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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Fernsprecher Nr. 82

Heidelberger Zeitung

Freitag, den 26. Juli 1918

Nr. 172

der

Ka-
ll n-

Wir könüsn abwarten, ob tMächlich die „Ästt-
cia" oder die .Saterland" torpediert ist, eine Ver-
wechselung wäre ja nicht ausgeschlossen. Auf alle
Fälle aber ist es ein harter Schlag für un-
sere Feinde, denn auch die „Justicia" ist ein ge-
waltiges Schiff. Und auch dieses Schiff ist seiner-
zeit geraubt worden, allerdings von den Eng-
ländern. __
* Das neue holländische Kabinett ist gebildet.
Ihm gehören u. a. Savornin Lohmann als Mini-
ster des Aeutzern und de Ionso als Kriegsminister
an.

Sei e 2
ist, dem Feinde heinerlei Handhabe zur Ermuti-
gung zu bieten. Dann, aber auch nur dann, wer-
den wir, wenn nicht fehl, so dock in nicht ferner
Äbit den Feinden das Gefühl erwecken, da» ihnen
Lei Sieg, wie sie ihn erhofften, entglitten ist, „Das
kS-sfühl. besiegt zu sein," schreibt Clausewitz, „ist
keine bloße Einbildung, über die man Herr wer-
den könne; es ist die evidente Wahrheit, die -in den
Ursachen so versteckt sein konnte, das, sie vorher
Nicht zu ersehen war. die aber beim Ausgang im-
nier klar und bündig hervortritt". Das, deutsche
Volk kann seiner Sache gewiß sein. Hat seine Sie-
geszuversicht auch mehr und mehr die Färb ring
finsteren Trohes angenommen, so braucht sie doch
darum an der Schwelle des fünften Kriegsjahres
nicht minder rege und nachhaltig zu sein als in
den ersten Tagen freudiger Kriegsbegeisterung.

Der Vormarsch der Tschecho-
slowaken
. Allen gegenteiligen Moskauer Meldungen -um
Trotz, die von anhaltenden Erfolgen der Sowjet-
truppen redeten, geht der Vormarsch der Tschecho-
Slowaken voran. Nunmehr ist Ihnen sogar die
Einnahme von Simbirsk
gelungen, ein außerordentlich schwerer Schlag für
Lis Räteregierung. da mit dem Fall dieser Stadt
auch das gleichnamige Gouvernement verloren ist.
-Der Draht meldet darüber:
' Moskau, 24. Juli. Laut offizieller Meldung
Ist Simbirsk trotz verzweifelter Gegenwehr der
Somjcttruppen von den Tschrcho-Slowaken ge-
nommen worden. Mit dem Falle von Simbirsk
ist nicht nur das linke Wolgaufer, sondern auch ein
Teil des Territoriums diesseits der Wolga
in de« Händen der vormarschierenden Tschecho-
slowaken.
Nach einer Meldung der Jswestija versammel«
die Tsch echen an der Bahn Jekaterinburg-
Tscheljabinsk starke Kräfte, vor denen die
Rätetruvven zurückgehen. Der Strang der
West-cklr-wl-Bcchn ist an vielen Stellen zerstört. Die
Rätetruppsn stehen bei der Station Aras lo-
ch ow. Im Abschnitt Poworino erreichten die
^Rätetruppen in der Verfolgung des Feindes die
-Station Lukdwskaja.
t Schwere Wolken ziehen sich also über der bolsche-
>wUischen Herrlichkeit zusammen. Von bolschewisti-
sscher Seite -wird das auch zugegeben. So schreibt
die Prowda, das Organ der Räteregierung, zu dem
Fall von Simbirsk sehr besorgt folgendes:
„Der Aufstand breitet sich wie ein Oelfleck auf
dem Papier aus. Siinhirsk war einer der StM-
,punkte der Mtegewalt und zugleich eine Getreide-
kammer. Die Gefahr wächst, sie ist nahe.
Der Feind ist zahlreich und gut organisiert. Wenn
der Fall Samaras jenseits der Wolga die Arbeiter
nicht aufgerüttelt hat. so mutz der Fall von Si-mb-
'LirSk das Proletariat mit Zittern und Zagen für
«Idas Schicksal der Proletarier-Revolution erfüllen."
Die ltssuri-Kosaken gegen die Bolschewik!
s Die Times erfährt aus Tokio, daß ein Kosaken-
'general, der aus den Händen der Bolschewik! ent-
,kommen war, em Heer von Ussuri-Kosaken
vrhUdet und mit starker Streitmacht zwischen
barowsk und Wladiwostok die Bolschewiki
ßesriffen hat,
Trotzkys Gegenmatzrrahnen
" Nach einem Beschluß des Zentralkomitees
Volkskommissare ist auf Grund eines Berichts
Trotzkys die vollständige Auslösung der Roten
Garden und die Schaffung einer regulä-
ren Armee nach einem mu ausgearbeiteten Or-
ganisationsplan beschlossen worden. Es wird
mit dem Prinzip der Freiwilligemverbung gebro-
chen und die Rekrutierung zwangsweise
erfolgen. Ferner ist eine Herabsetzung des Soldes
Und die Einführung einer Disziplin geplant, die
weit schärfer als die in der zaristischen Armee sein
wird.

