Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55371#0067

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 161

Heidelberger Zeitung

Samstag, den 13. Juli 1913

Fernsprecher Nr. 82

Seite 3

Aus Stadt uns Umgegend

* Die Heidelberger Vürgerstiftung. Beinahe 4
Jahre ist das Heidelberger Bataillon
ein Teil des lebendigen Walles, der uns in der
He.binar umgibt, der unsere trauen und Kindes
UN,er Lehen Mrd unseren Besitz schützt. Viele die-
ser Helden sind gefallen, andere Kriegsinvaliden
und viel werden später in ihrbr Leistungsfähig-
keit herabgesetzt dem vollen Kampf um das er-
schwerte Dasein nicht gewachsen sein. Für diese
Helden wollen die Bürger Heidelbergs eine Stif-
tung errichten. Sie ist bssÄmmt. für diefenigen
heiimkchrenden Unteroffiziere und Mann-
schaften unseres Heidelberger Bataillons, die
tn der ersten Zeit nach dmn Kriege der Hibfe be-
dürfen, vor altern für Verwundete, Kranke und
solche, die zum Wiederaufbau ihres Daseins Hilfe
benötigend Wird es da noch einen Heidelberger
»eben, der nicht gerne und reichlich spendet? Alle
Banken, alle städtischen Kassen und eine Reihe von
Geschäften in allen Stadtteilen nehmen Spenden
un, auch die kleinsten'Beträge sind willkommen.
* Der Akademische Bund in Heidelberg. Mm
Mittwoch abend fand im HLrsal 13 die erste öf-
fentliche Sitzung des Akademischen Bundes unter
de!m Vorsitz von Frl. cand Ml. et hist. Käthe
v.chinsky statt. Der Akadeimiscks Bund besteht
sert 1S14 an der Universität Frankfurt a. M. und
war hier die Gründung einer Ortsgruppe be-
«bsnhtigt. Frl. Schinskq erstattete einen Bericht
Mer die allgemeine Studententagung im Februar
lull in Frankfurt a. M.. wo Vertreter der Stu-
denten aller Hochschulen anwesend waren. Es
tollte auf dieser Tagung ein Zusammenschluß der
.«chamten Studentenschaft angebaihnt werden. Der
,»»gemeine Studententag, der damals für Jena
veplayt wurde, hat jetzt stattgsfunden und es sind
schon erhebliche Fortschritte zum Zusammenschluß
»u verzeichnen. Im Grunde verfolgt der Akade-
Wf.ch^ Bund Mch kein anderes Ziel als das der
Markung dos Gemeinschaftlichkeitsgefühls zwi-
schen den Studierenden. Er will ferner daneben
Zusaminengehen der Dozenten mit der aka-
dcnnschsn Jugend. Das höchste Mel des Akademi-
Men Bundes ist sein Bestreben, die studierende Ju-
bEM in enge Fühlung mit den geistigen Führern
«sseres deutschen Volkes zu bringen. Der Bund
» k jung aufstrebenden Talenten die Wege
Mr Entfaltung ebnen. In dieser Absicht veran-
t " Vorlesungen. Rezitationen aus unver
Msentuchten Nachlässen und nähert sich damit den
^enrebungen des Theaterkulturverbands, dem er
Manzend zur Seite stehen soll. Es sollen alle
«Nchtungsn des geistigen Lebens zu Wort kommen
Bund keine Stellüng in vartei-politi-
V». studentischer und reliMser Beziehung. Nach
sLAuevung der Fiele des Ak. Bd. leitete Frl.
di« Diskussion ei», die unter anderem
einer Aussprache und Verständigung mit
.rtreter des neugsgründeten Bundes
LTä^ch-Mtionaler Studenten führte. Die Vor-
NMNde des Ak. Bd. machte den Vorschlag, sich da-
einigen, da die deutsch-nationale jStudsn-
ar»? Grundforderlungen mit denen
ll' durchaus übereinstimmt nur »nit dem
LMch^sd, daß ste mehr politischen Charakter
Wbn!- W-.Wate eine Teilung der Aufgaben am
» »Hb- Wademlsche Bund übernimmt olfp z.
^A^.^Erisch ästhetische Seit« und die deutsch-
budentenschast tritt für das Politische
« ausgeschlossen ist. daß der Aka-
MLmische Blind auch einmal über Politik reden
»eplant^ ^0. Juli ist di« erste Veranstaltung
m»i^Äb«tlicher Vortrag im Bund deutsch-natio-
Studenten. Am kommenden Samstag. 20.
tn der hiesigen Ortsgruppe des Buüdes
rrat des Neuen Kollegienhauses, Hof-
? cki'berg - Prag, ein gediegener
deutschnationalen Verhältnisse, über
lpre-b^Es- und Zukunftsfragen Oesterreichs
' * ^°beres wird noch Lekanntgegeben.
^irtick^I^^5 ^°?^^Ealender. Die Kriegs-
^ibt ^ur das deutsche Zeitungsgewerbe
Beifügung von Ka-
Ralwen^d^ Abdruck des Kalenders im
Tch in d^Lm Esen der Pazierknappheit
Kuna m ^re verboten und die Usbertre-
5 n« dieses Verbotes unter strenge Straffe gestellt

