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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 6
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Ueber Künstler-Ateliers
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0100

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82

Die Kunst-Halle

Nr. 6

Wohnräume zu verbinden, so besteht die einfachste
Lösung für ein eigenes Walerheim darin, daß man
der Wohnung die untern Geschosse zuweist, das
Atelier nach oben verlegt. Hierbei ist die Treppe
so anzuordnen, daß der Atelier-Verkehr die Wohn-
räume möglichst wenig oder garnicht berührt. Bei
der Wahl des Ateliers ist besonders zu erwägen, ob
etwa durch nahe gelegene glänzende Dächer aus
Metall oder Glas, durch mit sehr Heller Farbe ge-
malte Häuserfronten etc. keine störenden Reflexe ent-
stehen. Bei tiefer gelegenen Arbeitsstätten können
spiegelnde Wasserflächen etc. gleichfalls Störungen
Hervorrufen.
Schon daraus läßt sich entnehmen, wie sehr für
das Maler-Atelier die optischen Verhältnisse berück-
sichtigt werden müssen. Geheimrath Schmitt faßt
mit Bezug darauf die Bedingungen in 6 Punkte zu-
sammen: a. Ausreichendes Lichtquantum ist noth-
wendig; b. Gleichmäßige Vertheilung über die Lein-
wand; L. Ruhiges Licht; cl. Sonnenstrahlen dürfen
nicht unmittelbar in den Atelierraum gelangen (falls
sie nicht gemalt werden sollen. Anm. d. Red.);
s. Reflexlicht ist auszuschließen; f. Die günstige Be-
leuchtung soll während eines möglichst großen Theiles
des Tages andauern.
Am besten werden hochgelegene Fenster und
Nordlicht diese Bedingungen erfüllen können. Süd-
licht würde in geringeren: Maße sich eignen; doch ist
die dadurch bewirkte Beleuchtung eine lebhaftere und
wärmere, die event. durch Gaze, Hapierschirme u. dgl.
zu mildern wäre. Bei Seitenbeleuchtung bietet be-
kanntlich Nordlicht den großen Vorzug, daß die
wechselnde Stellung der Sonne im Atelier nicht
empfunden wird, abgesehen davon, daß dann auch
nicht unmittelbar einfallende Strahlen und die da-
durch bedingten Reflexlichter störend wirken können.
Wohl kann es sich ferner darum handeln, be-
hufs Herstellung komplizierter Lichteffekte, außer dem
nach Norden gerichteten Atelierfenster auch noch
nach Süden eine Fensteröffnung anzuordnen. Für
gewöhnlich sist diese durch Läden, Rolljalousien etc.
geschlossen. Die Studien moderner Maler lassen
solche Beleuchtungs-Vorkehrungen als sehr wünschens-
werth erscheinen. Tine vollständige Trfüllung aller
an gute Ateliers gestellten Forderungen wird aber
erst möglich sein, wenn die Beschaffenheit der Licht-
quelle, des Fensters der Nordseite nach Form und
Stellung sich am günstigsten für die sonstigen Ver-
hältnisse der Arbeitsstätte darbietet. Je nachdem
das Licht durch lothrecht oder etwas schräg gestellte
Fenster oder durch mehr oder weniger geneigte
Decken bezw. Dachlichter einfällt, unterscheidet
T. Schmitt folgende Möglichkeiten der Malbeleuchtung:
I. Seitenlicht: u. Ateliers mit lothrechtem
Fenster; b. Ateliers mit schrägem Fenster.
II. Decken- bezw. Dachlicht.
III. Seiten und Decken- bezw. Dachlicht.

IV. Ateliers mit gebrochenen Lichtflächen.
V. Ateliers mit gekrümmten Lichtflächen.
Das einfache Seitenlicht, das sich manchmal über
die ganze Wand der Lichtseite ausdehnt, bietet zu
weiter keine Bemerkung Anlaß, als daß es von der
linken Seite des Künstlers einfällt, vorausgesetzt daß
letzterer nicht linkshändig ist. Von den im „Hand-
buch der Architektur" beschriebenen mustergiltigen
Beispielen sind namentlich diejenigen bemerkenswert!^
wo das große Atelierfenster über das Frontgesims
emporragt und durch einen Giebel bekrönt ist. Lin
anderes Beispiel zeigt, da der Atelierbau keine nach
Norden gerichtete Front gewinnen ließ, ein über Tck
gestelltes Fenster.
Für die Herstellung größerer Gemälde reicht
indeß diese meist übliche Beleuchtungsart durch loth-
rechte Fenster nicht immer aus, weil die Leinwand
nicht gleichmäßig erhellt wird und der obere Rand
unreichendes Licht empfängt. Alsdann kommt wohl
zuweilen ein schräges Atelierfenster, in der Regel
in Verbindung mit einem Mansarden - Dache zur
Verwendung.
Arbeitsstätten für Maler, die bloß durch Decken-
bezw. Dachlicht erhellt werden, kommen verhältniß-
mäßig selten vor. Solches Licht fällt grell und ist
ohne Abdämpfung garnicht zu gebrauchen; bei
größeren Gemälden ist dann auch der Untertheil der
Leinwand schlechter beleuchtet als die obern fl>arlhien.
Man sollte diesen Typus nur dann zulassen, wenn
in anderer weise eine geeignete Lichtquelle nicht zu
beschaffen ist. Andererseits ist zur Verstärkung des
nicht ausreichenden Seitenlichtes ein Lichtschacht von
oben in mehreren angeführten Fällen mit Trfolg an-
gelegt worden. Decken- und Seitenlicht können wohl
im stumpfen Winkel in einander übergehen, sodaß
eine einzige gebrochene Lichtquelle für das Atelier
entsteht. Doch dürfen unmittelbare Sonnenstrahlen,
wie gesagt, niemals in den Raum gelangen; auch
ist gegen Spiegelungen die nöthige Vorsicht durch
Vorhänge bezw. andere Blenden zu gebrauchen.
Ferner darf nicht verschwiegen werden, daß an der
Verbindungsstelle der beiden verglasten Theile der
Lichtfläche leicht Defekte entstehen und daß in Folge
des zweierlei Lichtes nicht selten Schattenstreifen die
Leinwand treffen.
Um nun letzterem Mißstand zu begegnen, hat
man die gebrochene Lichtfläche zylindrisch gekrümmt.
Mit solcher Konstruktion scheint man zuerst in einigen
englischen Kunstschulen den Versuch gemacht zu haben.
Durch entsprechende Abblendungen kann man ja nach
Wunsch oberes, mittleres oder unteres Licht bequem
einfallen lassen.
Daß man für besondere Fälle, neben dem Haupt-
lichte des Ateliers, auch noch anderer Beleuchtung
z. B. für die Modelle bedarf, wurde schon oben be-
rührt. Man kann sich diese sog. Malerlichter oder
Spiellichter auch dadurch verschaffen, daß man dem
 
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