ten. Er stieg mühsam dis Treppe hinab und stürzte
einmal zusammen. Er wurde, da er sich kaum auf-
recht erhalten konnte, an den Pfahl gelehnt. Der
Zar versuchte, noch etwas, zu sagen oder zu rufen;
er erhob beide Hände, da krachte die Salve und zu
Tode- getroffen sank der Zar zusammen.
Die Pariser russische Botschaft wird am Donners-
tag in der russichen Kirche in Paris einen Trauer-
gottesdienst abhalten
Nicht „Vaterland", sondern
„Justicia"?
Berlin, 25. Juli. Aeutzerungen der englischen
und französischen Presse zufolge soll der am 20.
Juli von einem deutschen Unterseeboot nordwest-
lich Irland versenkte Dampfer nicht die „Vater-
land", sondern der 1017 in England fertiggestellte,
82120 BRT. grobe Turbinendamvfer „Ju-
st-icia" von der White-Star-Linie gewe-
sen sein. Ehe zu dieser Meldung von amtlicher
deutscher Seite Stellung genommen -werden kann,
mutz erst die mündliche Berichterstattung des be-
teiligt gewesenen U-Boot-Kmum-anda-nten abge-
wartet werden. Der kürzlich über den Dampfer
„Vaterland" erfolgten Veröffentlichung lagen sun-
kentelegraphische Meldungen zugrunde.
Jin Zusammenhang mit dieser Meldung ge-
ben wir folgende Nachrichten wieder Aus Paris
wird gemeldet, daß die .Paterland" nicht torpe-
diert -wurde und Was Dias meldet aus London, die
„Justicia" wäre offenbar das Schiff das die Deut-
schen für die „Vaterland" gehalten hätten.
Das Büro Reuter meldet aus London: Die
„Jüstitia" von der White-Sta-Line, 32 000 T.,
ist am Samstag morgen an der Rovdküste Irlands
versenkt worden. Das Schiff hatte eine Besatzung,
von lUM-efähr 700 Mann. Elf Personen sind
getötet worden. Es wird behauptet, datz -sehn
Torpedos abgeschlossen worden feien, von denen vier
durch das Feuer des Schiffes vernichtet worden
seien. Passagiers wurden nicht getötet.
Anscheinend hat die „Justicia" einen Rekord auf-
gestellt auf dem Gebiete des -Kampfes mit einem
U-Boot. Das erste Torpedo traf Freitag mittag
um 3 Uhr das ^Schiff. Das Schiff sank aber erst
am Samstag morgen um 10 Uhr. Die Getöteten
befanden sich in dem Maschinenrau,m. Die „Ju-
stitia" hatte geübte und -ausgebildete Kanoniere
an Bord. Der Kampf mit dem U-Boot hat 21
Stunden gedauert. Der „Nisuwe Rotterdamschs
Courant" schreibt: Es steht fest, -datz die „Justicia"
kein -anderes Schiff ist. als die umgetaufte „Stä-
te nd am" der Rotterdam-Amerika-Linie. Wir
können bimufügen, datz dis „St-atendam". die bei
Kriegsausbruch in England gebaut wurde, seiner-
zeit von der englischen Regierung beschlag-
nahmt und als Hilfskreuzer umgebaut
wurde.
London. 25. Juli. sNeuter.) Daily Mail er-
fährt, datz nach den eingelaufenen Berichten drei
bis acht U-Boote s?!s an dem Angriff auf
den Dampfer „Justicia" teilnahmen. Die beglei-
tenden Zerstörer griffen dis U-Boote an: Pa-
trouillenfahrzeu-ge leisteten ihnen Beistand und ein
Schleppdampfer nahm das Schiff in Schlepptau.
Zwischen 3 Uhr nachmittags und 8 Uhr früh wur-
den sieben Torpedos auf die „Justicia" abgefeuert.
Der erste Torpedo traf. Um 10 Uhr morgens kam
ein U-Boot an die Oberfläche und feuerte zwei
TowedrK M die das Schiff vorn ustd rückwärts
trafen. Die „Justicia" sank um 1 Uhr nachm.

