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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Gegenwarts- und gukunfts-
fragen Oesterreichs
Vortrag von Hosrat Rauchberg - Prag
Dis Heidelberger Ortsgruppe des Bundes
De utsch-na't tonaler Studenten hatte
am Samstag albend ihren ersten öffentlichen Vor-
trag. Der erste Vorsitzende oand. tur. Metzger,
erläuterte zuerst eingehend das Wesen und die
Ziele des Bundes, der den Studenten die Augen
öffnen will für die Realitäten des politischen Le-
bens.
Hofrat Prof. Dr. Rauchberg aus Prag sprach
sodann Mer „Die Gegenwarts- und Zu-
tunftsfragen Oesterreichs." Er sing
vom deutsch-österreichischen Bündnis aus, das nicht
nur auf diplomatischer Berechnung beruht, sondern
von swingender Notwendigkeit für beide Teile ist.
Schon zweimal hatte das Bündnis harte Proben
SU bestehen: bei der Mgeciraskonferenz und! in der
österreichischen Annexionskrisis, wo.es sich zeigte,
bah Deutschland und Oesterreich keinen anderen
Freund batten als einer den anderen. Der Krieg
hat das Bündnis erhärtet und jetzt ist die Zeit zur
weiteren AusgeWaktunlg gekommen, weil wir in
Aukunst nicht minder als jetzt auf einander ange-
wiesen sein 'werden. Daher müssen wir auch das
lebhafteste Interesse an der inneren Entwicklung
der Staaten nehmen. Der Redner sing hierauf
auf die einzelnen Probleme Oesterreichs ein. Eine
österreichische -Frage schlechthin, wie sie unsere
Feinds aufstellen, d. b. Sein oder N'chisern der
Monarchie, gibt es nicht, solange Österreich sieg-
reich ist. WM aber sind einzelne Fragen gerade
durch den Krieg erst in andere Beleuchtung getre-
ten und reif geworden. Die politische Frage des
EinhÄtsstaates wird bestritten druck» die natio-
nalen Fragen. Das ahsolutistiche Oesterreich
trachtete zunächst darnach, seine zentralisierende Po-
litik trvtz der natipnalen Ansprüche fortzuseten.
Aber schon bei Ungarn scheiterte der Plan. Am
jetzigen Zustand stellt die Verfassung einen Kom-
promiß dar zwischen staatlicher Einheit und der

Heidelberger Zeitung

Sei e 2

Dienstag, den 23. Juli 1918

Fernsprecher Nr. 82

Nr. Ibt'

