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Heidelberger Zeitung (60) — 1918 (Juli bis Dezember)

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Heidelberger Zeitung

Dienstag, den 10. September 1918

Fernsprecher Nr. 82 uns lnr

ocr.

.ibenso di« Knappheit, der verkäuflichen Waren
»am Kr'ege her. Es fragt sich nur. pH mcht.nehen
dm langfristigen Anlehen auch weit , kräftigere
Kviegssteuern zur Bestreitung der Kriegsbe-dürf-
iiffe verwendet werden sollten. Aus diese Weise
Urömte schon jetzt, ein größerer Teil des Ueber-
lerdien-stes der Bevölkerung in die öffentli-
chen Kassen zurück und würde der Gsl-düberfluß
md damit die Geldentwertung einigermaßen auf-
pehalten werden.
Es ist höchste Zeit, daß die zuständigen Behör-
den und Volksvertreter nach dem Rechten sehen.
Weitere Fortschritte darf die Geldentwertung nicht
Machen. Schon jetzt ist die Gefahrgrenze -Wer-
schritten. Vielleicht kann nur -noch „Beschlag-
nahme des Ueber Verdienstes" helfen.
Sesterreich hat den Eholmer
Vertrag gekündigt
, Der VossMen Zeitung wird gemeldet: Oester-
reich hat den Gebet mver trag mit der
Ukraine bezüglich des Cbol-mer Landes gekün-
digt und das Eholmer Gebiet bereits wieder dem
Mi litäraouv er n em en t Lubli n Anterr-
stellt. Es soll in Wien den polnischen Wertreiem
ausdrücklich erklärt worden sein, daß OessterrsM-
Ungarn in der galizischen Frage den Bolen ge-
genüber zu weiteren Zugeständnissen bereit sei.
Ob indes diese Zugcstäikdnme genügen, das im
Augenblick ins Stocken geratene LAungsvrsblem
du beschleunigen, steht noch dahin.
Im übrigen verlautet mit Bestimmtheit, daß
das Kabinett H-ufsarek in allernächster! Zeit
.trotz der geflissentlich verbreiteten anderslauten-
den Meldungen zurücktreten wird. — Also dis
taustravolnische Lösung und kein Ende!
Rechtsauskunft in der Armee
In einem Schreiben des preußischen Krisgsmi-
nisteriums vom 23. August an den Aba. Dr. Mül-
ler Meinigen beißt es:
..Beim Feldheer find bereits feit langer Zeit
Rechtsauskunftsstellen für R-ater-
teilnna jeder Art eingerichtet. Der ..Verband
der gemeinnützigen und unparteiischen Rechtsaus-
kunftsstellen" und der ..Deutsche Anwaltsverein"
haben sick sur weitgehenden Unterstützung dieser
Wellen erboten. Auch dis von den Gewerkschaften
errichteten Arbeit er sekr etar iats haben sich bereit
erklärt den im Felds Stehenden Rechtsauskunft
zu vermitteln.
. Im Inlands ist nach dem Ergebnis einer Runde
fraae in einer Anzahl von Bezirken durch Rechts-
auskunftsstellen von Gemeinden. Richter- und An-
waltsversinigunaen. Fürforaeveretnen udw. bin-
reMend für die Rechtsberatuna auch von Miilitär-
verfonen gesorgt. Wo ein Bedürfnis vorliegt, sind
aiuch bereits von den militärischen Kommandobe-
börden Rechtsauskunftsstellen eingerichtet. Au-ßer--
dem Lat sich der Deutschs Anwaltsverein im März
1918 erboten, auch dis inländischen Beratungs-
stellen zu unterstützen. Dies ist vom Kriea-smini-
sterinm allen Dienststellen bekannt asaeben. und
sie sind nack Bedarf mit dem deutschen Anwalt-
verein in Verbindung getreten. Ein Bedürfnis
der Erweiterung der vorhandenen Einrichtungen
liegt hiernach nicht mehr vor. und es erscheint des-
ibalb bedenklich, besondere militärische Dienststellen
mit einem besonderen Dienstrang Mr die Rechts-
berater su schaffen."

