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Die Kunst-Halle — 6.1900/​1901

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Nummer 22
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Jessen, Jarno: Glasgow: Internat. Kunstausstellung 1901
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Meyer, Bruno: Noch ein Wort zur Schutzgesetzgebung
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https://doi.org/10.11588/diglit.65263#0394

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-L- Die Aun st-Halle

Nr. 22

3^

Aus der Frühzeit englischer Porträtmalerei ist
der Rivale Reynolds, Romuey, in einigen wundervoll
sanften Frauenköpfen zu sehen. Höppner beweist sich
als der direkte Nachsolger Reynolds, und Lawrence
behauptet sich vortheilhast als der wohl gefällige,
aber nicht bedeutende Menschendarsteller. An einigen
perlen des alten John Lrome und anderer Mit-
glieder der Norwich-Schule läßt sich ebenfalls eine
glückliche Verbindung holländischen Einflusses mit von
der heimathlichen Scholle gezeugter Schaffenslust er-
kennen. Müller zeigt ein Element pittoresker Größe,
während die Lehrer der Barbizonisten, Constable und
Bonnington, hier mit wenig wesentlichen Schöpfungen
vertreten sind. David Cox, dessen einst enorm hoch-
getriebene Bilderpreise heut sehr im Werth gesunken
sind, wirkt immer noch auf Empfindsame schlicht und
sympathisch. Der unvergleichliche Turner ist mit
charakteristischen, aber nicht bedeutenden Proben
seiner verschiedenen Malperioden zu betrachten.
Englische Genre- und Geschichtsmalerei aus der
früheren Hälfte der Viktorianischen Aera wird in
Morland, Ward, Mulready, O'Neill gezeigt,
und Mitglieder der Liverpooler Schule, wie Davis
und Tonge, antizipiren überraschend die heutige
Moderne schottischer Landschaftsmalerei.
Die interessanteste Phase der brittischen Zente-
nale, der präraffaelismus, ist auf der Glasgower
Ausstellung bewundernswerth charakterisirt. An
Meisterstücken der Brüderschaft, wie Madox Browns
„Arbeit" und „Lear", an Millais „Isabella und
Lorenzo" und „Zimmermanns-Werkstatt", an Holman
Hunts „Tlaudio und Isabella" und „Erwachendes
Gewissen", wie an Rossettis „Lukrezia Borgia" und
„Liebesbecher" läßt sich deutlich erkennen, daß der
Name dieser Künstlergilde eigentlich nicht zutreffend
ist. In der asketischen Formenbehandlung und der
Schärfe ihres physiognomischen Ausdrucks ist weit
weniger die Manier eines Angelico und perugino,
als die eines Memling und van der Weyden er-
sichtlich. In Burne-Iones verschraubten und doch
so tief und rein empfundenen, wie meisterhaft durch-
geführten Bildern, in dem bezaubernden, mikrosko-
pischen Detail der Gemälde Bretts und Noel Patons
zeigt präraffaelitiscber Einfluß seine Früchte.
Die anglohellenische Gruppe der Leighton, Moore,
Poynter und Tadema ist mit typischen Hauptwerken
zu finden. Leightons dramatisch bewegtes Bild
„Herkules kämpft mit dein Tode um den Leichnam
der Alceste" zeigt ihn stark unter dem Einfluß seiner
venetianischen Studien. Alma Tadema, dessen Herab-
würdigung zu einer der Aufgaben der heutigen
deutschen Kunstkritik zählt, bleibt, weil er der große
Meister ist, seinem Stil treu und kondensirt in jeder
seiner minutiös durchgebildeten Schöpfungen ein
volles Maaß seines reinen Schönheitskultus. Die
Ausstrahlungen dieses Einflusses spiegeln sich aus
den Werken seiner hochbegabten Gattin und Tochter.
Der Größte aller Großen des vereinigten König-
reichs, Altmeister Watts, läßt sich in einer kleinen,
aber vielseitigen Kollektion gut beurtheilen.
Die zeitgenössische Malerei der Britten ist auf
der Glasgower Ausstellung ganz vorzüglich zu über-
sehen. Jeder Stil, jede Methode, die Künstler oder
Kunstfreunde bevorzugen, kommt hier zur Anschauung.
Es zeigt sich, ohne den Propheten spielen zu wollen,
daß sowohl in der brittischen Kunst von heute, wie
der von gestern Schöpfungen bleibenden Werthes
vorhanden sind. Whistler ist ebenso als feiner
Künstler wie als Sonderling zu sehen. Von

