Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55371#0206

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Seite 2 Heidelberger Zeitung

Dienstag, den

Die deutschen Kriegsgefangenen
in Rußland
Aue einem Schreiben des preußischen Kriegsmi-
nisteriums an den fortschrittlichen Abgeordneten
Dr. Mü ller-NÜemingön entnehmen wir Wer
das Schicksal unserer Gefangenen in
Rußland folgendes: ..Das Kriegsministerium
Lat von Beginn des .Friedensschlusses mit Rußland
an alle nur irgendwie Erfolg versprechenden Maß-
nahmen für die Durchführung eines beschleunigten
und gesicherten Abtransportes unserer Gefangenen
nach der Heimat getroffen. Die Entsendung einer
deutschen HMptkommiffion nach Moskau versprach
hie besten Erfolge. Leider haben die Ausbreitung
der atzsnrevolutionären Bewegung gegen die rus-
sische Regierung und das Vordringen der tschecho-
slowakischen Truppen die Aussichten auf die bal-
dig Heimkehr unserer 'dort befindlichen Gesange--
,nen nach der Heimat wesentlich verschlech-
tert. Den drei für Sibirien bestimmten Fürsoyge-
koMmiffionen war es unmöglich, dorthin zu gelan-
gen. Sie sollen jetzt durch neutrale sschwedische)
KonmiMionen denen möglichst auch russische Ver-
treter beigegeben wenden sollen, ersetzt werden.
Wann es diesen Kommissionen möglich sein wird,
den Abtransport der Gefangenen durchzuführen, ist
Lei den gegenwärtigen Verhältnissen in Sibirien
nicht su übersehen, umsomehr, als die russische Re-
gierung in Moskau keinerlei Einfluß auf
die Verhältnisse in Sibirien hat.

deutsche Besetzung der ganzen Ltkmine?
Die Neue Korrespondenz meldet aus London:
Der deutsche Gesandte v. M u m m hat am 2. August
'»em Hetman Skoropadsky einen Besuch abgsstattet,
un mit ihm über Maßnahmen zu verhandeln, die
)on der ukrainischen Regierung infolge der Ermor-
dung o. Eichhorns getrosten werden sollen. Dtzr
Hetman machte keine Einwände gegen die Be-
setzung der ganzen Ukraine d u rch deutsche
Truppen, die dem Oberbefehl des Prinzen Leo-
pold von Bayern unterstellt würden.
Aufständische Bauern in der Ukraine
Kiew, 11. Ang. Zeitungsnachrichten zufolge b<G
Ken deutsche Truppen Banden von auistän-
dischen Bauern im Süden von Kiew zerstreut
fund unschädlich gemacht.
Freilassung der Ententekonsuln in
Moskau
) Nach einem Stockholmer Havasbericht sind infolge
Ker von den Vertretern Schwedens in Moskau un-
ternommenen Schritte die Konsuln von Frankreich
Md England wieder sreigelasjen worden.
Die Lieferungen aus der Ukraine
Zswischen dem Deutschen Reiche und der
österreichisch - ungarischen Monarchie
nist nunmehr eine neue Vereinbarung über die
Verteilung der aus Osteuropa zu erwar-
tenden Zuschüsse an agrarischen Produkten getrof-
fen worden. Es ist ein Schlüssel vereinbart wor-
den, nach dem die aus der Ukraine eintreffen-
den Lebensmittel verteilt werden. Die ersten Ein-
gänge landwirtschaftlicher Produkte werden, der
„Vossifchen Zeitung" zufolge, diesmal Deutschland
zugute kommen, nachdem Oesterreick-Ungarn im
Vorjahrs vorzugsweise geliefert wurde. Die Ver-
handlungen verliefen im besten Einvernehmen.
Am 16. August ist das im Frühjahr ds. Fs. mit
dar Ukraine geschlossene Lie-ferungsabkommen ab-
geilaufen, sodaß ein neues erforderlich ist. Die
entsprechenden Verhandlungen haben denn auch
bereits begonnen. Es soll dafür Sorge getragen
werden, daß die fiktive Lieferungsmenge auch tat-
sächlich lieferbar ist. Voraussichtlich dürfte Man
sich auf SO Millionen Pud Getreide. Sämereien
und Fletsch einigen. Von den Zentralmächten
wird bei den neuen Verhandlungen plan ma-
tzt« auf den Abbau der übermäßigen
Preise für ukrainische Msrarpradukte hingear-
beitet.