Kleine Kriegsnachrichten
* Die deutschen Docks in Amerika beschlagnahmt.
Wie der amerikanische Pressedienst aus Newyork
meldet, hat Präsident Wilson mitgeteilt, daß die
Regierung der Bereinigten Staaten die dort den
Deutschen gehörigen Docks beschlagnahmt hat. Dör
Norddeutsche Lloyd und die Hamburs-Amerika-
Linie befaßen dort große AuslaLevlätze und aus-
gedehnte Anlagen. Die Entschädigung wird spä-
ter bestimmt werdest.
* Amerikanische Kriegspsychose. Nach dem
Evening Standard (London) sagt« derBürger-
m eist er der kleinen Stadt Lyme in den Ver-
einigten Staaten in einer öffentlichen Versamm-
lung: „Wir benötigen den Frieden, dringend so-
gar, aber (mit Nachdruck) ksin Frieds wird ein
Deut wert sein, bis dis Jungens von Lyme dis
Linden histabmadschiert sind mit dem verdamm-
ten Kaiser an der Kette".

Abermals die falsche Regie
Die Kölnische Zeitung geht den Ur-
sachen des Stimmungswechsels nach, der
weite Kreise des Volkes ergriffen hat, und sie
lögt dabei Sen Finger in eine sehr schmerzliche
Wunde.
Hauptsächlich liegt der Grund darin, schreibt
das Blatt, daß uns der plötzliche Wechsel des
Kriegsglücks gänzlich unvorbereitet traf.
Man hat im Publikum der Presse den Vorwurf
gemacht, sie habe nach der Richtung ihrs Pflicht
versäumt. Dabei läßt man unberücksichtigt, daß
die Berichte der Presse aus dem Felds, wie in allen
kriegführenden Ländern so auch bei uns. der Zen-
sur unterliegen und daß im übrigen diese Bericht-
erstattung den Telegraphenagenturen, bei uns
den, Wolffschen Büro, Vorbehalten ist. Diese halb-
amtliche Berichterstattung hat. statt sich darauf
zu beschränken, den Tatsachen das Wort zu lassen,
die wahrscheinlich überzeugend und beredt genug
waren, bei der Schilderung der gewaltigen deut-
schen Schläge den Eindruck erweckt, als ob die
Gegner sich van diesen Schlägen nicht mehr erho-
len könnten, als ob ihre Reserven erschöpft seien
und es nur noch einer letzten Kraftanstreingung
bedürfe, um ihnen den Rest zu geben. So wirkte
die erfolsreichs Offensive der Franzosen und dann
der Engländer auf unsere Bevölkerung als eine
Ueberraschung. für die ihr der Schlüssel des
Verständnisses sohlte.- Ein Wunder war es daher
nicht, daß die Ausstreuungen von Schwarzsehern
und Angstmeiern auf solchsm Boden vorüber-
gchaich Wurzel fassen konnten. Wohnlichen Fehlern
war dis Berichterstattung, die von ganz- oder halb-
amtlichen oder auch interessierten Stellen asts-
ging, schon früher verfallen. Man denke nur an
die Ueberfchatzung der Ernte -in -den ersten
Kriegsjahren, an die übertriebenen Versprechun-
gen der Vorräte, dis wir aus Rumänien und der
Ukraine erhalten sollten, an die an den Untersee-
bootkrieg geknüpften Verheißungen, an den Usber-
schwang, mit dem Erfindungen aller Art -in ihren
praktischen Wirkungen in die Welt hinaustrom-
petet wurden. Ein Beispiel solch verfehlter Be-
richterstattung ist uns noch Mr Hand; aM 16.
April 1018 verbreitete das WTB. folgendes:
„Die gewaltigen Vorräte der Beklsidungs-
und Verpflegungslager in Rußland. Italien und
Nordfrankreich lassen sich überhaupt nicht ab-
schätzen. D>e Beute an Gummi und Kupfer allein
in Nordfrankreich deckt den deutschen Heeresbedarf
auf -ein Jahr. Dis Gefamtbeute hat die matörielle
Kriegssührung der Mittelmächte außerordentlich
gestärkt und die Heimat um den Betrag einet vol-
len Kriegsanleihe von ihrer Beitragspflicht zu
den Kriegslasten entlasset".
Wo derart Erwartungen geweckt werden, braucht
Man sich nicht zu wundern, daß Enttäuschung
und Mißtrauen sich breit Machen, zumal, wenn
uns bald darauf zur Deckung des Notbedarfs un-
sere Kleider abverlangt und die Türklinken mit
Beischlag belegt werden. Das deutsche Volk hat
wahrlich in den vier Jahren, dis hinter ihm lie-
gen. gezeigt, daß es zu entbehren und zu opfern
versteht, aber solch verfehlte Einwirkung erträgt
auf die Dauer selbst der dickste Geduldsfaden
nicht".
Soweit das große führende Blatt, dessen Aus-
fühvungen man leider nur durchaus zustimmen
Mutz. Wir sind Gott sei Dank, äußerlich und in-
nerlich so stark, daß wir die Wahrheit ver-
tragen können. Stimmung machen kann man auch
ohne Beschönigungen und rosenrote Darstellungen!
KrifengerüchLe
Aus Wion kommt dis Meldung, daß „man"
dort Grund zu der Annahme habe, Hertling werde
zurücktreten und durch Solf ersetzt werden, fer-
ner würden einige Parlamentarier — genannt
werden. Erzberger (!) und Scheidemann — in dis
Regierung eintreten. Dazu wird der Köln. Ztg.
aus Berlin gemeldet:
Da haben wir wieder einmal MÄ zwar dies-
mal aus dem Auslands herübergeleitet, das Spiel
der Gerüchts. Es bleibt zu allen Zeiten, ist aber
heute wahrlich ein höchst bedenkliches
Spiel MaN fragt sich vergeblich, ob die deutsche
Politik jetzt, da der Usbermut des Verbandes
keine Grenzen mehr findet, es verantworten
könne, die Voraussetzung zu wecken, als ab wir
uns einer neuen Krise näherten. Tatsächlich lis-