Grchardson, einem geborenen Schotten, ist es geglückt,
eine gute chronologische Auswahl seiner distinguirten
Arbeiten hier zu vereinen, von den großen englischen
Figurenmalern sind Herkomer, Dicksee, Goodall,
Lucas, Gregory, Fildes, Abbey, Gow, Waterhouse,
Forbes charakteristisch vertreten. Die Höhe der aka-
demischen Landschaft bezeichnen Graham, Murray,
Leader, Farquhasson, Hunter und Hemy. Für das
Naturbild mit Thierstaffage sind der greise Tooper
und Briton Rivisre klassische Zeugen.
Die heutige Edinburger Schule ist in den meister-
lichen Porträts George Reids, in M'Taggarts
wilden Naturimpressionen und Lamerons, zarten aber
etwas mageren und sentimentalen Genres, Hardies
reizender Historie, Lorimers köstlichen Meistertypen
schottischen Volksthums und G. <V. Reids Anklängen
an die elegante französische Malerei des s7. Jahr-
hunderts zu studiren.
Reichliche Spenden tischen uns die heutiger!
Glasgower auf. Henderson und Trawford sind
kräftig und doch fein im portrait. Stevenson, Gauld,
Brown, Hamilton zeigen ihre verschiedenen Landschafts-
methoden. In der Figurenmalerei beweist sich
M'Ewan als sehr geschickt, M'Keller als dramatisch
und Downie als Folger des subtilen niederländischen
Interieurs. Die echten Glasgow Boys sind meist
nur als Porträtisten aufgetreten. Guthrie erreicht
herrliche Tonwirkungen und kraftvolle Charakteristik
in Porträts, die bei aller Sorgfalt der Gesichts-
behandlung Lenbachs Manier in der Wiedergabe
der Hände zeigen. Lavery beweist in dem vornehmen
portrait einer „Dame in Weiß" mehr Aehnlichkeit
im Gefühl als in der Methode mit den benachbarten
Schöpfungen Whistlers. Ebenso erscheint es bei
George Henry. Walton hat in der „Sonnenuhr"
ein Werk gespendet, das deutlich die Glasgower
Periode der Bastien-Lepage Anbetung verräth.
Ein erschwerendes Moment für Studienzwecke
in dieser schottischen Ausstellung ist die unübersichtliche
Anordnung des Materials. Werke der verschiedensten
Meister hängen bunt durcheinander. Um den Einzelnen
zu studiren, ist man genöthigt, seine Darbietungen
an allerlei Plätzen zu suchen. Nicht genug kann den
Anordnern solcher Unternehmungen die Pflicht ans
Herz gelegt werden, für den einzelnen Künstler
möglichst eine Kollektiv-Uebersicht zu schaffen. Die
Londoner Akademie geht hierin freilich mit schlimmem
Beispiel voran, obgleich die mustergültige einstige
Grosvenor - Gallerie bereits einmal mit glänzenden
Reformen die Wege wies.
*
Noch ein Aort rur
Zcbutrgesetrgebung.
Von Bruno Meyer, Berlin.

r halten es für unsere Pflicht, noch einmal
die Künstler Deutschlands daran zu erinnern,
daß es ihre Aufgabe ist, ihre berechtigten
Forderungen in Bezug auf die Schutzgesetzgebung für das
sogenannte „geistige Ligenthum" oder für das „künstlerische
Urheberrecht" zur Geltung zu bringen. Ls kann kaum irgend
Jemandem entgangen sein, mit welchem Eifer die Interessenten
an dem litterarischen, musikalischen und dramatischen Ur-
heberrechte, sowie die. Verleger Deutschlands am Merke
 
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