Die deutschen Faustpfänder
, .In einer Versammlung in London anläßlich
des "belgischen UnMhängigkeitstages sagte Bal-
".Wenn die Zeit kommt, da Europa am Ver-
handlungstisch zu erwägen haben wird, wie es
sich gegen eine Wiederholung der Schandtaten und
Greuel schützt, die Deutschland zur Last liegen
daun ist es einem europäischen Staatsmann nicht
möglich, zu vergessen, daß ein deutsches Ver-
sprechen kein bindender Vertrag m.
Wer vermag zu beweisen, daß, wenn es der deut-
schen Heeresleitung besser gepaßt hätte, Frankreich
durch die Schweiz, anstatt durch Belgien anzugrer-
>scn. Belgien es gewesen wäre, das die Glück-
wünsche der deutschen Regierung erhalten hätte,
und daß es die Schweiz gewesen wäre, die unter
den deutschen Stiefelabsatz getrampelt worden
wäre Aber die höchste Beleidigung wurde gegen
Belgien durch den Kanzler in seiner letzten
Rede gerichtet. Er erzählte da der Welt, Deutsch-
land habe nicht vor. Belgien für immer zu be-
halten, sondern Deutschland beabsichtige. Belgien
als Faustpfand zu gebrauchen.
Es bedeutet, daß Deutschland, nachdem es Bel-
gien ohne Herausforderung angegriffen, es er-
obert hat und nach der Eroberung ohne Erbarmen
mit ihm umgegangen ist. es alles Material. Guts,
und aller moralischen Vergütungen Gr diesen An-
griff aiuf seine 'Freiheit beraubt hat. sich bereit
zeigt, es aufzugeben, vorausgesetzt, daß es irgend
wie üin anderes Landgebiet erhalten kann, Lei
dem die Deutschen ihre besonderen Fähigkeiten aus-
üben können. Wenn der Reichskanzler von einem
Faustpfand und von einem Austausch Belgiens
gegen irgend etwas anderes sprach, so mag dies
vielleicht nur bedeuten, daß er bereit ist, der «Miß-
verwaltung und Unterdrückung Belgiens ein Ende
zu machen, unter der Bedingung, daß die Macht
Deutschlands die Erlaubnis zur Mißverwaltung
und Unterdrückung irgend eines anderen Gebiets
kn Europa oder anderswo erhält. Mir scheint, von
all den vielen Gewalttätigkeiten, die Belgien
Mer sich ergehen lassen mußte, mögen viele grau-
sam gewesen sein, aber sicher war keine jemals
beleidigender".
» » «
Die Ausführungen des Herrn Balfour lassen
deutlich erkennen, wie sehr der Minister den er-
nüchternden Eindruck der Erklärung des deutschen
Reichskanzlers über Belgien auf die Oeffentlich-
keit fürchtet. Er hütet sich wohl, die Auslegung
des Faustpfandbegriffes im Sinne des deutschen
Reichskanzlers wiederzugeben. Statt dessen stellt
«r vielmehr eine eigene Faustpfoudtpeor« auf. die
naturgemäß einen ausgesprochenen britischen Cha-
rakter tragt. Irland, Aegypten, Griechenland und
selbst das bis vor kurzem mit Großbritannien ver-
bündete Rußland zeugen ebenso wie dis von der
englischen Despotie geknebelten neutralen Staa-
ten Europas davon, wie brutal sich England über
fremdes Recht hinwegfetzt, wenn es damit seinem
eigenen Vorteil zu dienen glaubt. Es versteht sich
übrigens von selbst, daß wir auch die besetzten
Gebiet« Nordfr ankreichs als ein in
unseren Händen befindliches Faustpfand für dis
uns entrissenen Kolonien, die Zerstörung der deut-
schen Welthandelsbeziehungsn und aller anderen
Schäden betrachten, die uns von unseren Feinden
völkerrechtswidrig zugefügt worden find. Herr
Balfour wird wohl gegen die Benutzung NmX
kankreichs als Faustpfand keine Überzeugenden
Rechtsbsdenken anfuhren können. Balfours Hin-
weis auf die Schweiz wird kein nüchtern Denken-
der ernst nehmen. Die freie Republik weiß, daß
st« nichts von Deutschland zu fürchten Hot.
Das Kriegsgefangenen-Abkornmen
mit England
Haag. 22. Juli. Von den deutschen und eng-
lischen Delegationen ist am 14. Juli ein
Abkommen unterzeichnet worben, das sich
hauptsächlich auf folgende Angelegenheiten bezieht'.
1s Heimbeförderung von Militär- und
Zivilpersonen, sowie Internierung in
neutralen Ländern.
Ls Behandlung der Kriegs- und Zivilge-
fangenen.
Der Schlußartikel des Abkommens bestimmt, daß
vis beiden Parteien dis notwendigen Schritte un-

