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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 8.1892-1893

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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler - Architektur - Preisausschreiben - Ausstellungen und Sammlungen - Vermischtes - Vom Kunstmarkt
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Mielke, Robert: Holzbrandmöbel
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Stockbauer, Joseph: Der Privatverkauf alter Kunstsachen - eine wirtschaftliche Krankheit
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https://doi.org/10.11588/diglit.11054#0382

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tzolzbrgndmöbel.

von Schaffer L walcker (A.-G.) Berlin.

tzolzürandmöbel.

von Robert lNielke (Berlin).

n den tausend Versuchen, unseren noch in
den letzten Ausstrahlungen des Rokoko
verkümmerten Möbeln eine geschmackvollere
und zweckentsprechendere Form zu geben,
in dem bisweilen unsinnigen Jagen nach
Stilechtheit und Stilverkehrheit, macht sich
in den letzten Jahren eine Bewegung be-
merkbar, die, diesmal von dem Fremden,
Fernlicgenden absehend, sich bemüht, die
ganze Frage auf einen nationalen Grund
zu stellen. Es ist beschämend zuzugestehen,
daß alle bisherigen Bestrebungen nur dahin
geführt haben, die nationale Grundlage zu
verrücken und das Fremde, das Seltsame,
das Unbequeme als das Normale, das After-
und Scheinwesen als das Zweckentsprechende
auszugeben. Man sieht Gott sei Dank
bereits ein, daß wir schließlich im eignen
Fett ersticken müssen, wenn nicht eine stili-
stische Schwenningerkur uns Erleichterung
und dauernde Besserung schafft. Diese Kur
bereitet sich im Süden Deutschlands vor,
Ivo sich in den Bergen Oberbayerns, der
Schweiz und Tirols noch eine gesunde Em-
pfindung für das deutsche Heim und stellen-
weise eine geschulte Technik für die Holz-
bearbeitung erhalten, resp. gebildet hat. Von
den spätgotischen Flachschnitzereien Tirols
bis zu den noch im lausenden Jahrhundert
geschaffenen bemalten Möbeln Oberbayerns
hat sich die alte deutsche Wohnung in mannig-

faltigen Wandlungen erhalten, und immer verleiht der Wohnung einen ganz eigenartigen
mehr erweist es sich, daß wir in diesen Reiz und die Erkenntnis, daß die Lieben
Möbelstücken Keime vor uns haben, die. im Hause dazu beigetragen haben, ist ein
nur in die Gegenwart übersetzt, zu selbst- Moment mehr für seine volkstümliche Be-
ständigen unv doch national beschränkten deutung. Gelingt es uns, eine andere echt
Trieben sich entwickeln müssen. Die Anzeichen deutsche Technik, die des Kerbschnittes, die
dafür liegen zum Teil in iur Anwendung namentlich im nördlichen Deutschland ver-
der Brandtechnik vor, die man im Herzen : breitet ist, und über die ich gelegentlich mehr
Tirols, in Innsbruck, dann aber auch in mitzuteilen hoffe, damit in Verbindung zu
Konstanz, München und Nürnberg mit bringen, so dürfen wir erwarten, daß der
großem Erfolge wieder ausgenommen hat; Sinn für ein schönes deutsches Heim noch
sie ist aber darum für eine weite Verbreitung vor Ende des Säkulums in weiten Kreisen

so geeignet, als sie sich den Gotik- und
Renaissance-Erinnerungen so vorteilhaft an-
paßt, welche in ganz Deutschland, teils ver-
blaßt, teils ungeschwächt welterblühend, in
den Bauernmöbeln noch heute originell zu
Tage kommen.