W Tätigkeiten sollen im Tun erlernt werden. A
« Comenjus. w
» SLSESSLELSSc-
Gespenster des Glücks
. Roman von Alfred Maderno
(48. Fortsetzung)
e Vi erunddr eibigstss Kapital.
-Freilich, das Lächeln verschwand wieder von
den Lippen des Blinden.
Rührer ließ sich schweigend und fügsaint, inner-
lich aber noch immer aufgewühlt, und wider die
ganze Welt gehässig, von Nora in die Blinden-
schrift einsühren, deren Erlernung, ihm weniger
Mühe machte als die Hebungen in feiner bisheri-
gen Handschrift, die er nicht verlernen durfte,
ohne gar zu hilflos vor seinen Mitmenschen zu
stehen.
Und wenn die Arbeitsstunden herum waren,
dann wandte er sein Gesicht in die Richtung, wo er
wußte, daß Nora saß, tat wieder -so. als wolle er
ihr in die Augen blicke,!, und froste mit mutloser
Stimme und einem -verdrossenen Zug um den
Mund:
„Wozu die Plage? Dis Geduld bringe ich doch
in meinen, ganzen Leben nicht auf, mit den Fin-
gern die Worte eines umfangreichen Buches abzu-
tasten. was Sie mir als so verlockend hingestellt
hüben. Und üm mir vorlesen zu lassen, dazu
brauche rch keine Blindenschrift, eine Erfindung,
dis einen immer und ewig daran -erinnert, daß
man ein Krüppel ist".
Hätte Rohrer. sehen können, so wäre seine
Rede nicht so bitter idahin-gsflosfen. Denn Nora
blickte ihn aus traurigen Augen an.
Nicht das tat ihr weh. daß Rohrer ihr dis
Mühe nicht dankte, die sie fick mit ihm -gab. Das
war ihre Pflicht, von der sie schon so viel Schönes
empfangen hatte. Es -schmerzte sie nur. daß der
Doktor immer wieder in seine unversöhnliche
Stimmung Ulrückfiel und dis Wohltaten, die ihm
die Wissenschaft bot, unrichtig auslegte, sie als
Vermehrer seines Unglückes bezeichnete.
»Herr Doktor, warum bringen Sie den Evfin-