' Ein Befehl Trotzkys warnt vor Fahrten nach
- Marman, Archangelsk und der tschecho-slowakischcn
- Front ohne schriftliche Genehmigung des Kriegs-
- kommissariats. Zuwiderhandelnde werden mit dem
' Tode bestraft. Die Warnung ist auf den
- Bahnhöfen und Waggons in russischer, polnischer
' und serbischer Sprache ausgehängt.
, Lenin zur Lage
Auf der Moskauer Gouvernemeiztskonferenz hielt
Lenin am 23. Juli eine längere Rede über die
Lage der Räterepublik:
.Die Lage habe sich äußer st verschärft so-
wohl durch internationale Verwicklun-
gen als -auch durch gegenrevolutionäre
Verschwörungen und die damit verbundene
Verpflegungskrise. Das russische Proletariat er-
kenn« sehr wohl, datz die unerläßliche Vorbedingung
-des Sieges der russischen Revolution das vereinigte
Eingreifen der Arbeiter der ganze« Welt
oder einiger weit entwickelter kapitalistischer Län-
der sei. Für Rutzland sei es leicht gewesen, dis Re-
volution zu beginnen, doch außerordentlich schwer,
sie fortzusetzen und abzuschlichen. Aeutzerst
schwer dagegen sei der Beginn einer Revolu-
tion in einem so wähl organisierten bürgerlichen
Lande wie Deutschland, doch umso leichter sei
dort ihre Durchführung. Neber den Brester -Frie-
den sagte Lenin, Latz dis Räteregierung ebenfalls
wisse, datz laut diesem Unterdrückungs-Vertrag Ruß-
land an Deutschland gegen 6 Milliarden Rubel be-
zahlen müsse, doch nicht durch de« wahnfinnigen
Versuch der Links-Sozialrevolutionären. Rußland
durch die Ermordung des Grafen Mirbach in einen
Krieg mit Deutschland zu verwickeln, sei dem
Master Vertrag zu entgehen. Ein Ausweg müsse
gefunden werden Lurch gemeinschaftliche
Anstrengungen des Proletariats und
der armen Bauern."
Lenin ist also doch noch nicht so verrannt in
seine Ideen, daß er nicht erkennt, daß in Deutsch-
land eine bolschewistische Revolution unmöglich ist.
Deshalb soll dies jetzt, wie es scheint, in einem
anderen Lande der Verbündeten versucht werden,
und dazu hat man sich dieTürkei ausersehen:
Moskau, 24. Juli. Im mohamedanischen Kom-
missariat in Moskau fand eine Konferenztür-
kischer Sozialisten statt. Das Ziel der
Konferenz ist dis Organisation der linkssozialisti-
schen mohamedanischen Gruppen und die Heranzie-
hung des türkischen Proletariats zur internationa-
len Arbeiterbewegung: unter dem Proleta-
riat derTLrke; soll eine energische A s k-
tation geführt werden -um Sturz der tür-
kischen WvuirgsMie und des Kapitals. Das Haupt-
feld der Tätigkeit soll sein: Kleinsten, der Kau-
kasus und Turkestan, Arabien und Aegypten. Die
Prcckvda hofft, datz der Gedanke der sozialen
Revolution bald in die unteren Schichten her
Türkei eindringen werde.
Wir glauben, daß die Hoffnungen der Vr-awdä
bald zu Schänden werden
Die letzten Stunden des Zaren
Ein dem Berlin«! L.--A. zufolge in Zürich ein-
getroffener Prbvatbericht aus Jekaterinburg ent-
hält folgend« Einzelheiten über die letzten Stunden
des Exzaren:
Am 1. Juli um 5 Uhr früh wurde der Zar
geweckt. Cs erschien eine Patrouille, bestehend aus
einem Unteroffizier und 6 Mann. Sie forderten
den Zaren auf. sich ans-ukleiden und führten ihn
dann in einen Saal, worin ihm der Beschluß des
Roten Terrors mitgeteilt wurde. Dem zum Tode
Verurteilten wurde eine Gnadenfrist von 3 Stun-
den gewährt, nm Abschied su nehmen und seine letz-
ten Anordnungen zu treffen. Der Zar war bei der
Verkündung des Beschlusses vollkommen ge-
fakt und ruhig. Sodann wurde er in sein
Zimmer zurückgMhrt. Die Exekution war für 9
Uhr angeordnet. Der Aar sank in seinem Zimmer
auf einen Stuhl. Nach wenigen Minuten ver-
langte er einen Geistlichen, der sogleich erschien.
Nachdem der Aar Abschied genommen, blich er mit
dem Geistlichen allein im Gebet zusammen. Dann
schrieb er einige Briefe. Um ö Uhr wurde er zum
Richtplatz geholt. Der Zar versucht« aufzusiehen,
konnte fick aber vor Schreck nicht erheben, so daß
der Geistliche und ein Soldat ihm beistehen mutz-