x Ergebung in sein Schicksal ist dis erste For Ä
v "^ung der Natur an den Menschen. Z
Friedrich Maxin, von Klinger m
. Gespenster des Glücks

Roman von Alfred Maderno.
>s- Fortsetzung.)
si»- 'hr M denken und begannen sich an
kort S» wenden, suchten ein Plätzchen
»ad "s sie verweilen zu wollen schienen,
UE sich eingerichtet hatten, begann eine
Ltrmm- f^rmmung von ihnen auszugehen, eine
teni-Ab uW von ihnen zu lösen, eigenartiges, mei-
d-Lt -Ab Glockenläuten, das ihr aufgestörtes Ge-
Lckiilu"^- saug und ein leises Gefühl von
E sie mit Güte zu tilgen sich sehnt«, in
^rwrckle.
kche^M^ oft HMen auch diesmal ein paar ein-
ihres Vaters so tiefen Eindruck auf
KoraEesühle heraus hatte
p begonnen zu ahnen, um wes-
>en und einander gut zu sein vermö-
pLi» ' anderes wünschen können, als
Motte herzugehen. So einfache
p! ne sich gsgensettig vor die Füße
Und so.führte sie"ihr
Blumen em ganzes Menschenleben hin-
'eTmAGeda-A-^b" As Vaters hatte Nora diese
Kr. MnE "den empfangen, und sie vermochte
2iebe sa^ Erstehen, die mit abgöttischer
v t'ef Ui ihrem Vater auf. fühlte
^^svrel und ahnte nur das eine
Litern nur dem einzigen Kinds seiner
De, w aA" A. ihre Liebe zu begreifen.
belaß leine Ahnung davon, daß
vüHnd A Ae unscheinbarsten, so tief auf
öes -u ^"Uen. Er hatte seitdem man-
nebr Ahör.'r,L^^ag^ u-as Nora jedoch nicht
?Er A die Worte di« der Vater
r- ' chrer Mutter gesprochen hatte, erfüllten
ie mit rener Nachdenklichkeit, die ihr in dieser
-- i.ndc gerade willkomnien war.__