düngen, die- zahllosen vor Ihnen den Glauben
an sich selbst und die Freuds am Leben und Schaf-
fen wiedergeschenkt haben, nur Verachtung ent-
gegen? Die Blindenschrift wird Sie niemals dar-
an erinnern, daß Sie nicht Heben können, wenn
nur Sie -an ihren einzig wahren und doch so tröst-
lichen Aweck glauben wollten. Dann müßten Sie
bereits erkannt haben, daß Ihnen dis Blinden-
schrift zeigen will, daß Sie, obwohl Sie nicht
sehen können, dennoch keines anderen Menschen
Hilfe brauchen, txotzdem unabhängig, also mehr
zu leisten imstande sind als wir übrigen. Vermag
Ihnen dis Richtigkeit dieser Auffassung nicht ein-
zuleuchten? jSie sprechen davon, dis Geduld
nicht aüfbringen zu können, dis Blind-snschrift zu
lesen. Ja, haben denn Ihrs chemischen Versuche
keine Geduldsprobe von Ihnen verlangt? Wenden
Sie nicht ein, daß es sich damals um Ihren Beruf
handelte. Diem-al handelt es sich Ml mehr, um
Ihr Lebensglück".
Rotzver tat es im stillen leid, feiner Lehrerin
wieder Kummer bereitet zu haben. Wie sie um
rhn litt, fühlte er aus dem leisen zitternden
Klang ihrer Stimme heraus. Und wie ehrlich sie
es -mit ihm meinte, mußte er an der -Sorgfalt und
ll »Verdrossenheit erkennen, mit der sie ihn Mr die
praktischen Fertigkeiten anzulernen bemüht war.
Und er nahm es sich vor, nicht länger wie ein tro-
tziger Knabe ihre gutgemeinten Worts in den
Wind zu schlagen, deren Richtigkeit -er nicht leug-
nen konnte, wenn er den Widerstand gegen dis
Vernunft ausgab, die Verachtung, wie Nora nicht
unrichtig -sagte, ablegte. Aber 'dieser Trotz, der
mit dem Groll verbündet in der ersten Stunde
seiner Erblindung von seinem ganzen Wesen Be-
sitz ergriffen hatte, war zum mindesten noch nicht
schwächer als die Einsicht, der er sich -über-lassen
wollte.
Nora lah den Doktor schweigen und Mit sich
selbst hadern. Auch ihrer Macht waren Gr-enlzen
gezogen; sie konnte dem ihrer Fürsorge anvertrau-
ten Blinden die kaum nennenswerten Nachteils
dis ihm ans seinem Gebrechen erwuchsen, wie et-
was vorweisen, was sogar Wert Mr ihn zu besitzen
schien, und konnte ihm Männer nennen, dis trotz
ihrer Blindheit Hervorragendes aus mannigfalti-
geren Gebieten geleistet hattn. als man allgemein
für möglich schalten hätte. Den letztest Schritt