* Auszeichnung heimkehrender Kriegsgefangr.
«er. Der Kaiser Hat bestimmt: daß die durch
Erlaß vom 22. März 1918 bekanntgegebenen Be-
sti-mmunse-n fortan auf die Vorschläge für alle
Persönlichkeiten Anwenlsmg zu finden haben, d-G
1 infolge Friedensschlusses in die Heimat zurück-!
kehren, 2. die infolge besonderer Vereinbarungen^
mit den feindlichen Staaten im neutralen Aus'
land interniert werden oder in die Heimat kam-
men, 3. durch Flucht aus der Gefangenschaft in
die Heimat gelangen. 4. -infolge schwerer Ver-
wundung oder Erkrankung usw. aus der Kriegs-
gefangenschaft in die Heimat zurückkommen und 5.
aus den gleichen Gründen wie zu 4 im neutrale«.
Ausland interniert werden.

Die Erhaltung derrumamscheN
Dynastie
ist durch die Wiener Mitteilung über den Schrift
Kaiser Karls in der zweiten Februarh-äW
in ein neues Licht gerückt worden. Während bis'
her die Fiktion aufrecht erhalten wurde, als HÄ'
ten die Vierbu-ndsregierungen diese Frag« vo"
vornherein als «ine innere Angelegenheit R«'
müniens betrachtet und wegen ihres Grundsatzes
der Nichteinmischung in solche inneren Angelegen'
heilen davon abgesehen, die Entfernung des treu'
brüchigen Königs und seiner fanatisch deutschfeind-
lichen Angehörigen zur Vorbedingung von Frie-
densverhandlungen zu machen, steht nunmehr fest,
daß sie sich aus dem allgemein monarchischen In-
teresse heraus positiv für die Erhaltung der ru-
mänischen Dynastie eingesetzt haben. Zwar Haben,
nach der Wiener Feststellung, die von Kaiser Karl
als -mündliche Botschaft an König Ferdinand ge-
sandten Eröffnungen den in dem angebliche«
Brieftext behaupteten Satz nicht enthalten, daß
die beiden Kaisermächte ihn in der Wahrung sei-
nes Thrones unterstützen würden, aber dies« Zu-
sicherung bleibt doch eine stillschweig enoe
Konsequenz auch der willkürlichen Botschaft,
denn elin Herrscher kann nick einem anderen Herr-
scher unter der Berufung aus die Soli-
darität der monarchischen Interessen
gegenüber einer Umsturzgefahr ein« be-
stimmte Handlungsweise nahelegen. wenn er
selber diese,m anderen Herrscher gegenüber jene So-
lidarität zu verleugnen vorhat. Also besaß König
Ferdinand in den ihm übermittelten Eröffnungen
in der Tat eine Bürgschaft dafür, daß sein«
Kriegsgegner ein Interesse an der Erhaltung sei-
nes Thrones hätten; sie konnten danach bei den
Friedensverhandlungen seine Entfernung nicht
fordern.
Die Anregung zu diesem Schritte ist nach der
Wiener Feststellung vom Grafen Lzernin ausge-
gangen, hat aber die Billigung der Verbündeten
erhalten. Natürlich werden die Staatsmänner del
vier Regierungen geglaubt haben, damit auch di«
Interessen ihrer Länder zu wahren, aber wir müs-
sen gestehen, daß -uns die Erhaltung der rumäni-
schen Dynastie aus diesem Gedankongange heraus
eia noch größerer politischer Fehler zu sein scheint,
als aus den oben erwähnten, der bisher als der
treibende Grund zu gelten hatte. Denn dieser Ek-
dankensang verrät eine Furcht vor der so-
zialen Revolution. M der gerade die Herr-
scher der Vierbundsstaaten -am allerwenig-
sten sachlichen Grund haben, deren Erweis
al»er in hohem Maße geeignet erscheinen muß. den
Glauben aller Umsturzmächte am ihre Macht z»
stärken und so geradezu anreizend auf sie wirken
muß. Unter diesem Gesichtspunkt kann die Auf-
klärung über den Sachverhalt bei der Erhaltung
der rumänischen Dynastie nur äußerstes Miß-
behagen auslösen. - fc

