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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 15
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Gustav, Leopold: "München im 18. Jahrhundert": Ausstellung im Studiengebäude des Bayerischen Nationalmuseums
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Imhof, Franz: Berliner Kunstschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0270

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Die A un st-Halle

Nr. (5

Beschäftigung seines Fürsten entbehrt heute nicht eines
gewissen kulturhistorischen Humors. In den: Ne-
pr äsentat io nssaal für denkurbayerischen Hof und
hoher: Adel sehen wir wunderbare Rokokomöbel in
Weiß und Gold mit feinem Schnitzwerk; zwei Air-
sichten des Nymphenburger Schlosses von Belotto gen.
Ganaletto; portraits von Damen der pariser Ge-
sellschaft (um (7(5), Nymphenburger Porzellan, wohl
einige der trefflichsten Stücke, und Prachtubren des
Münchener Kunstfleißes. Im Saale der kirchlicher!
Kunst ist das vornehmste Werk die in Silber getriebene
Büste des Münchener Stadtheilrgen Benno aus dem
Anfänge des (7. Iahehunderts. Der Hausaltar mit
Porzellangruppen und die portraits der Gebrüder
Asan, als Vertreter des Höhepunktes der damaligen
Kunst, sind zu erwähnen.
Die Gruppen des Haushaltungswesens, der
Jagd, des Militärwesens und der Stadtbefestigung
interessiren für ein Kunstblatt weniger; ganz famos
ist der rekonstruirte Herd in der reich eingerichteten
Küche. Wichtiger sind hier einige Oelbilder, z. B.
die Fanülienportraits von George Des Marses
((6s>7— (776). vorzüglich in der ungezwungenen Kom-
position fällt noch besonders der noch so lebhaft
wirkende Kolorisinus auf. Ganz virtuos ist z. B. der
Schimmer des Sammtrockes gemalt. Im ersten Stocke
sehen wir außer portraits dieses Malers solche von
Gdlinger, Hauber, Heigl und Marianne Kür-
zinger. Manche Köpfe frappiren durch ihre Plastik;
geht, was wir in der Ausstellung von Fürstenbildern
sehen, nicht über ein anständiges Mittelmaß, so ist
unter den portraits aus den Bürgerhäusern, in
denen die Maler sich ungezwungener geben konnten,
manches sehr gute. Die Terrasse ist irr einen kleinen
Garten im Stil des (8. Jahrhunderts verwandelt.
Man hat dort oben im ersten Stock noch eine Reihe
Interieurs von intimem Reiz geschaffen. Sie sind
alle aus schlicht bürgerlicher Sphäre.
Wir bewundern an diesen Möbeln und Schränken
das Tharaktervolle, das nicht mehr vortäuschen will,
als es ist, aber seinen Zwecken auch ganz und gar
gemäßigt ist.
Leopold Gustav.
Heifliyer Muyskschmr.
Salon Ld. Schulte.
ie diesmalige Anordnung bei Schulte räumte zwei
französischen Gästen, Künstlern von Rang und
Fähigkeit, die neuerdings in Paris viel Aufmerksamkeit
fanden, bevorzugte Plätze ein: dem frischen, feurigen Im-
pressionisten La Touche und dem lyrischen Marine-
maler le Gout-Görard, der so unermüdlich seine sanft
in der Abenddämmerung schwimmenden Fischerboote malt.
Gaston la Touche liebt im Gegensatz zu seinen: Landsmann
das prangende Sonnenlicht, das bald durch farbige Kirchen-
fenster glühend fällt und hier eine wogende Prozession be-
leuchtet, bald die Tänze von Balletmädchen, oder einen
Stierkampf im offenen Zirkus, bald das Spiel lieblicher
Infantinnen u. dgl. übergießt, manchmal sanft vergoldend,
manchmal freilich so üppig, daß Farben und Formen nur
ein zusammenfließendes Lhaos bilden. Beide Maler wirken
nicht gerade verblüffend, aber sie zeigen die von ihnen mit