virksamster Act. wayreno er y,
nsus württemberglschs Zivilprozep h

aber mußte der Blinde allein tun. mit Hilfe der
Energie, die sie in ihm geweckt und gestählt hatte
er allein mußte am Ende wissen,, daß er sich kei-
ner Selbsttäiuschung hingab, wen-n- er sich einge-
stand. durch die Erkenntnis, doch nur körperlich
blind zu sein, die alte Ruhs und Sicherheit wie-
dergSfunden zu haben. Selbst mußte er das Ver-
trauen zu sich fassen, selber nicht weniger leisten
zu können als die zum Beispiel angeführten
Männer. Dieses Vertrauen war ja angesichts
der Hilflosigkeit, die dem Blinden anfangs auf
Schritt und Tritt zum Bewußtsein kom-mxn
mutzte, das Schwisrigste. womit sich sein Bansen
vor der Zulunst abzufinden Hatte, und es wuchs
nur dann ratsch, wenn der Blinde di« erlernten
praktischen Fertigkeiten als vollwertige Leistungen
gelten ließ.
.. -Ja, die ersten Tage waren nickt leicht; nicht
für Nora und auch für Rohrer nicht. Er wollte-
anfangs nicht einmal davon etwas wissen, sich in
den -Brbeitssaal führen zu lassen.
„Ich kann doch hier auf meinem Zimmer auch
lernen," beharrte er eigensinnig.
„Aber ich vermag Sie hier nicht so gut zu un-
terrichten wie unten im Saal, wo wir soviele
-Behelfe haben". -
„Ich mag nicht unter dis Leute." kam -er trotzig
mit einer anderen Ausrede.
Nora war schon zufrieden, daß Rohrer sie nicht
mehr anschrie. Sie hielt und führte ihn ja be-
reits, daran vermochte sie kein Rückfall in feine
altg Feindseligkeit gegen alles, was Einsicht hieß
und erforderte, zweifeln zu macken.
„Es sieht Sie doch niemand, Herr Doktor. And
gerade das finde ich jedesmal so schön, wenn ich
mit einem neuen Blinden den Saal betrete, daß
er keinem einzigen neugierigen-Blick ausgesetzt ist.
Denn wir Lehrer und Leherinnen zählen doch nicht
mit. Aber wie ist das sonst so oft unangenehm,
wenn man Heim Eintritt in einen Raum, wo
mehrere Menschen beisammen sind, von allen Sei-
ten ansestarrt Und gemustert wird. Man gehört
sick selbst nicht mehr in solchen Augenblicken. Wie
glücklich seid ihr Blinden dagegen".
Rohrer mußte seinen Widerstand aufgeben und
tat dies, indem er Sin leises „Hm" durch die Nase
stieß
(Fortsetzung folgt.)

. ., können die elsaß-lothringischen L»H
rer nach dem Kriege nicht in Elsaß-Lothr-ingeck
verwendet werden. Man wird waschech t«
französischs Lehrer dorthin setzen, E
ohne -Kenntnis der elsässischen -Mundart nur ick
lranzöstschsr Sprache unterrichten werden. Wik
können uns nicht verhehlen, daß dis ellsässiW
Mundart eins deutsche Mundart ist; M
Aufgabe wird ssin, sie zu bekämpfen und ausE
rotten. Jedenfalls wird sie die Regierung mir
aller Strenge bekämpfen. Die elsaß-lot.hringischc«
Lehrer haben durch die Bildung in den deutsche«
Seminarien ohne ihren Willen einiges vock
d-er deutschen Denkweise angenom-
men und sie kennen Frankreich nicht genug, uick
es ihren Landsleuten nah« zu bringen. Dis Re-
gierung wird ihnen gute Stellen im Innern ge-
ben". Sehr nett, was der ehrenwerte Herr Col-
lin hier prophezeit, er wird aber ein falsche«
Prophet bleiben.