Oberleutnant LsrysnhardL
gefallen
Breslau, 12. Aug. Wie die Schlesische Zei-
tung" erfährt, hat unser zUletzt erfolgreichster
Kampfflieger, Leutnant Löwenhardt, den
Heldentod gefunden.
Der Name des augenblicklich erfolgreichsten deut-
schen Kampffliegers Löwenhardt ist erst in letzter
Zeit durch die Eeneralstabsborichts bekannt gewor-
den. sodaß sein Träger sich noch nicht der allgemei-
nen Popularität erfreute, wie sie einem Bölcks oder
Richtbofen zuteil geworden ist. Noch- am Samstag
teilte der amtliche Heeresbericht seinen 52. und 53.
Luftsieg mit, Wachsein gerade in der letzten Zeit fast
keiner dieser Berichte. seinen Namen unerwähnt
gelassen hatte. In der Zahl der Erfolge war ihm
Leutnant Udet am nächsten gekommen, der nun-
mehr mit 52 Siegen an der Spitze unserer Kampf-
flieger steht.
Leutnant Löwenhardt entstammte dem Kadetten-
korps -und trat bei Ausbruch des Krieges in das
141. Infanterieregiment in Graudenz ein, wo er
sich bereits im Frühjahr 1915 das Eiserne Kreuz
erwarb. Seit 1916 gehörte er der Fliegertruppe
an. Er batte das Glück, zur Flugstaffel des Frhrn.
v. Richthofen zu kommen, der ihm besondere Auf-
merksamkeit widmete. Am 28. März 1917 errang
er seinen ersten Luftfisg und der 80. Mai dieses
Fabres brachte ihm den wohlverdienten Pour le
merite. Am 7. dieses Mvn-ats. also vor wenigen
Tagen, war er durch Kabinettsordre zum Ober-
leutnant befördert worden -und i stsomit nur
dreieinhalb Fahre Leutnant gewesen.
*
Wie wir hören, hat leider auch der Mann H e r-
mer Flieger, Leutnant Pipparft den Hek-
dentod gesunden
Amerikanische „Freiheit"
Das Kristianiaer Blatt Afenvosten veröffentlicht
einen Brief eines Chicagoer Korrespondenten Dr.
Daao. der über strenge Strafen berichtet,
die die amerikanische Regierung gegen alle ver-
hängt, die sich nicht zum Kriegsdienst melden oder
sich selbst nur solcher geringfügiger „illoyaler"
Handlungen oder Aeußerungen schuldig machen,
von denen sonst kein Mensch Notiz genommen
hätte. Viele würden aus ähnlichen Gründen, na-
mentlich wenn sie nicht Liberty-Bonds zeichneten,
bestraft, sogar geteert und gefeldert. Vier schwe-
dische Sozialisten wurden mit 25 Fahren Strafar-
beit bestraft, weil sie sich nicht zum Kriegsdienste
gemeldet hatten. Auch wer beim Absingen der
amerikanischen Nationalhymne in den öffentlichen
Lokälen nicht aufstehe, erhalte außer Prügeln Eeld-
und Gefängnisstrafen. Der Korrespondent hebt
hervor, daß im Staate Fama verboten sei, andere
Sprachen zu reden als englisch beim Unterricht,
am -Fernsprecher und in öffentlichen .Versammlun-
gen. In den norwegischen Kirchengemeiüden dürfe
nicht mehr norwegisch, sondern nur englisch gepre-
digt werden. An einzelnen Orten sei sogar befoh-
len worden, daß auch die Privatgc,spräche nur in
Englisch geführt werden dürfen. Selbst der-Nams
des alten Diakonissenhospitals in Chicago hätte
geändert werden müßen.