' ternehmen werden, um sich der M itwirkung
der holländischen Regierung insoweit
zu versichern, als diese für die Durchführung des
Vertrages notwendig ist. Anläßlich dieser Bestim-
mung wies der holländische Minister des Aeußern
darauf hin, daß aus Erwägungen staatsrechtlicher
Art es wohl notwendig fein werde, daß diese Mit-
wirkung in einem besonderen Abkommen näher um-
grenzt würde. Mit Rücksicht auf die wirtschaftliche
Notlage Les holländischen Volkes sieht sich die hol-
ländische Regierung genötigt, ihrs endgültige Mit-
wirkung von einigen Reserven wirtschaftlicher
und finanzieller Art abhängig su machen.
Das Abkommen dagegen trägt ausschließlich die
llnterschrtft der beiden Delegationen. Der Tert
kann nicht veröffentlicht werden, bevor das Ab-
kommen von beiden Regierungen ratifiziert wor-
den ist, Loch kann bereits berichtet werden, daß in
dem Abkommen Bestimmungen vorkommen, denen
gemäß der Austausch von Kriegsgefangenen sich auf
die deutschen und englischen kriegsgefangenen Of-
fiziere undManns Haften, ebenso auf die-
jenigen die gemäß des Völkerrechts hier interniert
sind, sowie auf die bürgerlichen Gefangenen in Hol-
land und der Schweiz bezieht. Diese werden sämt-
lich allmählich das Land, wo sie interniert sind,
verlassen. Nach dem neuen Abkommen werden
Unteroffiziere nicht mehr wie bisher inter-
niert, sondern sofort ausg«tauscht werden.
An Stelle der deutschen und englischen Kriegsge-
fangene sowie Lex bürgerlichen Gefangenen, dis rn
Holland interniert sind, werden andere Offiziere,
die länger als 14 Monate kriegsgefangen waren,
außerdem Kriegsgefangene, deren Gesundheitszu-
stand derartig ist, daß sie auf Internierung in Hol-
land Anspruch haben, treten
Der Willkomm des Grotzherzogs an
die Austausch gefangenen
Konstanz, 23. Juli. Wie schon kurz gemeldet
hat der Eroßherzog Lei der Ankunft der
Austausch gefangenen diesen einen Herz-,
lichen Willkomm entboten. Der Großherzog führte
dabei aus. kein Tag fei vergangen, ohne daß die
deutsche Heimat nicht ihrer wackeren Söhne jen-
seits unserer Kampslinien gedacht hätte, und wo
nicht unser aller Denken und -Sorgen für die
deutschen Gefangenen gewesen wäre. Die Aüs-
tauschgefangenen dankten ihre Heimkehr der unab-
lässigen Arbeit, die die deutsche Kriegsverwaltung
sich hat angelegen sein lassen. Der Grostherzog ge-
dachte dann der freundlichen AufitahMs der Inter-
nierten in der Schweiz und sagte den Schweizer
Behörden herzlichen Dank dafür. Des weiteren
wies der Großherzog auf die Erfolge unserer
Truppen hin und würdigte auch dis Mitarbeit der
Hcämatsront, in der er auch die Angehörigen der
jetzt Heimkshrenden an der steten Schlagfertigkeit-
erhaltung unserer Heere mit arbeiteten. Mait
dürfe hoffen, daß die in die Heimat zurückkehren-
den Krieger gleichfalls treu mithelfen werden, um
zu einem stegreichen Abschluß des Dölkervingens
zu gelangen, auf dem sich ein erfolgreicher Friede
und eine ungefährdete Zukunft für! unser Vater-
land au »Lauen kann. In seinen Schlußworten
überbrachte der Eroßherzog die Grüße der Groß-
herzoginnen Hilda und Luis« und schloß mit
einem dreifachen Hurra auf den Kaiser.
Der „San Diego" war's
Das amerikanische Kriegsschiff, das am Freitag
gesunken ist, ist der Panzerkreuzer „San
Diego". Eine Mitteilung des amerikanischen
Marimamies behauptet, das Schiff sei offenbar
auf eine Mine gelaufen, da man in der Nabe der
Unfallstelle mehreren Minen begegnet sei, Tauch-
boote aber nicht wMrgenommen habe. Der Kreu-
zer sank zehn Meilen von Fire Island. Von der
mehr als 1500 Köpfe zählenden Besatzung werden
48 vermißt. Die Uebevlebenden wurden auf Lang
Island an Land gesetzt.
Der „San Diego" (früher „California" genannt)
war am 28. April 1904 vom Stapel gelaufen. Er
halte 15 200 T. Verdräng, war mit vier 20,3 Zm.-,
vierzehn 152 Am., achtzehn 7,6 Am.- und vier 4,7
Am.-Geschützen bestückt und entwickelte 22,2 See-
meilen Geschwindigkeit.