Deutsches Reich
* Die preußische Wahlreformkrisis. Dem Ber-
liner Lokalanzeiger zufolge sehen die Berliner
Städtischen Behörden, wie aus sistsr Verfügung
der städtischen Schuldeputati-on an die
Leiter der E-emeiydeschulen hervörgeht. "eins? b al-
digen Auflösung des Abgeordneten-
h a u s e s entgegen.
* Die Unabhängige Kandidatur in Berlin 1.'
Wie die Int. Korresp. hört, hat dis Unabhängige
Sozialdemokratie Adolph Hoffmann als
Reichstagskandidaten für Berlin 1 in Aussicht ge-
nommen. Der Gotha-er Generalanzeiger behaup-
tet freilich, es fei ein Genosse. Richard Müller,
ein Metallarbeiter, ein „Mann aus -der Mierk-
-sürtt," ausgestellt worden.
* Der Fall Müller. Nach dem Fall Grsber er-
regt der Fall des katholischen Diözesenyr-äses Dr.
Müller Aussehen. Müller, der Leiter der katholi-
schen Arbeitervereine und Herausgeber der West-
deutschen Arbeiterzeitung war. ist vom Kardinal-
Erzbischof Hartmann von Köln seines Amtes
entsetzt worden — uns von vetzschiedensn-Sei-
ten behauptet, wird:, weil er als Leiter der ge-
nannten Vereine einen Hehr energischen Kampf
gegen dis Gegner des -gleichen Wahlrechts
in der Zpntrumsp-artei geführt Habs. In Ver-
bindung mit der Absetzung Müllers wird in der
Frankfurter Zeitung von einem katholischen Le-
ser behauptet, daß überhaupt der katholische Adel
und dis katholischen Großagrarier im Bunde mit
der hohen katholischen Geistlichkeit einen starken
Druck auf den katholischen Klerus
ausübtsn. um diesem, der früher sehr wahlrsfovm-
freundlich gesinnt war, zu einer Stellungnahme
gegen das gleiche Wahlrecht zu bewegen. Dieselbe
Auffassung wird, ebenfalls von katholischer Seite,
in der Köln. Ztg. vertreten. Natürlich hat sich die
Zentrumskorrchpondenz beeilt, den Vorwurf zu
bestreiten. Die Tatsache der Disziplinierung
Müllers kann sie nicht in Abrede -stellen, sie be-
hauptet aber, daß Vie Ursache in anderweitigen
Meinungsverschiedenheiten über Fragen der^Ar-
beiterversinspolitik zwischen de-m erMschöflUsn
Stuhls und der Ärbeitervereinszentvale in M.--
Gladbach zu suchen sei. Auch das Kölner erß-
bischöflichs Generalvikar-iat veröffentlicht in der
Köln. Volksztg. eins Erklärung: „Dis katholi-
schen Arbeitervereine seien in erster Linie reli-
giöse Vereine, aber selbstverständlich söj es
-ihnen nicht benommen, -sich auch eingehend mit
Vtandes-fragsn der Arbeiterschaft zu besaßen und
ihre.Mitglieder staatsbürgerlich zu schulen. Ob
der Fall Müller damit zur Ruhs kommen -wird-
bleibt abzuwarten.
* Metzer Domherrsn-Politik. Wie dis „El-
saß-Lothringische Schulzeitung" meldet, hatte sich
kürzlich einer ihrer Gewährsmänner des besonde-
ren Vergnügens zu erfreuen, mit dem zu Besinn
des Krieges seines Amtes entsetzten Metzer Ehren-
Domherrn Abbe Collin bei Gelegenheit einer
Werbereise in dsm elsässischen Konzentrations-
lagern in Frankreich eine Unterhaltung zu pfle-
gen. Auf dis Frage des Schulmannes, welches
wohl das Schicksal der elsaß-lothringischem Lehrer
nach der „Befreiung und Erlösung" Elsaß-Lothrin-
gens sein werde, lautete dis Antwort des Metzer
Chrsndomherrn folgendermaßen: Nach dem, was
Paris spricht und was auch d-is Ansicht von Mu-