Die Vossische Zeitung bemerkt übrigens, sie
glaube genau zu wissen, daß der deutsche Kai-
ser ausdrücklich jede Gemeinsamkeit mit,
dem entarteten Hohenzollernfürsten au? dem ru-
mänischen Thron abgelehnt habe und
daß von deutscher Seite rumän-lsch-m Politikern
auf das Bestimmteste versichert worden sei,
Deutschland Habs kein Interesse an der Erhal-
tung der rumänischen Dynastie. Es 'scheine sogar,
als ob einigen rumänischen Politikern ausdrücklich
deren Entfernung zugeisagt worden sei.

Wie die Sicherheit des Fliegens
zugenommen hat
,j Jü?en ersten Jahren, wo Flugzeuge verwandt
wurden, waren tödliche Unfälle keine Seltenheit.
-Heute sind täglich Hunderte von Fliegern stunden-
-iang in der Luft, und ein Absturz, der nicht durch
kriegerische Einwirkung hervorgerufen ist, ist eine
seltene -Ausnahme geworden. Die Sicherheit des
Fliegens hat in geradezu erstaunlichem Matze su-
§ genommen, was ein Schwede, Hauptmann Dcchl-
beck jetzt zahlenmäßig zu belegen sucht. Er ver-
wendet dabei Zählungen aus englischen, franzö-
sischen, amerikanischen, schwedischen und rum Teil
üuch deutschen Quellen. Im Jahre 1908 war das
Fliegen noch s-hr gefährlich, denn auf rund 2000
Flugkilameter kam ein- Todesfall eines Fliegers.
Die Anzahl der Flugkilometer, die jeweils einem
tödlichen Unfälle entsprachen, stieg dann außeror-
dentlich rasch an; im Jahre 1809 hatte sie sich ver-
neuniacht und betrug 18 000, dann stieg sie auf
42 000, wuchs dann auf 50 000 im Jahre 1911 an
und stieg bis 1912 aus mehr als das Dreizehnfache,
-178 000. Von 1908 Lis 1912, also binnen fünf Jah-
ren. Hatte sich nach diesen Zahlen die Sicherheit des
Fliegers auf das AchtundSwanzigfachs gesteigert.
) Wie die Dinge sich während des Krieges
entwickelt hsben. läßt fick deswegen nicht genau
^«NStbon. weil nur einige amtliche Zahlen su-,gän-
sig sind. Nach einer Mitteilung der amerikanischen
Negierung sind vom 1. Januar bis 26. Dezember
1910 von 73 Flu-Weusen 402 000 Kilometer zurück-
«elest worden ohne Latz sich überhaupt ein töd-
licher Unfall ereignet hätte, und nach Angaben
L-es Engländers Anderson über die Tätigkeit einer
Fliegerschule find binnen sechs Monaten MO Flüge
-von zusammen 4000 Stunden ausgMhrt worden,
während derer sich ein einziger tödlicher Unfall er-
eignet hat. Rechnet man mit einer Durchschüitts-
geschwrndigkeit der Flugzeuge von M. Kilometer
'Stündlich, so wäre erst auf 400 WO Kilometer ein
lötlicher Unfall gekommen, doch stellt diese Zahl
die Verhältnisse noch zu ung-ünstis dar. weil sie
sich ja allein auf Flugschüler bericht, Jedenfalls