Badische Politik
* Das »eile Gesetzes- und Verordnungsblatt I Nr.
35 > enthält eine Verordnung des Ministeriums des
Kultus und Unterrichts, in dcr die bisherigen Be-
stimmungen über die PrLfung fLr den
V o lks s ch u ld i-en st einer Aenderung unter-
zogen sind.
* Sozialdemokratischer Parteitag. Am Sonntag
hielt in Offenburg die Sozialdemokra-
tische Partei ihren ersten Kriegsvartei-
t ag ab. Den Jahresbericht erstattete LandtagsM-
georbneter Geiß-Mannheim. In der Aus-
sprache befaßte man sich hauptsächlich mit der Par-
tcispaliung. Die Mitgliederbeiträge wurden auf
20 Psg. in der Woche erhöht. Ein Mannheimer
Antrag, wonach die Aufstellung der sozialdemokra-
tischen Bewerber bei den nächsten Landtagswcchlen
im Benehmen mit einem großen Landeswahlllus-
schutz zu erfolgen Hai. wurde abgelehnt. Ein An-
trag, der Landesvorstand möge für eine bessere
parlamentarische Berichterstattung in der badischen
Parteipresse sorgen und ein Antrag auf Ausarbei-
tung eines Aktionsprogramms Gr die Landwirt-
schaft wurden dem Landesvovstands zur Erledigung
überwiesen.
Aus Vaden
Tagung des Badischen Landes-
wohnungsvereins '
Karlsruhe, 22. Juli. Die im Sitzungssaal der
Zweiten Kammer al-gehaltenen Hauptversammlung
des Badischen Landes -Wohnungs-
vereins wurde am Samstag abend mit einem
Vortrag des Prof. Dr. H Kraft über die ,,Be-
völkevungspolitik und Wohnungsfrage" eingeleitet.
Die Hauptversammlung selbst wurde am Sonntag
vormittag von dem Vorsitzenden. Erz. Dr. Le-
w a ld, eröffnet, der als Vertreter der Regierung
Ministerialdirektor Pfisterer und Geh. Rat
Wiener begrüßte und die Vertreter des stellv.
Generalkommandos des 14. A.-K.. der Bezirksäm-
ter der Städte, des württemb. Landeswohnungs-
verüandes und des hessischen Vereins Gr Klein-
wohnungswesen willkommen hieß. Erz. Lewald
begrüßte sodann die Fortschritte auf dem Gebiete
des Wohnungswesens, vor allem daß das Reich da-
für 300 Millionen Mark bereit gestellt hat und der
badische Landtag das Wohnumssnachweisgesetz und
das Bür-gschaftssicherungsgesetz angenommen hat.
Nachdem Ministerialdirektor Pfisterer die Ver-
sammlung namens der Regierung begrüßt hatte,
erstattete der Geschäftsführer Landeswohnungs-
inspektor Dr. H. K-ampffmeyer den Geschäfts-
bericht nach welchem die Mitglied erzähl von 466
im Oktober 1914 auf 1263 gestiegen ist. Sodann
nahm die Versammlung mehrere Vorträge entge-
gen. Ortsbaurat Platz aus Mannheim sprach
über die Notstandsniaßnähmsn zur Bekämpfung
der Wohnungsnot und forderte dabei den Ausbau
der Dachwohnungen und die Heranziehung leer-
stehender Räume. In der anschließenden Aus-
sprache wandte sich Architekt Klein gegen die
Einrichtung von Untergeschoßwohnungsn. Geh. Rat
Wiener bemerkte, die badische Regierung habe
sich nur ungern für das Bewohnen der Dachstock-
wohnungsn entschieden.
In der Nachmittagssttzuna sprach Oberbaurat
Sturzenacker Wer die Beschaffung von Bau-
stoffen und Arbeitskräften. Er teilte dabei mit,
daß wir vor dem Krieg jährlich einen Zugairs von
6000 Wohnungen hatten. Im Jahre 1914 betrug
die Zahl der Neuwohnungen noch 5 100. 1915 nur
noch 611, ßm folgenden Jahr 64 und 1617 nur 24.
sSoit I87O bis 1910 seien die Preise um 60 v. H.
und in den Kriegsjahren um 200 v. H. und mehr
gestiegen. Dev Redner gab Ratschläge über ein
möglichst billiges Baven. Dann verbreitete sich
Stadtbauinspektor Ehlgötz aus Mannheim über
die Bauerleichterungen für das Kleinwohnhaus
und das kleine Mietshaus und über die Verbilli-
gung der Aufschließungskostsn. die bei der Stra-
ßSicherstellung, Kanalisierung usw. möglich sei.
Schließlich sprach noch Geschäftsführer Dr. Vit-
tel (Karlsruhe) über »Wohnungsfrage und Indu-
strie" und über die Aufgaben der gemeinnützigen
Bautätigkeit. In der Aussprache wurde vor al-
lem die Schaffung von Cinheitsmaßsn für Türen.