sen zu einer -solchen Krise keine Gründe vor. Dis menthal ist,
geschickte parlamentarische-Hmrd des Grafen Hertz-'
ling hat sich wirklichen Schwi-eriÄeiten gegenüber
so bewährt, daß man diese Fähi-gksit des Kanz-
lers gerade heute nicht unterschätzen sollte. Es un-
terliegt auch keinem Zweifel, daß der ReichÄ-anz-
ler auch dem Auslands.gegenüber ein Anselien
besitzt, daß es unmöglich sein sollte, -und sein wird
auf dem Wegs der Stimmungsmache diese Stel-
lung zu erschüttern. Worckuf es aber vor allem
-ankommt, ist, daß es ein politischer Unfug
ist, in der gegenwärtigen Zeit mit dem Gedanken
einer Regierungskrise zu spielen. Wir habsn
wirklich wichtigeres zu tun, als die Gegen-
sätze, die Graf Hertling in seiner reichen Erfah-
rung und Geschicklichkeit zu überbrücken weiß, auf-
zursizsn. Einigkeit, politische Disziplin. Milde-
rung der Gegensätze, das ist die Lösung des Tages.
Diejenigen, die Krisengerüchts Eck» nur weiter-
reichen, verstoßen aufs schwerst« da-
gegen". M

Aus Baden
Mannheim, 9. Sept. Auf dem heutigen Wochen-
markte wurden für mittelgroße Köpfe weiße«
Blumenkohls sechs Mark und für das Köpfcheck
Mppsnkohl zwei, Mark verlangt. Man sollt« nicht
glauben, daß es Leuts gibt, die diesen unerhörten
Preis anlegen.
Karlsruhe. 9. jSspt. Am Samstag wurde! hüt
auf der Kaiserstraße eine Sprengkapsel, wie
sie im Eis-enba-hn-betrieb zu Signalzwecken ver-
wendet wird, auf die Schienen der Straßenbahn
gelegt. Beim Ueberfahren durch einen Straßen-
bahnwa-gen ist ein solcher Knall entstanden. doÄ
das Publikum zu der Meinung kam, daß es siÄ
um eine Fliegerbombe handle, und in große Auf-
regung geriet.
Baden-Baden, 9. Sept. Der Oberrealschüle«
und Jungmanne der 'Freiwilligen Feuerwehr,'
Heinrich Gommel hat an den Retlungsarbei-
ten beim Brande des Hotels Bellevue sich in her-
vorragendem Maße beteiligt. Leider Mitt er da-
bei einen Unfall, sodaß ihm ein Bein abgenow-
men werden mußte. Der Amts-vorstand Geh. Obek-
regierungsrat Freiherr von Reck spack Go-mmek
die Anerkennung der Regierung auK
Nach vollendetem 18 Lebensjahr soll'er dieKriesS-
Verdienstmedaille erhallen.
Konstanz, 9. Sept. Der Stadtrat hat beÄ
Ministerium des Innern den Antrag gestellt, da?
mit Wirkung vom IS. «Zeptember bis IS. Dezsnv
ber der Aufenthalt für Fremde in Konstanz aui
drei Tage beschränkt wird. — In Fried
richshafen wurde das Kurgartenhotel,>ve-
gen Uebertretung der Vorschriften über Lebend
mittel bis auf weiteres geschlossen
Aus der Selbstverwaltung
Freiburg. 9. Sevt. Dev Stadchrat bst
den vom Bürgeraussckuß aenehmiaten Vertrag de«
Gemeinnützigen Hypotheken - Sickerunsd
aei-ellsch-aft Freiburg, die mit 800 Antelleck
zustande gekommen ist. abgeschlossen. Dis Stadt-!
Verwaltung trat außerdem mit 100 Anteilen zu "
100 M, der Genossenickait bei.
o. Konstanz. 9. Sevt. Ein halbamtlicher Artib«
der Karlsruher Zeitung befaßt sick mit einem n
der letzten Bürgerausschutzsitzum-g -bei Beratung
des Beitritts der Stadt Konstanz zu Siner
gründenden Landbank von dem Obmann
StadtverordnstenvorstlM-des Lobr gemachten A-ud
svmck. dahingehend. Las ganze Verdienst an der
Verwirklichung der Fraas komme Herrn OberDM
aermeLster Dietrick zu. trotzdem komme in W
ganzen Gesetz der Name Konstanz nickt vor. EE
gröberer Diebstahl geistigen Eigentums sei nod
nie begangen worden. Er verstehe die HaltllM
der Regierung nickt, und es sei notwendig, bst,
etwas laut zu sprechen, wenn man in Karlsruo-
meine, dort sei der Weisheit letzter Schluß. Deck
asaenüber wird in der Karlsruher Zeitung fests^
stellt, daß die Verhandlungen über das ZukaE
kommen des EBterzertrümmerun-gsMetzss sowods
in der LLnLwirtsckaftskammer. wie im LandtagL
aller Oeffsntlickk-eit vor sick gingen und dabei °r>
Urbebsrickait des Oberbürgermeisters Dietrick e«
wäbnt und gewürdigt wurde. Die einer Beickim^
funa nab-okommende beleidig endeWebaUck
tun», die Regierung Labe sick -eines DiebstE
! geistigen Eigentums schuldig gemacht, müße da-ck«
! mit allem Nachdruck zu-rückgewi-es-en werden.