Kleine Krregsnachrichten
* Der Pom le merite für einen Feldwebel. Vrze-
feldwebel Paul Höhne in einem Reserve-Inf.--
Regiment. Sahn des Besitzers und Viehhändlers
Höhne in Landsberg a. W.. erhielt für hervorra-
gende Tapferkeit den Orden Paur le merite.
* Die englischen Flieger von Ländern. Zwei der
nach dem Angriff auf Tondsrn in Dänemark ni-e-
dersegangenen und dort internierten englischen
Flieger, Kapitän Jackson und Leutnant Simpson,
sind in der Nacht zum Dienstag aus Aarhus ge-
flüchtet und in der Nähe von LanLskrona an der
schwedischen Küste gelandet. Von dort weiden sie
nach England reisen. Der wachthabende Offizier,
den die Schuld an der Flucht trifft, wurde vom
Kriegsgericht wegen Nachlässigkeit zu 30 Tagen
Stubenarrest verurteilt.

Die Entwickelung der
Brotkarte
Ein Ausblick aus dem Jahre 1924
Bon Dr. L. Oppenheimer (Darmstadt.
I.
Als im Jahre 1919 der Friede kam, wurde
gleichwohl die Beibehaltung des Kartensystems
beschlossen, ha es sich noch nicht voraussehen ließ,
ob der Import von Lebensmitteln aus dem Aus-
land wie vor dem Kriege stattfinden würde. Das
Kartensystem — als eine interimistische Derw.al-
lungsni-ahnahme für die Kriegszeit gedacht — be-
durfte eines weitern Ausbaues.
Allmählich hatte sich das Recht auf den Bezug
vonLsb-ensmitielkarten im Volksbewußtsein als eine
ArtGrundrccht des Bürgers herausgebildet. Es be-
ruhte auf der Vorstellung, daß di« R-e-ichs-aewalt,
wenn die Grenzen geschlossen seien, verpflichtet sei
'für auskömmlichen Unterhalt des Bürgers zu sor-
gen. Ein Grundrecht bedurfte aber auch der recht-
lichen Festlegung. Zu diesem Zweck wurden sämt-
liche Kartenbezugsberechtigt-e in laufender Zah-
lenfolge in eine „R ei chsrol l-e" eingetragen.
Die Reichsrolle wurde in jeder Gemeinde geführt;
ihre Zentrale war jedoch in Berlin.
Die Gemeinden waren in laufender Zahlen-
folge numeriert worden; ebenso die Personen in-
nerhalb einer Gemeinde. Der Gemeindenummer
wurde der Anfangsbuchstabe des Ortsnamens vor-
angesetzt. A 1 bedeutete Aachen. B. 100 Barmen,
H. SOÖ Berlin usw. OrtsnumM-er einschließlich
Personennummer bildeten die Reichsnumm-er.
Durch sie war die Identität einer jeden Person
auf d-as genaueste festgelegt.
Auf Grund der Eintragung in dis Reichsrolle
wurde dem Bezugsberechtigten ein«? Legitima-
tionskarte ausgestellt, welch« di« Reichsnummer
führte. -Mit dieser Legiti-mations-kwrts meldete
sich der Kartenbezugsberechtdgte in seiner Ge-
meinde an und erhielt daraufhin sämtliche Le-
bensmittelkarten mit der Reichsnummer versehen.
Nunmehr konnte nur der Bezugsberechtigte von
der Lebensmittelkarte Gebrauch machen. Denn auf