Wie schon erwähnt, ist Tirol das Mutter-
land dieser Technik, die nicht nur das kleine
Schmuckstück, sondern auch größere Möbel
mit eigenartig-schönen und, wenn ich so
sagen darf, phantastisch-wilden Dekorationen

entwickelt sein wird und daß das deutsche
Haus wieder ein national ethischer Faktor
wird Dazu helfe uns der deutsche Genius k

Vcr Vribalvei Itsuf aller Kunstsacljen --
rinc wirtschaftliche ltrsnliheir.

r^^enn die Bädersaison beginnt, wenn der
Fremdenverkehr in den größern und

ausstattet. Man wußte wohl längst, daß kleineren Orten sich steigert, wenn überhaupt

noch so manches schöne Möbelstück in seinen
Thälern vorhanden war; von Berufenen
und Unberufenen ist darüber berichtet worden,
und manches Stück ist in die entlegensten
Museen gewandelt, aber erst mußte der
Kankan um den Stil-Moloch bis zu Ende

die Zeit der sog. Sommerfrische anfängt, da
werden überall die Antiquitätenläden herge-
richtet und angesüllt, fliegende Antiquare
tauchen auf aller Orten uno Enden, denn
jetzt kommt das kauslustige kunstsinnige Publi-
kum, welches alte Sachen kaust. Ach! dieses

getanzt werden, ehe die Industrie da ein- kunstsinnige Publikum! Es ist eine sonnen-
setzte, wo sie vernünftigerweise vor zwei klare Erfahrung, daß unser reisendes Publi-
Jahrzehnten hätte beginnen sollen. Erst! kum im großen und ganzen von Kunst-
jetzt wird man gewahr, was für einen Schatz sinn, streng genommen, kaum eine Spur
wir im eignen Lanitc haben, und daß wir besitzt. Man muß sich aber doch den Schein
es durchaus nicht nötig gehabt hätten, jen- davon geben, denn Kunstgeschmack gehört
seits der schwarzweißroten Pfähle Anleihen zur allgemeinen Bildung, und dieser Schein

wird erworben, leicht erworben durch eine
scheinbare Vorliebe für Antiquitäten. Man
kann sie zu Hause zeigen und jeder Kritik
begegnen mit dem Worte: Es ist ein altes
Stück. Wie auf dem Gebiet der Mode
jede Geschmacklosigkeit, selbst wenn sie zum
Himmel schreit, entschuldigt und verteidigt
wird mit dem Spruche: Es ist modern, das
Neueste, — so verteidigt der Sammler seinen
zweideutigen Kauf mit dem Wort: Alt,
sehr alt.

Es giebt ja Sammler, die mit Verständ-
nis und Geschmack für sich sammeln, aber
dieses sind zu neunundneunzig Prozent

zu machen, die unserem Volksempfinden
fremd bleiben müssen. In Nürnberg, das
ja in seinem Germanischen Museum und in
seiner Kunstschule so rechte Stützpunkte für
deutsches Schaffen gesunden hat, ist die
Technik des Holzbrandes zu einer beliebten
Zierde der Holzarbeiten geworden; von hier
aus findet auch ein umfangreicher Export
nach entfernten Städten statt; namentlich
ist aber in Berlin eine rege 'Nachfrage nach
solchen Möbeln vorhanden. Man kann
wohl sagen, daß seit der verflossenen Möbel-
ausstellung im Landesausstellnngspaiast, wo
die Firma Schäffer L Walker mehrere
Zimmer dieser Art
ausgestellt hatte, die
Brandtechnik einen
vollständigen Sieg er-
rungen hat. Wir dür-
fen drum hoffen, daß
sie allgemach dem Stil-
sanatismus, der uns
so lange genarrt hat,
den Garaus machen
werde. Zu den Vor-
zügen der Technik ge-
hört , daß sie dem
künstlerischen Dilet-
tantismus eine reiche
Anregung giebt. Die
Herstellung weißer
Füllungen in Brand-
technik, verbunden mit
mehr oder minder
reichem Farbenschmuck

Holjbrandmöbrl.

von Schäffer L. Lvalcker (A.-G.) Berlin.
 
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