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Heidelberger Familienblätter — 1876

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No. 79 - No. 86 (4. October - 28. October)
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— 320

Da endlich — es war der Morgen des 19. Jänner
— brachte eine Botſchaft aus Brevilliers die frohe Kunde:
Bourbaki auf dem Rückzuge; und Tags darauf traf das
berühmte Telegramm Euer kaiſerlichen Majeſtät an die
Kaiſerin ein, das dort in eherner Schrift auf dem Denk-
mal eingegraben iſt und welches lautet: „Bourbaki hat
nach dreitägiger Schlacht ſich vor dem Werder'ſchen hel-
denmüthigen Widerſtande zurückgezogen. Werder gebührt
die höchſte Ehre und ſeinen tapferen Truppen.“ Unter
unendlichem Jubel der Bevölkerung ward es verkündet
und jetzt erſt erfuhr man allmälig, was geſchehen. Durch
einen ſo genial erdachten als kühn ausgeführten Zug
hatte der Führer des XIV. Armeecorps — das an-
drängende Franzoſenheer überholend — ihm einen Wall
muthiger Streiter entgegengeworfen und felſenfeſt ſtand
dieſe Wehr.
ſie an und dreimal prallte es machtlos ab an dem todes-
muthigen Widerſtande der deutſchen Streiter. — Da trat
der franzöſiſche Heerführer ſeinen Rückzug an. Doch
ſchon war es für ihn zu ſpät! Schon war auf Sturmes-
flügeln ein neues deutſches Heer unter einem nicht min-
der kühnen Führer herbeigeeilt, um unſern bedrohten Brü-
dern Hülfe zu bringen und jetzt — im Rückzug verfolgt,
auf's Neue bedrängt, aufgelöſt, durch Hunger, Schwert
und Kälte gleichmäßig zertrümmert, brach des Feindes
letztes Heer zuſammen und ſeine Reſte mußten Schutz
ſuchen jenſeits der Berge eines fremden Landes. — Be-
freit athmeten die Bewohner Bodens auf, bewundernd
richteten ſich die Blicke ganz Deutſchlands auf das XIV.
Armeecorps und ſeinen Führer und ein Gefühl des
heißeſten Dankes entſtrömte unſer aller Herzen, des
Dankes gegen den Herrn der Heerſchaaren, des Dankes
gegen unſer heldenmüthiges Heer und ein Wunſch be-
wegte Alle, dieſem Dank auch einen würdigen und blei-
denden Ausdruck zu verleihen. ö
Und welches Volk hätte wohl je eine dringendere
Verpflichtung gehabt, der „höchſten Ehre“, welche von
ſeinem oberſten Kriegsherrn einem Heerestheile und deſſen
Führer zuerkannt worden iſt, auch ſeinerſeits einen Zoll
des Dankes in einem bleibenden Zeichen beizufügen, als
jetzt unſer badiſches Volk? War doch dieſes und ins-
beſondere das des badiſchen Oberlandes, das am meiſten
bedroht geweſene, dem eben deswegen auch die Folgen
des Sieges am meiſten zu Gute kamen, und waren es
doch zum großen Theile ſeine Söhne, die dieſen mit er-
fochten. So war es denn nur der natürliche Ausdruck

Dreimal ſtürmte das galliſche Heer gegen

dieſes allgemeinen, tief empfundenen und wohl berechtigten

Dankgefühls, wenn ſchon am 19. Februar 1874, genau
einen Monat nach dem Eintreffen der erſten Sieges-
nachricht in einer dahier gehaltenen Verſammlung von
Gemeindevertretern des badiſchen Oberlandes der ein-
ſtimmige Beſchluß zu Stande kam, „es ſolle zum ewigen
Angedenken des befreienden Sieges bei Belfort ein Denk-
mal in der Hauptſtadt des Breisgaues errichtet werden,
errichtet, wie dort die Inſchrift ſagt, dem XIV. Armee-
corps und ſeinem Führer General A. v. Werder von
dem dankbaren badiſchen Volke.“
Dem Beſchluß folgte raſch der Beginn der Aus-
führung, bald waren die nothwendigen Mittel von Ge-
meinden und Privaten gezeichnet, durch die Munificenz
Ew. Kaiſerl. Majeſtät und Ew. Königl. Hoheit wurden
uns franzöſiſche Geſchützrohre überlaſſen, die jetzt — o
wunderbare Wandlung des Geſchicks! — in deutſche
Kriegergeſtalten überſetzt ſind. Auf einen erlaſſenen Auf-
ruf ſendeten Künſtler aus allen Theilen des deutſchen
Reiches ihre Modelle zur Preisbewerbung ein, die im
Mai 1872, 20 an der Zahl, hier ausgeſtellt waren, da-
mit das Preisgericht, beſtehend aus 5 der bedeutendſten