* Eine Alt-Heidelbergerkolonie am Dnjepr.
Der Kriegsberichterstatter Fritz Wertheimer
erzählt in der Frkf. Ztg. über einen Besuch bet
deutschen Kolonisten am Dnjepr. »Wir fahren zu-
erst nach K l osterdorf. wo die Kirche etwas
früher zu Ende geht. Beim Ortsschulzen werden
wir freundlich ausgenommen und dort versam-
meln sich viele der Kolonisten. Ein Teil von ih-
nen soll ans Oesterreich gekommen sein, aber ein
anderer erzählt im reinsten Dialekt: »Mir feie
von Heidelberg, der Vatter Hots ssagt
mir stamme vunn do her".
* Stadttheater. „Christian Morgenstern-Abend".
Aus den heute abend stattfindenden Unterhaltungs-
abend sei nochmals hingewiesen. Besonderes In-
teresse dürfte es erregen. daß Herr Maur das
merkrvüüdig groteske „Das große Lalula", das als
eins vorseahnte Parodie auf den Dadaismus an-
gesehen werden kann, sowie das originelle.Gedicht
ohne Worte .Fisches Nachtgesang", das bis jetzt als
unvortragbar galt, auch zum Vortrag bringen
wird. Anfang 8 Uhr.
* Fahrplanändrrungen treten ab Montag, 15.
Juli, wie folgt in Wirksamkeit: Zug D 36/D 32:
Berlin Anh. Bf. ab 8.08 vorm., Halle an 10.83, ab
11.01. Wüvzburg an 6.18, ab 6.23. Mosbach ab
8.88. Neckarelz ab 9.03, Eberbach ab 9.28, Hei-
delberg an 9.87. ab 10.05 sAnschlub an Schnell-
zug D 162 nach Karlsruhe, Heidelberg ab 10.02
nachmittags). Mannheim an 10.28. — Vom glei-
chen Tage an wird der Fahrplan des Zuges 388,
bisher Lauda ab 7.00 nachm.. Lis Neckarge-
münd wie folgt geändert: Lauda ab 7.28 nach-
mittags, Mosbach an 9.82, ab 9.58, Neckarelz an
9.59, ab 1O.V6. Neckargerach ab 10.20, Zwingen-
berg ab 10.26, Cberbach an 10,40, ab 10.43. Hirsch-
horn ab 10.88. Neckarhausen ab 11.08, Neckarsteinach
ab 11.12, Neckargemünd an 11.20, ab 11.21 und
weiter wie vorgesehen.
* Der badische Landesverein der Gustav Adolf-
Stiftung hält am 16. und 17. Juli hier in Heidel-
berg seine Jahresversammlung ab. Sie
wird mit einer gottesdienstlichen Feier am Diens-
tag. 16. Juli abends 8 Uhr in der HeiitiggeWirche
eröffnet. Dabei werden sprechen: E-öh. Kirch nrat
Prof. Dr. R endtorff- Leipzig über das Thoma
„FriÄdensarbeit des Gustav-Adolf-Vereins in den
Kriegsgebieten Ost - Europas und des nahen
Orients, nach persönlichen R-eiseeindÄcken", und
Dekan ÖrenAi aus Siebenbürgen, über dis Ver-
hältnisse in seiner Heimat. Der Kirchenchor winkt
mit. und es wird eine Kollekte Zu Gunsten des
Gustav-Adolf-Vereins erhoben. Am 17. Juli fin-
det morgens lblO Uhr eine gchchiWl-chr Beratung
im Gemeindesaal in der Karl LuÄWiMratze statt.
* Sein Eiihriges Ehejubiläum feiert heute das
Privatmann Heinrich Christsche Ehepaar in der
Fahrtgasse.
* Auszeichnung. Dem Grenadier Peter Heß
von Handschachsheim. im Leib-GrenaidierMegt. 10g.
wurde das Eiserne Kreuz 2. Kl. verliehen.
* Im Gemeindeoerband Heidelberg-Land wär
seither den Sammlern von Lesefrucht ge-
stattet, diese zu behalten und ohne Anrechnung auf
die Brotkarten oder den Versorgungsanspruch mit
einem wvff Lesefrucht lautenden Mahlschsin vermah-
len W-lassen. . Nachdem die Reichsgetreidestelle
dies beanstandet hat, dürfen nunmehr von den
Bürgermeisterämtern Wahlscheine auf Lesefvucht
nicht mehr ausgestellt werden. Die Sammler von
Lesefvucht haben diese gegen Bezahlung an die
Kommissionäre abzuliefern.
* Unfallversicherung der Schüler. Das bad. Un-
terrichtsministerium hat mit einer Berliner Le-
bsNÄvsvsicherungsbank einen Vertrag abgeschlossen,
durch welchen diejenigen Schüler und Schülerinnen
der höheren Lehranstalten, die zu Hilfskolonnen
zulsammsngsschlossen bei landw. Arbeiten mithel-
ffen, gegen Unfälle, die sie Lei landw. Arbeiten er-
leiden. versichert sind. Desgleichen sind auch die
örtlichen Vertrauensmänner und die Führer der
Kolonnen versichert worden.
* Bezugscheine für Kleider und für Wäsche sollen
nur ausgestellt werden gegen Abgabe gebrauchter
Kleidung und WUche, um die bedürftigen Bevöl-
kerungskreise damit zü versehen. Die Reichsbeklöi-
dungsstelle Hat deshalb ängeordnet, daß künftig vor
Ausstellung eines Bezugscheines regelmäßig von
dem Antragsteller schriftlich fein Bestand an den
betreffenden Gebraüchsgzgenständen anzugeben ist.