ist sie mehr als doppelt so groß, wie di« entspre-
chend« Zahl des Jahres 1912.
Lehrreich ist ein Vergleich, dein Dahlbock -wischen
der Sicherheit des Fliegens und der des Eisenbahn-
fahrens zieht: im Jahrfünft 1911—15 verunglück-
ten von den Angestellten der schwedischen Eisen-
bahnen je 0,85 auf eine Million zurückgelegte Fahr-
kilometer; im Jahre 1915 allein betrug die Zahl
1,18. Für die schwedischen Flieger betrug die ent-
sprechende Zahl im Jahre 1916: 2,48. das hieße,
daß das Fliegen noch nicht doppelt so gefährlich ist,
wie das berufliche Eisenbahnfähren

Kunst und Wissenschaft
Der periodische Komet Wolf wiedercntdeckt.
Dem Astronomen E. E. Burnard am Parker
Observatorium in Williams-Bay im Staate Wis-
consin gelang es am 12. Juli d. I., den periodischen
Kometen Wolf, der die Bezeichnung 1884 Hl fuhrt,
im östlichen Teil des Sternbildes Bulzecula
s,Küchschen"s wieder zu entdecken. Das sehr
lichtschwache Gestirn stand zu dieser Zeit etwa auf
der Verbindungslinie zwischen Zeta des „Schwans"
und Alpha Mair) des „Adlers" in ein Drittel
Abstand vom ersten Sterne. Der Komet wurde,
wie Arthur Stentzel in der von ihm herausgegebe-
nen „Astronomischen Zeitschrift" mitteilt, im Jahre
1884 von- Prof. M. Wolf an der KL n isstüHl-
Sternwarte Lei Heidelberg entdeckt
und nach ihm benannt. Er wurde auch bei feiner
letzten Erscheinung im Juni 1911 von Prof. Wolf
Wiedergefunden und befand sich 1912 in seinem
Perivel sSonnennähe). Er wird daher bei einer
Nmlaufzeit von 6804 Jahren 1918 Mitte Dezem-
ber wieder in Sonnennähe gelan-gsn. Rach den
bisherigen Erscheinungen trägt er die Bezeichnun-
gen 1884 Hl, 1891 H, 189-8 kV 1912 l; seine neue
vorläufige Bezeichnung ist 1918a. Der Komet
kann nur mit Hilfe starker Instrumente oder länge
exponierter photograpHischcr Platten wahrgenom-
men werden.
* Bsn der Universität Freiburg. Der Landes-
geolog« an der Grotzh. bad. Geologischen Laudesan-
stalt in Freiburg Geh. Bergrat Dr. Ferdinand