Künſtler und Kunſtrichter Deutſchlands, eines aus den-
ſelben auswähle. Und als die Wahl getroffen und zwar
einſtimmig getroffen war und der Name des preisgekrön-
ten Künſtlers nun genannt wurde, da war dies nicht
einer der längſt berühmten und bekannten Namen, ſon-
dern der eines jungen, bis dahin wenig genannten Bild-
hauers, eines badiſchen Landeskindes, der mit Meiſterhand
es verſtanden hatte, die Gefühle und Geſinnungen des
badiſchen Volkes in Formen ſo ausdrucksvoll zu verkör-
pern. Und durch einen Meiſter im Erzguß in ein un-
vergänglicheres Material übertragen, auf kunſtvoll ge-
arbeiteter Unterlage von Schwarzwald⸗Granit ruhend,
wird heute das Werk — deß ſind wir ſicher — ſeine
Meiſter ſelbſt loben. Es kann mir deshalb nicht bei-
kommen, das Denkmal, welches in wenigen Augenblicken
im Glanz der Herbſtſonne vor ihnen ſtehen wird, etwa
noch beſchreiben und rühmen zu wollen. Nur über die
Gefühle und Geſinnungen, die es verkörpern ſoll, ſei mir
noch ein kurzes Schlußwort geſtattet. Denn nicht nur
an die Schlacht an der Liſaine, der es zunächſt freilich
ſeine Entſtehung verdankt, ſoll es erinnern, auch den übri-
gen ruhmvollen Thaten des XIV. Armeecorps, deren Er-
innerung das Erz dort, das ſie nennt, lange überdauern
wird, iſt es gewidmet.
Und noch eine weitere, eine höhere Bedeutung kömmt
ihm zu! Wie die markigen vier Kriegergeſtalten auf
dem granitenen Unterbau — Badener und Preußen —
in ihrer abwehrenden Haltung den Kampf gerechter Noth-
wehr und damit auch den Charakter des ganzen Krieges,
ſo verkörpert den wohlverdienten Sieg, das Ganze krönend,
die hehre Siegesgöttin, die wie eben aus olympiſchen
Höhen herabſchwebt, ſich mit ſtolzem Flügelſchlag nieder-
gelaſſen, um den Siegern den heißerſtrittenen Lorbeerkranz
zu reichen und ihn auch auf die kalte Stirne der Ge-
fallenen zu drücken. ö ö
Und wie der Süden und Norden Deutſchlands hier
in gemeinſamer Wehr ſteht, ſo ſoll denn dieſes Denkmal
auch verkünden, daß die deutſchen Stämme, die zuſammen
gekämpft und geblutet, fortan auch ungetrennt bleiben
wollen und ſoll ſo ein bleibendes Zeichen ſein des wieder-
gewonnenen geeinigten deutſchen Vaterlandes, das wir in
der Jugend erträumt, erhofft, erſtritten und nun erhalten
haben, erhalten durch Euer Majeſtät, unſern erhabenen
Kaiſer und ſein ruhmreiches Heer. Und aneifern ſoll es
die ſpäteſten Enkel, daß ſie mit demſelben Muthe, mit
welchem die Väter es erkämpft, gegen jedweden Feind
auch vertheidigen: das einige, freie, deutſche Reich.
Das iſt der Sinn der Widmungstafel, die da lautet:
Den Söhnen des badiſchen Landes und ihren
Kampfgenoſſen,
Den Siegern zur Ehre,
Den Gefallenen zum Andenken,
Den kommenden Geſchlechtern zum Beiſpiel.
ö (Nach der Enthüllung.)
Kaiſerliche Majeſtät! Königliche Hoheit!
Die Funktionen des Ausſchuſſes für das Sieges-
denkmal, welcher die Aufgabe hatte, die Entwicklung des-
ſelben von deſſen erſter Entſtehung als Idee an bis zur
Vollendung in Erz und Granit zu leiten und zu über-
wachen und der ſich zuletzt zur feierlichen Begehung dieſes
Momentes in einen Feſtausſchuß verwandelt hatte, ſind
hiermit beendet. Indem ich unſer Amt nun in die Hände
des Stadtraths, aus welchem wir es empfangen, nieder-
lege, übergebe ich zugleich kraft meines Amtes das Denk-
mal der Stadt Freiburg zu Eigenthum. Möͤge Re es
beſchützen und hüten als ein theures Kleinod für und
für und mögen ihre Söhne ſich ſtets der großen Zeit
würdig erweiſen, die es geboren. ö

Druck und Verlag von Adolph Emmerling in Heidelberg.

Für die Redaction verantwortlich Ad. Em merling.
 
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