, Fenster uiw. gewünscht und ferner eine Verbilli-
gung der Baumaterialien.
In der Montag vormittag fortgesetzten Bera-
tung vevbeitete sich zuerst Oberbürgermeister Dr
Kutz er aus Mannheim über die Aufbringung
der Mehrbaukosten und forderte dabei jährliche
Rentenzuschiisse. die sich den jeweiligen Baukosten
und den jeweiligen Mieten anpaffen und die für
den Besitzer «eignet sind sine Rente aus dem Haus
zu ziehen, ohne zu übermäßigen Mietsstöigerungsn
greifen zu müssen. Stach einer kurzen Aussprach, <
in der die Ausführungen des Redners im.Alls?
meinen Zustimmung fanden, verbreitete sich Stadt-
rechtsrat Neukum aus Karlsruhe über Len
Ausbau der Mieteinigungsämter
die vor allem in der Uebergangszeit ihre wickstig-
sten Aufgaben zu erfüllen hätten. Die Miet ei ru-
gungsümter müßten sich allseitiges Vertrauen da-
durch verschaffen, daß sie den Wünschen der Ver-
mieter und den der Mieter «gleichermaßen Rech-
nung tragen. Ein im Anschluß hieran eingebrach-
ter Antrag dahingehend, der Landeswohnungs-
veretn möge beim Generalkommando vorstellig
werden, daß bis zur gesetzlichen Verbesserung des
Mietsschutzes ein militärischer Erlaß di«, Geneh-
migungspflicht für Mietserhöhungen und Kündi-
gungen durch die Mieteinigungsämter zur Einfüh-
rung bringe, wurde mit großer Mehrheit abge-
lehnt. — Am Schluß der Tagung (verschiedene
Vorträge über Wohnungsnachweis und Möbel-
beschaffung mußten der vorgeschrittenen Zeit we-
sen wegsallen) referierte Frau Martha Stern
aus Mannheini über die Sammlung und Bewirt-
schaftung der Altmöbel. Die Rednerin forderte da-
bei, daß die gesamte Bevölkerung zur Hergabe feg
lichen überflüssigen und entbehrlichen, wenn auch
nicht mehr gebrauchsfähigen Hausrats veranlaßt
werde. Die Altmöbel sollten in einer Sammel-
stelle durch Kriegsinvaliden wiederhergestellt wsr-I
den. Danach schloß der Vorsitzende Exz. Dr. Le i
wald die Tagung.
Der 24. Städtetag der mittleren Städte
Badens
Der Städtetag wurde in Oberkirch am
Samstag vormittag 9 Uhr durch Bürgermeister Dr
Neff eröffnet. 49 Städte waren vertreten. Der
Vorsitzende des geschäftsführenden Ausschusses be-
richtete zunächst über das abgelaufene Geschäfts-
jahr 1917-18. Die Beschlüsse des vorigen Städte-
tages über Verfassung Und Aufgabenkreis der
SeMtverwaltungsoerbände dienten dem Ausschuß
als Grundlage Gr die Schritte, die er während des
Jahres unternahm, um auf die im Flusse befind-
lichen Bestrebungen und Vorbereitungen zur Neu-
gestaltung der Gemeindegesetzgebung und der
Kreisvsrfassung im Sinne der Interessen d r mitt-
leren Städte einzuwirken. Insbesondere dienten
sie auch als Unterlage für die Tätigkeit des Ver-
treters in der Ersten Kammer. Der Gang der be-
züglichen Landtagsverbandlungen konnte im Gan-
zen als ein erfreulicher betrachtet werden, wenn
es auch verfrüht wäre, von Erfolgen zu reden, ei e
einmal-die neuen Gesetze selbst unter Dach und Fach '
sind. Der Wunsch des letzten Städtetages, auf dr .3
inzwischen, verlaufenen Landtage die Revision Lc-g
Fürsorgegesetzes für Eemeindebeamte durchgeftss
zu sehen, wurde leider nicht erfüllt, doch wn:
auch hier wichtige Schritte auf dem Wege zurüä-4
gelegt. Das Verlangen des Städtetages, Lai
Zwangszöglinge vor endgiltiger Verfügung über k
ihre Erziehung eine BeoLachtun-Mmstalt duvchlau- I
fen sollten, wurde verschiedentliry in geeignetes
Meise zu Gehör gebracht und seine Erfüllung er«
scheint nicht aussichtslos. Von sonstigen Gegen--
ständen stand im Vordergründe die Stellungnahme
zu den vielfältigen Gesetzentwürfen und Anträgen,
die dem Landtage Vorlagen. Es wurde hinsichtlich
dieser nach Möglichkeit mit Abgeordneten der Zwei-
ten Kammer Fühlung gehalten.
Den zweften Gegenstand der Tagesordnung bil-
dete die Frage der Arbeitslosenfürsorge -mch LeM
Kriege. Zu dem von ihm mitbearbeiteten Ent-
wurf des Verbandes badischer ArbeitsnachweW
über Arbeitslosenfürsorge erstattete B-iir-
g er meister Dr. We t t st e in - Weinheim Bericht« !
Der Entwurf steht als erste Hilfe und positive Ar«- i
beitslosenfürsorse das Einsetzen der Arbeitsnach-
weise mit ihren 56 Filialen der badi'chen Hilfs-
dienftmeldestellen vor. Erst wenn keine Arbcitsge«