Die Behörden haben stichprobenweise häusliche
Nachprüfungen dieser Bestandswersicherungen vor-
zunehmen. Unrichtige Angaben sind strafbar.
* Zur Förderung der Kinderpflege bat der
Zweigausschuß für den jüngst abgehaltenen Kinder-
Lilfstag 2400 Stück „Ratschläge zur Ernährung der
Säuglinge" an die aus diesem Sachgebiet tätigen
Anstalten sowie besonders an die Stadt- und an die
Laüdsäuglingspslege im Bezirk Heidelberg vertei-
len lassen.
* Wem gehört das Geld? Cs wurden ausgefun-
den: Am 28. April aus dem Bahnhof in Heidel-
berg ein Geldmäppchsn mit 30 M: am 6. Juni im
Zug 482 ein Damentäschchen mit 20,70 M.. abge-
liefert in Cberbach : am 17. Juni im Zug 983 ein
Geldbeutel mit 10,13 M., ab-geliefert in Heidelberg.
* Schadenfeuer. In dem Anwesen des Gärt-
ners Fißlsr, Gaisbergstraße 97, brach heute
morgen segn 8 Uhr Feuer aus - Es waren in
dem hinter dem Haufe gelegenen Magazin. Gärt-
nerutensilisn und dergleichen in Brand geraten.
Das Feuer konnte in verhältimsmäkig kurzer Zeit
von der Bahnhafsfeuevwehr, sowie der 2. Kom-
pagnie der Freiwilligen Feuerwehr gelöscht wer-
den. Der Gebäudeschadsn beträgt ungefähr 1000
der Fähnisschaden 250 ,Mk. Die Ursache des
Brandes konnte noch nicht ermittelt werden.
* Polizeibericht. Zur Anzeige kam ein
Händler von Frankfurt der Johannisbeeren ohne
Erlaubnisschein aufkauste. Die Beeren wurden
beschlagnahmt. Angszeigh wurde ferner ein Wirt
wegen unerlaubten Schlachtens.
* Unfall. Ein Schlosser von Wieblingen
fiel in der Schnellpvesssnfabrik von einer Leiter in
Höhe von zweieinhalb Meter. Er hat sich dabei
schwere Verletzungen am Kopf zugezogen. Nach
Einlieferung in das Akademische Krankenhaus
starb er.
* Neu ausgestellt sind in den Aushän gekästen an
unfer-om Hause die Bilder: Der König von Sach-
sen bei der Marin«, der König spricht mit Landes-
kindern von der Besatzung der „Augsburg". — Bil-
der aus der Krim: Marktleben in Sewastopol. —
Bilder aus der Ukraine, Sewastopol: Blick auf
den Hafen mit russischen Kriegsschiffen.
Wiesloch, 12. Juli. Ein hiesiger Einwohner
hatte- sich aus Straßburg ein Paar Schuhe schicken
lassen. Sie kosteten 31 M. Beim Prüfen des un-
ter den Schuhen angebrachten Verkaufspreises fiel
es auf, daß der Preis abgeändert worden
war. Der ursprünglich auf 21 M. lautende Ver-
kaufspreis war in 31 M. umgeändert worden. Der
Käufer schrieb an das Straßburger Geschäft und
verlangte Aufschluß über diese Korrektur des Ver-
kaufspreises. Ein schriftlicher Aufschluß wurde
gar nicht gegeben, wohl aber kam dieser Tage eine
Postanweisung über 10 M. an den Käufer.
Konstanz, 12. Juli. Zu einer Kirschenwall-
fahrt ist es Ende letzter und Anfang dieser Woche
nach einigen BodeNseeorten gekommen. Vor al-
lem nach Hagnau sind viele Tausende über den
See gssahven. um ein Körbchen Kirschen su er-
haschen. Am Dienstag war der Zudrang zu dem
hier mittags 2 Uhr abgehenden Bodenseeschiff der-
art daß gegen 200 Personen nicht mitgenommen
werden konnten. Di« meisten kamen aber ohne
Kirschen zurück, dä die Orte wie Hagnau und Stet-
ten völlig ausverkauft - waren. Infolge dieses gro-
ßen KirschenauKauffs hat die hiesige städt. Kirschen-
versorgung vollständig -versagt. Für sie war es
überhaupt nicht mehr - möglich, Kirschen zu Ls-
komm-en.
Sport
* Städte - Wettspiel Heidelberg - Mannheim.
Sonntag nachmittag halb 6 Ubr treten auf der
Neckarwiese dis Besten Heidelbergs und Mann-
heims im Hockeysport gegenüber. Die Mann-
heimer Mannschaft setzt sich wieder wie beim er-
sten Troffen aus Spielern der MännheimerNasen-
Ipieler und Mannheimer Hocksyklu-bs zusammen,
Heidelberg wird durch die erste Mannschaft des
Hockeyklubs vertreten. Mit diesem Spiel, das
sportlich hochinteressant zu werden verspricht, stellt
sich der HockeykluL in den Dienst der Wohltätig-
keit. Der Erlös aus den Eintrittsgeldern wird
der „Bürgerstiftung" für das zweite BM. der
110er, dem dis meisten Mitglieder des Hockey-
klubs angehörün, zugeführt werden. Dis Jugend-
wehrkwpelle hat ihre Mitwirkung zngchagt.

