Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

DOI Artikel:
Schulze, Otto: Plauderei über weibliche Handarbeiten
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0363

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Vlsuüerci über weibliche Kandarbcitrn.

Von Gtto Schulze (Köln).

ehr häufig haben stickende und hand-
arbeitende Damen Malern zu Vor-
würfen gedient, und es giebt eine ganze
Reihe alter und neuer Gemälde, auf denen
wir anmutige Köpfe über Stickrahmen ge-
neigt und rosige Finger mit der Nadel be-
waffnetsehen. Oh, es ist etwas Schönes um
weibliche Handarbeiten, in die, früheren
Zeiten gemäß, etivas von Herz und Gemüt,
Schmollen und Schmeicheln, Sinnen und
Minnen hineingearbeitet ist. — Was hängt
nicht alles mit den alten deutschen, italie-

simile-Reproduktionen alter Stick- und
Spitzenmuster-Bücher mannigfachsten In-
halts. Die beiden Ausgaben von 1595 und
1604 des Nürnberger Wappenmalers und
Radierers Hanns Sibmacher (ch 1611) für
Kreuzsticharbeiten, Spitzen, Reticella-Motive
Macrame, sowie Durchbruchmuster. Die
Vielseitigkeit der auch ausführbaren Arbeiten
zeigt uns eine Phantasie von erstaunlicher
Frische, einen unerschöpflichen Ouell, aus dem
noch kommende Generationen sich Rat holen
werden. Sibmacher hat außer seinen un-
zähligen Wappenkompositionen auch noch
Entwürfe für Goldschmiede in reich groteskem
Ornament geliefert. Alte italienische Spitzen-

KrruMchmuster

nischcn, spanischen und griechischen Leinen-
stickereien, Aufnäharbeiten, genähten und
geklöppelten Spitzen-, Knüpf- und Häkel-
arbeiten und Nadelmalereien zusammen!

Das Kunststicken ist heute an jeder bes-
seren Kunstgewerbeschule lehrsähig geworden,
und die wunderbaren Erzeugnisse der Kunst-
stickereiklassen von Berlin, München, Men,
Karlsruhe, Düsseldorf u. a. wetteifern mit
den Bestrebungen des Auslandes. Nebenher
aber blüht still und bescheiden im deutschen
Frauengemach der emsige Fleiß der Stick-,
Häkel-, Strick- und Nähnadel, der Klöppel,
des Webeschiffchens zur Schmückung des
Heims, zur Erfreuung naher und ferner
Lieben.

Das Vorbildermaterial dafür hat ge-
radezu köstliche Blüten getrieben, und wir
brauchen noch nicht zu bangen, daß die un-
gezählten Liebhaberkünste die Ehre der
Nadel abschneiden werden. Bor mir liegen
aus dem rührigen Verlag von Ernst
Wasmuth-Berlin mehrere treffliche Fak-

bücher sind uns ebenfalls viele erhalten;
sie zeigen nicht minder, welch' hohe Ansprüche
an die Kunstleistungen der Radel früher ge-
stellt wurden. Da ist das Musterbuch von
der Elisabetta Catanea Parasole: Stickereien
und Spitzen, vom Jahre 1616, von so reiz-
voller Linienführung und reichem launigen
Figurenwechsel, dessen Fülle der damaligen
Signora viel Ehre und Anerkennung ein-
gebracht haben muß. Das Buch ist für
weibliche Kraft eine hochachtbare Leistung.
Dann haben uns aber unsre Landsleute
auf diesem Gebiet noch manches kostbare
Vorbild hinterlassen. Da ist noch A. Bret-
schneiders neues Modellbuch von 1619 und
W. Hofmanns Modellbuch von 1604, von
denen wir hoffen dürfen, daß dieselben für
unsre Stickereigeschäfte und handarbeitenden
Damen noch recht beeinflußen!) und ge-
schmackbildeud wirken werden.

Sind die angeführten Musterbücher mehr
für zierliche Sticharbeiten vorbildcrspendend,
so giebt uns der geistreiche Hof-Architekt

Vrklhimmrl;u ParaüLbeHrn,

(Neu aufgelegt von L. Wasmuth in Berlin,
50 Tafeln 15 M.)

Wilhelm III. von Holland: Daniel Marot,
ein geborener Pariser (geb. im Jahre 1650,
gestorben um 1712) in seinen mehr
für Aufnäharbeiten (Applikationen) be-
stimmten Entwürfen zu Draperieu von Pa-
radebetten, Decken und Schabracken, fast
monumentale Leistungen dekorativer Art in
ausgesprochenem Barockstil. Ein vornehmer
Ernst liegt in diesen meisterhaft gezeichneten
und gestochenen Blättern, denen eine kleine
Folge flächentreuer Gewebemuster (auch für
Tapete sehr gut geeignet) beigegeben ist.
Für größere dekorative Stickereien in den
Wohnräumen als: zu Lambrequins, Fenster-
schürzen, Türvorhängen, Tischdecken, Wand-
behängen und dergleichen dürften die Ma-
rotschen Zeichnungen vielfache und nutz-
bringende Anregung bieten.

Grwrbemuflrr

aus Daniel Marot „Stickereien und Gewebe."
(Neu aufgelegt von E. Wasmuth in Berlin.
Preis 15 M.)
 
Annotationen