Selbständigkeit der einzelnen Völker. Staatsver-
waltung und Selbstverwaltung geraten sich daher
oft ins Gehege. Es sollte eine Reform stattfin-
den, ckber infolge des Krieges blieb das Problem
noch ungelöst. Den kulturellen und wirtschaftlichen
Aufschwung konnte es jedoch nicht wesentlich -hem-
men. In bescheidenem Abstand hat auch Oester-
reich terltgenommen an dem großen Auf-
schwung des deutschen Lebens. — Bei den na-
tionalen Einzelfragen bemerkte Hofrat Rauchberg
zunächst, «daß die L a ge d er D eut sch en sehr
schwierig ist. Sie bilden die relative, aber
nicht dis absolute Mehrheit. Die deutsche Minder-
heit ist nicht nur das Rückgrat, sondern die Klam-
mer Gr das Völkergemisch. Anfänglich waren die
Deutschen zuerst Staatspartei, traten dann aber
auf nationalen Boden über und bildeten eine Na-
tionalpartei neben und im Gegensatz zu den ande-
ren Parteien. Die Sozialdemokraten forderten
schon früh die nationale Autonomie. Aber ihr
Plan war durchaus rationalistisch-theoretisch und
nur die deutschen Sozialdemokraten haben daran
festgehalten, die andern haben sich schon längst
ihrer nationalen Partei angeschlossen.
So war die Lage vor dem Kriege. Bei Kriegs-
ausbruch griff man wieder zum Absolutismus, und
es ging eine Zeit lang ganz gut. Die Hochachtung
vor dem Parlament wuchs, solange es nicht zusam-
mentrat. Der junge Kaiser machte einen Versuch
damit, der nicht gelingen konnte, weil die natio-
nalen Fragen unterdessen zu europäischen
Fragen geworden waren, über die auf den Schlacht-
feldern entschieden wird, nicht im österreichischen
Parlament. Die wichtigste Frage und die dem
Redner nächstliegende M die tschechische. Zwar
hatte die deutsche Minderheit in Böhmen in wirt-
schaftlicher Hinsicht die Führung. Aber mit unge-
heurer Energie haben die 6,5 Millionen Tschechen
zu denen nach 2 Millionen Slowaken kommen, ihr
nationales Loben aufgerichtet und ausgebaut. Zur
Eigenstaatlichkeit fehlt ihnen nur noch die 'Souve-
ränität. Sie hoben auch von jeder ihre eigene
äußere Politik getrieben, waren Feinde Les
deutsch-österreichischen Bündnisses haben zu dem
Glauben der Entente beigetragen, der österreichische
Staat fei morsch. Auch nach Rußlands Zusammen-