Geist und Geschmack vertretenen modernen Richtungen in
durchweg erfreulichen Werken. Le Gout-Görard hat außer
seinen Hafenbildern mit den dünnen Zickzackschatten der
schaukelnden Boote noch eine zweite hübsche Spezialität:
bunte, lebhafte Marktszenen mit ganz kleinen Figuren,
Arbeiten freilich von minderer Eigenart.
Einige in der Masse verstreute Stücke namhafter
Künstler, z. B eine reizvolle weibliche Bildnißstudie „Fräulein
Lolita" von Lenk ach, F. Stucks farbensatter, beturbanter
Kopf eines Afrikareisenden, der wie ein alter Bellini wirkt,
dann noch die ideale, prächtige, helltönige Landschaft un-
seres Albert Hertel, die mit Apoll und den Musen
stafsirt ist, sind Werke, die hier Niemand übersieht. Noch
drei Kollektionen erscheinen von Belang: die des
Hamburger Klubs, von Arthur Halmi und von M. Roeb-
becke. Den letzteren haben wir vor nicht langer Zeit als
einen ausgezeichneten Kopisten alter Meister schätzen gelernt.
Als selbstständiger Porträtmaler wirkte er damals wohl
frischer, als dieses Mal, wo er — außer dem schon be-
kannten, gelungenen Prinz Georg-Porträt — mit einer An-
zahl neuer Arbeiten answartet. Seiner gerühmten Meister-
schaft im Nachmalen alter Bilder hat er inzwischen die
Unbefangenheit der Anschauung völlig zum Opfer gebracht;
so wirken sämmtliche Bildnisse, die des Majors von Groebeu,
des Grafen und der Gräfin Henckel-Donnersmark, des
Söhnleins dieses gräflichen Paares u. a., beinahe wie Ko-
pien und, trotz der Kraft des Kolorits, gar wie langweilige,
ausdruckslose Kopien, weil ihm die Natur keine so sichere
Vorlage bot, wie die Leinwand der alten Klassiker. Durch
seine Thätigkeit als Kopist ist Roebbecke offenbar auf das
archaistische Bildniß beschränkt. Für den modernen Natw
ralismus fehlt ihm die Leichtigkeit der Hand, die Unbefangen
heit des Blickes, zumal wo es gilt, weibliche und kindliche
Züge zu beseelen. Dadurch gerade befriedigen mehrere der
von dem ungarischen Maler Arthur Halmi ausgestellten
weiblichen Pastellbildnisse ungemein; sie sind voll unmittelbar
wirkenden Lebens, voll beredter Schalkhaftigkeit, Anmuth
oder distinguirter würde im Ausdruck. Halmi wählte für
die Mehrzahl dieser ganzfigurigen Porträts ein kleines
Format. Besonders ansprechend gelang ihm die mit vor-
wiegendem violett gemalte Gestalt der jungen Frau und
die elegante Erscheinung der Frau K. in München.
Nach ihrem nicht geglückten ersten Debüt bei Gurlitt
haben sich die Herren vom „Hamburger Künstlerklub"
korporativ unseres wissens nicht wieder in Berlin sehen
lassen. Ihr jetziges Auftreten an diesem Orte macht einen
entschieden besseren Eindruck. Die jungen Herren von
ehedem sind gereifter, ernster geworden, sind nicht mehr die
saft- und formlosen Nachbeter der Pariser Pleinairisten,
die in eitel Sonne und grellen Farben machten. Sie gra-
vitiren etwas auffällig nach Worpswede hin mit seinem
weißlich-bläulichen Wolkenhimmel, seiner gedämpften Atmo-
sphäre und den festen, derben, braunen Gestalten und
Formen dieses rauheren Bodens. Statt der pariser Sonne
umspielt jetzt nordische Heimathluft ihre Nasen. Und dieses
Wunder gegen den ursprünglichen Einfluß ihres direktori-
alen Erziehers scheint wirklich die böse Kritik vollbracht zu
haben, vorläufig verdichtet sich das große künstlerische Lr-
eigniß zu der historischen Thatsache, daß die Herren Eitner,
Kayser, Siebelist, Wohlers u. s. w. in ihrer Heimat eine
Worpsweder Filiale eröffnet haben. Eine sehr respektable
Leistung ist das große, räumlich schön ausgebildete und gut
 
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