Adolf Wach
Zu seinen! 7S. Geburtstage am 11. September-
Adolf Wach, der ausgezeichnete, in Lehrtaii^
Seit, Forschung und Praxis gleich «usgezeichE
Jurist der Universität Leipzig, der auch ,iw Ls
fsntlichen Leben sich ress betätigt hat, ist
Sohn der westpreutzischen Stadt Kulm und
sich nach seinem eigenen EeständnOse ohne
Herzsnszug, ja selbst ohne jede Einsicht für^L
Studium der Jurisprudenz entschieden. In b«
lin und Heidelberg, wo er zuerst studier^
fand seine Neigung für die Rechtswissenschaft asst
keine weiters Anregung; als aber der luMf
Bursch, wie er glaubte, -in die Verbannung, U
Heimatsuniversität Königsberg zog. um sich
einem solideren Leben in dis Arme zu werfen,
hatte er das Glück, in Sanio einen Lehrer zu.m,
den, der ihm Reiz und Geheimnis der wum,!
schäftlichen juristischen Forschung erschloß. Es^
lang Wach bereits in Königsberg durch eine i
beit über den promissorischen Eid einen Preis
erringen, und nachdem er seine Doktorprüfung A
standen hatte, begann er sich auf Sanios Rat
in Göttingen systematisch auf dis Habilitm«-
vorzubereiten, die er dann auck nach gründlE^.
Quellenstudien 1868 in Königsberg «7,^-
ziehen konnte. Die ziemlich r-aßch aufeinamLj!
folgenden Stationen seiner akademischen TäbS^.:
waren Rostock, wohin Wack bereits 1869 > ,
Ordinarius berufen wurde, sodann Tübirrs
und Bonn. Sein Lehrgebiet umfaßte den
und Strafprozeß und das Strafrecht, während
von ihm vrsprünglich gleichfalls in seinen 1^!
plan öi-nbezogene Kirchenrecht mit der Zeit zur»
treten mußte.
Eine glückliche Fügung für seins wrssenM^
liche Entwicklung wollte es, daß Wack wa-ll
dieser . seiner akademischen Wanderfahrs st"
vevschisdsne Prozetzsysteme einzulosbn batte
daraus eine Mille der Anschauung .
konnte. So dienten ihm die altsrtümlick-sn
richtungen in Mecklenburg und die Spruchm' §
keit der Rostocker Fakultät als ein histEU,
Praktikum wirksamster Act- während er m
Lingen die -7..Z...S—..
nung zu lehren hatte und sich in Bonn IN !

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