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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 5
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J., F.; Jessen, Jarno [Mitarb.]: Von den Berliner Ausstellungen
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Nr. 5

4- Die Aunst-Halle -4

energische Männerbüste von Max Klein. Line Gruppe
hüllenloser Mädchen, ans einer Klippe nebeneinander-
sitzend, von Perm. Pausmann, giebt zwar ein hübsches
aenrehaftes Motiv, doch nicht tadellose Körper.
Die Bilder-Kollektionen von Konrad Lessing, Pans
Bohrdt, LH. Pattison, L. Fehr und Felix possart bieten
wohl recht gute Anhaltspunkte sür die Beurtheilung
dieser Künstler, aber es interessirt nicht Alles, was von
ihnen hier verschwenderisch geboten wird. Vie eigenthüm-
lich kräftig kolorirten Landschaften K. Lessings bekunden
noch am sichtlichsten eine gewisse persönliche Farben-
anschauung; am meisten Geschicklichkeit verrathen indeß
ohne Frage die kleinen Seestücke Pans Bohrdts mit
ihrer erstaunlich duftig gemalten Perspektive des Wasser-
spiegels. von packender Kraft des farbigen Ausdrucks
sind einige Gemälde des belgischen Landschafters v. Gil-
soul, besonders das mit der im palbdunkel heran-
brausenden Lokomotive. Lin hinterlassenes, noch unfertiges
Perrenporträt von Max Koner zeigt in breiten Zügen
ein charakteristisches Bild des dargestellten Nalers Felix
possart. Bemerkenswerth ist auch ein perrenbildnis des
Müncheners Walter Thor. Line große Gebirgsszenerie
von Gtto Günther-Naumburg gehört zu den wirk-
samsten Stücken dioramenmäßiger Natnrschilderung, die dem
trefflichen Künstler bisher gelungen sind. Unter den in
den pinterräumen vorgeführten graphischen Arbeiten ragt,
trotz der Kleinheit des Formats, eine mit zahlreichen,
eminent sicher gezeichneten Nännerköpfen belebte Dar-
stellung Ad. Menzels hervor, weitere tüchtige Leistungen
sind u. A. von Albert pertel, Cornelia Paczka, panns
Fechner, Franz Stassen, w. Müller-Schönefeld, Franz
Iüttner geboten. F. I.
2. Bei Lduard Schulte.
Durch zwei Ausländer, die Londoner L. A. Walton
und Alfred Last, hat der unermüdliche Salon Schulte
den Kunstfreunden einen erlesenen Genuß bereitet.
Der Ruf des Schotten Walton datirt nicht erst von gestern.
Und doch ist man hier überrascht von seiner Tonfeinheit,
den malerischen (Dualitäten seiner überwiegend weiblichen
Bildnisse. Lr scheint allerdings mehr den Extrakt der
distinguirten Porträtkunst eines Reynolds und Whistler als
den natürlichen Eindruck seiner Modelle zu bieten, wer
letzteren sucht, wird neben so raffinirten Pinselführern wie
Walton stets derb, selbst plump erscheinen. Das „Mädchen
in Braun" ist noch auf einen kräftigen dunkleren Ton ge-
stimmt, abweichend von den jüngeren Arbeiten im vor-
nehmen pellgrau mit dunkleren Schatten, die ein wunder-
bares Sfumato auszeichnei, während die frischer kolorirten
Kinderköpfe manchmal ein rosiges Inkarnat besitzen. Ls
ist schwer, einer bestimmten dieser, mit so hoher Delikatesse
hingemalten porträtschöxfungen den Vorrang zu lassen.
Die einzige Leinwand, welche eine lebensgroße ganze Figur,
die schlanke zarte Miß Aitken, zeigt, stellt die Dame im
anschließenden, einfachen, lichtbraunen Straßenkostüm, im
Begriff sich die pandschuhe zu schließen, dar. Line Land-
schafts-Darstellung von ähnlicher Verfeinerung, die sich auf
dem hohen malerisch-technischen Niveau gewisser bevorzugter
Muster entfaltet, repräsentiren die 2( Arbeiten von Alfred
Last. Die Motive sind durchaus einfach: irgend ein apart
beleuchtetes Stückchen Gegend an der Themse, der Somme,
ein idyllischer Trinkxlatz der peerden, ein pügelweg, ein