Anfordern mußte der Inhaber einer Lebensmit-
telkarte seine Legitimationskarte vorweisen und
wenn die Lebensmittelkarten-Nunrmer nicht mit
der Legiti-mationskarten-Nummer übereinstimmte,
so durfte der Verkäufer auf die Lebensmittelkarte
bezw- deren Abschnitt nichts verabfolgen.
II. " -
Nach einiger Zeit fanden es manche Leute be-
quemer. den Geldbetrag für die Brotkartsnration
an die Neichsstelle einzusenden anstatt jedesmal
den 'Bäcker zu bezahlen-. Dies wurde für zulässig
befunden. Die Reichsstelle ließ sich alsdann die
Brotkarte von der Gemeinde aushändigen und
setzte auf jeden Abschnitt in rotem Druck den
Geldbetrag. Dies bedeutete, daß der Abschnitt in
Höhe dieses Geldbetrages bei Brotkäufen in Zah-
lung genommen werden müsse. Nun hätte man
glauben sollen, daß der Bäcker sein« auf Grund
solcher Karten erfolgte Lieferungen mit der
Reichsstelle verrechnete, das war jedoch nicht nö-
tig. Nach dem Verfalltage kursierte der Abschnitt
weiter als Papiergeld.
Von der Vorauszahlung wurde viel Gebrauch
gemacht. Sie hatte den- Vorzug, daß die Vergünsti-
gungen, die gewisse Personenkategorien (Angehö-
rige der geringen Stände und Kriegsbeschädigte)
genossen, am leichtesten auf diese Werse in An-
spruch genommen werden konnten. Die Privilegien
einer jeden Person waren bei den Reichsstellen
bekannt. Die Buchungen waren leicht zu machen,
während die Verrechnung im gewöhnlichen Ge-
schäftsverkehr -auf Schwierigkeiten gestoßen wäre,
Auch -hatte dieser Modus den Vorteil, daß die
Vergünstigung geheim blieb.
Allmählich wurde die Vorauszablbark-ert bei
sämtlichen Lebensmittelkarten ermöglicht. Auf die
Kartenabschnitte wurde jeweils der dem nornralen
Mochenpreis entsprechende Geldbetrag gesetzt.
Die bezahlten Bratkartenabschnitte konnten
wie bemerkt über den Verfalltag hinaus im Ver-
kehr bleiben, doch konnte Kinnen
Frist Einziehung wie es bej Mün-
zen der Fall ist — von der Behörde verfügt wer-
den. Im übrigen stand dieses Ka-rtengeld in
nichts dem übrigen Gelds nach. Der Sinn des K-ar-
tcngeldes war offenbar der: Dem Be-zugs-berech-

Fernsprecher Nr. 82

13. August 1918

Verhältnissen hätten wir in dis-

ü^chlägs

es würde ihm der Brustkorb eingedrückt -und del
ftnk^sutz^abgefthren^w^^ -

Vernichtet die Fliegen!

^D-Äg?ad^

Kr!
Ucber die G

Aus Baden
Die Vertretung der
WWfcheu Haudelsintereffen iu Berlin
Der neuernannte stellvertr. Bevollmächtigte
Badens zum Bundesrat Ministerialrat Dr. Fecht
dessen Hauptaufgabe die Währung der Interessen
von Badens Handel, Industrie und Gewerbe au!
dem Gebiet der Kriegs- und UeberaangS)
wirtschaft sein soll, hat nach Beendigung est
ner Rundreise Lei den badischen Handelskammern
seinen Dienst in Berlin an getreten. Mini-
sterialrat Dr. Fecht übt seinen DieE wie in der
Karlsruher Zeitung geschrieben wird, in engster
Verbindung mit den übrigen badischen Bevoll-
mächtigten zum Bundesrat, insbesondere deff
Großh. Gesandten und dem seitherigen wirtschaft-
lichen Vertreter der badischen Negierung in Ber-
lin, Oberreg. Rat Dr. Michel mann, au!^
An der Tätigkeit des letzteren hat sich hierdurch
nichts geändert. Oberreg. Rat Dr. MichsÜMänN
steht in gleicher Weise wie bisher dem badische"
Handels- und Jndustrievertretungen. wie den ein-
zelnen Firmen zur Wahrung ihrer Interessen in
Berlin, zur Unterstützung mit Rat und Auskunfts-
erteilung zur Verfügung. Die Diensträume, des
neuen Bun-desratsbevollmächtigten befinden sich
in Berlin NW. 40, In den Zelten 8. an das
Fernsprechnetz ist er angeschlossen unter „Moabit
9699". Es empfiehlt sich, bei Besuchen tunlichst
vorherige telephonische Anmeldung, da der Bum
desratsbevollmächtigte durch Sitzungen stark st

