und zwar
als solches von guter Rasse ansprechen kann. Was
er behandelt? Diese Frage wird eigentlich am
besten durch den Titel seines so außerordentlich be-
liebt und bekannt gewordenen Skizzen- und No-
vellenbuches „Von Leutchen, dis ich lieb gewann"
beantwortet. Presber sagt es und er weiß es
selbst recht gut. daß er in Prosa und in gebundener
Rede nur das schildern, nur davon reden und fingen
kan-ir, was er wirklich erlebt hat. tlnd -am liebsten
von dem. was er lieb gewonnen hat. Früh.ing
und Sommer, der Rhein und der Miein. d e schöne
Welt, die Jugend und die Liebe: alte Themata,
aber von Presber in neuen, erfreulich Hellen und
munteren Tönen besungen. Und zu denen, die er
lieh gewann, gehört natürlich als unentbehrliches
Gegenstück auch die, die er sar nicht UcL g wann:
die Philister, die so manchen schneidigen Studen-
tenLieb von ihm hinnehmen müssen.
Mit den Jahren hat dann Presber fesiJSchaf-
fensgebiet erweitert und sich besonders auch um
dis Lorbeeren der Bühne beinüht. Mit dem ge-
meinsam mit Kadelburg verfaßten Schwank „Der
dunkle Punkt" hat er einen herzhaften Erfolg er-
rungen, während andere Bübnenschspfungen, wie
vor allein „Die Dame mit den Lilien"'seine Be-
Labung auch für Bühnemverke von ernstem künst-

lerischem Gehalts bewährt haben. Schaffenslust
ur/d Schaffenskraft. Lebens- und Genußireude, reü
ches Erleben, Erfolg und behagliche Existenz — ja;
uran mag ihn wohl ein Glückskind des LebenK
nennen, diesen Fünfzigjährigen.
Schlangenfang mit bloßer
Hand
Der durchschnittliche Mitteleuroväer hat ein«
Scheu davor, eine harmlose Schlange auch nm zu
berühren, und wenn er irgendwo im Freien eins«
Giftschlange begegnet, umgeht' er dieses gefähr«
liche Tier am liebsten sorgfältig. Die ägyptifchei»
SchlailgLnbeschwörer aber fangen gefährliche Gift«
schlangen, nämlich Kobras, und anders mit b,s
bloßen Hand. Ein Deutscher, Max Din gl er«
der Lpug« einer solchen Schlangenfagd war. berich-
tet darüber in dem unter dem Titel «Aus alles
Welt" erscheinenden neuesten Hefte der „Siiddeuts
scher, Monatshefte".
Bef seinem Aufenthalte in Aegypten. — ink
Jahre vor dem Kriegsausbrüche — lernte er iu
Luksor einen berühmten Schlangenbeschwörer na-
mens Müssa-el-Hawi kennen, der ihn und drei
andere Deutschs auf die Schlangenfagd in den
Tempelruinen mitncchm. Mussa hatte nichts bei sich
als einen kleinen, dünnen Rohrstock; ein anderer
Araber trug ihm einen Korb nach. Seins eigent-
liche Waffe ist ein Zauberspruch, den er im Gehen
fortwährend feierlich und mit einem ssltsa-meu
Betonungen vor sich hsrsast. Manchmal klopft et
dabei auf einen Stein, nirgends hält er sich auf
nur vor tiefen Mauarlöchern verweilt er etwas
um seine Litanei hinein zu deklamieren. Unauf
hörlich rezitiert er um so feierlicher, fe grösser dii
Ätahrscheinlichkeit ist, dass hier eins Schlange ver>
steckt sein könnte. In dem Spruch kommen auf-
fallend viele a vor; die r schnarrt er immer ein«
Zeit lang. Achmaderrrrri ist das häufigste Wort
neben dem Namen Soleiman. Hassan, Moham-
med und Allah. Dingler gibt einen seiner Verse,
dis er dem Massengesang ferner Frösche vergleicht
folgendermassen wieder: „Mohammed - Asnai el
Allah - Soleiman - Achmaderrrrri - Hassan". Das
Deklamieren wirkt nicht im mindesten auf di"

«r. 152
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