schattiger Teich, ein Feld zur Erntezeit, ein Landhaus,
Grauer Morgen, Mondschein, Abendglühen, Neblige Dämme-
rung u. s. w. Auch die alten Rokokomaler liebten so ein-
fache Motive; indem sie aber, gemäß dem Geschmack ihrer
Zeit, die Färbung poetisirten, schufen sie etwas, was unserm
an derbere ästhetische Kost gewöhnten Gaumen nicht mehr
behagen will, uns, die wir das Bild der ungeschminkten
Natur am höchsten stellen. Auf die Zeit der idealisirten
Formen und der interessanter gemachten Färbung der
Naturdarstellung ist schließlich eine Landschaftsmalerei mit ge-
schminkten Stimmungen gefolgt. Sie erscheint gegen-
wärtig als die Mode, und es ist schwer, sich ihrem raffi-
nirten Reize zu entziehen.
Ja, sie raubt dem Beschauer förmlich hier die Fähig-
keit, den ziemlich zahlreichen Gemälden von Friedrich
Kallmorgen, die mit so ehrlicher Freude an der gewöhn-
lichen Natur geschaffen sind, völlig gerecht zu werden. Das
Schauen ins Licht stumpft eben die deutliche Wahrnehmung
im palbdunkel ab. Sollte mir etwa nur darum Kall-
morgens große Leinwand „Flachsscheuer in polland'^ etwas
leer, koloristisch langweilig erschienen sein? Besser gefielen
mir von ihm mehrere Ausschnitte des pamburger Pafens
in Regen-, Sturm- oder Nebelstimmung. Bertha Weg-
mann hat in einer ganz helltönigen Straßenperspektive
den weg des modernen pleinairismus eingeschlagen. In
einer lebensgroßen Madonna im Birkenhain nähert sich ihr
herber Realismus dagegen dem unfreien Stil Botticellis;
wundervoll leuchtet das kirschrotste Gberkleid der schlanken
Lstristusträgerin. Georg Schöbel erweist sich zumal in
seinen Märchenbildern als ein pstantasievoller Künstler, dem
es auch nicht an kräftigem pumor, dagegen bisweilen an
koloristischem Feingefühl fehlt. Wilhelm Schreuer stellt
eine ganze Reihe monochromer oder zweifarbiger Empire
szenen aus, die mit großer Sicherheit stofflich und figürlich
behandelt sind und auch in der Stimmung vortrefflich
wirken. Landschaften sind ferner von A. und G. Achen-
bach, Douzette, G. Frenzel, Peter Mönsted, Porträts u. A.
noch von G. Döring, G. L. Meyn, vicky Iaeslein, Pans
weyl vorhanden, von dem begabten Berliner Bildhauer
Fritz peinemann sind einige Büsten in Marmor und Bronze
hervorragend, darunter das Doppelbildniß seiner locken-
köpfigen Kinderchen, eine zart getönte Frauenbüste von
idealem Reiz und der scharf ausgearbeitete Kopf des Bau-
raths A. Vrth. F. I.
5. Bei Keller L Reiner und Kassirer.
Keller 6c Reiner kommen bei jeder neuen Ver-
anstaltung mit irgend welchen überraschenden Effekten.
Jüngst sollte es eine Donatello-Wiederbelebung machen.
Eigentlich hätte man ein Recht, von Falsifikaten zu sprechen,
obwohl sich nicht leugnen läßt, daß der süddeutsche Fabri-
kant dieser Kopien Marmor und Bronze sehr geschickt irr
Thon nachbildet und Netallwirkung überraschend vor-
täuscht. Man kann auf diese weise für einen verhältniß-
mäßig wohlfeilen Preis seinen Salon mit einem künstlerischen
Zierrath schmücken. Im Uebrigen überrascht dieses Mal
nichts mehr als die Minderwerthigkeit der hinzugekommenen
Bilder. Nicht eine einzige größere Schöpfung ist in der
Sammlung zu entdecken, nicht ein einziges schönes Bild,
— wie dieser Begriff heut überhaupt als geächtet zu
betrachten ist. wirkliche Freude läßt sich vor zwei Bleistift-
zeichnungen L'permittes empfinden, die eine nur in
 
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