Mannheim, 12. August. Der 67 -Fahr« alt»
verheiratete HafenarbeiterJosef Müller geriet
am 10. ds. Mts. vormittags, in der Näl ""
Mannheimer Lagerhaus-Gesellschaft au!, .
Mühlau zwischen einem in Bewegung befind-
lichen Eisenbahnwagen und eine Verladeramp«

tigten wurde gewissermaßen als Prämie dafür
daß er von seinem Vezugsrecht keinen Gebrauch
mache, die Verwendbarkeit des Kartoffelabschnitts
als Kursgeld gestattet. Mit dem Verfalltag —
der natürlich wie Lei den bisherigen Brotmarken
auf den Kartenabschnitt aufgedruckt war — ver-
lor der Abschnitt den Charakter als Bezugskarte
und wurde Wertpapier in Höbe des auf der Karte
aufsedruckten Betrages. Er konnte -also von dem
Inhaber, der ihn nicht als Bezugskart« genutzt
hatte, als Geld verwandt werden. Ebenso konnte
er von dem Bäcker, der ibn eingelöst hatte, als
Geld weitergegebsn werden.
Die Nichtausnutzung des Brotkartenbezugs be-
deutete für diejenigen, -welche bei der Reichs-
stelle im Hinblick auf ihre Privilegierung eine ge-
ringere Einzahlung zu leisten hatten, freilich ei-
nen besonderen Gewinn. Diesen konnte man ihnen
jedoch sehr wohl als Prämiierung für die Nicht-
geltendmachung ihres Rechtes zubilligen, da durch
den Nichtbezug den übrigen Konsumenten ein Vor-
teil erwuchs. Ueberhaupt konnten, wenn ein Vor-
auszahl-ender erklärte von dem Bezugsrecht kei-
nen Gebrauch machen zu wollen, ihm die Karten
— evtl, unter Zubilligung eines -bestimmten Ra-
battes — mit dem Vermerk „verfallen" ausge-
händigt werden. Diese Karten, könnten alsdann
sofort als Geld in den Verkehr gesetzt werden.
Durch diese Einrichtung war die Möglichkeit
gegeben bei knappen Vrotvorrät-en durch ent-
sprechende Bemessung des Rabattes regulierend
auf den Brotkonsum sinzuwivken. Denn bei kua-pv-
per werdenden Brotvorräten brauchte man nickt
sogleich das schwere Geschütz der Kürzung der
Brotration aufznfa-hren, sondern konnte durch Er-
höhung des Rabattes eins direkte Vergrößerung
der zur Verfügung stehenden Brotmengs bewir-
ken. (Entsprechnd bei Fleisch, Butter usw.) —
III.
Die Einführung der Reichsnummer und der
Vorauszahlbarkeit hatten die Möglichkeit einer
klaren und exakten Durchführung des Karten-
systems geschaffen.
Durch die ReichnumMer wurde die Kontrolle
darüber ermöglicht, ob der Käufer mit den Be-
zugsberechtigten identisch sei; er konnte also nicht