Letzte Drahttzerrchte
Lichnowsky und das Aerrenhau-
Berlin, 12. Juli. Das Herrenhaus sollt«
heute in einer geheimen Sitzung über das Blei«
Len oder Ausscheiden des Fürsten Lichnowsk»
entscheiden. Es scheint su erheblichen Auseinan-
dersetzungen gekommen zu sein. Es ist unwahr»
schemlich. daß über den Beschluß des Herrenhauses
vorläufig etwas in die Oesfentlichkeit gelangen
wird, da im Falle der Ausschließung die Geneh-
migungdes Königs erforderlich wäre. sF.N.j
Die Anklage gegen Bratianu
Bukarest, 12. Juli. Aus Jassy wird amtlich
gemeldet: Im Laufe der Heutigen Kammersitzung
verlas der Abg. Stoici einen parlamentarischen
Initiativantrag auf A n k l a g e er h ebu n g ge-
gen die früheren Minister Ionel Bra-
tianu, Vintil-a Bratianu. Emil Joste-
nescu, Alerandru Constantin es cu, Vasile
Mortzun, Dr. Anghelescv und Take Jo«
nescu gemäß dem Gesetz über die ministerielle
Verantwortlichkeit. Der Antrag ist begleitet von
Anklagepunkten gegen di« Regierung, die Ru-
mänien in den unheilvollen Krieg verwickelt hat
Der Antrag war Gegenstand lebhaften Beifalls,
Gemäß der Kammerordnung und dem Gesetz über
die Minisievveraniwortlichkeit wurde der Antrag
den Büros der Versammlung überwichen, die
schnell die nötigen Formalitäten erledigen sollen
Die angebliche Ueberlegenheit der
englischen Luftflotte
über die deutsche zu hoch einzuschätzen,
warnt General Maurice seinee Landsleute. Zur
Zeit der Sommeschlacht sei die Ueberlegenheit zwei-
fellos bedeutend gewesen, aber die Deutschen
lernten schnell und sie hätten den Vorsprung
der Engländer inzwischen soweit ein geholt, daß
diese ihre Ueberlegenheit deutlich neu zu erringen
hätten. Maurice fügt hinzu, daß auch Amerika
den Versuch der reihen-weisen Schnellfabvikation
von Flugzeugen habe auffgeben müssen. Er schließt
aus alledem, daß man die Fl ugan griffe auff
deutsche Städte nicht in den Vordergrung
rücken, sondern hinter die wichtigere Tätig-
keit auf dem Schlachtfelde zurückstellen
müsse.

Freiburg i. B. 12. Juli. Die rechts- und staats-
wissenschaftliche Fakultät der Universität
Freiburg hat dem Generalimaior Friedrich,
in Anerkennung seiner Verdienste um die recht-
liche Sicherheit der deutschen Gefangenen im
feindlichen Ausland die Würde eines Ehren-
doktors der Rechtswissenschaften verliehen.
Berlin, 12. Juli. Den Pour le Merite
erhielten neuerdings: Kavitänleutnant Mar-
schall, der Leutnant der Reserve Kirchstein,
sowie der bayerische Oberstleutnant v. Haasy und
der sächsische Leutnant der Reserve Windisch.
WTB. Berlin, 12. Juli. sAmtlich.j Heute sind
im Auswärtigen Amt in Berlin zwischen dem tür-
kischen Botschafter Nakki Pascha und dem be-
vollmächtigten -Vertreter der russischen sozialisti-
schen föderativen Sowjetrepublik, Hoffe, die Ra-
tifikation s urkund en su dem Friedens-
vertrag von Bröst-Litowsk vom 3. März 1918
und zu dem türkisch-russischen Zusatzvertrag zu die-
sem Vertrage ausgetauscht worden.
Men, 12. Juli. Anläßlich des bevorstehenden
Wioderzuffammentritts des Reichsrates wird
de>- Ministerpräsident v. Seidler eine ihm vom
Minister des Aeußern Grafen Burian zuge-
kommene Darlegung verschiedener aktuel-
ler Prahle me der Außenpolitik zur
Kenntnis des Parlaments bringen.