bruch gaben sie ihre Pläne nicht auf. Das Selbft-
bestim-mmungsrecht der ^Völker wird von der En-
tente jetzt auf Oesterreich angewandt. Der ge-
plant« tschechische Grotzstaat hätte ungeheure wirt-
schaftliche Möglichkeiten und könnte Gr Deutsch-
land und Oesterreich sehr gefährlich werden. Die
polnische Frage ist ebenso eine reichsdeutsche
wie eine österreichische. Eine Personal- oder viel-
mehr Realunion Polens mit Oesterreich bäte, selbst
wenn Polen sich gutwillig fügte, die Gefahr, daß
Oesterreich noch mehr Mrd damit zuviel Slaven in
sich aufnohme. Die polnische Freiheit andererseits
würde Oesterreich die Feindschaft der Ukraine ein-
tragen. Man dürfe daher Polen nicht in den Sat-
tel setzen: denn es könne reiten, aber gegen Oester-
reich.
Ein Ueberblick über die slawische Frage ist
schwieriger, da hier noch kirchliche Gegensätze mit-
spielen. .Die von jeher kaisert'-euen Kroaten
sind mit ihrer jetzigen Lage nicht zufrieden und
verlangen Anerkennung ihrer Treue, dis man
ihnen nicht wird vorenthalten können, wenn es
auch einen starken Verlust für Oesterreich und Un-
garn bedeute. Die Haltung der Deutschen ist
nicht eindeutig: zum Teil sind sie zentrali'stiM, S'-m
Teil verlangen sie, durch die Tschechen veranlaßt,
eine Teilung Böhmens in 2 Provinzen, was Mer
nicht durchführbar ist. Die Frage, ob es noch Zeit
ist und ob der Regierung mit Hilfe der Deutschen
im Staat gelingen wird, der slawischen SellftG-'
digilsitsbsWe.gung Einhalt zu tun, beantwoftet
Pros. Rauchberg bejahend, denn diese ganze Be-
wegung M nur die Folge der llnentschEsse"hftt und
schwächlichen Führung der Österreich. Regierung,
die an ihre Zukunft glauben und d'-'sen Glauben
in die Wirklichkeit umsetzen müsse. Alles, was den
Staat ausmach-t. siebt noch unerfchüttert da, und
kann wieder zur Macht gelangen, wenn Oesterre'ch
nur erst den äußeren Sieg errungen hat.

* Ein weiblicher Ehrenbürger. Frau Kommer-
zienrat Clise Eschenbach in Zanow (Pommern)
wurde für ihre Verdienste um dis WlHlsMrts-
pflege der Stadt aus Beschluß der städtischen Köv-
vcrschaften zum Ehrenbürger ernannt

Heidelberger SLrrdttheater -
Groteskerr-Abettd vsn Meinhart Maui
Meinhart Maur, der durch seinen Morgens
stern-Abend vor einer Woche sich als ein Vortrags
meister von hervorragender Qualität erwiese«
hatte, zeigte sich gestern auf einem anderen Kehret,
dem phantastisch-grotesken. Ist über das w i e seG
nes Vortrages kaum noch etwas zu sagen, (hier ver» l
einigt sich Wort, Wortbild, Ton. Geste und Mm« ,
zu saft plastischer Verwirklichung und Verlebend-« t
Ning des Inhalts), so erfordern doch die WorträÄ I
als solche ein kurzes Wort. Außer E. T. A» Hoft
mann Heinrich Heine, Meyrink und Paul Schees I
bart war es vor allem der Wiener Karl K r a u o i
und der Berliner Christian Morgenstern, dm
den Mittelpunkt des Abends bildeten. Man brauch«
nicht in den Iubelhymnus der Verehrer Kam
Kraus' einzustimmen. die ihn das „Gewissen de»
Welt" nennen und in ihm einen neuen SprE -
Messias erblicken, aber niemand wird sich dens?
Zauber dieser literarischen Persönlichkeit entziehe-» !
können (Persönlichkeit trifft eigentlich nicht
richtige. Karl Kraus ist ein Problem Gr stch,
dessen Sprachmecsterschäft ans Wunderbare grenzt,
dessen Ich-Standpunkt Mer. und da scheiden sich w
der Beurteilung die Wege, einem lfterar sche« -
Bolschcwikrtum sehr nahe kommt). Auf Einzelheu
ten einzugehen, versage ich . mir, es genüge Lab« -
die Feststellung daß die flammende Philippika 6^
gen die Schiller-Jahrhundertfeier, die eine vracht-«
volle DerhShung des üblen Ivbiläums-Bon-e^
tv'MS ist. mit besonderem Beifall aufgenommeß
wurde. Die beiden ernsten Vorträge „Gebei" un-
aus der Tragödie „Die letzten Tage dcr Mensmf
heft" lehne ich ab: nicht wegen ihrer blendend«--
Form, sondern wegen des bedenklichen Inhalts.
Christian Morgenstern, der allzeit nachderkl w
fröhliche, erfreute daun alle jene, dis ibm zugft^
sind. Hier erreichte die Bortrsgsk'mst Maurs d«^
Höhepunkt der Darstelluugsmögl'Hksiten. Rem
theoretisch kann man aber auch anderer Mein----»
sein. Nach meinem Empfinden würden die „Gall
genlieder" und namentlich die PalwströmBerse b»'-»"
dertmal mehr wirken, wenn sie Mäur mit toierM
stem Gesicht vortragen würde, jedoch mit ein«?

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