Englands Abkehr vom
Freihandel
Seit Cobdens und Gladstones Zeiten ist Eng-
land, das internationale Warenumschlagsland,
Anhänger des Freihandels gewesen, ob auch seit
dem Erstarken der europäischen Mächte in wirt-
schaftlicher Beziehung und der dadurch hervorgeru-
fenen Erschütterung des englischen Handelsmono-
pols in England eine große Grupps dafür warb,
die Tarifreform, d. h. den Schutzzoll und die Ber-
einigung der britischen Kolonien mit der engli-
schen Insel in einem Zollverein durchzuführen.
Schon Lord Disraeli. der große Gegner Gladstones
warb in diesem Sinne für das größere Britanien
und Chamberlain nahm Ende der neunziger Jahre
diesen Ruf wieder auf, und warf die Frage des
Schutzzolls neu in die öffentliche Debatte. Eng-
lands wirtschaftliche Methoden sind sehr konser-
vativ. 'Solange es eine Monopolstellung hatte,
war der Freihandel für England die gegebene
wirtschaftliche Form, und so sehen -wir, daß Eng-
land nach der Niederringung der holländischen
Seemacht und des holländisckM Seehandels, der
den spanischen abgelöst hatte, nach dem Raub der
französischen Handelsflotte während der großen
-Kolonialkriege des achtzehnten Jahrhunderts und
der Vernichtung der einigermaßen ebenbürtigen
französischen Kriegsflotte bei Trafalgar sein Lis'
dahin ausgeprägtes Schutzzollsystem fallen ließ.
Nach dem Sturze Napoleons war England ja der
unbestrittene Weltbeherrscher auf dem Gebiete des
Handels und der Industrie und das System, da?
von England zum Schutze seiner Wirtschaft bislang
durchgeführt morden war, erwies sick als Hinder-
lich. So wurde England im neunzehnten Jahr-
hundert das Land des Freihandels und es be-
herrschte solange wirtschaftlich die Staaten des
Festlandes, bis diese Englands altem, nunmehr
fallen gelassenem Prinzip folgten und ihrerseits
durch Schutzzölle ihre eigene Industrie erstarken
ließen und fähig zum Mettbewerb mochten. Der
Uebergan-g der festländischen Staaten und Ameri-
kas zum Schutzzoll war der Anfang vom Ende des
englischen W-elthandelsmonopols. Denn das konnte
nur bestehen, wenn die anderen Länder beim
Freihandel stehen blieben, also Nicht erstarkten und
so zur britischen Ausbeutungsdomäne wurden.
Englands Freihandel war die seiner Wsltmacht-
stellung gemäße Wirtschaftsform. Wenn England
diese Wirtschaftsform verläßt, sabs es dadurch zu,
feine Wsltstellung verlor,
der Finanzmann der Welt
Rolle übernahm .-Amerika —

dciß es
nicht mehr
ist — diese ..
und nicht mehr der Jndustrieherr E-uro-pas. Denn
unter tzotmalen Verhältnissen hätten wir in die-
sen Kr-iegsj-ahren Englands Handslsziffer erreicht
und überschritten, wie wir bereits vor dem Kriege
in der Roheisenerzeugung England hinter uns ge-
lassen hatten. Die Gründe dieses Krieges für Eng-
land sind also wirtschaftlicher Natur, und auch der
Riff nach einem größeren Britanien und einem
großbritischen Zollverein wird deshalb in Eng-
land verwirklicht weil England wirtschaftlich in
die Defensive gedrängt worden ist.
Großbritanien also wird sein Wirtschaftssystem
grundlegend ändern, es wird Vorzugszölle mit
feinen Kolonien abschließen, den bisherigsn Ver-
bündeten die Meistbegünstigung zugestehen, den
Neutralen besondere Zollsätze und den Mittel-
mächten gegenüber Kampfzölle aufstellen. Dieses
System ist auf dem Papiere durchführbar, nicht in
der Praxis, denn eine solch schwerfällige Maschi-
nerie der Zollgesetzgebung würde zu ewigen Rei-
bungen und Verhandlungen nicht nur Englands
mit seinen Kolonien, sondern auck mit seinen Ver-
bündeten Anlaß geben. Ganz abgesehen davon, daß
die Vereinigten Staaten von Nordamerika, die
zum Teil dieselben Rohstoffe auszuführen gezwun-
gen sind wie die britischen Kolonien durch einen
solchen großbritifchen Wirtschaftsbund geschädigt
würden. So ist es fraglich, ob der neue Vorschlag,
der von England als Gegenpol gegen das Wirt-
fchaftsbündnis der Mittelmächte gedacht ist, ge-
eignet bleibt, alle Völker gegen die Mittelmächte
in einem Wirtschaftskrieg gegen uns zusammen zu
führen. Englische Fachblätter weisen deshalb mit
Recht auf diese Frage hin, daß nach Bildung eines
britischen Zollvereins aus natürlichen Gründen
die Alliierten nicht den Wirtschaftskrieg gegen
uns, sondern gegeneinander führen müßten.