Jene Worte aber hatten gelautet: „Ich habe
dich in deiner Mädchenzeit leider nicht gekannt".
Nora wußte, ihre Mutter war neunundzwanzig
Jahre alt gewesen und ihr Vater neununddreißig
vorüber, als sie sich verheirateten. Sie wußte auch
den Grund, warum ihre Eltern so spät geheiratet
hatten.
Ihre Mutter hatte sich mit achtzehn Jahren, in
dein Älter, in dem sie jetzt stand, zuim ersten Male
verlobt. Da die Eltern gegen die Heirat ihrer
Tochter vor deren vollendeten einundzwanzigsten
Lebensjahre Einsprache erhoben, dauerte die Ver-
lobungszeit mehrere Jahre. Sie fand im dritten
Jahrs jedoch ihren Abschluß durch di« Ehe des
jungen Paares nicht, denn chem jungen Mädchen
blwb es nicht erspart, an seinem Bräutigam einen
ganz gewöhnlichen Zug zu erkennen. Kurz vor der
geplanten Hochzeit erschütterte die große Handels-
krisis die Finanzen von ganz Europa. Auch die El-
tern der jungen Braut hatten empfindliche Ver-
luste erlitten, worauf der Verlobte erklärte, den
„Mut" zu einer Verheiratung nicht mehr zu be-
sitzen, Man redete ihm nach diesem »ehrlichen"
Geständnisse auch nicht zu, und Hermine entsagte
ihrem Glück still und vornehm. Das Wort Glück
nahm sie nicht wieder in den Mund. An der Seite
jenes Mannes hätte sie auch unter den günstigsten
Vorbedingungen kaum das wahre Glück erwartet.
Erst nach drei Jahren fand das reifer geworbene
Mädchen den Mut zu allem wieder, in der Folge
aüch zum Glauben ans Glück.
Gleich Gespenstern waren seine BerheißunMN.
dereinst an ihr vorüberseglitten. Gespenstern gleich
waren sie vor ihr versunken. Frau Radsmann
hatte dieije Worte gebraucht, als sie ihrem Kinds
einmal aus ihrer Jugend erzählte, zu einer Zeit,
als das wahre Glück schon seit vielen Jahren treu
zur Seite ging.
„Ich habe dich in deiner Mädchenzeit nicht ge-
kannt".
Da glitt Nora durch diese von Ahnungen und
Hoffnungen erfüllten Jahve ihrer Mutter, das
geliebte Wesen sah sie vor sich, wie sie es von den
Bildern kannte, die aus Mutters Mädchenzeit vor-
handen waren.
Jens Zielt kannte ihr Vater wohl, und wie oft
Hatte er auch diese altmodischen Bilder betrachtet.