Schalck ist am 1. Juli in den Ruhestand getre-
ten; aus diesem Anlatz erhielt er das Ritterkreuz
1. Klaffe mit Eichenlaub des Ordens vom Zährin-
ger Löwen. Dr. Schalch, der aus Schaffhausen
(Schweiz) stammt, war früher lange Jahre bei der
Geologischen LanLesanstalt in Leipzig tätig. Seine
Veröffentlichungen betreffen besonders Trias, Jura
und Tertiär des badischen Oberlandes. — Der
nichtetcrtsmäßige a. o. Professor Dr. Alfr. Kühn,
bisher Privatdogent an der Universität Freiburg
i. B.. der vom^l. April d. I. zum 1. Assistenten,
am zoologischen Institut der Universität Berlin
berufen wurde, ist in den Lehrkörper der Berli-
ner philosophischen Fakultät Lbergetreten. Dr.
Kühn, geboren 1885 zu Baden-Baden, war lange
Jahre Assistent am Freiburger zoologischen Institut
unter Woismann und dessen' Nachfolger Doslein.
Von Oktober 1915 bis Msirz 1918 stand er im Hee-
resdienst auf dem Westlichen Kriegsschauplatz.
1914—18 war er Herausgeber der Berichte der Na-
turforfchenden Gesellschaft zu Freiburg i. Br.
Das Geburtshaus Pasteurs. Der amerikanische
Milliardär Rockefeller hat der Stadt Dole im De-
partement Jura die Mittel zum Ankauf und zur
Unterhaltung des Geburtshauses Pasteurs zur Ver-
fügung gestellt.
Hochschulnachrichten. Die 50:übrig- Doktor-
jubelfeier begeht am 27. Juli der Greifswal-
der Romanist Geh. Reg.-Rat Prof. Dr. Edmund
Stengel. Der Senior der Greifswalder philo-
sophischen Fakultät ist 1845 zu Halle a. S. geboren.
— Zum Rektor der Universität Gießen wurde für
die Zeit vorn 1. Oktober 1918 bis dahin 1919 der
Direktor des anatomischen Instituts Geh. Mddizi-
nalrat Dr. Hans Strahl ernannt. Der ausge-
zeichnete Anatom, ein geborener Berliner, gehört
seit 1895 dem Lehrkörper der Gießener -Hochschule
als Nachfolger Robert Bonnets an, nachdem er
früher in Marburg gelehrt hatte. Sein wissen-
schaftliches Arbeitsgebiet betrifft vergleichende
Anatomie und Entwicklungsgeschichte.

Werl MesAer U Mmmdets
Annahme: Schlosserstraße 1.

Neues aus aller Welt
Hindenburg und sein Brigadechef
Im Alter von 78 Jahren erlag in- Wetzlar einer
Lungenentzündung Generalleutnant z. D. Walter
v. Leczwarzowsky. Der Verstorbene über-
nahm 1894 das Kommando der 37. Infanterie-
Brigade in Oldenburg. In dieser Stellung war
v. Leczwarzowlky der unmittelbare Vorgesetzte
Hindenburgs, der damals Oberst des 91. Infan-
terie-Regiments in Oldenburg war. Eeneralfeld-
marschall v. Hindenburg bat seinen einstigen Pri-
ga-dekommandeur bis an den Tod ein treues An-
der,Len bewahrt und ihm noch in den letzten Le-
henstagen herzliche Grüße und Märsche gesandt.
Bei der Beisetzung auf dem Friedhof in Wetzlar
erwähnte der Geistliche ein Wort Hindenburgs. Has
so recht den Dank des Marschalls an den Verewig-
ten ausdriickte. Es lautet: „Ohne Oldenburg kein
Tannenberg!" In dem Beileidstelegramm, das
der Feldmarschall den Hinterbliebenen sandte,
heißt es: .Tiefgebeugt sende ich Ihnen den Aus-
druck innigster Teilnahme. Ein edler Mann und
hervorragender Soldat ist mit dem teuren Ent-
schlafenen von uns gegangen. Ich werde meinen«
einstigen, hochverehrten Vorgesetzten stets eM
dankbares, treues Andenken bewahren. Er ruhe
sanft in Gottes Frieden. Feldmarschall v. Hinden-
burg"
* 180» Mark für einen Herrenanzug. In Berlin
verlangt eine große Schneiderfirm-a für einen bür^
«erlichen Anzug 1000 M. Auf ein« Anfrage beim'
Reichsverband für deutsche Herrenmode wurde dem
Herrn erklärt, daß dieser Preis durchaus
nicht überrasckend fei. Der Obe-stoff koste
heute bei einem Meterpreis« von 120 bis 130 M-
allein schon etwa 420 M.; hierzu käme das Futter
mit 100 M„ ferner die Zutaten, wie Knöpfe, Näh-
seiden und Garn, djx.»lsichfalls eine schwindelnde
Höhe im Preise erlangt hätten. Ferner wäre i«
letzter Zeit der Arbeitslohn um 65 Prozent gestie-
gen. Rechne man nun noch dis ungemein hsbeK
Geschäftsunkosten hinzu, so ergeben sich für eine«
Anzug 700 bis 800 Mark Herstellung kosten. 160»
 
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