mehr sich gestohlener oder im Schleichhandel r,.. harter
worbenex Karten bedienen. - ^yer Grobe
Durch die dargelegte Möglichkeit eines VerzM dE
tos auf das Vezugsrecht gegen Gewährung ein« k^drochen
Rabatts wurde obendrein- der Gefahr einer Bei' 27.
schenkung von Brotkarten gesteuert, da nunmeff 1 Mannheims,
das Bezugsrecht glatt in Geld -umgesetz .werdet! m M los. kna<
konnte und somit eine Verschenkuna weniger seinem Rev-
befürchten war. -L Schutzleute
So hat sich die Brotkarte bis zum Jahre 192 kmuch, konnten i
zu einem Instrument entwickelt, das imstande s^devnta-gs ma
das Lebnsmittelproblem in vollkommener Wem omen Sparierg-a
zu lösen als dke Brotkarte, wie sie sich zu Begw" ^>etn« am Rhe
ihrer Einführung darstellte. mf'o als er auf-w
Dieses - Ergebnis war schon aus Gründen k»i"u en M,
Papierersparnis zu begrüßen auck bei den n>" Münd bekommen
vor ausbezahlt en Karten hatte man sämtliche Lr ftebot in den W
hensmittelkarten zu einer einzigen „Wochenkarte Mal vorbestraft,
vereinigt. Diese enthielt sämtliche KartenabschmG Wsgerissen. dr,
nach Maßgabe der betreffenden Wochenration aff Plenen des Wid
dieser einen Karte. Hierzu war man in der LE hochstzulässig
weil das System der kartenpflichtigen LsbensMM ms. Er wird j<
tel nunmehr abgeschlossen vorlag. Die EmreilM "neih^andever 6
weiterer Lebensmittel unter die Kartenpflicht k«"
nicht mehr in Frage. Eins solche „Gesamtlebon^
Mittelkarte" nahm nicht mehr Papier in Anspruff
als wie eine Brotkarte von ehedem. Das ff.
Namen und Reichsnummer sowie dem Vsrfaütff
versehene Mittelstiick war am Rande mit allen
Frage kommenden Kartenabschnitten versehen A
etwa drei Laib Brot „100 Gr. Butter" usw.
es sich allenthalben um reichsgefetzlich zugelsmff'
Maximalrationen handelte so konnte wie
heutzutage die Brot- und Fleischkarte im Gese!
satz zu den lokalen Eier--. Käse- usw. Karten, °
Wochenkarte im ganzen Deutschen Reichs verw-an
werden. Es bedurfte also nicht der lästigen- W
und Anmeldung bei vorübergehendem AmA-
haltswechsel. Die Verpflichtung der WohM.
gömeinde zur Nachs-endung der Wochenkarte geM
tete es einem Reisenden beliebig lange u>eN
bleiben.
Die längst ersehnte Freizügigkeit

Wieder ein
ler. entrippt ur
das gegenüber -d
"besitzt, durchaus
ba sein. Das l
ans Erschein,uns
ses gänzlich weg
Labak schnei
Nu das Farr
^ald- und Wes
Ms in der Hem
Ken beim F,
,chenblättertal
" Sshe Gelds
V dmem Iah
r^serrcht der
^bten H^del
^?dn Uebers-chr
A^Eerste uni
Brotkarte war zur Wirklichkeit geworden^ kauf? Lesch^aZm