die seine Gattin im Alter von zwölf, fünfzehn und
achtzehn Jahren darstellten. Und er kannte die Ju-
gendzeit seiner Frau Stunde für Stunde, so gut
sich diese jener Jahre selbst zu erinnern vermochte.
Und dennoch: Ich habe dich in deiner Mädchen-
zeit leider nicht gÄannt.
And trotzdem: wie innig hingen die beiden an-
einander, jetzt noch im grauen Haar. Und ihre
Lippen waren schon ernst und fest geworden, als sie
sich »um ersten Kutz fanden. Und hatten das Lachen
nicht verlernt, bis auf den heutigen Tag nicht —.
Nora begäb sich früh aus ihr Zimmer.
Alle ihre Gedanken folgten ihr nach und um-
standen das schmale Bett, als sich das junge Mäd-
chen, in zarte Spitzen und Schleifch-en gehüllt, in
die Kissen und Decken vergraben: hatte.
Draußen Harste der Wind in den Bäumen.
,Kr wird die Blüten von den Zweigen schüt-
teln," dachte Nora und horchte doch gerne auf das
tiefstimmi-gs Brausen, denn das weihevollste Lied
dieser Stunde sog vom nahen Wald herüber, vom
Wald, in dem — er ihr zuerst begegnet war/- —
Er. die Gedanken an ihn, an den Augenblick,
in dem sie ihn. von ihr kurz und mit einer rätsel-
haften Andeutung verabschiedet, zum Echirmhof
hinüberfchreiten sah, dies alles war den ganzen
Abend über nm sie gewesen, und hatte sie Lis hier-
her begleitet, bis in die Einsamkeit der Nacht, in
der nur die -Bäume ihr Schweigen brachen.
Und sang im Hintergrund des Zimmers, das
milder Sternenschein erhellte, standen in die dun-
kelste Ecke gedrückt und hielten den Atem an, die
Gespenster des Glücks. Äuch sie waren irgendwie
mit ins Zimmer hereingekommen.
Vor ihnen fürchtete sich das junge Mädchen
Diese Furcht besaß Achnlichkeit mit dem jähen
Erschrecken, das zweimal an dem vergangenen
Nachmittag durch- ihre Seele gegangen war.
Doch warum diese Furcht vor nebelhaften Er-
scheinungen aus ihrer Mutter Jugendzeit?
Als hätten die bleichen Schemen ganz hinten
im Dunkel des Zimmmers vernommmen, welche
Frage das junge Mädchen oben an sich richtete, so
reckten sie sich — wieoiele waren es ihrer? uad ho-
ben die Arme, daß das junge Menschenkind, von
neuem wundersam erschauernd, sie erkannte.

Das waren nicht die Schatten aus Mutters jun-
gen Jahren, Mutters erster glücklicher Zeit. I h m
sahen diese Gespenster ähnlich, feine eherne Stirne
erkannte sie an den bleichen Gestalten, und aus
den Blicken, die sie auf sich seriM-et fühlte, sprach
die Trauer zu ihr, die sie in seinen Blicken nicht
hatte übersehen können, während sie ihm zum Ab
schied flüchtig die Hand reichte.
»Ihr? Warum ihr? And warum tragt ihr seine
Züge, da ihr doch nur Schemen seid, Gespenster,
die au-fsteigen, um wieder zu versinken-Zwi-
schen Traum und Wachen bettete sich Noms
glühende Stirn tiefer und tiefer in die Whlen.
Kissen.
Und nur der Wald sang leise weiter.
(Fortsetzung folgt)

Kunst und Wissenschaft
* Wilamowitz-Moellendorss über das Frauen-
studium. Der berühmte Kenner der Antike an der
Berliner. Universität. Prof. v. Wilamowitz-
Moellendorf nahm am Mittwoch bei dc-r Be-
ratung des Knltusetats im preußischen Herrenhaus
Gelegenheit, sich über die studierenden Frauen zu
äußern: „Wer in die Berliner Universität hinein-
kommt," so erklärte Pros. v. Wilamowitz. „über-
zeugt sich, daß sie eine Mädchenschule gewor-
den ist. Gewiß gibt cs Studentinnen, die ebenso-
viel oder mehr leisten wie der Durchschnitt unserer
Studenten. Diese allein gehören in die Universi-
tät. Aber eine Menge Mädchen studieren nur,
weil es Mode ist. Wir haben zehnmal soviel
Studentinnen des Lehrfachs, als Stellen für sie
vorhanden sind. Es wird ein Schein-wissen
stir das Examen erreicht, das am nächsten Tag ver-
flogen ist. Warum erteilt man den Mädchen das
Reifezeugnis mit ebensolcher Liberalität wie un-
seren Jungen die an den Feind wollen? Vor sol-
chen Mädchen lehren, heißt zum Tertianer-
Lehrer herab st eigen. Unsere jungen Co-m»
militonen, die aus dem Krieg zurückkommen, haben
in ihrem Wollen und Können nicht gelitten. Bei!
ihnen ist der Krieg der Vater aller guten Dinge
gewesen. Mit ihnen werden wir anskommen in
gemeinsamer Liebe rum Vaterland." — In d«M
 
Annotationen