! . 187
!^od herbeiführ
am gleichen i
; Marie Stu
senden Witwe,
.Linie 5 übers
,lie, ins Allgsr
K dreiviertel Stu
Mannheim. 12. 2
Aer flott an der
Haft in der Sch
ßangenen Nacht
Posten Kauta
»len.
Durlach, 12. Au;
fLwald, im Geu
ffd auch Ealgen-
svarbeiten gege>
ft e. die anschei
I wahren hingeri
«entümlich ist, d-c
Mnochsn seine L
r- daß die betref
kZ das Beil hir
Karlsruhe, iS. !
Pt Gerichtsvollzi-
ße Nachricht, daß
kj Haupt, der
klegsfreiwilliger
Idete. und der
Nm ißt wurde,
fn, Gouvernemen
Mast befindet.
kRastatt, 12. Um
wurden auf de
kllbeamte 4 0 fi
genommen, Hw
Aren.
! Baden-Baden,
Prde auf offener
Freiherr v
ihren dem hies
md Rev 0 lve,
,s Ueberfallcne s
^-.dessen Naii
d-e Waffe g-
smalls schwer..
Staufen, 12. Z
Ue die Gutmü
Ghnt, -dm -auf
" einen angebli
ff sie in gemeii
k. sandelt sich u»
vor mehreren
^anis ausgebr

rns-prech- ilE/ ^rkung -
c geriet t ° « s z,
ibe d«* Varaussetz
< ^unterstüi

Nr, 187
Deutsches Reich
* Dis Zukunft des deutschen Veamtenstandes. W
einer Besprechung mit dem Münchener Korrespom
deuten des Berliner Tagebl. sagte der bayeri-M
Kultusminister Dr. v. Knill ins: „Die Z u-»
kunft des deu tscken Beamte nst-andes
ist das, was mir ammei st e n So rge .macht. DK
sÄstbsso-ldet-e Beamte kann von dem, was er ver-
dient, nickt mehr leben. Alle staatliche Hilfe kann
unmöglich Schritt halten mit der Verteuerung der
Lebenshaltung und dem Sinken des Geldwertes.
Der -Beamte zehrt seine letzten Ersparnisse a-ffk
oder hungert. So treibt man -der völligen Prole-
tarisierung des V-eamteustandes zu, und was noch
schrecklicher ist. die Integrität wird auf eine Probe
gestellt. Der deutsche Beamtsüstand, der ehrlichste
der Welt, ist m asten seinen Schichten der Gefahr!
der Korruption ganz nahe und man muß fast
wehrlos zusehsn." . i
* Das Reichsgesetzblatt gibt das Weinsteuergesetz,
das Gesetz zur Aenderung des Schaumweinsteuergs
setzes und das Gesetz betr. die Besteuerung von Mi-
neralwässern und künstlich bereiteten Getränken,
sowie die Erhöhung der Zölle für Kaffee und Tee
bekannt.
Badische Politik
* Die erste Sitzung der Zweiten Kammak zur
Beratung der neuen Bier st euer und der
neuen Einkommensteuer wird, wie jeA_L^
kannt wird, am 21. August stattfinden. Wann
die Erste Kammer zusammentreten wird, um
die neuen Gesetze zu beraten, darüber steht noch
nichts bestimmtes fest. Nach dem Festakt der Zjwei-
ten Kammer aM Donnerstag, den 22. August, an-
läßlich der Verfassungsfeier, werden die Abgeord-
neten beider Kammern im Schloff« von dem Groß-
herzog empfangen' werden. Kür den Abend dieses
Tages sind die Mitglieder des Landtags von dem
Minister des Eroßherzoglichen HaUses. der Justiz
und des Auswärtigen, Dr. Düringer, zu ei-
nem parlamentarisch-sn Abend eingeladen.
- - . .—--

8* V
Mes wird gew
Lenden Linie
NS und jeder
Dürftigkeit, w-
"°r E
U semer Entlas
oder bis z
^unterhalt
A'"en hat. T
L.n dK Antrag
Aeften des Ve;
-ff Grade wie
ns gesetzlich ve
MS aber nicht s
bemittelt sind
sichtet sich ,
rad r
r.siMteigenden
"stchen Preisvei
Anspruch genommen ist. Oberreg. Rat Dr. Mst r
chglmann hat sein« Diensträume vorerst noch i^ ff _ff ?
Berlin M 8, Kronenstraße 2 II, (Ferns-pr
anschluß „Zentrum" 2458).
 
Annotationen